Das Leben eines Gezeichneten – Teil 17
Altraum ohne Ende - Teil 5
1 Rahja
Ich fühlte mich nach den wenigen Stunden Schlaf im Tempel nicht wirklich gut, und den anderen erging es wohl auch kaum besser. Wir nahmen eine karge Mahlzeit zu uns, die wir in der Küche des Tempels fanden und machten uns auf den Weg die Burg zu erstürmen. Was auch immer dort auf uns warten wurde.
Zunächst einmal erwarte uns gar nichts. Die Burg war ebenso zerstört wie das Dorf zu ihren Füßen, der Turm allerdings schien weniger beeinflusst. Also brach Greifwin das Schloss des Turmtores auf nur um von dahinter lauernden Skeletten angegriffen zu werden.
Ich hatte indes den Magier auf der obersten Plattform entdeckt, der wieder wüste Beschimpfungen, die der Wind davon trug, bevor sie mein Ohr erreichen konnten, von sich schrie. Die Skelette waren nicht schwer zu überwinden und wir hasteten den Turm weiter hinauf. Im ersten Stock befanden sich keine Gegner und wir hasteten nach oben zur Plattform auf welcher der Magier gestanden hatte.
Ich schleuderte ihm ohne zu zögern einen Fulminictus entgegen, der ihn schwer getroffen zusammensacken ließ. Im Raum befanden sich noch der Zwerg und eine Kämpferin jener Gruppe, die mit dem Inquisitor gereist war. Greifwin stürzte sich auf den Zwerg, ich mich mit Latu in Richtung Kriegerin. Ich versuchte es mit einem Eigene Ängste, aber sie stand unter der Beherrschung des Magiers, die ich nicht mit meinem kümmerlichen Versuch durchdringen konnte.
Der Zwerg floh, als er in uns die Übermacht erkannte, die anderen beiden waren des Todes. Aber noch immer schien jene seltsame Veränderung auf dem Land zu liegen. Der Tod Korobars hatte nichts genutzt. Vermutlich war nicht er verantwortlich für das dahin siechen, sondern es musste jener andere Magier sein, den wir noch nicht gefunden hatten.
Im Boden des Turmes tat sich eine Falltür auf – vorher magisch gesichert – mittels der man Zugang zu einem Keller erhielt in dem in der Mitte eine Bodenklappe von einem Teppich verdeckt lag. Es kam mir seltsam bekannt vor und ich warnte die anderen vor der Klappe, aber Greifwin wollte nicht hören und öffnete sie. Ein eher winziger Dämon erschien auf der Tür und starrte uns stumm an. Endlich mal etwas mit dem ich auch umgehen, gegen das ich antreten
konnten.
Ohne große Probleme überwand ich den Dämon und schickte ihn zurück in seine Heimat. Darunter lag eine Strickleiter die in ein graues Nichts führte. Klasse. Ein Abgrund von unkenntlicher Tiefe. Genau das richtige für meine angegriffenen Nerven. Aber ich wollte den Ursprung finden, musste den Ursprung finden, um zu wissen, um mich zu retten.
Die Strickleiter endete nicht im Nichts, sondern auf einer gewölbten Oberfläche, die wie ein Korken in jenem Schacht saß, der den Turm nach unten weiterführte. Ich begann auf und ab zu springen um so ein Loch in die Membran, die uns von unserem Ziel trennte, zu erzeugen, und bald glitten meine Füße ins Nichts darunter. Greifwin wollte mich festhalten, aber ich wurde durch das Loch ins Nichts gezogen.
So musste es im Limbus sein. Ich hatte davon gelesen. Alles grau und ein ständiges Gefühl des Fallens. Und keine Möglichkeit akustische Geräusche wahrzunehmen. Die anderen waren inzwischen auch ins Nichts gefallen und sahen sich erschreckt, wie ich vermutlich ebenfalls, um. In der Ferne konnte ich Menschen sehen, die in Form eines dreizehneckigen Sterns um eine weitere Gestalt herum standen. Ich versuchte näher heran zu gleiten, und stellte mit Freude
fest, dass es ohne größeren Kraftaufwand möglich war.
