Fünf Fragen für Spieler
Ein Friday Five mit Infernal Teddy
Nachdem ich vorgestern von einer meiner beiden “Problemzonen” beim Leiten von Kampagnen berichtet habe möchte ich euch heute fünf Fragen vorstellen, welche ich gerne direkt oder indirekt meine Spieler frage wenn ich mich daran mache eine Kampagne aus dem Boden zu stampfen.
Was für einen Charakter möchtest du spielen?
Meistens die einfachste Frage, und meist kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen: “Einen Paladin!”, “Streetsamurai mit Katana!”, “Malkavianer mit Häschenschuhe, hihi”, oder sonst irgend einen Blödsinn. Aber immerhin hat der Spieler schon mal ein grobes Konzept und man hat ungefähr ein Gefühl für das was auf einen zukommt. Schlimm wird es erst wenn der Spieler zwar unbedingt mitspielen will, aber auf diese Frage mit “Öhm… weiß nicht… mal sehen… was spielen die anderen denn?” antwortet. Das bedeutet dann nämlich das man als Spielleiter damit rechnen muss das der Spieler sehr schnell merkt das er zwar immer noch nicht weiß was er spielen will, er sich aber ziemlich sicher ist das es NICHT dieser Charakter ist. Hat man einen solchen Spieler, so sollte man genügend Hintertüren einbauen damit der Spieler den Charakter notfalls ein oder zwei mal austauschen kann.
Was für eine Person ist dein Charakter?
Sehr zum Leidwesen des Autors ist die Antwort auf diese Frage meist entweder “Dumm oder was? Ich hab doch gesagt ich spiel’ ‘nen Streetsam! Mit ‘nem Katana!” oder einer detaillierten Beschreibung aller Charaktereigenschaften, die ich ebenso gut in einem Bruchteil der Zeit selbst nachlesen könnte. Aber darum geht es ja schon in der ersten Frage. Hier will ich wissen was für eine Person der Charakter ist, was ihm wichtig ist, wie er tickt. Ich brauche hier auch keine fünfzig Seiten mit Charakterhintergrund – es ist schön wenn du dir diese Mühe machst, aber ich werde es nicht lesen, ich werde es einer Bekannten geben damit ihr Deutsch LK lernt wie man eben keine Geschichte schreibt. Aber wenn ich nicht weiß was deinen Charakter motiviert – und ja, eine fünf minütige Zusammenfassung reicht völlig aus – und nicht verstehe wie er tickt kann ich dir auch schlecht persönliche Spotlights in die Kampagne einbauen.
Welche Art von Abenteuer möchtest du erleben?
Nein, du kannst mir nicht den Verlauf der ganzen Kampagne diktieren, aber ich möchte schon wissen welche Art von Abenteuer dich für deinen Charakter interessieren. Wenn du sehen möchtest wie dein Streetsamurai sich zwischen einer jungen Frau und einer besonders miesen Elfengang stellt, oder du meinst das dein Charakter einer spirituellen Queste in der tiefen Umbra nachgehen sollte, oder, oder, oder, dann solltest du mir das sagen. Und zwar nicht nur am Anfang der Kampagne, sondern am besten am Ende jeder Session. Das heißt nicht das ich jedes Abenteuer nach deinen Wünschen gestalten kann oder werde, du bist schließlich nicht der einzige Spieler am Tisch, aber es erhöht zumindest die Chance darauf das dein Charakter etwas erleben wird das dir Spaß macht.
Welche Art von Entwicklung erhoffst du dir für deinen Charakter?
Das ist keine Frage von der ich direkt zu Kampagnenbeginn eine Antwort erwarte, aber es ist eine Frage von der ich möchte das du sie dir immer wieder selbst stellst, und ich möchte das du mir auch mitteilst wenn dir eine Antwort darauf einfällt, und wenn es nur ein kleiner Schritt ist. Ich meine auch keine mechanische Entwicklung. Wenn du mir also mitteilst das du willst das dein Dunkelelfenpaladin die Prestigeklasse Großkotz bekommt, kann ich das auch gerne in die Kampagne einbauen, aber eigentlich möchte ich wissen was du dir für den Charakter erhoffst, nicht für seine Werte. Wenn du mir also sagst das dein Charakter der noch nie seinen Vater kennengelernt hat herausfinden soll was mit diesem passiert ist, so baue ich das gerne ein. Es mag zwar passieren das er der Big Bad ist, oder zumindest sein Handlanger, aber das werde ich auf jeden Fall berücksichtigen wenn du es dir wünschst.
Wen kennt dein Charakter?
Wisst ihr was? Ich habe die Schnauze voll von Spielern die auftauchen und einen Einsamen Wolf dabei haben, einen Charakter der keine Freunde hat und der möglichst mit niemanden zusammenarbeitet, sondern sich in der Kneipe in eine dunkle Ecke setzt und alle grimmig anschaut. Brauche ich nicht. Ich brauche auch nicht unbedingt das ganze Kennenlernen sechs Stunden lang ausspielen, weswegen ich mittlerweile die Regle habe das jeder Charakter an meinem Tisch mindestens einen weiteren Charakter kennen muss und auch bereit und in der Lage ist mit diesem zusammenzuarbeiten. Wenn du das nicht hin bekommst, lieber Spieler, dann bist du an meinem Spieltisch auf jeden Fall fehl am Platz.
Sehr gute Fragen.
Ich bin auch immer froh, wenn ich mit spielern zu tun habe, die einen tatsächlichen Charakter spielen wollen und nicht bloß eine Sammlung von Charakterwerten. Glücklicherweise habe ich in der Vergangenheit kaum Spieler aus der zweiten Gruppe kennengelernt. Als sehr vorteilshaft hat sich immer erwiesen, wenn ein Spieler neu in ein System kam und die Regeln und Spielwelt nicht kannte, weshalb er dann gar nicht erst damit anfing bloß Werte zu sammeln, sondern sich mehr um die grundlegenden Eigenschaften seines Charakters gekümmert hat.
Sehr gute Fragen!
Haben ne Spielgruppe mit rotierenden SL, aber ich bin definitiv der Hauptleiter.
Hab mir da auf Metaebene nie den Kopf drüber gemacht, aber einige Punkte sind so passiert und sie sind goldrichtig. Und dann kommen die Fragen der anderen Spieler: warum hab ich nicht mal so nen Spotlight? Naja… du bist einer der Fragt ‘Was braucht die Gruppe für nen Char, gut ich Spiel nen Heiler!” und nie was über deinen Charakter (nicht die Spielwerte) machen willst, selbst schuld.
Hab aber natürlich auch einige sehr erfahrene Spieler und die kommunizieren Toll was sie geplant haben. Macht das Spiel für alle besser.