Das Leben eines Gezeichneten – Teil 67

Goldene Blüten auf blauem Grund - Teil 6

18 Rahja
Am Morgen brach der Zwerg in Richtung Burg auf und wir weiter zum nächsten Dorf auf unserem Weg… Dort hausten fast ausnahmslos Holzfäller und Jäger, die wohl die nahen Wälder des Talrandes durchzogen. Und sie waren der festen Meinung ihre Firunsstatue mitnehmen zu müssen, wofür sie ebenfalls einen Karren benötigten. Den wir nicht hatten, weil ja der Zwerg sein Wergzeug transportiert hatte. Um keine unnötige Aufmerksamkeit auf mich zu lenken beschloss ich mich wenig in diese Sache einzumischen und die anderen die Entscheidung darüber fällen zu lassen.
Im nächsten Dorf – sie hatten sich für den Wagentransport entschieden – versuchte es Adaque mit einer Ansprache an die Dorfbevölkerung, die aber die schon beginnende Panik, ausgelöst durch Leowulfs initiale Worte über Verdammnis – die Bewohner erinnerten mich irgendwie an blökende Schafe – nicht wirklich vermindern konnte. Adaque überreichte mir ihre komische Gans, die sich nach ein paar klärenden Worten meinerseits damit begnügte mich anzustarren egal wie ich
sie hielt. Besser reden konnte Adaque ohne Gans jedoch auch nicht und so überließen wir die Dorfbewohner ihrer Panik und zogen weiter – sie würden schon irgendwie in der Burg ankommen und auf ein paar mehr oder weniger kam es nun auch nicht an.
Das nächste Dorf, Waldheim ohne Wald, war von einem seltsamen Nebel umgeben, der die Schritte der Pferde dämpfte und die Umgebung unter einen weißen Schleier legte. Zudem konnte man schon von nahem den großen – für ein Dorf – Boronsanger erkennen, der für Adaque bestimmt kein schöner Anblick war. Neben dem Anger saß eine alte Frau auf einer Bank, die vermutliche Hüterin und damit sicherlich auch Geweihte für das Fleckchen Erde hinter sich. Sie sprach Adaque kryptisch an und meinte dann zu uns, dass wir doch bitte die Gräber mit Steinen
versehen sollten, damit die Toten nicht daraus könnten, wenn das Heer hier wäre. Toll. Echt.
Das ganze dauerte also den halben Nachmittag – ich hielt mich mit dem Tragen von kleinsten Steinchen auf und möglichst entfernt von der Frau – und wir erreichten mit Beginn des ersten Abendrotes Kiesfurten, das größte und letzte Dorf des Tals in dem auch der zweite Wagen stehen sollte.
Der Wagenbesitzer stellte sich als Dorfschulze von Kiesfurten heraus und war nicht wirklich davon abzubringen den Wagen selbst zu benutzten, so dass Leowulf und Greifwin sich auf die Suche nach dem Wagen machten und Undu es mit einem Bannbaladin versuchte. Das schien aber nur Eindruck auf die Bauerstochter gemacht zu haben, die sich darauf hin ziemlich an dem Elfen geschmiegt hat… fast widerlich und gefallen schien es ihm auch nicht recht.
Nachdem wir dann endlich Karren und Ochse hatten – der Dorfschulze hatte dann doch eingewilligt und würde die restliche Evakuierung des Dorfes vorantreiben – zogen wir zurück nach Mühlbeuren, luden den blöden Schrein auf den Karren und kehrten zur Burg zurück.

19 Rahja
Ein feiner Morgen, sonnig und recht warm, wie geschaffen um die umliegenden Dörfer niederzubrennen. Undu wollte hingegen lieber die Brücke zerstören gehen und als wir gegen Abend in Kiesfurten angelangt waren, eine rußende Spur nach uns ziehend – hätte nie gedacht wie schwer es ist vernünftig Sachen anzuzünden – lag sie eingebrochen vor uns da, so dass wir rundum zufrieden zurück in die Burg ziehen konnten.

