Was kostet die (Rollenspiel-) Welt?

Gedanken zur Rollenspielindustrie von Infernal Teddy

In letzter Zeit geht wieder das Thema um, was denn so ein Rollenspielbuch kostet, und warum es so viel kostet, und wie viel Geld man denn in die Hand nehmen muss um ein Rollenspielbuch zu produzieren. Meist geht dieses Thema auch direkt von Kunden aus, welche zugleich jammern das diese Bücher (gefühlt) früher billiger waren. Erfreulicherweise gibt es aber immer mehr Leute in der Industrie, welche bereit sind, ihre Zahlen offen zu legen und über diese Themen zu reden – und für viele sind die dabei zutage tretenden Auflagen erschreckend, und ein Zeichen dafür das unser Hobby stirbt, und früher war alles besser, und… nein. Glaube ich nicht.

Wenn man sich anschaut wie klein die Auflagen für Quellenbücher sind, und damit vergleicht das alles für DSA (angeblich) noch fünfstellige Auflagen hatte als es noch bei Schmidt Spiele lag, dann ist es fast verständlich das man meinen könnte, die Rollenspielwelt gehe unter. Es ist halt ein Unterschied ob ein Buch 10.000 mal produziert wird, oder 400 mal. Ich sage hier bewusst produziert, denn so oft, wie ich schon in älteren Rollenspielläden oder im Ausverkauf in irgendwelchen Buchhandlungen schon ungeöffnete DSA3-Boxen von Schmidt Spiele gesehen habe, da kann man schon mal daran zweifeln ob sich damals wirklich alles in solchen Auflagen verkauft hat. Schmidt Spiele konnte damals halt seine Muskeln spielen lassen, dafür sorgen das DSA in jeder Spielhandlung und jedem Karstadt des Landes stand, aber das bedeutet ja noch lange nicht, das es sich auch wirklich verkaufte.

Aber schauen wir uns doch mal die Realitäten an – es sind nicht mehr die späten Achtziger und frühen Neunziger, wo es zu DSA, Shadowrun und der Welt der Dunkelheit (Und vielleicht noch AD&D) keine Konkurrenz gab. Die Verkaufszahlen einzelner Produkte gehen zurück, ja – weil wir mittlerweile einfach mehr Auswahl auf dem Markt haben, als je zuvor. Neben den Giganten haben halt auch Cthulhu, Savage Worlds, Iron Kingdoms, Splittermond, Der Eine Ringe, usw, ad infinitum. Und da ist die internationale Szene noch nicht berücksichtigt – viele Rollenspieler kaufen mittlerweile auch lieber englische Produkte, entweder weil sie keine Lust haben, auf eine Übersetzung zu warten (Wann erscheint eigentlich mittlerweile Numenera?), oder davon ausgehen müssen, dass es keine Übersetzung geben wird. Addiert man noch diverse Crowdfunding-Projekte hinzu… Die Auswahl wird größer, man ist nicht mehr gezwungen, sein Geld bei einer kleinen Auswahl an Verlagen zu lassen, und da gehen halt die Zahlen zurück. Der Markt ist im Vergleich zu den frühen Neunzigern wahrscheinlich nicht kleiner – aber um ein vielfaches fragmentierter.

Ich für meinen Teil bin um die größere Auswahl dankbar.

Zum Nachlesen:

Ein interessanter Artikel aus der Sicht des derzeit größten Verlags in Deutschland. Gleichzeitig ein wenig unehrlich in meinen Augen, da es sich um die Übersetzung eines absoluten Nischenproduktes handelt. Spannender und aussagekräftiger wäre es in meinen Augen gewesen, eines der aktuellen DSA-Abenteuer abzuarbeiten.

Hier spricht Fred Hicks von Evil Hat darüber, was das Verlegen kosten kann, ausgehend sowohl vom Operationsniveau seines Verlages als auch vom absoluten Einstiegsniveau. Ich fand die Kostenaufstellung interessant, zumal Fred auch erklärt, WARUM die Kosten so sind, wie sie sind.

