Das Leben eines Gezeichneten – Teil 44
Pforte des Grauens - Epilog
Draußen auf dem weißen Weg trat ein Beilunker Reiter auf uns zu und überbrachte einen Brief an mich. Wie der so schnell hierher gekommen war? Ich ließ Leowulf den Brief öffnen und vorlesen. Der Kunchomer Akademieleiter hatte mir geschrieben, und wollte irgendeine Sache mit mir und meinen Gefährten in Kunchom besprechen. Hatte ich also eine Ausrede um nicht länger auf diesem Eiland verweilen zu müssen! Und, sogar noch besser, der Reiter war mit einem Schiff
gekommen, dass bereit war uns mit zurück zu nehmen, ohne dass ich überhaupt noch einmal in Kontakt mit der Praioskirche kommen musste!
Leowulf stand immer noch in Rüstung und Waffen der Praioten und sah gelegentlich besorgt auf meine Hände. Ich wartete, noch immer den Stab mit weißen Knöcheln umklammernd, darauf das der Bote die Richtung zum Hafen angab und schaute etwas verwundert auf Leowulfs
Hände.
“ Was hast du?“
Grteifwin hingegen hatte wohl anderes im Kopf.
„Ja, lass uns los. Ich will weg, einfach nur weg von dieser Insel“seufzte er und ging müden Schrittes in Richtung Küste.
„Hast du das gesehen? Ich? Blitze, Rondras Blitze die aus meinen Händen
fuhren!“ beantwortete Leowulf meine Frage.
Er sah an sich herunter und schien als suche er etwas, dass er partout nicht finden konnte. „Und dann dieses Gefühl, dass ich in dem Gang vor dem Ratssaal bekam. Ich verspürte keine Furcht. Rondra war wahrlich mit uns.“
Greifwin müht sich zu einem Lächeln, er wirkte kraftlos und völlig fertig.
„Du weisst, das das unseren Magier wenig kümmert“ – Greifwin klopft ihm auf die Schulter – “ dafür hat er andere Qualitäten…“
In der Tat… was kümmert mich Rondra. Ich zuckte bei der Berührung leicht zusammen. Ich war mit meinen Gedanken noch immer halb im Fürstensaal und bei dem was geschehen war. Schluss damit! Das führt doch zu nichts! Ich schüttelte leicht den Kopf, ob nun als Antwort auf Leowulfs Frage oder auf meine eigenen Gedanken war mir selbst nicht ersichtlich.
„Wenn du meinst. Jetzt müssen wir allerdings zusehen wie wir von dieser Insel herunter kommen. Ich lass mir nicht von diesen Lichtläufern sagen was ich zu tun und zu lassen habe.
„So so, wollt ihr also nicht. Diese ‚Lichtläufer‘ wie ihr sie nennt warten im Borontempel auf eure Anwesenheit.“
Fast unheimlich unbemerkt hat es Amando Laconda da Vanya geschafft sich hinter uns zu stellen um uns diese Botschaft zu übermitteln. Flankiert von zwei sehr ernst dreinblickenden Sonnenlegionären lächelte er uns an.
„Wenn ich bitten darf!“
Greifwin lächelte ihn matt an, schluckte und faste seinen Mut zusammen: „Denkt ihr nicht, wir haben bereits genug hinter uns? Kann es nicht irgendwann vorbei sein?“
Ich hingegen erschreckte mich furchtbar, als plötzlich die Stimme des Hochgeweihten hinter mir erklang und verlor den Stab nur deshalb nicht aus den Händen, weil ich noch immer keinen einzigen Finger rühren konnte. Musste er sich so anschleichen?
Dann drehte auch ich mich nun, bedächtig und langsam, um. Verflucht! Ich brauchte noch ein bisschen Zeit für mich allein! Sonst funktioniert das nicht was ich vor hatte. Er macht eine Geste das wir ihm folgen sollten und ich hatte mehr als nur eine Ahnung das dies keine Bitte, sondern ein freundlicher Befehl war und ein Widerspruch nicht geduldet würde.