20 Rahja
Schon während wir frühstückten erschollen Rufe von draußen, dass die Armee auf dem Pass gesichtet worden wäre und als ich mich selbst überzeugte, waren sie schon ein ganzes Stück näher gekommen. Doch recht beeindruckend und wenn ich nicht wüsste, dass es hier noch etwas zu erledigen gäbe, hätte ich mit Sicherheit Angst verspürt. So aber blieb es in meinem Inneren ruhig. Gegen Mittag hatten die ersten den Fluss weiter unten durchquert und begannen im Süden mit dem Aufbau ihres Lagers. Zwei Gruppen hatten sich vom Hauptteil abgetrennt
und lagerten rechts und links der Burg. Die ausgeschickten Reiter würden hoffentlich dank uns nichts Nützliches mehr finden.
Als die Dämmerung einsetzte riefen die Amazonen einen Kriegsrat im Thronsaal ein um zu beratschlagen wie weiter vorzugehen sei. Nicht das ich viel Ahnung vom Belagern hätte, aber die Amazonen schienen mir leicht unfähig in dieser Situation vernünftig zu denken. Essen musste eingeteilt werden – die Vorschläge kamen von Leowulf und Greifwin, sowie ein vernünftiger Wachplan und eine Grundausbildung der Bauern in der Burg, damit sie sich leidlich zu Wehr setzten konnte. Die Amazonen brachten keinen einzigen sinnvollen Vorschlag rein, sie
versuchten nicht mal irgendwie nützlich zu wirken. Im Grunde hatten sie es verdient überrannt zu werden, nur bitte nachdem die Sache erledigt war. Wir würden uns morgen das Lager mal aus der Nähe ansehen gehen.

21 Rahja
Nach dem Frühstück wollten die Amazonen einen Rondradienst halten um die Moral der Truppen zu stärken. Und natürlich konnte ich dem schlecht fern bleiben. So stellte ich mich möglichst weit nach außen an den Rand der Gruppe, die sich im Tempel versammelte, und versuchte kein allzu missmutiges Gesicht zu machen. Undu stellte sich zu mir und war auch nicht überzeugt von der Angelegenheit. Offensichtlich hielt Rondra nicht viel von meiner Anwesenheit hier im Tempel, denn mehr als sonst hatte ich das Gefühl innerlich zu verglühen und in Stücke
gerissen zu werden. Als dann Ayla noch ihre Waffe gen Himmel reckte und die anderen Anwesenden – bis auf mich und den Elfen – es ihr nach taten, suchte ich Konzentration in den Ritzen der Bodenfliesen. Nach unendlich scheinender Zeit strömten die Massen nach draußen und ich taumelte – glücklicherweise fiel das im Gedränge weniger auf – hinaus.
Beim nächsten Blick über die Mauer noch vor dem Mittagessen konnte ich sehen, dass rechts vom südlichen Lager einige große Zeltplanen auf den Boden gelegt worden waren und ich fragte mich was sie wohl verdecken sollten, oder ob sie einfach zu einem Ausfall reizen sollten? Ich würde mir das jedenfalls ansehen gehen.
Nachmittags wollten dann die anderen ebenfalls mal einen Blick aus der Burg werfen und gesellten sich zu mir. Ich wirkte einen Widerwille auf mich um etwas mehr Sicherheit zu haben.
Um über den Graben zu kommen musste man hindurch schwimmen und Adaque hielt nicht viel von Schwimmen, also blieb sie in der Burg und wir zogen nur zu viert los. Am Waldrand angelangt wurden Leowulf und Greifwin von zwei Wachen entdeckt und flohen in Richtung Burg zurück um uns ein sicheres Weiterkommen zu ermöglichen.
Im Wald waren die Söldner damit beschäftigt, Belagerungsmaschinen herzustellen gegen die wir schleunigst etwas unternehmen sollten. Ich schlich mich weiter in Richtung Lager und riskierte einen Blick unter die Planen, die aber nur aufgewühlte Erde offenbarte. Aber in einiger Entfernung standen ein paar Ölfässer, die es wert waren entzündet zu werden.
Mit zufriedenem Gesichtsausdruck – den natürlich niemand wahrnehmen konnte – lief ich zurück zur Burg, die Schreie hinter mir lassend.
Nachts weckte uns eine aufgeschreckte Amazonen und meinte wir sollten uns mal ansehen was dort draußen vor sich geht. Oben auf der Mauer konnte ich allerdings nur erkennen, dass sich eine weitere Feindesgruppe dem südlichen Lager näherte und sich dann unter die anderen mischte. Undu meinte jedoch, dass es sich bei dem Anführer um eben jenen handelte, den wir damals im Wald getroffen hatten – Xeraan. Wunderbar. Konnte ich es ihm endlich heimzahlen!

