Das Leben eines Gezeichneten – Teil 54
Schatten im Zwielicht - Teil 2
9 Boron – 19 Boron
Mein Kopf schmerzte als ich zu mir kam. Es war dunkel. Nur langsam gewöhnten sich meine Augen an die neuen Lichtverhältnisse. Ich lag auf dem Boden. Meine Hände waren auf meinem Rücken gefesselt. Der Boden fühlte sich kalt an und hatte kleine Rillen. Um uns herum standen Gestalten in schwarzen Kutten, ihre Gesichter unter schwarzen Kapuzen verborgen.
“…hab gesagt sie sollten uns nicht folgen………beseitigen…….Problem……meine Schuld?……. er hat doch..”
Tuscheln war zu vernehmen, offenbar wurde gerade darüber verhandelt wie man gedachte mit uns vorzugehen. Plötzlich waren laute Schritte zu vernehmen welche sich näherten. Eine unvermummte Gestalt mit Haaren in unterschiedlichen Graustufen, kalten grauen Augen und fixierendem Blick musterte uns.
“So. Ihr seid also die Gezeichneten. Gezeichnet seid ihr fürwahr. Seid willkommen, auch wenn der Weg vermutlich etwas holperig war. Wenn ihr versprecht keine Gewalt anzuwenden werde ich eure Fesseln lösen und wir können uns….. besser kennenlernen, denn wir haben …. viel gemeinsam.”
“Ich verspreche gar nichts, Mörderpack”, fauchte Taruk dem Mann entgegen.
“Sehr weise, man sollte nur versprechen was man auch halten kann. Doch ich denke dieses Versprechen ist haltbar, denn alles was ich will ist das ihr mich anhört. Ich verspreche euch wird kein Leid zugefügt werden, sofern ihr auch uns keines zufügt. Eure Verwicklung in diesen Fall ist… zwar nicht geplant gewesen, aber vielleicht lässt sich dennoch eine positive Wendung in die
Ereignisse einbauen.”
Er zeigte sich kein bischen beeindruckt durch Taruks “Anfall”. Stattdessen legte er während seiner Ausführungen die Fingerspitzen zusammen und begann auf und ab zu schreiten. Auf seiner Robe war eine weiße Hand auf schwarzgrauem Untergrund zu sehen. Das Zeichen der schwarzen Gilde.
Verdammt… was war das denn? Etwas ungeschickt versuchte ich mich aufzusetzten und schaute mich, soweit das in dieser Position möglich ist, im Raum um. Dann registierte ich denn Grund für weiterhin anhaltendes Unwohlsein und leichte Kopfschmerzen…
Der Raum an sich war spärlich eingerichtet. Ein Tisch, zwei Stühle, ein Kamin und einen Eimer Kohle. Außer dem Sprecher waren noch fünf weitere in Roben gehüllte Gestalten anwesend, welche uns beobachteten und zwischendurch tuschelten.
Und das! Mein Umschauen wurde etwas hektischer, bevor ich es aufgrund aufkommender Übelkeit vollständig abbrach und in einem starren Blick auf den Anführer beendete um einen Fixpunkt sowohl für die Welt als auch den aufkommenden Ärger zu besitzten.
“Ich hätte schon einmal jemanden von euch umbringen können, habe es sein lassen. Nun bindet mich schon los!” antwortete Greifwin währenddessen.
Einer der Robenträger hielt eine seltsam leuchtende Kristallkugel auf uns welche grellrot aufflammte worauf er erschrocken zurückwich.
“Sagt ,Greifwin von und zu Gareth, Träger des vierten Zeichens, Vorhersage des Nostricus, Bastrabuns Hand, auch Calamans Hand bezeichnet, wann habt ihr euch in einer solchen Situation befunden? Wie auch immer. Zuerst das Versprechen euch gesittet zu verhalten, dann werde ich euch als Gäste hier willkommen heißen, oh und wer auch immer unter euch eine solche Mordslust hat, sollte diese besänftigen.”
“Bei Phex und Boron, Versprochen! – All eure Artefakte haben gegen meinen Kumpanen und mich nichts bewirkt, ich wollte keinen eurer ‘Untergebenen’ umbringen – deswegen ist diesen weiter nichts passiert.” und er versuchte, so gut es ging, die Fesseln in Richtung der Kutten zu halten.
Taruk atmete wieder ruhig, wandte sich dem Sprecher zu, aber ich sah, dass er hinter dem Rücken an seinen Fesseln arbeitete. “Wenn mir gefällt, was ihr zu sagen habt, werde ich euch am Leben lassen”, knurrte er, “also strengt euch an!”
“Gut, ich nehme euch beim Wort. Wenn sich die anderen Herrschaften ebenfalls äußern würden?”
Er schnippte mit den Fingern und die Fesseln an Greifwins Hand lösten sich, kurz darauf wurde ihm von einer berobten Gestalt aufgeholfen.
Mit einem Blick auf Taruk.