„Ähm… gebt mir… „verflucht, das fällt doch total auf“ ach vergesst es.“
„Ich werde dann voraus gehen. Seid in einer halben Stunde zur Besprechung anwesend, oder Ucurian Jago wird höchst unerfreut über eure Abwesenheit sein und mich in meinem Verdacht, dass ihr mit… ach nicht so wichtig. Es wäre nicht zu eurem Vorteil um dies abzukürzen,“ erwiderte er und ging vom Hafen in Richtung Tempel.
Greifwin runzelte die Stirn. Tiefe Falten zeigten sich auf dem gezeichneten Gesicht.
„Connar? Kommst du?“
Ja!Ja!Ja! Eine halbe Stunde… bis zum Tempel waren es etwa… eine viertel… das dürfte wohl ausreichen! Ich schaute etwas geistig verloren über das Hafenbecken und ein zufriedenes Lächeln schlich sich auf mein Gesicht. „Geht ruhig schon einmal vor, ich werde pünktlich dort sein.“
„Leowulf? Was ist mit dir?“ Greifwin schaute auf das Loch in seinem Hemd – und auf die Brandstelle darunter.
Taruk sah noch immer etwas verwirrt aus: „Ihr müßt mir erzählen, was es mit diesem Zauberer auf sich hat“, sagt er unvermittelt und blickt uns ernst an. „Der Zul’raz meines Vaters befahl mir, mit euch zu gehen, und so werde ich dies tun. Aber ich will wissen, was ihr tut. Wer war der Zauberer im Palast? Woher kennt ihr ihn? Und was will er?“
Taruks Haupt war leicht gesenkt, und als ich ihn genau beobachtete, sah ich, dass er sich nur mit Mühe auf den Beinen halten konnte. Noch waren seine Wunden frisch, seine Kleidung blutig.
Oh nein.. jetzt würde es philosophisch. Was kann er schon wollen? Hmm? Ich setzte eine unergründliche Mine auf und hoffte das einer der anderen beiden die Fragen beantworten würde, während sie endlich von hier verschwinden, damit ich das machen konnte, was ich schon die ganze Zeit vor hatte. Wenn sie jetzt nicht gehen, geh ich ebend!
Leowulf drehte sich erst um als da Vanya schon wieder auf dem Weg war. „Ja hetzt uns doch… wir kommen… schon noch“ sagte er viel zu spät. Er haderte anscheinend kurz mit sich und sah dann zu mir und Greifwin. „Habt ihr noch was vor? Ich will lieber mit euch Zeit verbringen als mit Praioten.“
Arrgh! Verstand hier denn niemand was ich wollte? Und die Fragen von Taruk hatte er auch nicht beantwortet… wird wohl wieder an mir hängen bleiben, dass hinterher zu erklären.
„Ja, verdammt!“ antwortete ich barsch und stapfte in eine völlig andere Richtung davon.
„Ja“, antwortete auch Taruk, „erzähle mir Eure Geschichte.“
Leowulf musste mir gefolgt sein, aber ich bemerkte es erst nach einer Weile, blieb dann stehen und drehte mich um. „Was bitte machst du da?“ Arg!Ich werde hier nochmal wahnsinnig. Und du sei gefälligst still! Verdutzt schaute Leowulf mich an „Dich begleiten? Wer weiß was einen auf
dieser Insel noch so alles anfällt… und so wie du diesen Stab umklammerst bekommst du doch nicht einen Zauber von den Fingern… geschweige denn einen vernünftigen Hieb, oder?“
„Äh…hmm.“ Ich schaut den Stab entlang auf meine noch immer fast weißen Finger. Oh verdammt! Hmm… mal versuchen…Eindeutig nicht möglich…Mist! „Da könntest du recht haben…“ Dann versuchte ich umständlich mein Knie zwischen mich und den Stab zu bringen um ein Gegengewicht zu haben. So würde das nichts… schaute mich um und lehnte mich dann gegen eine nahe Häuserwand um nicht nach hinten umzufallen.
