Das Leben eines Gezeichneten – Teil 82

Rohals Versprechen - Teil 4

20 Ingerimm – 21 Ingerimm
Während des Frühstücks erfuhren wir, dass sich Eisenkober doch tatsächlich dafür entschieden hatte, seinen großen Stein für die Herbeirufung herzugeben und ich fasste den überaus interessanten Plan doch Adaque als Köder zu verwenden um den Mörder zu stellen. Aber da wir den Stab nur abholen und direkt wieder abgeben sollten wurde daraus nichts.
Am nächsten Morgen wurde offiziell verkündet, dass man die Erweckung Rohals am darauf folgenden Tag versuchen würde und wiederum oh wunder, ich sollte sogar mithelfen das Ding zusammen zu setzten, ebenso wie der Dieb, oder besser die Hand, deren Fähigkeiten ja bekannt waren was das Zusammensetzten von kleinen Dingen betraf.
Nach der Kundgebung trat Rohezal auf uns zu und bat uns ihn später in der Bibliothek aufzusuchen, da er noch mit uns sprechen wollte – warum auch immer die Leute so etwas immer auf später verschieben mussten? Auf dem Weg zur Cafeteria hörten wir wieder recht laute Stimmen aus einem Nebengang. Offensichtlich beschwerte sich einer der dort wohnenden Magier darüber, dass ein anderer versucht hätte ihm gewaltsam seinen Onxy zu rauben und er konnte uns sogar sagen wer und wo er wohnte. Dort angelangt fanden wir zwar das Zimmer
verlassen vor, aber auch einige Briefe von dieser dämlichen Eulenelfe, die ihn beauftragte die Steine zu stehlen. Nur leider war weit und breit nichts von dem derzeitigen Besitzer des Raumes zu sehen.
Wir liefen also in die Bibliothek um uns mit Rohezal wie verabredet zu treffen, aber dort angekommen fanden wir ihn niedergeschlagen vor und konnten gerade noch sehen wie der Übeltäter durch eine Falltür im Boden verschwand. Leo, Undu und der Dieb folgten ihm. Ich blieb lieber hier, denn man konnte nie wissen ob nicht absichtlich jemand die Retter weglocken sollte, damit man ihnen dann den Mord anhängen konnte. Außerdem hatte ich so den Bonus mich um ihn zu kümmern und nachher die Option eine gewisse Gegenleistung verlangen zu können – so was schlagen die wenigsten ab.
Nach etwa einer halben Stunde kehrten die anderen zurück, ohne Erfolg, da sich der vermeintliche Mörder in eine zähflüssige Substanz aufgelöst hatte und dann durch einen Abfluss verschwunden war. Einzig ein Pfeil Undus trug noch ein wenig der Körpermasse. Eine höchst beeindruckende Fähigkeit, die vermutlich einem Anhänger Calin’jaars verliehen wird.
Nachdem sich Rohezal wieder einigermaßen erholt hatte, erklärte er und was er zu tun gedachte, nachdem morgen die Erweckung erfolgt war. Er vermutete dass Rohal eine Art Ritual durchlaufen würde und an verschiedenen Punkten auf Aventurien für einen kurzen Moment erscheinen würde um dann irgendwann später vollständig dort zu sein. Rohezal wollte nun genau dieses springen verhindern und schon vor Ablauf für eine vollständige Materialisierung sorgen. Absoluter Schwachsinn. Das würde vermutlich entweder für einen nicht ganz zurechnungsfähigen Magier oder für einen zu schwachen Magier Sorge tragen und somit die Hoffnung, die ja offensichtlich die hier anwesenden Magier in ihn steckten – Ich war sowieso der
Ansicht, dass man Probleme egal welcher Art selber lösen sollte und sich nicht ein neues Problem schaffen sollte um ein altes zu entfernen – mit Sicherheit zunichte machen. Aber wenn er meinte… abhalten konnten wir ihn eh nicht. Die anderen sahen es erstaunlicherweise ähnlich und waren auch nicht wirklich überzeugt  von der Aktion – nicht das wir das vor Rohezal alle gesagt hätten.

Ich saß am Tisch und grübelte.
