Das Leben eines Gezeichneten – Teil 51
Bastrabuns Bann - Teil 7
14 Efferd
Schon kurz nachdem wir uns wieder auf den Weg gemacht hatten – Greifwin war fest der Meinung gestern Abend einen riesige Vogel über dem Lager gesehen zu haben und wollte den jetzt suchen gehen… praktischerweise aber genau in der Richtung, in die die Spuren der Chimären liefen – sahen wir ein großes Tier, dass sich für eine Person interessierte, die vergeblich versuchte etwas noch nicht ersichtliches mit einem Steinplateau zu machen.
Näher kommend konnte ich erkennen, dass er – es schien sich um einen Praiosgeweihten zu handeln – wohl versuchte dort ein Feuer zu entfachen, welches der Vogel mit großem Vergnügen – wenn Vögel oder besser Vogelchimären so etwas besitzen – wieder aus zu blasen. Taruk und Leowulf meinten natürlich direkt gegen die Chimäre angehen zu müssen, während ich mich etwas abseits hielt und abwartete. Es erlag natürlich den beiden und so trat ich näher an den Geweihten heran.
Er erzählte uns, dass er von seinem Gott gestraft wurde, weil er alleine versucht hatte Terfas zu beseitigen. Wäre sicherlich weniger schlimm gewesen, wenn er Rondrageweihter gewesen wäre… Jedenfalls hätte er seit dem hier das Feuer anzünden müssen und der Vogel ihn behindert. Welch dämlich Aufgabe. Ich entzündete ihm sein Feuerchen, so dass er nun nach Hause gehen konnte. Wenn er auch in diesem Zustand – bei näherer Betrachtung stellte er sich als blind heraus – wohl kaum den Weg finden würde.
Adaque fing schon wieder mit dieser Seelenprüfungsgeschichte an, aber glücklicherweise hatten wir es ja recht eilig und so was dauert nun mal. Wir zogen also weiter in die Richtung, die er uns wies und ließen ihn zurück. Adaque wollte ihn auf dem Rückweg mitnehmen.
Gegen Mittag erreichten wir das Tal in dem Terfas wohnte. Es war vollkommen kahl und mitnichten so angenehm zu betrachten wie mein zuhause. Irgendetwas muss der Mann falsch machen. Von Pflanzen hat er jedenfalls keine Ahnung. Wir umrundeten den Talkessel in dem das Gebäude stand einmal um uns einen Eindruck zu machen, konnten aber nur einen Eingang in der großen Mauer erkennen, die auf das Grundstück führte und beschlossen bis zum Dunkelwerden zu warten.
Wir machte uns also auf den Weg, als man kaum noch die Hand vor Augen erkennen konnte und nachdem Taruk in ein Loch voller Schlangen getreten war benutzten wir die Stöcke die wir mit uns führten um den Weg bis zur Mauer zu erkunden.
Greifwin und Adaque sollten über die Mauer klettern und uns von Innen das Tor öffnen, aber schon bei unserer Ankunft beobachteten uns zwei Harpyien und so gingen Leowulf, Taruk und ich direkt zum Tor um zu versuchen es zu öffnen, während die anderen die Mauer erklommen. Sie mussten meinen Stab als Hilfe benutzten, weil die Mauer doch höher war, als zuerst geschätzt.
Da man noch immer kaum etwas erkennen konnte, aber wohl einige der Bullenchimären im Hof herum streunerten und die Harpyien sicherlich schon unsere Ankunft berichtet hatten, entfachte ich ein sonnenhelles Licht über dem Innenhof um die Chancen auszugleichen. Einige Schakale wurden dadurch aufgeschreckt, aber ich konnte sie alle niederstrecken.
Die direkt ersichtliche Tür wurde auch direkt von uns geöffnet – sie hatte eine beeindruckende Höhe von etwa fünf Schritt – und der Raum dahinter untersucht. Ein alchemistisches Labor mit allerlei Zutaten, die ich mir später näher ansehen würde. Der Nebenraum enthielt eine Art Studierzimmer, aber auch zunächst nichts Interessantes. Der Hauptraum hingegen empfing uns mit einer steinernen Dämonenstatue, die uns zwei Fragen stellte – so dass ich mir die Frage stellte, ab wann Terfas so genervt ist beim Beantworten der Fragen jedes Mal wenn er den
Raum betritt, dass er sie zerstört – welche Greifwin beantwortete und natürlich falsch lag. Also mussten wir sie zerstören. Weiterer Lärm in einer langen Reihe von Krach. Außerdem hing noch ein Bild dieser verfluchten Elfe an der Wand dieses wohl eigentlich zum Verschmelzen zweier Wesen gedachten Raumes, das Greifwin zerschlug und dahinter einen kleinen Tresor fand.