Eine Artikelreihe, welche von Christian Löwenthal von Prometheus Games zwischen März 2014 und Juni 2015 auf seinem privaten Blog veröffentlicht wurde. Interessante Einsichten, aber leider nicht weitergeführt.

Ein Artikel von unserem Stammgastautoren Shadom, welcher hier nochmal aufschlüsselt, warum Illustratoren viel Geld kosten. Für mich die schlimme Seite seines Artikels: Caninus und ich haben früher im selben Haus gewohnt wie eine professionelle Kinderbuchillustratorin, welche die Nase rümpfte über die Honorare in unserer Szene – und es schlimm fand das man den Autoren noch viel weniger zahlt. (Ach ja, und wenn ihr einen guten Kartographen sucht: wir würden unsere Karten jederzeit von Shadom illustrieren lassen!)

11 Kommentare zu Was kostet die (Rollenspiel-) Welt?

  1. Numenera: Laut dem letzten Update ist mittlerweile alles beim Approval von Monte Cook. (Jetzt sind also die Amerikaner an allem schuld… mal wieder. ^^ )

    Ich stimme dir da in einigen Punkten wirklich zu. (Allerdings erinnere ich mich auch noch an die ganze Preisdiskussion vor ein paar Jahren, in der es um die vermeitlich viel zu teuren Farbdrucke ging… und darum dass ja auch der Ansatz überhaupt reguläre Buchstrukturen mit aufwendigem Layout und Taschenbuchbindung zu nutzen absolut übertrieben seien.) Von daher ist das mittlerweile vermutlich ein recht wichtiges Puzzlestück von vielen anderen, was die neue Preisdiskussion anbelangt. (Und deine Sichtweise mit der größeren Auswahl natürlich auch. Was ja ebenfalls Vor- und Nachteile hat… und neue Kompensationsstrategien wiederrum braucht.)

    Hach: Ist einfach alles eine Kucks mit der Szene. XD

  2. Schöne Zusammenschau.

    Wir haben heute unschlagbar günstige Rollenspielprodukte (Shadowrun 5 Softcover, A4, > 400 Seiten, Vollfarbe mit vielen und guten Illustrationen für ca. 20 EUR – 10 EUR, wenn man die A5-Softcovervariante wählt) und teure (Numenera, ca. A4, ca. 400 Seiten, Vollfarbe mit vielen und guten Illustrationen für ca. 55 EUR). Klar, dass da die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Bepreisung gefragt wird.

    Wenn man sich Pluralisierungs- und Globalisierungseffekte anschaut, wird mMn klarer, woher die Unterschhiede kommen:
    Illustratoren z.B. in Polen arbeiten, dann können die vielleicht von einem Lohn leben, von dem das hierzulande nicht möglich wäre, Druck (Vollfarbe? Printed in China?), Verlagsanspruch (Broterwerb oder ungefähr kostendeckendes Hobby). Die Verlagsgröße ist mMn auch relevant. Art-Scouts, die gute und günstige Illustratoren auffinden, ist für kleine Verlage eher nicht drin. Wahrscheinlich rechnet es sich für diese Verlage auch nicht unbedingt in China drucken zu lassen.

    Die Aussattung ist mMn auch relevant. Und hier erleben wir (spätestens seit den Indies oder OSR) eine Pluralisierung. Was zum Jahrtausendwechsel ein No-Brainer war – Vollfarbe, Hardcover – ist das heute nicht mehr unbedingt. Schwarz-Weiß, 3-Farb-Druck, A5, die Box, … all das wurde (wieder-) entdeckt. Ebenso gibt es heute sowohl „Adventure Paths“ als auch 16-seitige Einzelabendteuer … und alles dazwischen. Die Sachen richten sich z.T. an sehr unterschiedliche (und unterschiedlich große) Zielgruppen und das alles hat natürlich auch wieder Rückwirkungen auf die Finanzen.

    Was darf ein Rollenspielprodukt kosten?
    Soviel es mir wert ist!

    (Bei Shadowrun 5 sind mir 10 EUR noch zu teuer. Für das Geld kaufe ich lieber ein DCC-RPG-Abenteuer.
    Legend of the five Rings 4te, war mir trotz Übersetzungsmängel die 60 EUR damals wert.)