Den Kopf leicht zur Seite geneigt schaute sich Leowulf dieses Schauspiel einen Moment lang an. „Sowas passiert Kämpfern manchmal… halten ihre Schwerter so fest dass die Arme verkrampfen und sie ihre Finger nicht mehr bewegen können…
„Ich würde dir ja helfen aber ich glaube dann brech ich dir sämtliche Finger. “ Etwas ratlos schaute er zu mir herüber. Jetzt würde er sich bestimmt lustig über mich machen! Er soll mich nicht so anstarren! Noch immer das Knie zwischen mir und dem Stab versuchte ich ihn
langsam nach unten zu drücken um meine Finger davon zu lösen. Die Anstrengung war vermutlich in mein Gesicht geschrieben und meine rote Haarsträne, die inzwischen einen deutlich grauen Ansatz hat, hing vor meinem Gesicht. Endlich nach einer halben Ewigkeit schien sich zunächst der kleine Finger der linken Hand zu lösen und darauf auch die übrigen Finger der Hand. Die rechte jedoch bleibt nach wie vor in ihrer verkrampften Position. Mist! Da nun die Möglichkeit des Gegengewichtes abhanden gekommen war, hielt ich unschlüssig den Stab in meiner rechten Hand und schüttelte ihn ein bisschen. „Gibt es da bestimmte Techniken, wie man das wieder löst?“
Nach dem letzten Schütteln stahl sich ein Lächeln auf die Stirn des Rondrianers, also machte er sich doch lustig! „Warmes Wasser oder eine vorsichtige Massage. Oder beides.“ Er wich einen Schritt zurück als der Stab bedrohlich in seine Richtung wackelte.
„Wir haben aber keine Zeit für ein warmes Bad. In etwa einem drittel Stunde müssen wir im Borontempel sein. Die Praioten werden uns die Niederhöllen heiß machen, wenn wir nicht pünktlich sind…“ welche schöne Worte… Sei still! Ich schaut verzweifelt auf den Stab, der mit den roten Adern auf meinem rechten Handrücken einen interessanten Kontrast bildete.
„Gibt es nichts schnelleres?“
Leowulf schüttelte langsam den Kopf „Nein, die Heilung brauch ihre Zeit. Außer du hast einen Zauber parat der deinen Arm anwärmt aber nicht verbrennt.“
„Immerhin hast du ja eine Hand frei… und mich stört es nicht wenn die Wahrheitssucher ein wenig warten müssen. Ich gehorche nur der Göttin und wir sind im Auftrag der Boronkirche unterwegs gewesen nicht der des Gefolges des Praios.“
Seine letzten Worte wirkten geradezu abwerten gegenüber den Praiosgläubigen. Ich überlegt eine Weile „Nein. Dafür bräuchte man einen Elementaristen. Ich kann sowas nicht auf ungefährliche Art und Weise erschaffen.“ So kann ich den Zauber auf keine Fall durchführen.
„Kannst du mal versuchen die Finger zu lösen?“
„Ja natürlich.“ Er besah sich zuerst die verkrampften Finger und nuschelte etwas von „oh man“ und „dass das nicht weh tut“
„…hmm… irgendwas riecht hier komisch…“ Leowulf schnüffelt geradezu herum und verzog das Gesicht als er dem Stab nahe kam. „Ist ja widerlich… dieser Geruch… dass dich das nicht stört, Connar?“
„`Wie? Es riecht komisch? Also ich hab nichts bemerkt… muss wohl an den Dämonen liegen, die da raus gekommen sind.“
Daraufhin schob er meinen zerschlissenen Ärmel hoch und begutachtet meinen Arm an dem die Sehnen gespannt hervorgetreten waren. Seine Finger suchen die Muskeln unter meiner Haut und massierten und wärmten sie eine Zeit lang. „Nicht gleich drauf los greifen auch wenn es wieder gehen sollte. Dein Lebenssaft ist noch nicht wieder überall da wo er hingehört!“
Dann begann das Gefühl in meine Finger zurückzukehren – jedoch nicht angenehm und ich verzog das Gesicht schmerzerfüllt. Nach und nach löst er die einzelnen Finger vom Stab, so dass dieser letztlich auf den Boden fiel.