Weiter hinten befand sich ein Zellentrakt in dem einige Chimären und ein Mensch steckten. Zuerst wollten alle Anfangen die Chimären zu töten, aber ich konnte sie doch von der Dringlichkeit erst einmal Terfas zu finden, überzeugen, so dass wir an den Gefangen vorbei liefen und eine weitere Tür öffneten.
Dahinter stand eine große Chimäre, die zumindest unten herum wohl ein kleiner Drache gewesen war. Und sprechen konnte. Und der Hausmeister hier angeblich war. Zumindest sagte sie das. Recht praktisch eigentlich. So ein Hausmeisterdiener. Und auf meinen Vorschlag mich zu begleiten in den viel, viel besseren Turm mit den anderen Drachen drum herum, schlug es auch nicht direkt ab. Aber Greifwin musste natürlich alles zerstören!
Ging einfach in den Raum herein und besaß dann auch noch die Frechheit ihn wieder verlassen zu wollen ohne sich die Statuen aus Glas genauer anzusehen. Das hat die Chimäre wohl irgendwie gereizt und sie griff ihn an. Gut, die eine Statue hatte ich in der Theorie schon mal gesehen, aber würde falls wir hier lebend herauskommen sollten, nicht lebend – besser intakt – herauskommen, sondern in Einzelteilen.
Taruk übernahm sich bei diesem Drachen etwas und fiel tot zu Boden, Adaque raubte, nachdem der Drache ihm gefolgt war, diesem den Karfunkelstein – hoffentlich für mich – und Leowulf – schon wieder hässlich – versuchte den Drachen zu essen! und erst danach Taruk zu helfen.
Ich half ihm notgedrungen ebenfalls, obwohl er mir absolut nichts bedeutet. Aber man kann nie wissen was im nächsten Raum auf einen wartet…
Es wartet genau genommen Terfas und ein Dämon dort, wobei Terfas wie ein Dämon aussah und wohl der Meinung war uns nicht seinen namenlosen Plan zu verraten, sondern nur dass er alles hätte was er brauchte. Und natürlich direkt verschwand, als wir auftauchten. Aber uns den Fehdehandschuh hinwarf…Ich schaute etwas ungläubig auf die Tür die hinter den beiden zuschlug, dann auf die Hand auf dem Boden. Wenn mich nicht alles täuscht, sieht das verdammt nach dieser Hand von Bastrabun aus, die für den Bann ganz nützlich ist. Warum wirft er das hier
hin?
Ich runzelte die Stirn.
Vermutlich hat sich auch sein Kopf innen verändert…und jetzt zu diesen ganzen Sachen, die wir haben liegen lassen…
Greifwin machte einen, dann einen zweiten Schritt auf die Hand zu. Langsam streckte er seine rechte Hand Richtung Boden, es schien als würde die Gliedmaße ohne ihn handeln.
Dann fiel der Blick des Streuners auf den Panzerhandschuh, den er fast unwillkürlich gefasst hätte. Er zuckte zurück und musterte in hockender Stellung den Handschuh. Kurz darauf hielt er den Handschuh in der Hand und musterte ihn von nahem gründlich.
Ein leichtes Schnauben entfuhr meinem Mund. Immer nimmt er alle Gegenstände! Wie ich das hasse! Ich muss mir irgendwas einfallen lassen.
Ich trat an Greifwin vorbei in den Raum, der nun nicht mehr durch eine Wand verschlossen war und sah mich aufmerksam um. Mein Blick fiel zuerst auf den ‚Teppich‘ Wie praktisch. Ein Beschwörungsboden zum mitnehmen. Echt klasse… nur leider zu groß jetzt.
Dann trat ich vorsichtig um die Zeichnungen nicht zu verwischen an das Pult heran und blätterte im Buch darauf herum. Als ich wieder aufsah zischelt Leowulf etwas unverständliches, wendete den Kopf ab und betrachtete seine blutüberströmten Arme. „Wasss machhhen wir wegen diesssem Butterfassss?“
Erstmal wieder die Form ändern, dachte ich.
„Was sollen wir schon tun. Dieser Mann ist offensichtlich nicht nur machtbessenen, sondern auch noch verrückt, wenn er uns einfach diese Gegenstände hier zurück lässt. Aber das wird die Transformation gewesen sein.“
Dann begann ich die Gegenstände des Bannes einzustecken, und obenauf das Buch aus dem Raum zu legen. Man weiß ja nie. Und jetzt zu dieser Glasbüste!