„Also wenn ich das richtig verstanden habe, dann sollen wir jetzt Rohezal begleiten, damit er Rohal vernünftig zurück in die Welt holt, damit der irgendwas macht und alle Probleme verschwunden sind?“
„Ja, das sagte er.“ Undúrael überlegte einen Moment. „Soll denn nicht dieses Steinpuzzle dazu dienen, Rohal zu rufen?“
Odius nickte Undúrael zu. „Ja das dachte ich auch,“ er überlegte kurz, „ist er so ungeduldig, das er nicht bis morgen warten kann?“
Ich schüttelte den Kopf. „Sicher. Der Stein und die Splitter sollen ihn zurück bringen, wie auch immer das gemneint ist, aber offensichtlich hat er keine Hinweisschilder dort wo er ist und die will Rohezal ihm reichen.“
Mit einem fragenden Ausdruck im Gesicht schaut Odius in meine Richtung „Rohezahl will also Hinweisschilder aufstellen. Aber wenn er doch gleich schon da ist, wieso nimmt er ihn nicht gleich mit? Ich fürchte dieser magische Firlefanz ist mir zu hoch.“
„Ich glaube er meinte dass Rohal so eine Art Pilgerfahrt durch die Elemente macht. Und da will er ihn an irgendeinem Punkt herausziehen. Ob das so gut isssst? Immerhin isst doch auch so ne Art Ritual“
„Tja, das ist eine sehr gute Frage… möglicherweise führt diese Hast nur dazu, dass er nicht geistig gesund zurückkommt.“ Ich zuckte mit den Schultern.

Ich machte mich auf die unterirdischen Gänge zu erkunden, die die anderen gefunden hatten. Leo und der Dieb wollten mich begleiten, Undu sich noch ein wenig mit Rohezal unterhalten. Dieser hatte leider – vielleicht mit böser Absicht – den einen Eingang den ich kannte verschlossen, besaß aber die Freundlichkeit uns einen anderen Weg zu weisen, den wir dann auch aufsuchten. Und zu meiner Überraschung erwies sich der Dieb als relativ guter Führer, denn nach wenigen Augenblicken – sah man einmal von einer ungünstigen Begegnung mit
einem riesigen Schleimberg, der mir die Hand verbrannte ab – hatten wir den Raum gefunden, in dem sich der Flüchtige aufgelöst hatte.
Von dort ging es durch einen weitern Gang in einen Raum in dessen Mitte sich ein Artefakt befinden musste, dass Licht jeglicher Art absorbierte. Sehr interessante Sache, aber ungünstig wenn man ihn passieren will. Ich ging zuerst und warnte die anderen vor einer Treppe, aber der Dieb fiel trotzdem in den Raum darunter… interessierte mich aber soweit nicht, und so machte ich mich – immer schön an der Wand lang – auf in Richtung Ausgang. Den ich auch hätte finden
müssen, aber es wurde nicht heller. Was war passiert? Der Dieb hatte das Artefakt gefunden und trug es weiter in meine Richtung. Ich ignorierte es aber und lief trotzdem weiter.
Einige kleine Elementare versuchten mir das Weiterkommen zu erschweren, aber auch diese versuchte ich weitestgehend zu ignorieren, um endlich den Raum mit den Famerlorfeuern zu finden. Und es brannten tatsächlich die Tische in diesem Raum – ohne Hitze und Feuer, einfach nur Licht. Ob das jetzt zum Essen mit Licht in Bergwerken gedacht war? Oder einfach fehlgeschlagen? Merkwürdig war es in jedem Fall. Und auch so besonders, dass der Dieb tatsächlich versuchte die Feuertische mit zu nehmen – gab es aber glücklicherweise bald auf und ließ den Tisch einfach im Gang auf dem Rückweg stehen.
Der Rest des Abends verlief in angespannter Erwartung auf den morgigen Tag.

