Das Leben eines Gezeichneten – Teil 25

Unstillbare Gier - Teil 8

2 Firun
Bewegungen vor dem Fenster weckten mich. Meine Sichtposition hatte sich wieder verändert und ich konnte einen Teil des Bodens sehen, auf dem jemand zwei Kreise gezogen hatte und dazwischen Zhayadrunen. Namen von Erzdämonen. Ich konnte viereinhalb lesen und bei der Biegung der Kreislinie war Platz für zwölf oder dreizehn Symbole.
Ich erhob mich von der Bank der Kutsche und stapfte nach draußen in den Schnee, ohne die anderen zu beachten, und begann damit, dass was ich sah in den Schnee zu malen um es besser visualisieren zu können. Die anderen entzündeten ein Feuer und Latu tauchte wieder auf mit zwei hellen Kaninchen, die er erlegt hatte. Zwei ganze Kaninchen in einer Nacht… wirklich ein großer Jäger.
Die Kaninchen waren in etwa zur selben Zeit fertig wie ich mit meinem Zeichnen, inzwischen waren innerhalb des Erzdämonenringes Göttersymbole hingemalt worden, passend natürlich und auch ich hatte sie meinem Abbild hinzugefügt. Leowulf wollte wissen was ich da trieb und ich erklärte – grob natürlich – was dort zu sehen sei, konnte mir aber selbst keinen großen Reim darauf machen, warum jemand alle Erzdämonen auf einmal in einem Beschwörungskreis verwenden wollte. Das war Wahnsinn!
Ich ging hinüber zum Feuer und begann am Kaninchen zu knabbern, als ein Windstoß das Feuer löschte und Greifwin aufsprang und sein Schwert zog. Ich blickte mich um, konnte aber nichts erkennen, zur Vorsicht warf ich allerdings einen Odem auf die Umgebung um uns und sah in einiger Entfernung einen roten Schneehügel.
Ich rief Greifwin die Richtung und Entfernung zu und er stürmte los. Würde mich nicht wundern, wenn er mit diesem Verhalten eines Tages einfach in ein Loch laufen würde ohne groß darüber nachzudenken.
Ich schritt langsam hinterher –  ein gewisser Teil in mir hoffte tatsächlich, dass er in ein Loch oder ähnliches fiel – und stellte fest, dass er in einiger Entfernung stehen geblieben war und ein Schneesturm aufzog. Näher kommend stellte ich weiter fest, dass er nicht einfach stehen geblieben war, sondern eingefroren worden war.
Leowulf hatte mich inzwischen eingeholt und wir konnten gerade noch Schneebällen ausweichen, die auf uns geworfen wurden. Ich wurde ärgerlich und überlegte, wie man dem am besten beikommen konnte – Leowulf versuchte sich an Greifwins Eishaut, die nicht so einfach abzubekommen war, und Greifwin fing an zu jammern.
Latu, ebenfalls inzwischen am Unglücksort – Definitionssache, natürlich – eingetroffen, redete blind in Richtung Norden, dass wir ja überhaupt nichts böses hier wollten. Die Wesenheit die ich gesehen hatte reagierte auf Latus Worte, der Schneesturm ließ nach und vor uns tauchten Pfeile im Schnee in Richtung Wald auf.
Greifwin jammerte, dass er nicht alleine bleiben wolle und Leowulf erklärte sich bereit bei ihm auszuharren, während ich Latu folgte. In den Wald. Glücklicherweise nicht sehr tief. Vor uns tauchte ein alter Altar auf, der schon bessere Zeiten gesehen hatte. Die Steine waren in der Umgebung verteilt worden und zum Teil zerbrochen. Latu war der Ansicht der Geist – obwohl ich mindesten dreimal sagte, dass das ein niederes Elementar des Eises seien muss, wollte er
nicht von der Bezeichnung ‚Geist‘ abweichen – wollte von uns, dass wir den Schrein wieder aufbauen. Natürlich. Ich machen immer niedere Dienste, die mir irgendwelche Elementare auftragen, weil sie gerade mal Langeweile haben. Ich drehte mich wortlos um und stapfte zurück, als Latu begann das Ding wieder aufzubauen.
Der Diener war offensichtlich nicht erfreut von meinem Verhalten und versucht mich mehrmals zum stolpern zu bringen. Nach dem ersten Mal passte ich aber auf und entging weiteren Stürzen in den Schnee, wurde aber zusehends ärgerlicher und war kurz davor alles im Umkreis von einer Meile in eine Feuerhölle zu verwandeln.
Aber wieder in der Kutsche ließ mich das Elementar in Ruhe und nach geschlagenen zwei Stunden traf Latu wieder ein. Zuerst bei Greifwin und Leowulf, und dann an der Kutsche, so dass wir endlich weiterfahren konnten.
Am Abend erreichten wir ein Bauernhaus und beschlossen dort zu nächtigen. Greifwin stürzte fast zur Tür herein und die Bauersfamilie war ganz offensichtlich nicht sehr begeistert von unserem plötzlichen Besuch. Sie drängte sich ängstlich zusammen, und Greifwin nahm es sich heraus sich direkt vor dem Kamin breit zu machen – ohne zu Fragen natürlich.
Ich zog mich in die Kutsche zurück und überließ es Latu die Situation zu bereinigen.

