Das Leben eines Gezeichneten – Teil 81
Rohals Versprechen - Teil 3
18 Ingerimm
Dafür begann der Morgen weitaus unerfreulicher… mit Eisenkober und seinen Leuten, die mich festnahmen, weil ich gestern Abend jemandem einen Stein geklaut haben sollte – nachdem ich ihn ermodert hatte. Wie unsinnig. Wenn ich gewollt hätte, hätte er mir den Stein auch gegeben ohne das ich ihn bedrohe und hinterher vergessen, dass er ihn überhaupt besessen hatte… als müsste ich jemanden feige ermorden. Dummerweise war er nicht davon abzubringen – und mein
Argument wollte ich auch lieber nicht aufführen – das im Hesindetempel zu beweisen, was an sich eine übel Sache ist. Glücklicherweise fiel mir zwar rechtzeitig ein, dass er dazu überhaupt nicht das Recht hatte, aber erst das Auftauchen Savertins vertrieb ihn vollständig. Nicht auszudenken was passiert wäre!
Und auf dem Rückweg trafen wir auch noch einen etwas entsetzten Tar, der eine Ladung zu einer Gerichtsverhandlung bekommen hatte, wegen der Sache in der Gor vor einiger Zeit – natürlich wieder Eisenkober. Wirklich kein guter Tag und zu allem Überfluss war wieder ein Onxy verschwunden.
Später endlich die letzte der Zeichenuntersuchungen – genau wie die vorherigen – und danach einen Besuch bei der Gehilfin von Eisenkober, die Adaque überzeugen wollte, uns den Stab zu geben – funktionierte nicht.
Ich hatte mich nach der Unterredung mit Crassula in die Cafeteria begeben und wartete nun auf die anderen um das weitere Vorgehen zu beschreiben. Nachdenklich schubste ich kleine Holzstäbchen über den Tisch.
Leowulf saß schon am Tisch als ich mich zu ihm gesellte. Er starrte erst noch seltsam auf die Schale mit dem Rest des Eintopfes der heute das Abendessen bilden sollte. “Connar… zu was werde ich?”
Ich schaute ihn von oben bis Bauch an, mehr ist an einem Tisch sitzend schlecht möglich. “Grob geschätzt? Eine Echse würde ich sagen, aber ist das irgendwie schlimm? Laut bestimmter Wesenheiten haben wir eh nicht mehr lange zu leben.”
“Seit dem Abend in der Therme fühle ich mich wie ein Mensch… seit langer Zeit mal wieder. Das fühlt sich so fremd an.”
Jetzt schaute ich ihn verwirrt an. “Hä? Du bist genauso wenig noch als Mensch zu bezeichnen wie ich… Und ich bezweifele, dass die Menschen um dich das auch so sehen werden.”
“Natürlich sied ihr tala’e”. Still und leise war Undúrael an den Tisch getreten. “Was solltet ihr sonst sein? Ein paar Schuppen machen noch keinen zara.” Er bleckte die Zähne. “Aber es ist auch nicht wichtig. Wichtig ist, welcher Seite er angehört, nicht welchem Volk.” Er griff sich einen Hocker und setzte sich dazu.
Ich drehte mich halb zum Elfen um. “Was sollen wir sein?”
“zara”, erwiderte Undúrael. “Ich glaube ihr nennt sie…Echsenmenschen?”
“Ich hab mich doch gar nicht als Echse bezeichnet?” Leichte Verwunderung schwamm in meiner Stimme mit.
“Gibt man ihnen eine Schuppe machen alle gleich eine Schlange aus einem… oder so.” Leowulf schien bei Sprichwörtern nicht besonders kompetent zu sein. “Na jedenfalls bin WENN dann nur ich hier der Echsenmensch.”
“Connar, kannst du mit dem Namen Krotonsch irgendwas anfangen?”
“Nicht als Echse, aber als Nicht-Mensch…” Undúrael schüttelte den Kopf. “Es stimmt nicht.”
“In der Tat. Und was befähigt dich dazu das einzuschätzen?” fragte ich ihn ohne auf Leos Frage einzugehen.
Undúrael schaute mich mit einem unergründlichen Blick an, sagte aber einige Momente nichts. “Dha”, sagt er schließlich. “Was ist, ist.”
