Ausbauregeln V: Legenden
Eine Pathfinder-Rezension von Infernal Teddy
Eine Frage, welche über die Jahre immer wieder an Paizo herangetragen wurde, war jene, ob es irgendwann für Pathfinder ein Gegenstück zum Epic Level Handbook geben würde, ein Regelbuch also, welches den Spielern erlauben würde die gläserne Decke der zwanzigsten Stufe zu durchbrechen und darüber hinaus zu wachsen, vielleicht sogar – wie es damals in BECMI-D&D möglich war – der Vergöttlichung entgegen zu streben. Die deutsche Übersetzung der Antwort liegt uns nun, dank Ulisses, welche uns wieder das PDF zur Verfügung gestellt haben, als Ausbauregeln V: Legenden vor, und um eines vorwegzunehmen, es ist gleichzeitig mehr und weniger als das, was sich viele der Fans erwünscht haben. Aber gehen wir das Ganze schritt für Schritt an.
Das vorliegende PDF ist 258 Seiten lang, 44,7 MB groß, und von der üblichen, gewohnten Qualität die wir längst von Paizo bzw. Ulisses erwarten. Das PDF ist wie immer durchsuchbar, copy/paste enabled, und mit ausreichend Lesezeichen versehen. Bitte weitergehen, hier gibt es nichts unerwartetes zu sehen…
Bereits mit dem Vorwort versucht das Buch, beim Leser eine Erwartungshaltung zu wecken. Es wird erklärt das die Charaktere, welche dieses Regelwerk nutzen, nicht einfach nur Helden sind, sondern eben legenden, Charaktere welche jenen entsprechen, welche wir aus den Deutschen Heldensagen, der Edda, oder der Illias kennen. Allerdings setzt es unserer Erwartungshaltung auch gleich einen Dämpfer – Legendäre Charaktere sind keineswegs solche, die über die 20. Stufe hinaus aufsteigen, sondern können zum Teil bereits auf der ersten Stufe das besondere Etwas erhalten, das sie zu Legenden macht. Nach dieser Einführung bekommen wir noch eine Übersicht über den Inhalt der folgenden Kapitel, ein Glossar, und eine kurze Liste der Zusatzbücher die diesen Band noch ergänzen können, und schon geht es weiter mit dem ersten Kapitel, Legendäre Helden. Hier erfahren wir, das die Legendenwerdung etwas ist, das nur durch Spielleiterentscheid möglich ist – der Charakter muss durch ein besonderes Ereignis die Befähigung dazu erhalten. Ist dies gelungen, so erhält der Charakter seine erste Legendenstufe, und muss sich für einen von sechs Pfaden entscheiden. Diese Pfade sind der Erzmagier (Für arkane Zauberwirker), Hierophant (Für klerikale Zauberwirker), Marschall (Für dem Anführer), Streiter (Für den offensiven Kämpfer), Trickster (Für den Listenreichen und für das Skillmonster), und den Wächter (Der defensive Kämpfer). Außerdem bekommt jeder Charakter auf jeder ungeraden Legendenstufe ein Legendentalent, auf jeder geraden Legendenstufe einen Bonus von Zwei auf ein Attribut seiner Wahl, und jede Stufe eine besondere legendenfähigkeit. Was Legendenstufen sind? Nun, jedes mal wenn der Spielleiter der Meinung ist, der Charakter habe gerade wieder etwas legendäres erreicht bekommt dieser eine weitere Legendenstufe, welche parallel zu seinen normalen Klassenstufen läuft, und nicht durch Erfahrungspunkte gesteigert wird. Ein Charakter welcher alle Stufen ausmaximiert kann also durchaus 20 Stufen Zauberer (als Beispiel) haben, und zehn Legendenstufen. Wenn ein Pfad erst einmal gewählt wurde kann dieser allerdings nicht mehr geändert werden – man sitzt also auf dem Archetypen fest, den man sich ausgesucht hat. Jeder Pfad bringt eine Auswahl an besonderen Fertigkeiten mit – auf jeder Stufe kann eine gewählt werden – welche über die normalen Fähigkeiten eines Charakters hinausgehen. Zusätzlich zu den spezifischen Fähigkeiten der jeweiligen Pfade gibt es noch eine Auswahl an allgemeinen legendären Fähigkeiten, welche statt einer pfadspezifischen ausgesucht werden können. Nach den grundlegenden Regeln zu legendären Helden folgen im zweiten Kapitel, so wie man es von Pathfinder-Regelwerken kennt, eine Auswahl an legendären Talenten. Diese können immer nur gewählt werden wenn der Charakter eine neue legendäre Stufe erreicht, und decken eine Reihe von klassischen Dingen ab, welche einem in den typischen Heldensagen begegnen können. Gefolgt werden die Talente von den legendären Zaubern in Kapitel 3. Um diese Zauber erlernen zu können muss man natürlich ein legendärer Charakter sein, aber die Zauber sind oftmals nur Varianten der bereits Bekannten – ob man sich noch über ein Legendäres Leichte Wunden Heilen freuen muss wage ich einfach mal zu bezweifeln. Zwar gibt es neben legendären Versionen bekannter Zauber auch eine Reihe von neuen Sprüchen, welche nur legendären Charakteren zur Verfügung stehen, insgesamt machen die neuen Zauber aber auf mich wenig Eindruck.