22 Ingerimm
Gegen die 10te Stunde sollte – mit großer Versammlung – die Zusammensetzung der Kugel Rohals beginnen und so frühstückten wir in einer überfüllten Cafeteria und begaben uns dann in die große Halle. Vermutlich alle Magiekundigen der Stadt und ein paar Geweihte waren erschienen um dem Spektakel beizuwohnen und außer mir und der Hand wirkten nur noch drei weitere Magier mit, einer von jeder Gilde. Die ganzen Splitter aus schwarzem Stein lagen fein säuberlich neben dem großen Tisch und direkt auf ihnen die große Kugel Eisenkobers.
Es dauerte mehrere Stunden bis wir das ganze Gebilde zusammengesetzte hatten und der konstant aktivierte Occulus zerrte an meinen Nerven. Die Stücke waren sich so ähnlich, dass man nur mittels Magie die Kraftfäden erahnen konnte, welche die Kugel ehemals zusammengehalten hatten und nun wieder tragen sollten. Nachdem der letzte Stein eingesetzt worden war – irgendwie wunderte es niemanden, dass alles passte und vor allem nichts fehlte! Kann ja bei so weit verstreuten Sachen eigentlich nicht sein – zogen wir fünf uns in einen Nebenraum zurück und man war so freundlich uns Astraltränke zu überreichen, bevor die
Aktivierung der Kugel vollzogen werden sollte.
Immer noch angeschlagen lief ich hinter den anderen wieder in den großen Raum zurück um Nahe des Würfels – es war ein 12 Seiter geworden, keine Kugel – stehen zu bleiben. Nur für den Fall, dass mal gerade niemand darauf achten würde. Wäre bestimmt auch ein angemessenes Erinnerungsstück. Die anderen sagten ein paar bedeutungsschwangere Worte und aktivierten dann den Würfel – wie er sich aktivieren ließ hatten wir alle beim Zusammensetzen sehen können. Zuerst passierte gar nichts, dann vergrößerte sich ein Bild des Würfels und hüllte uns
in bläulichen Schimmer ein, der dann zunächst in das Grau des Limbus und dann dazu überging verschiedene Bilder in unsere Köpfe zu werfen. Die Bilder waren verwirrend und zeigten zum Teil Ereignisse von denen ich in Büchern gelesen hatte und zum Teil völlig Neues. Eine Präsenz rüttelte an mir aus der nördlichen Richtung des Gebäudes und von dem Anschwellen der Magie wurde ich wiederum fast blind vor Zeichen vor meinem Auge. Dann schrumpfte der Würfel wieder in sich zusammen und blieb so auf dem Tisch wie er vor der Aktivierung gewesen war.
Fast gleichzeitig begann ein großes Gerenne auf die Ausgänge der Halle. Die Magier hatten sich wohl darauf vorbereitet und Möglichkeiten überlegt möglichst als erste bei Rohal zu sein, wo auch immer er hinkommen würde. Nichts anderes hatte uns ja Rohezal vorgeschlagen, der nun auch herüber wunk und auf sich aufmerksam machte. Einen letzten Blick auf das schwarze Vieleck werfend machte ich mich auf, den anderen nach draußen zu folgen.
Rohezal führte uns in den großen Stadtpark und pfiff auf einer Art Flöte – Da das Gefühl der Präsenz nach wie vor im Norden zu spüren war musste es wohl weiter weg sein, als ich bisher auf Grund der Stärke angenommen hatte – und wenige Augenblicke später senkte sich ein großer Drache – mir schien es ein bisschen als versuche er möglichst eindrucksvoll aufzutrennen – herab und landete auf der Wiese nebenan. Den Dieb hatte der Drache in die Büsche vertrieben und Rohezal bat den Drachen darum auch uns mitzunehmen, was dieser eher verneinte, wenn wir
nicht würdig wären. Er führte einen Scheinangriff auf Leowulf, der damit aber gerechnet hatte und auswich und das reichte ihm wohl um ihn zu tragen, ebenso Leowulfs Antwort. Auch ich wich ihm aus und meinte nur spöttisch, dass ich auch andere Möglichkeiten hätte um dorthin zu gelangen und ging hinüber zum Dieb, der sich hinter einem Busch verborgen hatte um ihn zu fragen ob er mit mir auf einem Dämon reiten würde. Leowulf wollte es aber lieber mit ein wenig Überzeugungskraft versuchen ihn von seiner Drachenangst temporär zu heilen. Ich trat indes an den Drachen heran und begann seine großen Krallen abzutasten bis er genervt mit den Zehen wackelte und mich mit seinem Maul auf den Rücken hob.