“Ah….. ja. Anderes Thema: Was machen wir nun hier überhaupt?” Ich wendete mich an beide.
“Es ist die Cafeteria. Wir können etwas essen und trinken.” Undúrael lächelte.
“Und davon abgesehen warten wir ab, was die Nacht und der neue Tag bringt.”
19 Ingerimm
Ein weiterer Morgen und heute sollte ein Art Besprechung jener stattfinden, die uns – also den Gezeichneten – helfen wollten. Aber zunächst machten wir uns auf den Weg um zu Frühstücken. Kurz vor der Cafeteria belauschte ich recht unfreiwillig einige Gesprächsfetzen zweier Magier, die sich über etwas Schreckliches unterhalten haben mussten, denn kurz darauf verschwand einer der beiden in einem Seitengang. Auf eine Rückfrage meinerseits reagiert der andere
nur unwillig, was mein Misstrauen noch weiter anstachelte. Ich beschloss ihm in gemäßigtem Abstand zu folgen und die anderen folgten – wie immer – mir. Leider kannte er sich wohl besser hier aus, denn er schaffte es irgendwie ungesehen zu verschwinden, aber beim Verfolgen fiel mir ein merkwürdiger Geruch auf, der mich nach einigem Nachdenken an eine Pflanze erinnerte mit der man die Zorganpocken behandeln konnte. Sehr seltsam. Dieser neuen Spur folgend – Undurael versuchte sich als Spürhund, während die anderen wirklich Frühstücken gegangen waren – endeten wir vor einer Wand, in der ich aber nach einiger Zeit kleine Fugen erkennen konnte, die auf einer Geheimtür zu deuten schienen. Undurael holte Leo und den Dieb aus der Cafeteria und der Handschuh öffnete uns die Tür. Es war allerdings einfach ein anderer Gang der Akademie dahinter, der wenig Aufschlussreiches bot und auch die Geruchsspur hatte sich zu sehr verflüchtigt um ihr noch weiter nachgehen zu können.
Also begaben wir uns zum Seminarraum in dem die Besprechung stattfinden sollte. Außer uns saßen dort nur vier weitere Magier, von denen ich drei eh erwartet hatte. Der vierte war mir unbekannt. Zuallererst wollten sie mir eine Art Beförderung überreichen – die mir ja ach so viel bedeutet. Ihr zweites Anliegen war deutlich interessanter. Irgendwie hatten sie es geschafft noch etwas von jenem Trank herzustellen, den wir damals in Dragenfeld gefunden hatten. Eine Art
Verjüngungstrank, Tsas Tränen genannt. Ich hätte sie gerne für mich alleine genommen, aber Leowulf war ebenfalls da und hatte technisch einen Anspruch darauf und da ich es mir mit ihm nicht verderben wollte, teilte ich es mir mit ihm. Es schmeckt nach nichts und eine Wirkung trat auch nicht wirklich direkt ein. Als eine Art Entschädigung – er sagte es nicht so, aber irgendwie hatte ich das Gefühl trotzdem – bot mir der unbekannte Magier an in den Sternen zu lesen.
Ich dachte er meinte für mich, daher sagte ich zu – immerhin konnte das nicht schaden
– aber leider erzählte er mir nur wirres Zeug, das mich absolut nicht interessierte. Wieder bei den anderen – wir hatten uns etwas separiert – bekam ich gerade mit, wie Jassafar dem Dieb, oder besser der Hand einen kleine Stein überreichte, der darauf hin zu leuchten begann und den unbestreitbaren Nebeneffekt von recht heftigen Kopfschmerzen bei mir auslöste. Auf Nachfrage an die Magier erfuhr ich, dass es sich um eine Art Minivariante von Bastrabuns Bann handelte, der für kurze Zeit Dämonen aussperren konnte – das erklärte zumindest die Kopfschmerzen – wie kurz hänge von der Stärke des Dämons ab, aber mir reichte das jetzt schon und so verabschiedete ich mich – natürlich nachdem ich gefragt hatte ob sonst noch etwas wichtiges wäre – mit der Entschuldigung noch nichts gefrühstückt zu haben.
