Buch der Verdammten 02: Abyss

Pathfinder Kampagnenwelt

Nachdem ich mir ja schon vor einiger Zeit den ersten Band der Reihe „Buch der Verdammten“ angesehen habe, liegt mir jetzt das PDF zum zweiten Band vor. Thematisch geht es jetzt in eine etwas andere Richtung. (Zwar verwandt, aber: Anders.)

Also, was meine ich jetzt damit? Das Buch zur Hölle beschäftigte sich ja mit einem Urbösen im Rahmen eines Schöpfungsmythos, welcher das Pathfinder-Multiversum betrifft. Jetzt muss man dieses Multiversum (was ich persönlich mir immer als eine Aneinanderreihung von aufeinander liegenden Blasen vorgestellt habe) nochmal so etwas wie einen Kern hinzufügen, auf dessen Buden die einzelnen Blasen aneinandergereiht liegen. Dieser Kern selbst ist aber wiederum eine Membran, die irgendwann von dem Urvolk der Protheaner angebohrt wurde, die darauf feststellen mussten, dass diese „Kernkugel“ in einen unendlichen Abgrund jenseits der Schöpfung geht. (Soweit alle Klarheiten beseitigt und endgültig Verwirrung gestiftet? Gut!)
Im Grunde ist dieser Abgrund aber kein tiefes Loch, sondern ein Loch an dessen Rändern sich unzählige Schichten von Reichen eines Bösen, das eher Unverständlich ist und in das jetzt, da mit einem mal der Zugang in die Realität der Schöpfung besteht, dazu übergegangen ist Seelen anzusaugen, die dann mit einem gewissen Potential sich in Larvae umwandeln (welche übrigens den Riss in der Membran der Realität anknabbern und dadurch verhindern, dass sich der Zugang zum Abyss wieder schließt) die sich irgendwann einmal weiterentwickeln könnten: Zu Dämonen.

Diese Dämonen bevölkern jetzt die oberen Schichten des Abyss und befinden sich im Kampf mit dem „Urvolk“ des abyssalen Lebens, den Qlippoth. (Welche in tieferen Schichten existieren. Ob es darunter noch Schichten mit irgendwas noch schlimmeren gibt wird vorerst noch nicht erwähnt.)

Wenn man von dem bereits aus dem ersten Band bekannten Unterbrechungen der Marke „Blut auf Menschenhaut geschrieben“ absieht, so werden hier erst mal mit einer Menge Fuff einige Dinge vorgestellt, die so eventuell schon in anderen Publikationen grob umrissen worden sind, aber noch nicht gänzlich in dieser Form bekannt gewesen sein dürften. So ist z.B. in der Riege der „bösen“ Götter nur eine Person abyssalen Ursprungs, nämlich Lamaschtu, die Dämonenkönigin, oder Mutter aller Monster.

Den zweiten Schritt stellen dann s.g. „Dämonenherrscher“ dar. (Und damit werden dann auch bestimmte Regelvarianten mit eingebracht.) Dämonenherrscher sind Halbgötter und damit die zweitmächtigste Fraktion unter dem Dämonenpantheon. (Grundsätzlich gillt dabei: Alles ab Dämonenherrscher ist in gewisser Weise anbetbar. Das heißt, dass hier von „Gläubigen“ eines Dämonenherrschers gewisse Taten ritueller Natur – auch als abyssaler Gehorsam bezeichnet – in täglicher Routine durchgeführt werden müssen, um besondere Vorteile von seinem „Gott“ zu erhalten.) Das Kapitel der Dämonenherrscher besteht daher aus einer langen Liste aus verschiedener Namen und Hintergründen der jeweiligen Dämonenherrscher im Abyss, ihren jeweiligen Gehorsamshandlungen und den daraus folgenden Vorteilen. (Es wird übrigens aktiv davon abgeraten, Dämonenherrscher selbst als Gegner der Charaktere zu betrachten… auch wenn sie in ihrem Status als Halbgötter theoretisch erschlagbar sind. Der Kniff bei der Sache ist nur, dass ihre Fähigkeiten weit jenseits der üblichen Klassen sich vom Herausforderungsgrad bewegt.)
Schade ist in dem Zusammenhang, dass nur jeder dritte Eintrag mit einer Illustration versehen wurde.

Dann kommt der Eintrag zu den „Dämonenbruten“. Das sind de fakto tatsächlich häufig auftretende, mögliche Dämonenerscheinungen, welche mit mehr oder weniger Intelligenz ausgestattet auch in der Welt der Sterblichen jederzeit auftauchen können. Begleitet werden diese einzelnen Einträge mit einem kurzen Hintergrundtext, sowie einer Quellenangabe, wo die jeweilige Brut jeweils in Werten zu finden ist. (Daher ist das Buch um den Abyss auch eher ein interessantes Beiwerk für Besitzer der Monsterhandbücher.) Ergänzt wird das um eine Art angedeutetes Baukastensystem für werdende Dämonenherrscher sowie eine ähnliche Beispielliste für „derzeit existierende“ angehende Dämonenherrscher. (Angehende Dämonenherrscher sind so etwas wie „missing Links“ zwischen Dämoenenherrschern – welche ja mit Halbgötter gleichgesetzt werden müssen – und normalen Dämonen, die das gewöhnliche Fußvolk darstellen. Man muss sich das so vorstellen, dass der „angehende Dämonenherrscher“ irgendeine Grenze überschritten hat, die ihn jetzt dazu zwingt Macht anzusammeln, um zum vollständigen Dämonenherrscher aufzusteigen. (Man darf den Begriff „Macht“ hier allerdings nicht all zu wörtlich – im foucaultschen Sinne natürlich – nehmen. Es wird nicht klar gemacht, was jetzt genau den Aufstieg möglich macht, sondern nur gesagt, dass jeder „angehende Dämonenherrscher“ seinen eigenen Weg finden muss, um diesen Kokon-Stadium zu überwinden.

Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der „Dämonologie“, sprich der sterblichen Seite der ganzen Dämonenverehrung (und Erstrebung). Es wird kurz geklärt, was es mit den einzelnen Klassen auf sich hat, sofern diese Dämonen verehren.
Aber: Der interessanteste Faktor beschäftigt sich mit der Verwandlung in einen Dämonen. Dabei gibt es zwei Versionen: Entweder man implantiert sich Dämonenteile, oder man vollführt spezielle Transformationsrituale. Mit dem „Dämonengefäß“ wird außerdem eine neue Charakterklasse eingeführt, in der es um Individuen geht, die sich einem spezifischen Dämonenherrscher verpflichten, um darin Machtzuwachs zu erlangen.

Das vierte Kapitel „Die Dämonische Horde“ beschäftigt sich dann noch zum Schluss mit der Einführung ein paar neuer Exemplare dämonischem Kroppzeugs. (Ja, hierbei geht es um die Bestien-Statblogs, komplett mit Illustrationen.) Diese haben bereits im zweiten Kapitel Erwähnung gefunden. (Wir erinnern und an die Auflistung der Dämonenbruten.) Insofern wird nur noch abgerundet, dass es auch in einem solchen Band dringend neue Bestien geben muss, die man kaputt kloppen kann.

Fazit

Wie bereits beim ersten Band stellt sich hier für mich erneut mal wieder die Frage nach einem gewissen Sinn hinter diesem Band. Andererseits: Wenn man Hölle und Abyss als Spielräume betrachtet, in denen gerade Fans des Bildwerks von H.R. Giger sich austoben können sollen, bietet sich eine andere Möglichkeit, wie man hier vorgehen könnte. Prinzipiell ließe sich nämlich wesentlich Abstrakter, ohne irgendeinen Herkunftsnachweis mit ominösen Reichen bereits mit dem Böse (TM) arbeiten, was Abenteuerplanung und sonstige Referenzen von Kult-Anhängern angeht. Hier wird aber eher mit der Möglichkeit gespielt komplexe, hochgefährliche Reiche zu bereisen und seltsame Handlungen zu begehen, die weit jenseits des üblichen menschlichen Verstandes sich bewegen. (In sofern ist der Abyss als jetzt offizielles Gebiet eigentlich sogar das interessantere Buch im Vergleich zum ersten Band, der sich mit der Hölle beschäftigt.)
Jedenfalls bleibt ein Fakt auch hier weiterhin bestehen: Diese übernatürlich bösen Reiche sind nichts für niedrigstufige Charaktere. (Und die Gründe um hierhin hinabzusteigen/-fallen/-whatever müssen schon irgendwie sehr gut auf die Gruppe abgestimmt sein. Immerhin kämpft man hier nicht mit einem üblichen Endergebnis, dass der „evil Overlord“ früher oder später besiegt wird.)
In sofern ist auch dieses Buch der Verdammten in gewisser Weise sehr schön, solange man sich mit seinen eigenen, abstrusen Ideen austoben möchte und dafür einfach nur irgendwo einen entsprechenden Settingrahmen für eher expressiv-surreale Landschaftsbeschreibungen sucht. Auf der anderen Seite aber gerade wegen der ganzen Hintergrundthematik halt auch dermaßen in einem Stufenbereich von Jenseits von Gut und Böse anzusiedeln, dass wohl nur sehr wenige Gruppen wirklich ernsthaft sich auf die Idee einlassen werden „dort“ spielen zu wollen.
Aber: Gerade für experimentell böse-irgendwas Runden gibt es hier einen Wunderschönen Baukasten um die abstrusesten Maßnahmen eben doch noch Realität werden zu lassen. (Zumindest solange man den klassischen Helden-Schurken-Paradigmen folgt, die ja eher die Grundlage von D&D sind. Falls man aus diesen Allerdings ausbricht und sogar dazu tendiert Anti-Helden zu erschaffen kann ich nur noch sagen: In dem Fall dürfte gerade aus dem Kapitel rund um die Dämonologie einiges sehr interessantes Material herum kommen, was Abenteuer anbelangt. Man stelle sich das nur vor: Ein „Held“ der freiwillig zum Dämonen wird, um die zu retten, die er liebt. Das wäre fast schon wirklich höchstes Drama-Potential.

Mit freundlicher Unterstützung in Form eines Rezensionsexemplars von der Ulisses-Spiele GmbH und dem F-Shop.

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