Die anderen folgten mir und ich sah, dass die Menschen auf der Kreisbahn gefesselt, alt und kaum noch am Leben waren. Den größten Schrecken aber erlitt ich, als ich einen näheren Blick auf den Mann in der Mitte warf. Es konnte doch nicht sein! Ich hatte ihn getötet! Bis zur Unendlichkeit verbrannt! Und doch stand er hier in mitten des Triskaidekagramms. Aufrecht und mit Sicherheit nicht lebendig. Er bemerkte unser Kommen nicht, war beschäftigt mit dem was er tat, was auch immer es beinhaltete. Greifwin begann die Fesseln der Gefangenen zu lösen, aber es zeigte keinen Effekt. Ich hatte ihn schon einmal getötet. Ich wurde es nochmals tun. Also zog ich mein Bannschwert und begann auf ihn ein zuschlagen, auch Latu gesellte sich zu mir und binnen kürzester Zeit, die hier wohl keine Rolle spielte, lag er am Boden, lachte während wir seinen neu gewonnen Körper unter den Einzelteilen der Zwischenwelt verteilten.
Greifwin war zu dem Schluss gelangt, dass Töten der Gefangenen sei der beste Versuch das Ritual zu unterbrechen, und hatte einen nach dem anderen dar nieder gestreckt. Geistig völlig erschöpft standen wir zwischen den Leichen und wussten nicht wohin und was wir nun tun sollten. Ich hatte schon die ganze Zeit das untrügliche Gefühl, dass wir eine Winzigkeit zu spät gekommen waren und ich sollte recht behalten.
Es erhob sich ein Sturm im Gefüge der Zwischenwelt und ich spürte deutlich die Präsenz eines Anderen, Größeren in meiner Nähe. Es bewegte sich unsichtbar und doch vernehmlich durch das Einheitsgrau, das uns umgab. In meine Richtung, durch mich hindurch. Im Moment des unwirklichen Zusammenprallen von Existenz und Nichtexistenz erkannte ich was unser Problem war. Wir hatten das Ritual nicht aufgehalten.
Es war vorher vollbracht worden. Nur kleiner Korrekturen hatten noch stattgefunden. Die Erkenntnis dessen was geschehen war traf mich fast noch härter als jener Andere es vermocht hatte, und mein Geist zog sich gepeinigt in sich selbst zurück.
5 Rahja – 14 Rahja
Ich schlug die Augen auf und sah ein Dach über mir. Nicht hoch, aber doch geräumig. Es lag ein frischer Hauch in der Luft und ich erhob mich unter einem Anfall von Hustenkrämpfen. Ich lag im Tsatempel von Dragenfeld. Um mich Latu, Greifwin und Leowulf wie ich, gerade wach geworden. Vor uns stand jener Mann, den wir vor Koroban gerettet hatten, der Mann der KGIA, der jene unfähige Gruppe mit in den Norden geführt hatte, die uns in die Quere gekommen war. Er sagte er hätte uns gerettet. Aber vermutlich hat er uns vielmehr einfach von jenem Ort an dem wir aus dem Limbus ausgetreten waren bis hierher in den Tempel geschafft.
Am Ende unserer Kräfte und um Jahrzehnte gealtert erhoben wir uns und sahen uns stumm an. Alle wussten das wir Teil von etwas Schrecklichem gewesen waren, aber nur mir schien klar zu sein, dass es mitnichten vorbei war. Ich wollte jedoch vor dem Inquisitor kein Wort darüber verlieren. Höchstwahrscheinlich würde er mir sowieso nicht glauben und mich für noioniterreif erklären.
Ich musste wissen was hier passiert war. So schnell wie möglich. Vielleicht ließ sich das Geschehen irgendwie rückgängig machen. Oder zumindest eine Erkenntnis für kommendes Handeln erlangen. Doch dafür musste ich zurück in den Limbus treten, und darüber besaß ich keine Kenntnis. Eine Lektüre der Bücher konnte vielleicht Aufschluss geben über das was hier geschehen war.
Latu kam auf die glorreiche Idee eine der Phiolen aus der Sakristei des Tempels an sich auszutesten und es zeigte auf wunderbare Art und Weise Wirkung. Er wurde jünger. Er reichte uns, verborgen vor den wachsamen Augen des Inquisitors die restlichen Phiolen und auch wir anderen nahmen jeweils eine zu uns um gleichsam der Verjüngung unterzogen zu werden. Einer plötzlichen Eingebung folgend, trat ich aus dem Tempel hinaus und in Richtung Burg.
