Aces in Space

Ein Fate-Rollenspiel von Christian und Judith Vogt und Harald Eckmüller, besprochen von Infernal Teddy

Ich bin vor kurzem über einen alten Artikel von mir drübergestolpert, in dem ich die Frage gestellt habe warum es keine neue SF-RPGs aus Deutschland gibt. Okay, ich habe nicht gefragt, ich habe geklagt und gejammert. Aber warum rede ich hier über einen Artikel den ich vor fast vier Jahren geschrieben habe? Allzuviel hat sich ja seid dem nicht getan, oder? Naja, ein paar Tage später hatte ich eine Anfrage von den Vögten im Postfach, ob ich interesse daran hätte ihr neues Rollenspiel zu besprechen, Aces in Space? Hmm. Ein Fate-Setting Rollenspiel das sich mit Science Fiction, Social Media und toxischem Verhalten beschäftigt? Klingt erstmal spannend genug um sich damit zu beschäftigen.

Aces in Space wurde mir freundlicherweise in gedruckter Form zur Verfügung gestellt, ein schicker kleiner Hardcoverband mit einem schlichten, minimalistischen schwarzem Einband mit weißer Beschriftung und Logo. Das Buch ist inklusive Backerliste 252 Seiten lang, und primär in Schwarz Weiß gehalten, mit Türkis als starke Kontrastfarbe dazwischen. Die Illustrationen sind stimmungsvoll und passen zum beschriebenem Setting, allerdings fehlt mir leider bei den Bildern die Angabe welches Bild von welchem Künstler stammt (Aber das fehlt mir ehrlich gesagt bei den meisten Rollenspielen). Im Gegensatz zu den bisherigen Rollenspielprodukten der Vögte ist Aces in Space nicht einfach nur ein Fate Setting, sondern bringt gleich ein angepasstes Fate Regelwerk mit sich.

Aces in Space beschreibt eine Spielwelt in der die Charaktere Jockeys sind, Fliegerasse im Weltraum welche wie Bikergangs durch den bekannten All geistern und gleichzeitig heiße Raumgefechte austragen und in den sozialen Netzwerken der Zukunft um Klicks und Likes kämpfen. Ein Beispiel für die sich daraus ergebenden Charakterkonflikte sieht man direkt zu Beginn in einem kurzen Comic der bekannten Webcomickünstlerin Sarah Burrini. Hier werden kurz und knackig die wichtigsten Themen des Spiels präsentiert – inklusive „FOMO“ (Fear of making out – ja liebe Leser, definitiv kein Spiel für die Homophoben unter euch, aber da verstehe ich eh nicht warum ihr hier mitliest…). Das erste Kapitel ist das übliche „Was ist ein Rollenspiel, und was brauche ich dafür“, zum eigentlichen Setting kommen wir mit dem zweiten Kapitel. Der bekannte Raum ist aufgeteilt in Konzernzonen und freien, geradezu anarchistischen Gebieten. Wir bekommen eine grobe Zusammenfassung wie die Menschheit in dieser Welt lebt, welchen Einfluss die Technologie und die Ausbreitung zwischen den Sternen sich auf die Menschheit ausgewirkt hat – inklusive die immer weiter gewachsene Bedeutung von sozialen Medien und Influencern. Und man sieht hier ab und an die literarischen Einflüsse der Vögte heraus (Habt ihr wirklich gedacht ihr könnt Ursula K. Le Guins Ansible an mir vorbeischmuggeln?). Wie für ein Fate Setting üblich geht das Buch nicht all zu sehr ins Detail, skizziert aber ein Bild das genug Hintergrund bietet um in dieser Welt spielen zu können, inklusive eines Glossars.