Ich hasse fliegen und Drachenfliegen ist noch unangenehmer als alles andere. Ich verkroch mich im Umhang Rohezals vor mir und versuchte nicht an die Höhe zu denken in der wir flogen. Erst als der Drache zur Landung ansetzte schaute ich wieder auf und sah in einiger Entfernung einen durchsichtigen Turm glitzern auf den wir auch zu traten, nachdem alle abgestiegen waren. Rohezal klopfte mit seinem Stab gegen die Wand und es öffnete sich ein vormals verborgener Eingang, welcher den Blick auf eine große Treppe offenbarte auf der eine Frau herunter gestiegen kam. Bei jedem ihrer Schritte zwitscherte die Stufe wie ein Vogel – also mich würde das ja echt durchdrehen lassen. Sie stellte sich als Rohezals Tochter vor, die hier in der Einsamkeit mit ihrem Vater in dem gläsernen Turm wohnte, doch bevor wir uns vorstellen konnten nahm der Wind auf der Hochebene stark zu und von überall kamen Schmetterlinge hervor um im Wind über die Wiese zu tanzen. Selbst Ikanaria tauchten auf, von denen ich mir einen mittels Paralysis schnappte und in die Tasche steckte. Dann war alles plötzlich verschwunden und etwa 20 Schritt entfernte stand die Gestalt Rohals wie sie auf den Bildern
dargestellt wurde. Recht erhaben und mit einer geradezu albern wirkenden Kappe. Rohezal trat auf ihn zu und versuchte mit ihm zu sprechen, aber die Antworten blieben recht zusammenhangslos und so bestätigte sich die Vermutung, dass ein verfrühter Abbruch der Sache nicht gut gewesen war. Ich versuchte es selbst mit einigen Fragen, aber auch diese führten nicht weiter. Er meinte etwas über seine Zeit die wir finden müssten um ihm seine Kappe zu überreichen und dass er immer zuerst den Weg beschreiten müsste bevor er ihm folgen könnte. Er überreichte Undu seine Kappe und trat wieder zurück um weiter zu sprechen
unterbrach sich aber und meinte dass er ihn gefunden hätte. Und wie damals vor über drei Jahren beim Praioskloster wallten dunkelviolette Wolken auf und der Wind nahm wieder bis auf Sturmstärke zu. Im nächsten Augenblick stand er etwa 10 Schritt von Rohal entfernt auf der Wiese und diese bog sich unter einem unsichtbaren Gewicht zur Seite und nahm einen kränklichen Ton an. Herausfordernde Worte, die aber nicht an mein Ohr zu dringen vermochten, sondern direkt in mein Innerstes, wechselten zwischen den Brüdern hin und her, die eine
Stimme irisierend schön und befehlsgewohnt, die anderen vermeintlich gütig und einfühlsam. Doch ihm war es genug der Worte. Ohne ein Anzeichen brach der Kampf aus. Beide wurden in glühendes blaues Licht gehüllt und der Sturm nahm weiter zu. Wie tausend Kerzen tanzten Lichtbögen über die Kugel die beide umgab und in einen verführerischen Tanz einhüllte. Dann explodierte die Kugel und ließ alleine ihn zurück. Die finale Entladung hatte mich bis zu den Bäumen geschleudert und als ich mich wieder halbwegs aufgerichtet hatte, hatte er ein
großes Loch in den Limbus gerissen und aus diesem sprangen nach und nach immer
mehr Zantim in unsere Richtung. Er wollte jenen Gegenstand, den Undu in den  Händen hielt, aber die Dämonen machten keinen Unterschied zwischen uns und drei von ihnen sprangen auch in meine Richtung. Mehr aus Reflex wirkte ich erst einen Hellsicht trüben und dann einen Widerwille auf mich um mich dann zur Sicherheit noch hinter einem Baum zu verbergen und den Dämonen so zu entgehen.

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