Vielleicht war noch etwas von den weltlichen Aufzeichnungen Liscoms erhalten geblieben. Die Burg ragte noch immer schwarz und düster vor mir auf. Der Weg den Berg hinauf war anstrengend, für meine noch immer geschwächten Glieder, ebenso wie der Aufstieg im Turm. Oben fanden sich noch spärliche Überreste von Papier und Buchdeckeln, aber einzig einige Worte über die Kraftlinien, die hier liegen konnte ich noch entziffern.
Ich steckte alle, die halbwegs haltbar aussahen, ein und machte mich auf den Rückweg. Leowulf informierte mich bei Ankunft über das Datum des Tages. Der fünfte Rahja. Wir waren drei Tage lang ohne Bewusstsein gewesen. Wir folgten dem Weg zurück in Richtung Runhag, seelisch zu müde um viel zu reden oder die noch immer zerstörte Landschaft um mich wahrzunehmen. Nachsturm war bis zur Brücke zurück gelaufen und hatte da mit den anderen Reit- und Lasttieren geduldig auf unsere Rückkehr gewartet, so dass wir wieder aufsitzen und den restlichen Weg
reitend zurücklegen konnten.
Wir trafen einige der Dorfbewohner in Braunklamm an, die auch nach Wiederherstellung der Ordnung auf keinen Fall in ihr Dorf zurückkehren wollten. Mutter Linai war mit einigen weiteren in Richtung Baliho geritten und uns noch immer einige Tage voraus.
Auf dem Weg nahe Braunklamm stellte ich fest, dass ich zu schlafwandeln begann. Auch das noch. Das hatte mir gerade noch gefehlt. Erst Alpträume, Stimmen, und dann Schlafwandeln. Ich werde wirklich mal jemand kundigen aufsuchen müssen.
In Baliho trafen wir Mutter Linai wieder. Sie wollte aus der Kirche austreten, aber im Tempel verweilen. Es hatten nur fünf der Dorfbewohner überlebt. Alle anderen waren an Altersschwäche, oder an wilden, verhungernden Tieren gestorben. Ein großes Treffen der Inquisitoren und Bannstrahler und wer auch immer da noch rum laufen würde sollte Mitte des Monats veranstaltet werden, wir hatten also noch Zeit um uns in Baliho von den Strapazen der Reise und den Geschehnissen, die mich in Alpträumen auf gewohnte Weise heimsuchten, zu erholen.
15 Rahja
Auf Anraten des Inquisitors und entgegen meines ausdrücklichen Willens kehrten wir ins Lager der Bannstrahler zurück um von unserer Tat zu berichten. Natürlich erwähnte ich den Namen des schuldigen Magiers, und sie nahmen seine Nennung kommentarlos hin. Gut sie wussten nicht, dass er von mir vor einiger Zeit getötet worden war. Für sie war es einfach ein weiterer böser Magier, wie es jeder Magier für sie war.
Ich versuchte auch hier erst recht nicht zu erklären, dass dies nicht alles gewesen war. Für die Bannstrahler war die Sache mit der Vernichtung Liscoms beendet. Ignoranten. Wenigstens zeigten sie noch immer kein allzu großes Interesse an meiner Person. Das wäre mir nicht gut bekommen.
16 Rahja – 27 Rahja
Wir hatten – auf meinen Wunsch hin – beschlossen gen Thorwall zu reisen. Die dortige Magierakademie lehrte Sprüche der Hellsicht, also vermutlich genau was ich suchte. Latu wählte die Route über Nostria und Andergast nach Thorwall, so dass wir das Orkland umgehen konnten. Am dritten Tag nach Aufbruch aus dem Lager der Praioten erwachte ich nachts mit rasenden Kopfschmerzen. Ähnlich denen wenn ich mal wieder zu viel Energie in eine Zauber gewoben hatte, oder einen jener unberechenbaren Zauber gewirkt hatte, die ich ebenfalls kannte. Nach etwa zwei Stunden umherwälzen und wandern nahe des Lagers, fiel ich erschöpft in einen ebenso unruhigen, schmerzerfüllten Schlaf.
Am nächsten Morgen erwachte ich, noch immer mit Kopfschmerzen, und einem leicht zugeschwollenen linken Auge. Ich ließ Latu nachsehen, ob mich vielleicht ein Tier gestochen hatte, aber er sah nichts und konnte mir nur mit einigen schmerzlindernden Kräutern aushelfen. Was war das nun wieder?