” Was ihr hier seht ist eine Geheimorganisation zur Zerstörung des Borbaradianertums und des Weltenverschlingers selbst. Wie das Wort schon sagt, geheim, wenn ihr also Interesse habt, so bin ich sehr erfreut, wenn nicht, so ist dies sehr bedauerlich und ich werde euch ziehen lassen, auch wenn ihr euch an dieses Gespräch nicht mehr erinnern werdet….”
Die letzten Worte sprach er leicht mit dem Kopf zu uns weggewandt und etwas mehr zu sich selbst.
Greifwin packte die Hand des Verhüllten und stand auf. Handgelenke reibend, schaute er sich abermals im Raum um.
“Rede du nur, Zauberer”. Taruk spannte die Muskeln noch einmal an, zerrte ein letztes Mal, und dann brach das Seil entzwei, und Taruk sprang auf. Schwer atmend blickte er den Magier an, stand leicht geduckt, wie ein Raubtier vor dem Sprung, und bleckte die Zähne. “Sprich weiter, Zauberer, sprich weiter. Was willst du von uns?”
Als Taruk sich losriss erhoben die übrigen Magier die Hände, doch ein Fingerzeig des Grauhaarigen ließ sie in ihren Bewegungen innehalten. Trotz allem standen sie noch zur Abwehr bereit.
“Ich denke ich habe mich klar genug ausgedrückt. Also was sagt ihr? Seid ihr interessiert den Schatten beizutreten um Borbarad aus dieser Welt zu vertreiben. Die Antwort ist simpel, ja oder nein? Und seid ihr bereit zu versprechen euch gesittet zu verhalten, ja oder nein? Ich denke die Antwort ist selbst für euch nicht schwer zu verstehen”
“Warum sollte ich Interesse daran haben, einer Truppe von feigen Meuchelmördern und Entführern beizutreten? Einer Gruppe, die sich magischer Tricks bedient, anstatt dem Gegner in die Augen zu sehen? Einer Gruppe, die sich einen Namen gibt, der dem Dunkel näher ist als dem Licht?” Taruk lachte verächtlich. “Ich will gegen Borbarad kämpfen, aber ich kämpfe gemeinsam mit Kriegern, nicht mit einem Haufen von Zauberern, die genausogut auf seiner Seite stehen könnten. Einer von der Sorte reicht mir.” Er richtete sich auf. “Oder aber ihr bezahlt
gut…”
Der Garuhaarige zog eine Augenbraue hoch.
” Wir, die Schatten, haben nichts aber auch gar nichts mit dem schwarzmagischem-borbarad-gesindel zu tun, die unseren Namen in den Dreck ziehen. Sollte euch die Befreiung Aventueriens nicht genug sein, so bedauere ich es doch sehr, aber wir können niemandem vertrauen der sich mit Gold bezahlen lässt. Denn die Summe lässt mich immer überbieten, und da Goldgier doch recht verbreitet ist.. Ich denke ihr versteht mich. Entweder ihr seid am Verbleib
Aventuriens interessiert, oder ihr seid es nicht. Wir werden alle nur erdenklichen Mittel zur Verteidigung des Landes zur Verfügung stellen, aber einen Sold zahlen wir nicht.”
Das wird bei Taruk nicht ziehen. Wenn er kein Geld bekommt, wird er einfach gehen und gut ist. Sowieso merkwürdiger Kerl. Wobei sich die Merkwürdigkeiten im Raum kaum etwas tun hier… Und dann dieses ‘ich bin ein böser -aber eigentlich voll guter – Magier gehabe… als ginge es nicht alleine um die Überzeugung und die Durchsetzung dieser! Und es wäre alles hier einfacher wenn ich mich vernünftig konzentrieren könnte!
Ich beschränkte mich weiterhin auf ein dreistes Anstarren der einzige Person, der ich ins Gesicht sehen konnte.
“Übrigens, euch ist doch bewusst, das der gute Quendan Reo Gorbas ein Borbaradianer war und damit beauftragt war euch umzubringen nicht wahr? Er wollte dabei doch tatsächlich den alten Weintrick verwenden und euch vergiften. Naja, ich denke es führt vorerst zu nichts auf ein Ja oder ein Nein zu warten. Adaque, entferne den Herren doch bitte die Fesseln.”
Nach etwas zögern entfernte eine junge, attraktive Frau die restlichen Fesseln von Leowulf und mir.
“Ich denke es ist einfacher wenn ihr mir folgen würdet damit wir dies in einem angenehmerem Klima besprechen können.”
Mit diesen Worten schritt der Sprecher in den Flur hinaus und ein paar Treppen hoch.
Ich rieb mir gedankenverloren den Hals und stand noch immer etwas wackelig auf um dann auf eine Reaktion von den anderen zu warten. Ich frage mich woher sie wussten, dass wir da waren und das er das vor hatte…
Na die Phiolen und die Weinflasche waren unübersehbar bei dem Mord an Gorbas. Die Mörder mussten diese gesehen haben, da sie den fetten Händler dabei überraschten den Wein zu vergiften
Nicht doch das! Überhaupt! Der Ort! Die Zeit! Sowas ebend. Ich schüttelte den Kopf und versuchte geistesabwesend meine Haare einigermassen zu sortieren.