So… endlich.
„Das dauert jetzt ein bisschen bis ich hier fertig bin.“ Ich schaute mich um ob niemand zusah, aber diese Straße war unbelebt, vermutlich waren viele in der Nähe der Tempel um sich über den Ausgang des Sturmes auf den Palast zu informieren.
Der Stab begann indes sich mit Schuppen zu überziehen und formt sich zu einer Schlange in dem Moment in dem er zu Boden fiel. Und dann davon zu kriechen. Das ist immer noch ein Stab.. bloß ein Stab. Und den lässt du doch jetzt nicht entkommen? Sie sperren uns sicherlich ein, wenn sie erfahren das er weg ist! Ich überwand meine naturgegebene Abscheu vor Reptilien, die mir wohl deutlich ins Gesicht geschrieben stand, und versucht nach dem Stab zu greifen. Ich hatte die Schlange erwischt, und für einen kurzen Moment schaute sie mich an als wolle sie mich beißen. Dann, ganz so als wolle sie mich testen, legte sie sich wieder gerade und bliebt regungslos liegen. Kurze Zeit später war sie nur noch ein Stab.
… wie jetzt? Sehr merkwürdig Ich schaute etwas verwirrt auf den Stab in meinen Händen, achtete aber dieses Mal darauf nicht zu sehr zuzugreifen, zumal meine rechte Hand noch immer vor Schmerzen brannte und die rot gefärbten Adern dick auf der Haut hervorgetreten waren. Einige weitere Augenblicke vergingen und dann legte ich den Stab wieder zu Boden und wartete ob das Ganze nochmals passierte, oder ob ich endlich meinen Zauber wirken konnte. Nichts geschah.
Ich schaute nochmal mit einem skeptischen Funkeln in den Augen zu Leowulf hinüber und platzierte den Stab dann so, dass ich bequem darum herum gehen konnte. Dann schloß ich die Augen und konzentrierte mich. Leo murmelte ein: „Ich tret einfach drauf wenn er nochmal wegkriecht…“ und war dann wieder still.
Nach ewig quälenden Augenblicken trat ich einen Schritt vor kniete mich hin und zog mit meiner rechten Hand einen Kreis um den Stab, sprach deutlich „Haec res odium provocet“ und richtete mich danach wieder auf. Mal sehen ob es funktioniert hat.
Leowulf schaute ein wenig verdutzt drein als der Stab vor seinen Augen verschwand.
Ich fuchtelte ein bisschen mit der Hand vor Leowulf herum. Der Stab schien wohl wirklich verschwunden.
„So. Jetzt können wir gehen.“
„Ähm ja klar, lass uns los. Wer weiß was Greifwin schon alles angestellt hat in der Zwischenzeit!“
Ich lächelte verschmitzt und wurde dann wieder ernst, weil ich etwas bemerkt hatte. Warum bei den Niederhöllen seh ich den verdammten Stab denn jetzt auch nicht mehr… da ist doch irgendwas schief gelaufen! Na hoffentlich verliere ich ihn nicht irgendwo…
„Ja, lass uns zurück… äh… du findest den Weg?“
„Hier geradeaus und dann links und auf dem großen Platz dann… ach den finden wir schon“ Leowulf führt mich beinahe zielsicher zumindest in die Nähe des Tempels.
Hmm… da wären wir also wieder. Bin also gespannt was nun passieren würde… Ich lief hinter Leowulf her und versuchte nicht mit dem unsichtbaren Stab gegen Leute zu laufen.