    Viel genauer lässt sich mMn die Frage nicht beantworten?
    Das wird vielleicht klarer, wenn man „Rollenspiel“ durch „Brettspiel“ ersetzt.

  3. Zur preiskalkulation von Ulisses muss man vielleicht noch sagen das der verlag nicht nur von vielen Kunden skeptisch betrachtet wird. Man muss sich mal auf einer beliebigen con mit einem der künstler unterhalten der für die schreibt und oder zeichnet oder was auch immer – da rasseln die Schauergeschichten über den Verlag nur so heraus. War das nicht so, dass Ulisses erst vor kurzer Zeit mehr als ein dutzend Leute an Uhrwerk verloren hat? Haben die nicht eine Palette bücher vor laufender Kamera wegschmeißen müssen? Das ist ja nur die Spitze des Eisbergs.

    Das hat auf die Preisgestaltung insofern einfluss, als dass es für mein gefühl offenbar egal ist, was Ulisses seinen leuten bezahlt. Die arbeiten da ohnhin nur „trotz“ Ulisses, und nicht „wegen“ Ulisses. Sollen sie einfach gar nix mehr zahlen, da würde sich nix ändern.

    • „Haben die nicht eine Palette bücher vor laufender Kamera wegschmeißen müssen?“

      Müssen hätten sie es nicht. Der Verlag hat sich nach sehr kritischen Spielermeinungen dazu entschlossen, die Historia Aventurica neu und stark überarbeitet herauszubringen und dazu die alten Bestände entsorgt. Teil der Aktion war auch ein kostenloser Umtausch für Käufer der 1. Edition.

      Zum Artikel: Etwas mehr an Auswahl im Rollenspielsektor gab es in den 80ern und frühen 90ern schon als die genannten. Rückblickend sind natürlich eher die bekanntesten im Gedächtnis geblieben, aber ergänzend zu den genannten (DSA, Shadowrun, Welt der Dunkelheit, AD&D) fallen mir auf Anhieb noch die folgenden, auch auf Deutsch verfügbaren Regelwerke ein: Midgard, Traveller, das klassische D&D, MERS, Schwerter & Dämonen, RoleMaster (Regelbücher im Deutschen als Hardcover), Sternengarde, Cthulhu, Warhammer (auf deutsch aber erst 1997), GURPS. Hinzu kamen natürlich eine Unzahl an Fanprojekten, die u.a. in den verschiedenen Fanzines wie bspw. Zauberzeit erschienen.

      Insgesamt glaube ich nicht, dass wir heutzutage sehr viel mehr aktuell gespielte Systeme als damals haben. Nur die Sichtbarkeit ist deutlich stärker – was damals im kleinen Vertrieb per Post an einige wenige Interessierte ging oder in Rollenspielshops irgendwo gelagert wurde, kann jetzt dank Internet viel besser in Erscheinung treten. Im Bereich der lizensierten Spiele (Bücher, Videospiele) ist die Auswahl heutzutage aber durchaus massiv größer, würde ich sagen – bspw. A Song of Ice and Fire, DragonAge, Deponia u.v.a.

      • Naja, die großen sind alle noch da. Ich denke mal die ganzen kleinen Nischenrollenspiele die man schnell zwischendurch mal versuchen kann tauschen sich oft aus. Ab und an bleibt dann mal eines hängen und eines der alten bricht weg.

  4. Als „Insider“ kann ich nur sagen, wer gerade zu den ‚Guten‘ oder ‚Bösen‘ der Verlagsszene gehört, egal in welcher Hinsicht, hängt immer vom Standpunkt des Redners ab.
    Ich kann dir für jeden, der über Ulisses schimpft, sicherlich auch einen zeigen, der das über Pegasus, Uhrwerk, Prometheus oder sondern tut.
    Und die Kalkulationen der Produkte sind ebenfalls so vielfältig wie die Produkte selbst; man kann ein Abenteuer für „Contact“ nicht mit dem „Shadowrun“-Regelwerk vergleichen.
    Es ist einfach eine schwierige Situation mit vielen Facetten.