22 Rahja
Gegen mittag informierte uns Undu, der mittlerweile mit der Amazonenkönigin gesprochen hatte, darüber, dass Xeraan schon einmal hier gewesen wäre und für einige Probleme gesorgt hatte. Und sie hatten es nicht für nötig gehalten ihn zu erwähnen, als wir gefragt hatten wer von diesem Tal weiß! Wie dumm kann man bitte sein! Ich fass es nicht. Ich hoffe sie sind ebenso schluderig wenn es um ihre wertvollen Gegenstände geht!
Wir durften das sogar in den Aufzeichnungen der Burg nachlesen, was ich dann auch tat. Fand aber nichts Interessantes bei der Stelle mit Xeraan und hatte auch nicht die Zeit alles jetzt zu lesen.
Nachmittags hatte im Gewühle auf dem Platz draußen noch jemand die Firunsstatue zerstört, was den Dorfbewohner natürlich missfiel, aber eigentlich kein Grund zur Sorge war.
Nachts wollten wir die halb fertigen Katapulte zerstören und so schlichen wir uns wieder aus der Burg und in den Nahen Wald hinein. Ich – wieder mittels Widerwille getarnt – nahm den Punkt direkt nahe des feindlichen Lagers und legte als erstes Feuer am umliegenden Wald um den Geräten größtmöglichen Schaden zuzufügen. Wir waren schon ein Stück weit weg, als die ersten Alarmrufe ertönten und konnten unbemerkt in die Burg zurückkehren.

23 Rahja
Morgens war es draußen kälter als es eigentlich sein sollte und ich befürchte, dass hier irgendwer das Wetter über der Burg verändert, so dass dann irgendwann der Burggraben zugefroren sein wird und man ihn leichter passieren kann. Hat von den Leuten drüben wohl keiner Lust zu warten bis uns das Essen ausgeht – oder sie habe denselben Zeitplan wie ich.
Gegen Mittag erklangen Rufe von den Mauern, dass die Gegner Aufstellung beziehen würden, aber sie kamen nicht näher und als dann der Abend dämmerte, zogen sie wieder ab. In der Dunkelheit jedoch konnte man deutlich blaue Lichter aus dem südlichen Lager erkennen, die verdammt nach einer Beschwörung aussahen. Gespannt sah ich von der Mauer weiter zu und musste dann etwa gegen Mitternacht erkennen, dass sich einige Gestallten mit einer Art Bahre auf die Burg zu bewegten.
Als sie näher heran waren, konnte ich erkennen, dass es sich um Untote handeln musste, die hinter sich her den langsamen und schwerfällig wirkenden Dharai zogen. Am Burggraben angelangt – sie ignorierten die Pfeile der Amazonen – legten sie die Bahre ins Wasser und traten beiseite um dem Dämon Platz zu machen, der sich über die Brücke aufs Tor zu bewegte und dann dagegen schlug. Eigentlich bleiben nur zwei Möglichkeiten. Beide begannen damit, dass ich versuchen würde ihn zu übernehmen. Entweder es funktionierte und dann hätte ich einigen Spaß oder es funktionierte nicht und dann würde er mich angreifen, aber durch die Schwerter von Leowulf und Greifwin – Adaque war beim Anblick er wandelnden Toten geflohen – aus der Sphäre getrieben werden.
Ich schaffte es nicht, aber er ließ immerhin vom Tor ab und kletterte die Mauer hoch, so dass die  beiden ihm mit ihren Schwertern zusetzten konnten, bis er in einem roten Glühen verging. Die Amazonen und Dorfbewohner jubelten uns zu… als würde mich das in geringster Weise interessieren. Aber wenigstens konnte ich jetzt wieder schlafen gehen.

24 Rahja – 25 Rahja
Die nächsten beiden Tage würde es immer kälter und es bildete sich morgens der erste Raureif. Die Dörfler hatten sich eng aneinander gekuschelt und die Feuer in der Burg wurden mehr angeheizt. Es kamen Streitigkeiten zwischen den Dörflern und den Amazonen auf, da die Dorfbewohner sich ungerecht behandelt fühlten und mehr essen wollten. Auf den Hinweis, dass sie draußen jetzt nichts mehr essen könnten, ergaben sie sich aber zunächst der Situation. Lange würde diese Belagerung vermutlich eh nicht dauern.

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