Der Tempel wurde draußen von zwei Sonnenlegionären flankiert und auf der Innenseite des Portals standen auch noch zwei weitere. Im Tempel war, ganz entgegen der normalen Boronnatur, heges Treiben. Wir wurden von zwei Boroni zu einem großen Versammlungssaal geführt. Dort saßen bereits ein Dutzend Sonnenlegionäre und die uns bereits bekannten Gesichter von Da Vanya und Jago, wobei letzterer uns eher ärgerlich denn erfreut anschaute.
„So, habt ihr den Weg also gefunden, wie erfreulich.“ Da Vanya deutete Platz zu nehmen.
„Wir sind heute hier um dem Herren Praios und seinem Bruder Boron für die tatkräftige Unterstützung bei der letzten Schlacht zu danken, als auch das erlebte noch einmal zu rekapitulieren. Ich wäre über einen Bericht eurerseits sehr dankbar. Ich hörte ihr seid quer durch das grüne Gift Maraskans hierher gelangt. “
Was bildete er sich ein!
Ich ergriff mit einem Aufflackern von Wut in meinem Blick das Wort, ohne Platz zu nehmen:
„Ihr wisst was uns auf dem Weg passiert ist, immerhin habe ich euch gestern einen Bericht zukommen lassen! Und im Palast wart ihr ebenfalls mit uns zusammen „, gezwungernermaßen!, „und habt selbst sehen können was geschah. Wir haben einen wichtigen Auftrag erhalten und würden nur ungerne unsere Schiffspassage verpassen und so sehr ich auch einsehe, dass ih.. wir den Göttern danken sollten, bitte ich doch darum unsere Wünsche zu berücksichtigen.“
Am Platz blickte Leowulf Da Vanya verärgert an und konnte sich gerade noch zurückhalten laut zu werden. Leise und nur für uns hörbar nuschelt er mit wütendem Unterton „Dieser aufgeblasene Lichtschwinger… hätte uns Rondra in dieser unmenschlichen Schlacht nicht beigestanden säßen wir jetzt alle in Borons Hallen… oder schlimmerem…“
„Ja, ich lebe noch. Aufgrund der Gnade meines Gottes. Danke der Nachfrage“ Das Thema schien damit für Greifwin erledigt.
Jago zog eine Augenbraue hoch und schaute Da Vanya an. Der Wiederum ließ sich nicht beirren und spracht weiter.
„Ja, Praios war wahrlich mit uns. Und Phex vermutlich auch, wie man unschwer an den vollgestopften Taschen eures Begleiters erkennen kann.“ Er schaute lächelnd zu Greifwin.
„Aber mir ist zu Ohren gekommen, das ihr die Miene von Aman-Anji besucht habt, und ich bin doch sehr daran interessiert zu erfahren, was sich dort ereignet hat. Obwohl ich mir denken kann, was sich für Herrn von und zu Gareth dort für seine Taschen ereignet hat, aber ich bin mir sicher dieser wird freiwillig den Zwölfen zu Ehren, seinen Inhalt der Kirche übergeben.“
Wieder lächelte Da Vanya ein Lächeln das keinen Widerspruch dulden würde. „Mein Beileid für den Verlust im übrigen Magister Zeel. Nachdem ihr bereits schmerzlich ein Auge verloren zu haben scheint, ist nun auch noch eine Hand abhanden gekommen. Wenn ihr kirchlichen Beistand benötigt, lasst es mich wissen. Den Stab, so haben wir vorerst entschlossen, belassen wir in eurem Gewahrsam, da er dort vermutlich in besseren Händen für eure bevorstehende Mission aufgehoben zu sein scheint.“
Äh, wie jetzt? Meine Hand? Ich schaute ungläubig auf meine Hände, erinnerte mich aber dann wieder an das Gesagte. Warum bei den Niederhöllen muss man diesen verfluchten Praioten alles fünfmal erklären! „Also… wenn ihr es denn nun genau wissen wollt: Auf dem Weg zur Mine haben wir hinter der Brücke einen Toten gefunden – beileibe kein schöner Anblick, da er innerhalb weniger Stunden verrottet sein muss – und im Lager vor der Mine etliche weitere Tote. Außerdem zwei tote Paktierer. Wir haben alle Toten in den Barraken verbrannt und sind dann in die Mine. Dort hauste nur noch ein Dämon… des Schänders der Elemente und den hab ic… haben wir erledigt….“
Taruk betrat die Halle – wo war er inzwischen denn gewesen? – gemessenen Schrittes und blieb zwei Schritt vom Tisch entfernt stehen. „Höre, Priester „, sagte er mit ernstem Ton, „ich weiß immer noch nicht, was euer verrückter Fürst von mir wollte, und wer der Mann war, der sich ‚der
Vielseitige‘ nannte. Diese drei hier wollen mir nichts sagen, aber vielleicht kannst du es.“ Er schaute ihn scharf an. Ich hielt inne als ich so rüde von den anderen unterbrochen wurde und blickte Taruk an.