Auch im nächsten Perainetempel konnten sie mir nicht wirklich weiterhelfen. Das Auge war inzwischen fast gänzlich zugeschwollen, aber es war kein Einstich oder ähnliches zu sehen oder zu fühlen. Hinzu kamen diese rasenden Kopfschmerzen, die mich halb wahnsinnig machten und so separierte ich mich wieder einmal etwas von der Gruppe um mit meinen Sorgen alleine zu sein. Hinzu kam, dass meine Sehkraft auf jenem Auge auch noch zunehmend nachließ, so dass ich Schwierigkeiten hatte die Entfernungen von Gegenständen vernünftig zu schätzen und öfters neben einen Gegenstand griff, bevor ich mich darauf konzentrierte die Entfernung anhand der
umgeben Gegenstände abzuleiten.
Weitere Tage in einer Umgebung, die ich mir nicht merkte, weil ich mich darauf konzentrierte nicht daran zu denken, dass es ganz sicher eine nachträgliche Folge meiner Begegnung im Limbus sein musste und hoffentlich nur auf ein Auge beschränkt war. Wenn ich beide Augen verlieren wurde? Nicht auszudenken. Und ich hörte schon wieder Stimmen, aber ich weiß nicht ob ich es mir diesmal nicht wirklich einbildete, immerhin hatten die Schmerzen nachgelassen, aber das Auge fühlte sich komisch an, als wäre es steif gefroren, obwohl so etwas anatomisch
natürlich unmöglich ist.
28 Rahja – 30 Rahja
Die Schwellung ist leicht abgeklungen. Wir sind nun knapp vor Greifenfurt und werden es innerhalb der nächsten Tage erreichen. Ich würde ungern die Namenlosen Tage außerhalb einer Stadt verbringen. Wenn das was auch immer mit mir passiert dämonischen Ursprung ist…
Leowulf hat mich heute Morgen so seltsam angesehen. Mein Auge ist wieder geöffnet, aber ich kann noch immer nicht sehen, und auf Nachfrage an die anderen, schätze ich, dass es wohl am Fehlen einer Pupille liegen durfte. Mein linkes Auge bestand einzig aus einem leicht rötlich schimmernden Irgendwas. Ohne Zeichnung oder etwas, dass es als Auge erkennen lässt. Außerdem kann ich es noch immer nicht bewegen und es fühlt sich seltsam innerlich kalt und hart an.
Ich weiß nicht was ich noch machen soll. Immerhin bereitet es mir keine weiteren Schmerzen mehr, als ein leichtes Klopfen in meinem Schädel und die Sorgen mir auf einem unbekannten Weg einen Dämon eingefangen zu haben, der sich jetzt als Auge offenbart.
Aber die Geweihten haben nichts von einer dämonischen Präsenz gespürt, als ich sie gebeten habe nachzusehen, zu einem Zeitpunkt, an dem es letztlich eh offensichtlich gewesen wäre.
1 NLS – 5 NLS
Die Schmerzen sind mit dem Aufgang der Praiosscheibe am ersten Namenlosen Tag wiedergekehrt. Ich glaubte noch heftiger als zuvor, aber vermutlich stimmt es nicht und ich habe einfach kein Maß für diese Dinge. Schon fürchtend, dass es nun auch mein anderes Auge befallen würde, versteckte ich mich in meinem kleinen Zimmer und aß zwei Tage lang nichts, doch mein anderes Auge blieb verschont. Ich hatte schon lange Zeit nichts mehr geträumt, als wären alle Träume aufgebraucht worden.
Und dank der Schmerzen konnte ich kaum schlafen, aber ich hörte wieder diese Stimmen zu mir sprechen. Eigentlich wollte ich mich längst auf das Studium der Bücher gestürzt haben, aber in meinem Zustand war nicht an lesen, geschweige denn lernen zu denken.
Die rote Farbe meines Auges nahm mit jedem verstrichen Tag zu. Latu, Greifwin und Leowulf sahen mich immer besorgter an, und trotz der nicht-dämonischen Herkunft mit versteckter Furcht in ihrem Blick, den ich auch mit nur einem funktionierenden Auge erkennen konnte.
5 Praios – 6 Rondra
Als ich am ersten Praios die Augen aufschlug eröffnete sich mir wieder die wunderbare Sicht des Räumlichen. Ich konnte wieder sehen, wenn auch mit einem deutlichen Rotstich über allem. Sehr seltsam… mein Auge fühlte sich hart wie ein Stein an und schien unempfindlich gegen Berührungen, wenn auch ein leichter Druck mir Kopfschmerzen bereitete, wie vermutlich bei einem normalen Auge auch, wenn man so darauf drücken könnte.