„Vielleicht hat er vollbracht, was er vollbringen wollte“, mischte sich Taruk ins Gespräch ein. Er hat sich im Hocken an eine Wand gelehnt und atmete schwer. „Warum hat er gesagt, er sei einer von uns gewesen? Ich habe diesen Mann noch nie gesehen. Ein alter Bekannter von euch?“
Ich zuckte beim Packen mit den Schultern. „Verrückt. Sag ich doch. Ich kenn ihn jedenfalls nicht.“ Aber ich muss irgendwie einige der Sachen hier mitbekommen… den Teppich zum Beispiel. Wenn dieses Vieh noch da wäre, wäre das alles viel, viel einfacher. Was macht Adaque überhaupt die ganze Zeit da drüben?
„Oder meint er, daß er auch ein Zeichen hatte?“ Taruk stemmte sich in die Höhe. „dann hat er es nicht mehr. Oder es ist noch hier.“ Er stutzte. „Aber nach allem, was ich bisher über die Zeichen gehört habe, war das ja eher nichts zum Abnehmen…“
Ich funkelte ihn böse – leider unterhalb der Augenbinde, und so unsichtbar für alle – an. „Kein Zeichen. Was soll überhaupt dieser Unsinn mit Zeichen? Ja gut, ich hab ein merkwürdiges Auge, und Leowulf wird ab und an hässlich, aber das hat doch keinerlei Verbindung. Das ist halt praktisch.“
„Und Adaque?“ warf der Streuner ein. „Beziehungsweise Latu?“
Plötzlich erklang ein schmatzendes Geräusch an Greifwins Oberarm, aber ich sah nichtmal auf von meiner ‚ich packe alles was ich finde und rein passt‘ Aktion. Warum hab ich keinen größeren Rucksack? Wenigstens wartet hinter dem Hügel ein Pferd zum Tragen der Sachen.
Greifwin hingegen entfuhr ein lautes Ausatmen. Prüfen bewegte er die rechte Hand. „Nett. Was machen wir mit dem Glasbiest?“
„Zerschlagen wir es“, schlug Taruk vor, „und befreien die gebannten Zul’razi!“
Das ist wohl sein Wort für Seelen… hmm Seelen? Ob man die noch gebrauchen könnte? Welch Ärger das ich das Buch jetzt nicht dabei habe. Als ich fertig war mit Einräumen und mir den nun deutlich volleren Rucksack auf den Rücken hing, warf ich noch einen wehleidigen Blick auf die Elefantenhaut auf dem Boden und trat an Greifwin und Taruk vorbei aus dem Raum wieder in Richtung des anderen Raumes mit dem toten Riesen aus dem inzwischen das Blut in alle Richtungen ausgelaufen war. Ich konnte deutlich und klar rote Fußspuren erkennen welche
mich an der Leiche vorbei quer durch den Raum führten und an einer Adaque endeten welche damit beschäftigt war sich Gold in die Taschen zu stopfen. Als sie mich erblickte schob sich ein Blick reinster Unschuld auf ihr Gesicht und sie zuckte entschuldigend mit den Schultern.
Richtig so. Man kann nie genug Gold haben und er – Ich warf einen Seitenblick auf das tote Etwas – kann es eh nicht mehr benutzten. „Aber steck nichts ein, was gefährlich sein könnte.“
Dann ging ich rüber zur Glasstatue von Borbarad und schaute sie mir näher an. So also sollte das aussehen.
„Ich doch nicht! Sag…. bunte Fläschchen sind doch nicht gefährlich oder?“
Dann wendete sie sich der Glasstatur zu. “ DIE kommt nicht in unser Haus! So etwas hässliches will ich dort nicht haben“
„Zu seiner Zeit hielt man ihn glaube ich für recht ansprechend“, antwortete ich, während ich die Figur betastete. Wie… interessant. Ich unterdrückte nur mit Mühe ein Erschaudern angesichts der Möglichkeiten. Was wohl passieren würde? Die Augen schließend wartete ich bis sich die gemischten Gefühle in meinem Inneren einig wurden – oder wenigstens eines überwiegen würde.
Dann ohne einer weitere Regung, außer der nötigen um die Bewegung zu vollenden, schlug ich die Statue mit meiner rechten Hand von ihrem Sockel.
Mit einem klirrenden Geräusch, wie es nur Glas machen kann ging die Statue zu Bruch und die Einzelteile verteilen sich über den Boden. Teile rutschen aufgrund des Aufpralls auch bis hinaus durch das offene Portal in die Nacht hinein.
Das hätten wir… trotzdem Schade. Ich schaute Adaque an, schüttelte den Kopf und begabt mich nach einem weiteren gründlichen Blick, der aber keine interessanten Gegenstände zu enthüllen vermochte, wieder auf den Gang und in Richtung des Zellentracktes.