Leowulf hatte gewartet. “Ich bin ja wach Leute.”
Kalt funkelte Leowulf dann die dunklen Magier an. “Ich weiß nicht was schlimmer ist, beinahe vergiftet oder durch magischen Meuchelmord gerettet zu werden. Das muss Phexens Humor sein…”
Er setzte sich erst einmal gemütlich in den Schneidersitz. “Habt trotzdem meinen Dank. Von mir habt ihr nichts zu befürchten.”
Ich glaube dass wir da waren wussten sie nicht, oder erst nachdem sie am Ort eingetroffen sind. Sagte der Grauhaarige nicht dass “Eure Einmischung war zwar nicht geplant….” oder soetwas ähnliches?
“Wenn es stimmt, was du sagst”, erwiderte Taruk langsam, “dann haben deine Leute ein gutes Werk getan. Ich werde mir anhören, was du zu sagen hast. Aber wehe dir, wenn du uns hintergehen willst, denn das würde dir übel bekommen.” Er lief als erster hinterher, machte aber durch seine Stimme und seine Körperhaltung klar, daß er alles andere als überzeugt war.
Wir folgten dem Mann durch einen langen Flur und durch einen Raum der eisig kalt war. In einer Ecke des Raumes stand ein Golem komplett aus Eis. Nach einer weiteren Treppe aufwärts kammen wir durch eine große Bibliothek und danach in ein Arbeitszimmer, wo sich der Mann hinter ein Schreibpult setzte. Sein Haar war nun im Licht nicht grau, wie zuerst vermutet, sondern in vielen Farben strähnig. Zwischen blutrot und sonnengelb als auch violett und blau ließ das
Farbenspektrum kaum eine Farbe aus. Die weiße Hand auf seiner Robe war auf einem violettem Untergrund. Das Zeichen der schwarzen Gilde. Markant in seinem Gesicht saß eine Adlernase und seine Augen lagen dunkel in den Höhlen. Sein Alter schätzte ich auf 50 Jahre. Eine Pfeife mit Tabakkraut stopfend begann er:
“Mein Name ist Salpikon Savertin, Convokatus Primus, Spektabilität der Schule der Variablen Form zu Mirham und Oberhaupt der Schatten. Wir, das heißt die Schatten, haben ein Ziel: Borbarad aus dieser Welt zu vertreiben und der schwarzen Magie wieder zu solcher zu verhelfen. Das heißt den Ruf davon wieder herzustellen. Bisher waren wir auch recht erfolgreich was das Lokalisieren von Borbaradjüngern und die Zerstörung solcher Zirkel betrifft. ”
Das was ich zuerst für eine Statue im Hintergrund gehalten hatte, begann sich plötzlich zu bewegen und stellte sich als eine Achaz heraus welche eine menschliche Hand anstatt ihrer natürlichen Linken aufwieß. Der Achaz war recht klein, tiefgrün und am Bauch rotbraun gemustert.
“F’mmzk khar`trr shszint zrmek h’thur ngai”
“Tziktzal heißt euch willkommen in unseren Gemäuern, sie ist meine treue Assistentin.” erwiderte er daraufhin als Übersetzung.
“Habt ihr irgendwelche Fragen? Ich werde mich bemühen sie zu beantworten wo ich nur kann.”
“Wie kann ein Borbaridaner so lang unbehelligt unter den Leuten hier leben? Und wieso wisst ihr so gut Bescheid? Und warum konnte es überhaupt noch Leben? Wenn ihr doch wusstet was ‘es’ war!” rief Greifwin ihm entgegen.
“Ich fürchte ich verstehe nicht ganz. Hier lebt kein Borbaradianer, und wenn dann nicht mehr lang. Was die Informationen betrifft, so haben wir Verbindungen in ganz Aventurien. Was genau meint ihr mit ” Wieso konnte es überhaupt noch leben?” und was meint ihr mit “es”?”
Savertin schaute fragend drein.
“Naja, mittlerweile ist es tot. Mit ‘Es’ meine ich den ehemaligen Kaufmann.”\\
“Verzeiht Herr von Gareth, ihr seid hier in Mirham, das liegt im Königreich Al’Anfa. Der Kaufmann Quendan Gorbas hat hier nie gewohnt, und von ihm haben wir erst vor kurzem erfahren als wir einen Borbaradianerzirkel ausgehoben haben und entdeckt haben dass er regen Handel mit ihnen betrieb. Offenkundig hat er sogar seine Frau erwürgt als sie sich weigerte seinem Geheimzirkel beizutreten”
Wir verbrachten also die nächsten Tage mit in meinem Fall einigem Unterricht und Gesprächen mit den anderen Magiern, wie einigen Stunden Unterhaltung mit der Achaz des Schwanzes wegen. Was die anderen getrieben haben interessierte mich wenig.
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