Wir reisten weiter nach Norden durch die tiefen Wälder und erreichten am Mittag des 23 Praios Thorwall. Ich quartierte mich direkt in der Akademie ein. Die Thorwaler Magier sammelten sich alle um mein Auge zu untersuchen, wie Fliegen und ich kam auf die glorreiche Idee, doch einer Untersuchung zuzustimmen und mir damit aber das Recht zu erkaufen einen Spruch ohne weitere Kosten bei ihnen zu lernen. Sie willigten ein, als ich ihnen nannte welchen Spruch ich gerne lernen wollte.
Ihre Untersuchungen führten jedoch kaum etwas zu Tage. Auf Grund der ungünstigen Lage in meiner Augenhöhle hatte ich es schlecht selber untersuchen können, aber sie sagten, dass es Zauber auf sich gelagert hätte mit Merkmalen in Hellsicht und winzigen Stücken in Kraft und Schaden.
Hellsicht? Passt zumindest zum Ort an dem es nun ist. Rein äußerlich gab es sich wie ein Rubin und aus den Augenwinkeln bemerkte ich immer wieder gewisse Blicke von Greifwin, der mir letztlich riet es zu verdecken, wenn ich auf der Straße unterwegs bin, da ich aussähe, als trüge ich einen 1000 Dukaten Stein mit mir herum.
Schon nach einem Tag missfiel mir meine Position als Versuchsobjekt, dass immer wieder von diversen Lehrmeistern oder Schülern der Akademie aufgesucht wurde um sich das seltsame Objekt anzusehen. Besonders störten mich jene, die auf die Idee kamen doch auch seine Härte zu testen und ohne Nachfrage anfingen dagegen zu klopfen, als wäre ich eine Statue.
Bewegen konnte ich mein Auge noch immer nicht, aber es war kein Nachteil, denn trotz fehlender Pupille war eine gewohnte Rundumsicht möglich, und nach einigen Tagen nahm die Welt auch wieder ihre gewohnte Farbe an.
Es war erstaunlich leicht den Zauber zu erlernen, und ich meisterte ihn auf einer Ebene die mir genügte schon innerhalb der nächsten sechs Tage. Latu hatte währenddessen in der Stadt gewartet, da er noch weiter nach Norden in Richtung Olport reisen wollte um seinen Mentor aufzusuchen. Wir wollten dann zusammen über Dragenfeld nach Festum zurückreisen.
7 Rondra – 14 Rondra
Wir machten uns also auf wieder durch die Wälder zu ziehen, um über die Gebirge zur Küste und damit nach Olport zu reisen. Die Landschaft hier im Norden Aventuriens unterscheidet sich wirklich grundlegend von meiner Heimat. Es ist trotz des Sommers relativ kalt und recht windig. Ab und an weht einem der schwache Geruch des Meeres ins Gesicht.
Olport besitzt trotz seiner geringen Größe ebenfalls eine Magierakademie, die ich mir während des Aufenthaltes auch ansah. In dieser Akademie wird nicht nur die Kunst der Magie gelehrt, sondern auch Schiffsbau und eine Art Bardenausbildung. Es war eine seltsame Mischung aus Magiern, die man auf dieser Akademie antreffen konnten. Sogar einige Elfen waren zugegen.
15 Rondra – 26 Efferd
Kurz darauf machten wir uns wieder auf den Weg zurück nach Dragenfeld, damit ich meine neu gewonnen Kenntnisse anwenden und nachsehen konnte, was oder besser ob dort etwas im Limbus zu finden ist.
Der Weg zurück gestaltete sich etwas aufwändiger, da die Witterungsbedingungen jetzt zu Beginn des Herbstes recht feucht und kalt waren. Des Öfteren war ich froh, dass wir Latu dabei hatten, da er uns trockene Lagerplätze fand, so dass wir nicht morgens in einem über Nacht entstandenen Sumpf aufwachten, wie es wohl der Fall gewesen wäre, wenn ich einen Platz hätte aussuchen müssen.