„Ich war nicht anwesend, erläutere dir aber gerne später um wen es sich dabei handelt.“
Dann wendete ich mich wieder Da Vanya zu. „Wenn ich fortfahren dürfte?“
Er nickt und ich blickte nochmals auf meine verschwundene Hand. Oh verdammt… erst eine rot, dann die andere verschwunden. Ich muss hier schnellstens verschwinden. Ich benutzte natürlich die linke Hand zum Tragen. Die Rechte würde auffallen, denn dann müsste ich als Rechtshänder alle Sachen mit links machen. Ich räusperte mich und warf nochmals einen Blick in die Runde.
„Fein. Wir haben also den Dämon zurück in die Niederhöllen geschickt und haben die Mine dann verlassen. Greifwin hat eben jene Enduriumkugeln nur mühsam dem Dämon entringen können und wollte sie der Boronkirche“, die Betonung lag eindeutig auf Boron, “ unserem Auftraggeber überbringen, welches ihr jetzt gerade unterbunden habt.“
„Nein!“ rief Taruk. „Seht mich an…ich habe diese Wunden für Eure Sache empfangen. Ich fürchte mich nicht vor Verwundungen, ich habe keine Angst vor dem Tod, ich würde ihn sogar willkommen heißen, aber ich will wissen, wofür das ganze gut ist.“ Er ballte die Fäuste. „Ihr seid nicht die ersten, die versuchen, meine Kampfkraft für ihre Zwecke zu gewinnen, aber andere haben bezahlt, und sie haben mir gesagt, gegen was ich kämpfe.“ Er trat einen Schritt vor und schlug mit der Faust auf den Tisch. „Haltet ihr mich für dumm? Sperrt ihn ein, laßt ihn heraus in die Arena, laßt ihn wüten wie ein Tier? Ihr alle“, er schaute in die Runde, „haltet mich seit Tagen im Dunklen, in jeder Hinsicht. Dein Gott steht für die Wahrheit, Priester? Dann sprich die
Wahrheit!“
Ucurion Jago erhob sich mit den Worten: “ Wen glaubst du vor dir zu haben Berser..“, wurde aber von Da Vanya harsch unterbrochen.
„Lass gut sein Bruder.“
Er musterte Taruk eine Weile und begann dann zu lachen. “ Alle Achtung, du bist direkt. Ich muss dir schon sagen, so etwas kann dich noch in ernste Situationen bringen, aber das gefällt mir. Der Vielseitige ist, so hat es ganz den Anschein, Borbarad, der Verschlinger der Welt. Das Übel aller
Alpträume, der Unbezwinbare und der Dämonenbeschwörer. Er ist der Bruder des weisen Rohals und wir glaubten er sei vor 500 Jahren verbannt worden, in den Zwischenraum der Welten. Aber er ist zurück. Eure drei Gefährten hier haben aber weitaus mehr in Erfahrung gebracht über ihn, und das würde, mit Verlaub den Rahmen der Handlung hier sprengen. Wir, die Diener des Lichts werden von nun an alle Wege in Bewegung setzten um Gegenmaßnahmen einzuleiten um der neuen Bedrohung Herr zu werden. Wir erwarten, dass ihr uns über jede Neuigkeit informiert. Als Gegenleistung könnt ihr jegliche Hilfe von uns erwarten, sofern sie in unserer Macht steht. Was das Erz betrifft, so ist dieses Eigentum des Staates und der Kirchen, jeglicher Besitz außerhalb dieser Institutionen ist strafbar und wird hart geahndet. Wer noch solches besitzen sollte, sollte es schleunigst abgeben. Ihr habt euch heute wacker geschlagen, also werde ich euch nicht weiter untersuchen. Solltet ihr aber außerhalb dieses Tempels mit dem Metall aufgegriffen werden, dann kann ich euch nicht helfen.