3 Firun
Morgens wollte ich eigentlich nicht mehr etwas von der Familie, aber Latu wollte unbedingt unser Bild bereinigen, dass wir am Abend hinterlassen hatten, also gesellte ich mich zu den anderen in die gute Stube und lauschte den Geschichten des kleinen Mädchens, dass eine Harpyie gesehen hatte, die recht freundlich zu ihr gewesen war. Ich verkniff mir eine entsprechende Bemerkung, als sie einwarf, dass Fliegen toll sei, horchte aber auf, als sie erzählte, dass die Harpyie etwas von einem großen roten Stein berichtet hatte. Wenn wir also nicht viel
Pech hatten, dann war Nachtschattensturm tatsächlich der richtige Ort – außer die Harpyie ist eine ganz lange Strecke geflogen um das hier zu erzählen und dann wieder zurück, denn ich hatte eine durchs Bild hüpfen gesehen.
Uns blieb eh keine Wahl und so machten wir uns wieder auf den Weg. Morgen Abend würden wir den Turm erreichen, wenn wir direkt hinziehen wollten. Ich war dafür zuerst nach Baliho zu reisen um Verstärkung zu holen. Wer konnte schon ahnen, was sich alles dort aufhielt. Aber mit einem Blick auf den Mond, der kaum noch sichtbar war – und dem Hinweis des Magiers, dass es beim Neumond passieren würde – hatten wir nicht die Zeit um nach Baliho zu reisen, wenn wir nicht die ganze Nacht weiterziehen würden. Davon hielt uns allerdings eine immer dichter werdende Nebelwand ab, die so nahe am Fluss vermutlich natürlichen Ursprungs, aber trotzdem schon ein seltsamer Zufall war.
Eine Möglichkeit bliebe uns. Ich könnte mittels Körperloser Reise in kürzester Zeit nach Baliho gelangen und im dortigen Rondratempel bescheid geben. Ich unterbreitete den anderen meinen Vorschlag, und Leowulf setzte ein Schreiben auf, dass ich dann dort aufsagen wollte – er versteht besser, was ich sagen muss und was nicht.
Gerade mit dem Schreiben fertig, blickte ich auf und sah mit erstaunen einen Vogelkopf aus Latus Brust schauen. Einen Schwan wenn mich nicht alles täuschte. Ein höchst verstörender Anblick, der sich mir darbot. Der Kopf streckte sich vorwärts mir entgegen und hüpfte dann, vollständig zum Schwan angewachsen, auf Latus Schoß und danach aus der Kutsche hinaus.
Ich schaut mir Latu nochmals an. Er hatte die Augen geschlossen und sagte nichts mehr. Leowulf sprach ihn an und er antwortet, dass wir keine Nachricht mehr schicken müssen. Er hätte es soeben getan. Hmm. Ich fragte ob er sicher sei, dass die Botschaft verstanden wird und ob wir eine Antwort bekommen würden. Er wusste es nicht. Großartig. Aber er war zuversichtlich, dass es gelingen würde.
Wir legten uns also schlafen und ich für meinen Teil wartete – vermutlich ebenso wie Latu – auf die Rückkehr des Vogels.

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