Solange wir in keiner größeren Stadt waren brauchte ich mein Auge auch nicht zu verdecken, obwohl ich öfters den Eindruck hatte, das Greifwin mir noch immer seltsame Blick zuwarf, ob schon er doch wusste, dass es auf vermutlich magischem Weg dorthin gelangt war und sicherlich nicht einfach so zu entfernen sein wurde. Nicht das ich das vorgehabt hätte zu versuchen. Es erschien mir wahrscheinlich, dass es inzwischen mit meinem Kopf derart verwachsen war, dass ich bei dem Versuch ums Leben kommen wurde, und das war nun mal keine gute Aussicht.
Auch das Gefühl von etwas unbestimmten beobachtet zu werden schlich sich zu den Stimmen, die ich seit dem Auftreten des Auges vernahm, in meinen Kopf und störte ein ums andere Mal meine Konzentration, wenn ich versuchte das Wörterbuch der Tsageweihten zu verstehen, damit ich überhaupt in dem zweiten Buch lesen konnte.
Ich fragte mich woher Liscom diese Bücher wohl hatte. Aus dem Turm konnte er sie schlecht später mitgenommen haben… vielleicht hinter der Tür in der Mine? Ich werde es wohl nie erfahren.
27 Efferd – 7 Travia
Ohne größere Probleme konnten wir uns an den Bannstrahlern, die die Straßen in Richtung Dragenfeld beobachteten, vorbei stehlen. Was auch immer sich die Praioten erhofften, wenn sie einfach auf der Straße standen… Wenn sie sowieso nicht daran glauben, dass noch etwas in dieser Sache passieren konnte, warum dann auf das Gelände aufpassen?
Wir erreichten Dragenfeld unbeschadet, konnten aber nicht näher an die Burg heran, da auch hier das Gelände überwacht, oder vielleicht auch untersucht wurde. Wir schlugen also unser Lager im verkrüppelten Wald nahe dem Dorf auf und ich ließ meinen Geist in den Limbus wandern, fand aber nichts als graue Leere vor. Alle Überreste waren getilgt worden, ob vom Limbus, oder von etwas anderem, konnte ich nicht sagen. Enttäuscht zog ich mich wieder zurück. Uns blieb also als nächste Möglichkeit nur der Versuch in einer größeren Magierakademie ein
bisschen nachzuforschen. Also machten wir uns auf nach Festum.
8 Travia – 23 Boron
Echt erstaunlich was sich nicht alles in Magierakademiebibliotheken finden lässt. Es gibt in der Halle des Quecksilbers tatsächlich ein Buch in dem ich etwas über meinen neuen rubinfarbenden Begleiter gefunden habe. Es scheint recht alt zu sein, im Buch stand das es wohl aus der Zeit der Magiermogulen stammen musste, und das ist wirklich lange her. Seitdem scheint es in verschiedenen Situationen aufgetaucht zu sein. Was es ist und wozu es wirklich dient weiß aber wohl niemand mehr. Ich werde mich wohl damit abfinden müssen Träger von irgendwas zu
sein von dem ich weder weiß was genau es will, auch wenn ich einige Eingebungen hatte, noch ob es mir Schaden könnte. Entfernen will ich es dennoch nicht einfach.
Das Buch das Liscom der naiven Traviageweihten geschenkt oder vermutlich eher geliehen hat, enthält wahrlich interessante Thesen, nicht nur alleine über die Magie, auch über die allgemeine Anschauungswelt der Götter der Echsen. Die Thesen sind jedoch für mich erstmal interessanter, ich hoffte den Zauber zu finden den Liscom dort in Dragenfeld gewirkt hatte, oder wenigstens einen der uns unsere verlorenen Jahre zurückgeben konnte. Erstere fand ich, zweiteren
möglicherweise.
Ich hatte keine Gelegenheit mehr ihn zu studieren, da eines Morgens ein Reiter vor den Toren der Akademie stand und einen Brief des Herren Waldemar von Weiden überbrachte, mit der dringenden Bitte ihn aufzusuchen. Weiden? Schon wieder? Zeigte sich endlich, dass ich doch Recht behalten sollte? Greifwin und Leowulf waren ebenfalls in Festum geblieben und wir trafen uns bei den Stallungen, in denen wir unsere Pferde untergebracht hatten, wieder. Sie hatten ebenfalls eine Einladung bekommen. Vermutlich Latu ebenfalls, aber er wollte nach Hause zurück um zu beten, oder was auch immer Ifirngeweihte so machen, wenn es Winter wird.
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