„Hmm, das ist kein gutes Gold, Adaque. Das ist dreckiges Gold, besudeltes. Ich weiss nicht ob du das mitnehmen solltest.“ Ertönte von hinten die Stimme Greifwins. „Können wir dann? Wohin auch immer? Aber weg von hier?“
Als ich den Zellentrackt betrat drehte sich der Gefangene nochmals zu mir um. „Habt ihr ihn besiegt? Und das abscheuliche Monster? Ist es tot?“
Während ich an der Gargylenstatur vorbei schritt bewegten sich nur ihre Augen und folgten meinen Bewegungen. Die Pferd-Tiger-Chimäre schnaubte und tänzelte auf der Stelle.
„Hmm?“ Ich wendete mich zu dem Gefangenen um. „Besiegt? Nein. Er ist geflohen vor uns. Und das ‚Monster‘,“ mein Gesicht verzog sich abfällig bei dieser Bezeichnung, „ist leider tot.
„Vermutlich sollte ich euch jetzt da raus lassen, oder?“
„Leider? Leider? Leider?! Das ist ein Monster! Es hat Menschen gefressen! Ich musste es täglich mitansehen wie es Menschen ins Verderben brachte und konnte nichts tun. Könnt ihr euch das vorstellen? Er hat sie einfach gegessen nachdem er sie in sein Zimmer gebracht hat. Lebend! Einfach so. Was mich betrifft, so wäre ich euch überaus dankbar wenn ihr mich hier raus lassen würdet, ich verspreche auch nichts mehr zu stehlen, nie wieder.“
Der Ausdruck in seinem Gesicht wandelte sich von Abscheu zu Flehen.
„Ah ein kleiner Dieb… so so.“ Ich blickte ihn abfällig an. „Und glaubt mir, die Menschen die er gegessen hat, war es vermutlich eh nicht mehr wert nicht gegessen zu werden. Nur leere Hüllen…“
Dann fiel mir etwas ein.
„Stehlen… hmm… was sagt ihr: Ich lass euch da jetzt raus und ihr stehlt etwas für mich?“
„Das letzte mal als ich versucht habe etwas zu stehlen ist mir dies passiert!“ Anklagend hob er seine gebrochenen Hände.
„Du kannst mir also in keiner Weise nützlich sein? Lieg ich da richtig?“ fragte ich mit einem gefährlich klingenden Unterton in der Stimme.
Der Mann schaute etwas verschreckt. “ W W w w w was? H H HILFE! ZU HILFE“ Der Mann schrie laut genug, so das es vermutlich im ganzen Haus zu hören war.
Mein Gesichtsausdruck verzog sich ins ärgerliche. „Dann eben nicht… vielleicht sollte ich ja ein paar der Chimären hier reinlassen. Das wäre ja sicherlich eine Neuüberlegung wert…“
Dann winkte ich mit der rechten Hand ab: „Ach was solls…“, und ging weiter in Richtung Studienzimmer auf der linken Seite des Ganges, vobei am zerstörten Bild.
Ich trat durch die Tür zum Studierzimmer und schaut mir erst einmal die Wände und den Schreibtisch genauer an. Dann ging ich hinüber zu den Vögeln und betrachtete diese genauer. Vielleicht ein besseres Geschenk für Adaque? Ich frag sie mal. Aber zuerst schauen wir uns diesen Schrank genauer an. Nachdem sich dieser als verschlossen herausstellt, begann ich im Schreibtisch nach einen Schlüssel zu suchen.
Ich kramte, nachdem ich nichts passendes gefunden hatte um das Schloss zu öffnen, in meinem Rucksack herum und zog die Feder, die ich in Kunchom bekommen hat heraus und steckte sie in das Schloß und wartete ob etwas passieren würde.
Es gab ein Geräusch als würde sich Raureif über eine Wasserfläche ziehen, dann bereiteten sich braune Rostflecken über das Metal des Schlosses aus, der Schrank ging mit einem Knirschgeräusch auf und gab den Blick auf Bücher darin frei.
Fein, fein. Funktioniert ja doch entgegen all meiner Erwartungen.
Ich wollte mir das erste Buch greifen um nachzusehen was darin stand und stellte dann fest, dass es sich nicht bewegen ließ. Nicht mit ein bisschen rütteln und auch nicht mit zerren.
Verflucht! Was soll das denn jetzt? Soll ich den ganzen Schrank mitschleppen?
Ich überlegte einige Augenblicke und rezitierte dann erst einen Odem und danach eine Analys auf die Bücher. Verdammt! Welches Wort kann das wohl sein?
Die nächste Zeit testete ich alle möglichen Wörter die mir gerade einfielen und halbwegs zum Thema passten vor den Büchern, wie etwa: ‚Beweg dich!‘ ‚Ich will lesen.‘ usw, aber nichts half.
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