Das Leben eines Gezeichneten – Teil 62

Goldene Blüten auf blauem Grund - Teil 1

28 Firun – 30 Peraine
In der Stadt der Echsen, die ich nun schon zum zweiten Mal in meinem Leben besuchte, hatte sich nicht viel verändert und anscheinend fand auch Leowulf nicht die erhoffte Erkenntnis, so dass wir beinahe direkt weiter nach Norden in Richtung Ostküste Aventuriens zogen. Die Reise gestaltete sich nicht als besonders aufregend oder schwierig und auch weiter im Norden schien es noch
keine Anzeichen einer beginnenden Invasion, die laut Orakel ja komme sollte, zu geben. Am 25 Phex erreichten wir Mendena und zogen von da die Küste hinunter. Am 30 Peraine erreichten wir gegen Nachmittag das Städtchen Ilsur und flüchteten vor einem plötzlichen Regenschauer, den diese Lande häufiger zu haben schienen, in eine Taverne. Als wir nach dem Regen wieder heraustraten, kam uns eine Botin mit eindeutigem Wappenrock, der sie als der Rondrakirche zugehörig auswies, auf uns zu geritten. Sie übergab nach einigem Zögern nicht Leowulf, sondern mir einen versiegelten Brief, der uns einlud nach Perricum zu reisen und dort das Schwert
der Schwerter über unsere Erkenntnisse in seinem Fall aufzuklären.
Höflich, wie ich manchmal bin, und natürlich nicht ohne Eigennutz fragte ich sie, ob sie uns zu begleiten gedachte, aber sie hatte noch einen weiteren Auftrag. Wie sie uns gefunden hatte wollte ich erst gar nicht wissen. Das sind so Sachen, die man besser im unklaren lässt, sonst macht man sich nur noch mehr Sorgen als ohnehin schon.
Man sah Leowulf an, dass er eigentlich nicht sonderlich begeistert von der Idee war das Oberhaupt seiner ehemaligen Kirche zu treffen, aber uns blieb schließlich kaum eine Wahl. Denn wenn wir etwas ausrichten wollten, dann brauchten wir mehr als vier Männer dafür.

1 Ingerimm – 16 Ingerimm
Das Wetter wurde nicht sonderlich viel besser, während wir am Golf von Perricum entlang reisten und am 5 des Monats – wir ritten gerade durch ein kleines Dorf – machte uns Greifwin, den wir zwischendurch ebenso wie diesen merkwürdigen Elfen, welcher  die Schlacht damals wohl wirklich auf die von mir erdachte Art und Weise verlassen hatte, aufgegabelt hatten darauf aufmerksam, dass uns eine berobte Gestalt schon seit einiger Zeit folgte. Also warteten wir ein wenig und sprachen sie direkt an. Zuerst druckste sie etwas herum, aber dann überreichte sie mir einen Brief, der uns ebenfalls anhielt nach Perricum zu reisen und dort seine Spektabilität zu besuchen. Welch Glück, dass wir sowieso auf dem Weg dorthin waren. Und auch sie wollte uns, tatsächlich zum Missfallen Greifwins, der sie merkwürdig beäugte, nicht begleiten.
Am Abend des 14 – wir hatten gerade unser Lager errichtet – erweckte ein nahes Rascheln unsere Aufmerksamkeit. Greifwin und der Elf zogen los um nachzusehen und Leowulf und ich blieben am Lager um auf die Sachen aufzupassen. An sich keine schlechte Lösung, aber wir hatte nicht bedacht, dass eigentlich mir die Aufmerksamkeit dieses nächtlichen Angriffes galt, und schon gar nicht wer da auf uns zu trat. Jener Magier, den ich in Warunk fast getötet hatte. Und auch dieses
Mal begleiteten ihn zwei dieser merkwürdigen Zant-Kind-Mischlinge. Leowulf schien fast erfreut über eine neue Herausforderung in dieser Richtung, aber ich vertraute da lieber auf einen Gardianum. Zu Anfang funktionierte er auch wunderbar, aber dann wurde er zunehmend kleiner und kleiner und der Magier – ich hatte inzwischen herausgefunden, dass er den Namen Xeraan trug – einen Gegenstand auf mich richtete, den ich aber aufgrund der Entfernung und der Dunkelheit nicht erkennen konnte, der irgendwie meine astralen Kräfte abzuziehen schien. Zumindest schien er einigermaßen angesäuert, dass ich ihn bei unserer letzten Begegnung verletzt hatte. Wäre ich vermutlich auch.
Leowulf schlug sich nicht schlecht, aber den Ausgang des Kampfes konnte ich nicht mehr mitverfolgen, da mich irgendetwas – ich hoffe es war ein irgendwer – von hinten niederschlug.
Ich erwachte kopfüber an einem Baum hängend… in einer gewissen Höhe, die mir Kopfschmerzen und reichlich unangenehme Gefühle bescherte. Xeraan sagte noch irgendetwas, das ich aber aufgrund der äußerst unangenehmen Lage in der ich mich befand einfach mal nicht mitbekam.
Nach unzählige Stunden, vermutlich eher einer halben Stunde – ich hatte mich fast damit abgefunden nochmals um Hilfe bitte zu müssen – sah ich unter mir vertraute Gestalten lang laufen, die zwar den Boden untersuchten und auch nach oben sahen, aber mich nicht zu sehen vermochten. Oder mich absichtlich ignorierten, aber daran wollte ich lieber nicht denken.
Irgendwann kamen sie dann, nachdem ich versuchte mich bemerkbar zu machen, doch auf die Idee auf dem Baum zu suchen, aber irgendetwas hielt mich unsichtbar. Selbst als sie das unsichtbare Seil, dass mich hielt, los schnitten und ich unsanft zu Boden fiel – obwohl Boden sehr gut war – war ich weiterhin nicht zu sehen. Aber Undurael fand irgendein merkwürdiges Amulett an mir, dass sich
Greifwin direkt unter den Nagel riss. Undurael hatte mich – seiner Meinung nach – nur gefunden, weil er ein komisches Lied gehört hatte… aber vielleicht hatte er auch bloß Halluzinationen. Könnten in meinem Umfeld durchaus auftreten.
Wir kehrten zu unserem Lager zurück und wunderten uns eigentlich alle was das für eine merkwürdige Tat gewesen sein sollte.