„`Was euch betrifft Taruk, diese tapferen Männer sind zwar nicht perfekt, bei weitem nicht, aber sie sind in der Lage dir bei deiner Suche zu helfen. Hat sonst noch jemand Fragen?“
Ich drehte mich zu Taruk um und schaute zu ihm auf.
„Die wahren Ausmaße der Situation kann dir niemand beantworten. Wir haben bloß einen blassen Schimmer gesehen.“
„Und was das Erz betrifft bin ich nicht sicher, ob nicht der Rabe es gerne persönlich von uns erhalten würde, anstatt das es in einem Praiostempel… gelagert wird.“
Taruk atmet tief durch und nickte. „Ich weiß das zu schätzen“, sagte er, „und ich werde Euch unterstützen.“
Ich schaute nochmals in die Runde und blieb dann wieder bei Taruk hängen.
„Wenn du wirklich wissen willst gegen was du gestritten hast, dann nehme ich mir gerne auf dem Weg zum Hafen und auf dem Schiff Zeit und erkläre und zeige es dir.“
Er schaute Mich an. „Tu das.“ Er zog einen Stuhl heran und setzte sich schwer nieder.
Dann wendete ich mich zu da Vanya um. Endlich meldete sich Greifwin mal zu Wort:
„Sind wir dann fertig? Ich will zum Festland, runter von dieser Insel. Mir ist Maraskan zu wider, ich hab nichts mehr zu tun hier. Und ich werde sicherlich, in Phexens und im Namen aller anderen Alverani, nie nie nie wieder einen Fuß auf diese verfluchte Insel setzen. Hat die Praioskirche noch etwas zu sagen?“ und schaut auf Jago und Da Vanya, der die Sitzung dann für erledigt
erklärte: „Ich glaube wir sind dann fertig hier. Das unheilige Schwert das ihr mitgebracht habt wird sicher verwahrt werden. Im übrigen haben wir die Seeblockade aufgehoben und Schiffe werden wieder durch die See kreuzen. Das Schiff das euch mitnehmen wird, übrigens das einzige innerhalb der nächsten 2 Wochen, ist die „Greif“. Der Kapitän heißt Hayamunda, ich glaube ihr kennt euch bereits. Gehabt euch wohl und möge Praios Segen mit euch sein, auf all euren Wegen, und möge sein Licht euch erstrahlen an allen dunkeln Orten die ihr betreten werdet. Sofern keine weiteren Fragen sind, erkläre ich diese Sitzung für beendet“
„Phex mit euch – und hoffentlich sehen wir uns nicht so bald wieder!“ sagte der Streuner. Missmutig verließ Greifwin die Halle. Vor der Tür wartete er auf uns.
Schweigend aber mit einem ehrenhaften Gruß an Da Vanya verließ der gebeutelte Rondrianer die Versammlung als einer der Ersten. Ich funkelte die versammelten Praioten noch ein wenig an und begab mich dann ebenfalls samt meiner Sachen nach draußen vor den Tempel.
„Und nun? Was machen wir jetzt? Außer nach Kunchom überzusetzen meine ich?“ fragte er.
„Was willst du denn sonst?“ Taruk lächelt. „Khunchom ist ein guter Ort. Der Codex der Söldner stammt von dort, und vielleicht kann man dort einen guten Auftrag landen für einen so starken Trupp.“
„Momentan? Ich sehne mich eher nach der Nähe meines Gottes Taruk. So wie du deinen Vater gesehen hast ist mir mein Gott erschienen“antwortet Greifwin und schaute aufs Meer hinaus.