Etwa 20 Schritt weit weg ließen die Kopfschmerzen nach und ich konnte wieder in Ruhe denken ohne lauter Schmerzenschreie in meinem Inneren. Aber das hatten sie sich nun wirklich selbst zuzuschreiben. Etwa eine Viertelstunde später trafen auch die anderen ein, ich hatte gerade meinen ersten Bissen zu mir genommen und festgestellt, dass es merkwürdig schmeckte. Zur Sicherheit wirkte ich eine Klarum Purum auf mich, ich wollte mir nicht schon wieder eine Vergiftung zuziehen. Die anderen achteten nicht auf meine Warnhinweise, aber bitte, sollten
sie sehen was sie davon haben.
Als Leowulf sich plötzlich über Schmerzen am Rücken beklagte, dachte ich schon, dass es vielleicht am Essen liegen könnte, aber nachdem ich genauer hingesehen hatte, zeigten sich nur weitere Stacheln und die vorhandenen erschienen mir größer. Dummerweise lockte das die restlichen Magier in der Cafeteria an, die sich diese neue Entwicklung nicht entgehen lassen wollten. Vielleicht ließ sich ja so herausfinden wer der Magier mit dem merkwürdigen Geruch war.
Ich flüsterte Leo zu, dass er sich auf dem Tisch präsentieren sollte – er war erstaunlich erfreut über den Vorschlag – und ich versuchte den Magier aufzuspüren, aber er war leider nicht anwesend. Dafür sprach mich eine Magierin an und überbrachte mir die Nachricht, dass wir Gezeichnete einen Termin bei der Hesindehochgeweihten hätten, die heute in der Stadt weilte. Na wunderbar. Und auch noch im Hesindetempel, wie überaus zuvorkommend… Irgendwann würden mir die Ausreden für solche Situationen ausgehen, aber ich sagte ihr erstmal zu. Die
anderen würden eh hingehen wollen.
Und ich behielt natürlich Recht, sie wollten dort hin, und ich zog mich einfach in den Garten zurück. Heute Abend sollte wohl der große Rauswurf sein und die entsprechende Zeremonie natürlich auch im Hesindetempel. Warum nicht Phex? Dann hätte ich es mir wenigstens ansehen können… aber so verbrachte ich einfach den Abend damit mir das Gebäude in angemessener Entfernung anzusehen… nicht genug um nicht schon wieder Kopfschmerzen heraufzubeschwören, aber immerhin nichts weiteres…
Es war schon dunkel als die Türen des Tempels sich wieder öffneten und die ersten Menschen herausströmten. Leowulf trat recht früh heraus und ich fragte ihn was dort drinnen abgelaufen war. Anscheinend nichts besonders interessantes, hauptsächlich zeremonielles Zeugs und sein offizieller Rauswurf vor allen Anwesenden. Meiner Meinung nach eigentlich Verschwendung, da es sich ja bloß um ein personifiziertes Prinzip handelte, dass sowieso in den Menschen
vorhanden war und sich dementsprechend einen Dreck darum scheren würde, was die Leute jetzt sagten. Wir diskutierten erst einen Weile zu zweit und dann noch mit Undurael und kamen zu dem Schluss, dass es wohl mehr um den Glauben ging, der möglicherweise jetzt anders kanalisiert werden würden…
Auf dem Weg zurück zur Akademie – wir trafen unterwegs auf Savertin, der mir erzählte, dass es noch eine weitere Veranstaltung gegeben hatte, bei der ich durchaus gerne gewesen wäre, aber man hatte es wohl versäumt mir Bescheid zu sagen! – kurz vor dem großen Tor, hörten wir einen lauten Schrei aus dem großen Gebäude. Diesem folgend landeten wir in der Bibliothek in der drei Zantim einige Magier bedrängten, die sich vor einen Glaskasten gestellt hatten. Offensichtlich war niemand hier in der Lage dieser Herr zu werden und so konnte ich diesen
verweichlichten Weißmagiern mal zeige wie das richtig funktioniert. Undu tötete einen mit einem Pfeil, Leo den anderen mit seinem Schwert und den dritten schickte ich zurück nach Hause. Und oh wunder, man dankte mir sogar – äußerst selten so was.
Zusätzlich war wohl ein weitere Mord geschehen, ein Magier war mit aufgeschlitzter Kehle gefunden worden und bei ihm fanden wir auch wieder jenen Geruch, der sich aber auch dieses Mal nicht genauer verfolgen ließ, die Spur endete im Garten.
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