17 Ingerimm
Es war schon nachmittags als wir die Stadt Perricum erreichten und uns zuerst auf den Weg zur Löwenburg machten. Irgendwie hatte ich kein gutes Gefühl bei der Sache und wir würden hoffentlich den Tempel dort nicht betreten müssen. Mussten wir tatsächlich nicht, aber eigentlich mehr, weil das Schwert der Schwerter gar nicht vor Ort weilte, sondern erst in vier Tagen zurückerwartet wurde. Aber man hatte uns immerhin einen Platz im teuersten Gasthaus gesichert, dass wir dann auch aufsuchten und unsere Sachen ablieferten.
Da Greifwin und Leowulf unbedingt ein Badehaus aufsuchen wollten und ich soweit ich das sah auch keine weiteren Probleme damit hatte, zogen wir los und verbrachten den Abend in einem der Badehäuser.

18 Ingerimm
Wir frühstückten in Ruhe und machten uns dann auf den Weg zur Akademie, die uns ja auch sprechen wollte. Zumal ich doch zumindest einen Blick auf die Schule der Austreibung werfen wollte.
Seine Spektabilität empfang uns in einem gläsernen Anbau der Akademie, der uns wohl irgendwie beeindrucken sollte – oder er hatte einfach noch nicht gefrühstückt und tat das auch immer hier, ich konnte es nicht genau feststellen – und erklärte, nachdem er eine Abschrift meiner Aufzeichnungen für die Öffentlichkeit erhalten hatte, dass seit einiger Zeit Bücher aus der Bibliothek verschwinden würden und außerdem jene Utensilien, die Gallota gehört hatten – man hatte sie aus seinem Turm im Ochsenwasser entfernt. Er vermutete dahinter die Tat einer jungen Maga, die ebenfalls vor einigen Tagen spurlos verschwunden war, obwohl dass eigentlich nicht in ihre Persönlichkeit passte.
Aber es schien wohl ein Problem, das er gewillt war selbst zu lösen, und uns nicht damit belästigen wollte. Aber zumindest eine Sache wollte er uns noch zeigen: Die Prinzessin von Aranien war im Trakt für geistig Verwirrte – in den bestimmt auch Leute, die Stimmen hörten einsaßen…- und hatte uns was zu sagen. Angeblich. Ach und der Typ, der die Sache mit der Schlange und dem Greifen
vorhergesagt hatte, war auch hier.
Undurael wollte uns nicht nach unten in die engen Gänge begleiten, und es war auch ein etwas verwirrendes Gefühl, durch Gänge zu laufen und von fast überall her Stimmen von eingesperrten wirren Magiern oder Geweihten zu hören. Und deutlich beklemmender war das Gefühl irgendwo in meinem Kopf, das sich in dieser Situation um mich herum sonnte.
Wir erreichten dann nach unzähligen Richtungswechseln – warum sollte auch ein Trackt für geistig verwirrte nicht geistig verwirrend sein? – die Tür zu gesuchter Zelle, die uns von unserem Führer auch geöffnet wurde… um darin eine recht ansehnliche Frau zu enthüllen, die uns wirre Worte an den Kopf warf und dann eine Art Wachspuppe, die aber alles mögliche darstellen konnte. Nicht sonderlich sinnvoll der Besuch und zu allem Überfluss schien Greifwin auch noch
Interesse an ihr zu haben, was ihr wiederum zusagte…
Ohne das irgendetwas weiteres passierte gelangten wir wieder nach oben und verabschiedeten uns von seiner Spektabilität, nur um draußen vor der Akademie von einer Magierin der grauen Stäbe aufgehalten zu werden, die mir einen Brief von Tarlisin überreichte, in dem er etwas über ein Desiderat schrieb, dass er in der Gor suchen gehen wollte. Alles weitere sollte uns jemand im Haus des ODL hier vor Ort berichten können zu dem wir uns dann auch aufmachten.