Im zweiten Kapitel wendet sich das Buch der Charaktererschaffung zu. Aces in Space entleiht hierbei das Playbook-Konzept aus der PbtA-Spielfamilie, vordefinierte Archetypen mit einer fest vorgegebenen Auswahl an Optionen. Theoretisch sollte sich das mit dem offenen Konzept von Fate beißen, aber tatsächlich gibt es dem Spiel eine gewisse Struktur mit die ich bei Fate oft vermisse. Ansonsten bleibt aber alles wie man es aus Fate kennt, man hat seine Aspekte, seine Fertigkeiten und so weiter. Interessant finde ich das man hier das Dilemma mit Toxicity ersetzt hat, einem unangenehmen Verhalten mit dem man sich selbst und anderen im Weg steht (Von „Toxic masculinity„, wobei das Geschlecht für die Art des Verhaltens egal ist), und ein Aspekt dafür da ist den Chopper, den Raumjäger, zu beschreiben. Das Kapitel verweist auch auf eine Reihe von Minigames die man nutzen kann um bestimmte Aspekte und andere Elemente des Charakters spielerisch herauszuarbeiten. Die Autoren haben hier auch ein weiteres Element aus der PbtA-Familien entlehnt, die Agendea für die Mitspielenden, Empfehlungen für ein gutes Spiel unter einander. Die bereits erwähnten Playbooks finden sich dann zusammen mit den Gangarchetypen im vierten Kapitel. Die Playbooks selbst beschreiben eine Mischung von Archetypen wie man sie aus Filmen und Serien um kriminelle Gangs oder Fliegerassen her kennt. Die Gangs dagegen beschreiben warum die Gruppe tut was sie tut – Söldner? Entertainer? Was ganz anderes?

Kapitel Fünf bis Acht präsentieren das Fate-System wie es in Aces in Space zur Anwendung kommt, inklusive Regeln für den Raumkampf – und wie man daraus Likes generieren kann. Kapitel Acht wendet sich dann an die Gamequeen (Spielleitung). Neben den üblichen Tipps und Tricks die man aus anderen Spielen bzw. anderen Fate-Iterationen her kennt gibt es natürlich auch Hinweise die sich speziell auf diese Spielwelt beziehen, Szenarienvorschlägen (Sehr schön: auch für One Shots, etwas das immer noch oft zu kurz kommt), und natürlich eine Auswahl an Antagonisten für die Spielenden. Das darauf folgende Kapitel präsentiert zwei Abenteuer für die Spielleitung der gerade nichts spannendes für den Spieleabend einfällt – ich muss allerdings gestehen das ich zu den Abenteuern nicht viel sagen kann weil ich a.) ungerne Abenteuer spoilere, und b.) als jemand der selten Abenteuer einsetzt sie nur überflogen habe. Das letzte Kapitel präsentiert dann die bereits erwähnten Minigames die entweder während der Charaktererschaffung genutzt werden können oder während des Spiels zur Auflockerung dienen können, zusammen mit einigen Vorschlägen zu anderen Spielen die man ähnlich nutzen kann. Den Abschluss stellt dann die Liste der Unterstützenden des Crowdfundings dar.

Fazit:
Aces in Space ist ein SPiel mit einem laserschafen Fokus und einem klaren Thema. Dessen muss man sich bewusst sein wenn man sich mit diesem Spiel auseinandersetzt – wer hier einfach nur ein Spiel um coole Kampfpiloten auf Fate-Basis erwartet wird zwar fündig, aber möglicherweise auch von der Haltung der Autoren überfahren. Das ist nicht negativ gemeint – meiner sehr unbescheidenen Meinung nach gibt es zu wenige Spiele die ihre Lesenden auf intelligente Weise vor den Kopf stoßen und dazu zwingen sich Gedanken um bestimmte Themen zu machen, und das schafft Aces in Space wenn man nicht direkt schon zu Beginn einfach den Kopf zumacht. Ja, es geht hier um Themen wie Genderidentität und -verständnis. Ja, es ist auch völlig zurecht Queer/Trans-Offen (Korrigiert mich wenn ich hier meine Begriffe durcheinander werfe). Und ja, es beleuchtet kritisch bestimmte Verhaltensweisen die wir alle irgendwann auch mal an den Tag legen. Ja, es ist ein Spiel in dem es um etwas geht, davon gibt es zu wenig.

Aber ja, es ist auch ein cooles und kurzweiliges Spiel um Raumpiloten, Feuergefechte und Beziehungsdramen. Definitiv ein Upvote meinerseits.

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