„Ich werde dafür beten dass Rondra und Efferd ihre Stürme an uns vorbeilenken… meine Freunde.“`teilte Leowulf uns mit.“`Diese Nachricht die wir bekamen, von den Magiern da aus Kunchom macht mir Sorgen. Aber immer wenn uns so etwas erreichte wurden wir dort auch gebraucht!“ Stolz und Zuversicht klangen aus seiner Stimme.
„Natürlich werden wir gebraucht! Ihr glaubt doch nicht das es sich damit erledigt hätte, oder?“ Dann blickt ich auf meine linke Hand… oder viel mehr dorthin wo sie wohl mein müsste.
„Ihr habt eine Nachricht bekommen? Das müsst ihr mir…“ Taruk hielt inne. „Ihr müsst mir eine Menge Dinge erzählen, aber auf der Überfahrt wird Zeit genug sein.“
Ich schaut etwas verwundert. War er nicht dabei gewesen? Naja mir sollte es egal sein. Nickte dann und ging ein paar Schritte in eine Richtung. Mist.. ich hatte schon wieder versäumt mir den Weg zu merken. Ich drehte mich um. „Leowulf? Kennst du den Weg zum Hafen?“
„Die Treppe runter und dann immer nach äh… ach wir fragen uns einfach durch! Und nun los.“
Schnellen Schrittes stapft er in Richtung Hafen.
Ihm in gebührenden Abstand folgend und immer wieder schräge Blicke auf meine linke Hand werfend, folgt ich ihm zur Treppe. Hoffentlich löste sich das Problem, wenn ich den Stab wieder ablegte… wobei eine unsichtbare Hand schon ganz praktisch sein konnte, wenn ich es mir recht überlegte… was man damit alles machen kann…
Der Weg führte zwischen den reicheren und somit größeren Häusern, die weiter oben in der Bucht lagen vorbei, durch enge Gassen von Balkonen der angrenzenden Häuser überdeckt, die kaum ein Sonnenstrahl berührten, zu den kleineren, ärmeren Häusern, die sich schäbig im Glanz Praios aus dem felsigen Boden erhoben bis schließlich eine beeindruckende Treppe in Sicht kam von der man seinen Blick über die gesamte Tuzaker Bucht schweifen lassen konnte.
Am Hafen angekommen musterte ich das Schiff.
Warum ausgerechnet dieses Schiff? Im regen Treiben des Hafens war das Schiff auf das sich da Vanya bezog nicht zu übersehen. Der Bug glänzte golden und war vollkommen frei von Beschmutzungen durch häufige Fahrten. Die Arbeiter liefen durcheinander und brüllten sich Befehle zu, da angesichts der aufgehobenen Sperre endlich wieder Schiffe den Hafen verlassen konnten ohne schlimmeres als Stürme zu befürchten.
Ich wartete bis Taruk über die Planke das Deck des Schiffes betrat und ging dann hinterher.
Mit wenig Begeisterung in den Augen überquerte hinter mir Leowulf die Planke des Schiffes und fragt ein Mitglied der Besatzung in welchen Räumen wir unsere Habseligkeiten unterbringen können. Mit einem „Efferd mit Euch“ dankte er und begab sich unter Deck zum angewiesenen Platz. An Deck liefen die Vorbreitungen für die Abfahrt, Waren wurden verladen und unter Deck gebracht. Ich folgte Leowulf unter Deck, dankbar niemanden nach dem Weg fragen zu müssen
und vielleicht eine rüde Antwort bezüglich zerstörter Schiffsrümpfe anderer Schiffe zu erhalten. Wobei… wenn sie wüssten, dass ich das war, hätten sie mich bestimmt nicht so einfach gehen lassen. In der doch im Gegensatz zum äußeren recht schmuddeligen Kabine eingetroffen
ließ ich mich auf eine der Hängematten fallen.
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