Der ODL war in einem alten Gasthaus mit zwei Stockwerken untergebracht und als wir durch die Tür traten fielen unsere Blicke auf drei Magier der Rohalswächter – militante Weißmagier – die versuchten sich den Zutritt zur Treppe und damit zum oberen Stockwerk zu verschaffen. Eigentlich wollte ich nicht auffallen, aber das was sie von sich gaben – sie suchten nach Beweisen dafür, dass Tarlisin absichtlich den Tod einiger Boroni verursacht hatte – war dann doch zu viel, so dass ich mich in das Gespräch einmischte, was dem Magier natürlich gerade recht kam. Immerhin verstießen vermutlich Schwarzmagier an sich schon gegen sein Verständis der Ordnung… und wenn er wüsste was ich weiß hätte ihn dass sicherlich noch mehr geärgert, aber natürlich auch etwas weitreichendere Konsequenzen gehabt. Ich hoffte also, dass er nicht nahe genug an mich
herantreten würde und das Dämmerlicht in der Stube ausreichte um mich zu tarnen.
Wunderbarer weise stellten sich sowohl Undurael, als auch Leowulf – der ja auch einiges zu verliere hatte – auf meine Seite gegen die Magier – obwohl ich sie bewusst provoziert hatte, eine Sache, die ich mir merken würde. Und gerade als Leowulf soweit war dem Herz des Magiers sein neues Schwert zu zeigen, trat die Stadtwache auf den Plan, die uns alle erstmal mit auf die Wache nahm und zu der Tat verhörte. Da die Magier ohne Beweise gehandelt hatte, konnte man ihnen weiterhin
den Zugang zum oberen Geschoss verwehren.
Ich verabschiedete mich höflich auf ein wieder sehen vom Anführer der kleine Weißmagiergruppe – wenn ich gekonnt hätte, hätte ich ihm gerne ein bisschen von meinem Inneren näher gebracht – und gingen zurück zum Haus um endlich näheres über Tar in Erfahrung zu bringen. Inzwischen dämmerte es bereits und als wir in die Gasse zum Haus einbogen, klirrte die Fensterscheibe zur Gasse und ein Körper fiel hinaus um mit einem dumpfen Aufschlag auf dem Boden zu landen und hinter
dem Körper flog eine große dunkle Eule gen beginnenden Nachthimmel. Undurael schoss noch auf die Eule, aber sie schien unempfänglich für seine Pfeile.
Leowulf nahm die tote Magierin auf und wir gingen zusammen ins Haus der ODL. Auf gewisse Ratschläge hin untersuchte ich die Leiche, konnte aber nur feststellen, dass sie wohl durch einen Horriphobus erschreckt worden war und deshalb aus dem Fenster gesprungen ist. Im oberen Stock fanden wir nur ein weiteres fehlendes Buch und eine rotschwarze Robe mit seinem Symbol. Sehr ungünstig das Ganze.
Trotz alle dem zogen wir uns zurück ins Gasthaus nur um wenige Stunden später unsanft dazu aufgefordert zu werden – nicht das ich ärgerlich werde, wenn man mich aus meine Alpträumen reißt – mit zur Magierakademie zu kommen. Man hatte endlich die flüchtige Magierin gefangen, die von einem Dämon besessen war.
Wie stümperhaft doch die Verbannung um die junge Magierin aufgebaut war. Ich konnte mir kaum eine entsprechende Bemerkung verkneifen und versuchte stattdessen angestrengt den Worten des Dämons zu lauschen, die hier vermutlich auch niemand verstand. Der Dämon war beschworen worden um die Gegenstände zu entwenden und die Beschwörerin war sogar noch jemand den wir kannten! Diese Elfin, die wir im Horasreich gefangen genommen hatten und die den Schatten
entkommen war. Und sie sollte sogar im gleichen Haus wohnen wie wir! Nach dem ich diese Erkenntnis weitergegeben hatte, zogen Greifwin und Undurael los in der Hoffnung sie möge noch immer dort wohnen. Ich blieb vor Ort um diesen Stümpern beim Entfernen des Dämons zu helfen und kehrte dann auch mit Leowulf zum Gasthaus zurück.
Sie war natürlich einige Stunden vorher abgereist. Ein wenig verärgert gingen wir wieder schlafen.

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