Nach den ersten Kapiteln des Buches, welche sich eher an die Spieler richten wendet sich das Buch anschließend dem Spielleiter zu. Das erste Kapitel für Spielleiter wendet sich auch dem Thema zu, wie man diese Regeln im Spiel einsetzen kann, bzw. wie eine legendäre Kampagne (im Sinne dieser Regeln) aussehen kann. So gibt es verschiedene Abstufungen, wie Selten das Material aus diesem Buch in der Spielwelt vorkommt, von selten – dann sind die Charaktere möglicherweise die einzigen solchen Personen in der ganze Welt, und die dazugehörigen Monster leben an weit entfernten Orten – bis hin zu verbreitet, einer Stufe auf der diese Dinge zwar nicht alltäglich sind, aber auf der anderen Hand kennt man diese Dinge, und weiß damit umzugehen. Hier wird auch erklärt, wie man eine Kampagne aufstellt, welche Elemente für diese Art zu spielen entscheidend sind, und wo diese Dinge herkommen können. Das fünfte Kapitel wendet sich den obligatorischen magischen Gegenständen zu, die üblichen Waffen, Rüstungen, und magischen Merkwürdigkeiten. Hier finden sich auch Artefakte, und eine neue Kategorie von magischer Ausrüstung, die legendären Gegenstände. Wer Diese Dinge allerdings in seinen Besitz bringen möchte wird sie ihren Besitzern abnehmen müssen, und da kommt das sechste Kapitel ins Spiel – Legendäre Monster. Ähnlich wie bei den Zaubern handelt es sich hier um “aufgebockte” Versionen bekannter Monster, wie Aboleths, Drachen, Greifen oder Leichnamen. Neben diesen Beispielen gibt es auch Regeln, um jede beliebige Kreatur legendär zu machen – ist sonst jemand gespannt wie ein legendärer Kobold aussieht? Das letzte Kapitel enthält Feuer über Schwarzschlot, ein komplettes Abenteuer welches die ganzen Elemente dieses Buches zusammenbringt und zeigt wie sie im Spiel eingesetzt werden sollen. Abgerundet wird das Buch durch einen Zusatzbogen für legendäre Charaktere, und einen umfangreichen Index.
Fazit:
Es ist dem einen oder dem anderen vielleicht schon aufgefallen, aber mir sagt dieses Buch nicht sonderlich zu. Meine Probleme mit Ausbauregeln V: Legenden sind zweierlei Natur. Das erste Problem ist die Komplexität. Mit den Regeln für Legenden und den legendären Stufen wird eine weitere Ebene der Komplexität auf ein Spiel und auf Charaktere aufgeladen, welches von Haus aus schon eine gewisse Komplexität mitbringt, und ob diese zusätzliche Komplexität tatsächlich das Spiel bereichert, ist in meinen Augen zweifelhaft. Das führt mich zu meinem zweiten Punkt: die Regeln für Legenden fühlen sich nicht legendär an. Weitere Talente, weitere Boni… die legendären Stufen fühlen sich nicht wirklich an als wären sie sonderlich anders als reguläre Stufen, und das schwächt das ganze Produkt.
Wem das ausreicht, oder wer vorhat den Abenteuerpfad Zorn der Gerechten zu spielen soll bei Ausbauregeln V ruhigen Gewissen zugreifen, alle anderen können diesen Band getrost im Regal liegen lassen. Die Pathfinder-Reihe bietet wesentlich eindrucksvollere Bände.
Mit freundlicher Unterstützung in Form eines Rezensionsexemplars von der Ulisses-Spiele GmbH und dem F-Shop.
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