  5. Bookworm55 // Mai 18, 2016 um 17:24 // Antworten

    Äh, gibt es denn für die folgende Aussage irgendwelche Belege? „Der Markt ist im Vergleich zu den frühen Neunzigern wahrscheinlich nicht kleiner …“
    Stimmt, nämlich einfach nicht bzw. habe ich als damaliger Verlags- und Vertriebsmitarbeiter anders erlebt. Tischrollenspiel wurde massiv durch Computer-Rollenspiele (und insbesondere MMORPGs) aufgefressen, mit Veröffentlichung von „World of Warcraft“ beginnen die Verkaufszahlen der gesamten Rollenspielindustrie nach dem kurzen Aufflackern durch D20 einzubrechen – und das liegt eben nicht an den unzähligen Nischenrollenspielen, denn diese verkaufen bei nähererer Betrachtung nur sehr wenig Bücher.
    Wer es nicht glaubt: Einfach mal in einen alteingesessenen Rollenspielladen gehen und sich freundlich nach Verkaufszahlen früher und heute erkundigen. Allein das sich die Paletten dort massiv in Richtung „Artfremdes“ (also Brett- & Kartenspiele, Comics, etc.) verschoben haben, spricht doch Bände.
    Ich muss gestehen, dass ich diese Mär vom „nicht geschrumpften Markt“ langsam nicht mehr hören kann.

    • Infernal_Teddy // Mai 18, 2016 um 17:28 // Antworten

      Und ich das gejammere der Läden nicht. In Anbetracht dessen, wie sich die meisten Ladenbesitzer ihren Kunden gegenüber benommen haben wundert es mich nicht das so viele von uns heute nur noch im Internet einkaufen.

      • Bookworm55 // Mai 18, 2016 um 17:40 // Antworten

        Ändert aber nichts daran, dass sie halt die Wahrheit sagen.
        Der Markt ist viel kleiner, die ganzen Internet-Klitschen können sich halten, weil sie extrem kleine Overheads haben. Das gilt übrigens auch für die unzähligen Kleinstverlage ;-)
        Mal zum Vergleich dieser Artikel: https://medium.com/@increment/the-ambush-at-sheridan-springs-3a29d07f6836
        Anfang der 80er hat TSR wirklich 100.000 von Kästen verkauft, als sich der Markt dann in den 90er massiv öffnete – u.a. durch White Wolf und andere (Shadowrun war aber in Amerika nicht mal ansatzweise so groß) – hat man sicher marktweit ähnlich viel verkauft. Aber davon sind wir heutzutage halt Welten entfernt.
        Noch Anfang der 2000er gab es in Deutschland drei Großhändler, die ernsthaft miteinander um die Importe konkurrierten, heutzutage ist das Importgeschäft bis auf wenige Ausnahmen unbedeutend geworden.

  6. Bookworm55 // Mai 18, 2016 um 18:45 // Antworten

    Wo wir gerade bei Zahlen sind, schau doch mal hier rein:
    https://issuu.com/joelferguson2/docs/annualreportweb
    Wizards hatte also 2012 einen Jahresumsatz von ca. 25 mio USD – gar nicht so weit weg von 1982, oder? Naja, bis auf die Inflationsbereinigung von 240%, die man oben draufschlagen müsste (http://www.dollartimes.com/inflation/inflation.php?amount=100&year=1982), und den Umstand, dass WotC vor allem mit Magic richtig gutes Geld verdient. Die nähere Beschäftigung mit der Größe des Marktes ist einfach sehr, sehr ernüchternd.

  7. Im Envoyer (müßte so 2000 bis 2001 gewesen sein) hat einmal Anton Weste in einem Interview etwas dazu gesagt. Die genauen Zahlen habe ich leider nicht mehr im Kopf. Ich glaube, für ein DSA-Abenteuer bekam ein Autor 3000 oder 5000 DM, für eine einzelne Seite (ich vermute beispielsweise ein Beitrag zu einem Quellenband oder ein Artikel im Aventurischen Boten) waren es 15 DM.

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  1. Aus dem Limbus: Rüstkammer, Kosten, Riesland-Recht und Ulisses-Podcast | Nandurion

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