Das Leben eines Gezeichneten – Teil 22

Unstillbare Gier - Teil 5

23 Hesinde
Wir reisten weiter nach Süden, nach Menzheim. Obwohl ich so viel lieber nach Norden gefahren wäre, aber sie sagten es sei unmöglich dem Drachen zu folgen. Ha! Als käme ich nicht genauso schnell voran. Aber sie wollten nicht, und alleine würde ich sterben. Wäre es das wert? Ich weiß nicht. Wenn die Elfen Seelentier sagen, was meinen sie damit wohl? Latu berichtete den anderen von den Elfen, die des Nächtens an unserem Feuer waren. Und von Pardona. Greifwin fing
an irgendetwas das draußen ist zu zählen. Mit jeder Zahl wurde ich ärgerlicher. Weiß er worauf er sich einlässt? Warum macht er das? Sehr merkwürdig. Ich wies ihn zurecht, aber er hört nicht. Ich wurde eindringlicher und er kletterte aus der Kutsche nach vorne zum Kutschbock. Vielleicht kann er unser Gerede nicht ertragen? Wir berieten weiter was wir als nächstes tun sollten. Latu meinte es
sei vermutlich kein Zufall, dass gerade jetzt dieses Wesen aufgetaucht sei und in Zusammenhang mit den Ereignissen vor einem halben Jahr noch viel Schlimmeres ahnen lässt. Aber wir beschlossen trotzdem erst in Menzheim vorbei zu schauen und nach jenem Baron zusehen von dem die Bewohner in Baliho so viel Schlechtes zu erzählen hatten.
Gegen Abend erreichten wir das kleine Städtchen und nachdem wir es Greifwin ausgeredet hatten, dass er in einem der drei Tempel übernachtete, mieteten wir uns zwei Zimmer im teuersten Gasthof. Immerhin mussten wir ja den Preis nicht zahlen. Greifwin wollte mit Leowulf in einem Raum nächtigen, wohl weil er noch immer befürchtete, dass ihn irgendetwas fressen könnte, wenn er schläft.
In der Taverne erfuhren wir allerhand über das kleine Dorf. Der Baron scheint von allen sehr gemocht zu werden, denn niemand sagt etwas Negatives über ihn. Allerdings steht seine Tochter wohl nicht ganz so hoch im Kurs. Sie ist wohl eine von jenen reichen Adelstöchtern, die es gerne in die Betten anderer Jünglinge zieht. Wie ich das im Moment verabscheue! Der Baron wohnt etwa eine Meile vor der Stadt in einem Landhaus zusammen mit seiner Tochter, seine Frau ist wohl verstorben. Wir beschlossen ihn morgen zu besuchen und mal den Gerüchten von Baliho auf die Spur zu gehen. Vielleicht waren die Bewohner Balihos auch einfach neidisch auf einen netten Stadtbaron…
Man erzählte uns weiterhin von zwei Vermisstenfällen hier im Dorf. Zwei junge Männer sind schon vor einiger Zeit verschwunden. Der Sohn des Bäckers, und der Sohn des Dorfschulzen. Auch sie würden wir morgen aufsuchen. Total übermüdete quälte ich mich die Treppe zu unserem Zimmer hoch und entkleidete mich, während Latu mich ermahnte nicht wieder einen Geist zu rufen. Aber hier war niemand interessantes verstorben, also völlig unnötig.

24 Hesinde
Latu und Leowulf wollten vor dem Besuch beim Baron im jeweiligen Tempel vorbeigehen, so dass wir erst später aufbrechen konnten und ich nach dem Frühstück meine Sachen noch soweit ordnen konnte. Meine Gedanken schweiften jedoch immer wieder ab zu dem Ereignis vor einem Tag, denn obwohl mittlerweile fast wieder eine Art Alltag eingekehrt war, fühlte ich mich noch immer
unvollständig und sehnte mich nach etwas Ungreifbaren. Ich fürchtete, dass ich nie wieder glücklich werden könnte – zumindest soweit man von glücklich sprechen konnte.
Wir legten den Weg zum Baron zu Fuß zurück und erreichten nach einer halben Stunde das große Gutshaus des Barons, dass mich von seiner Architektur an die Häuser im Horasreich erinnerte. Wir schickten Greifwin vor, immerhin trug er den Siegelring am Finger, aber er wollte wohl nicht, so dass ich letztlich an die Haustüre klopfte. Uns öffnete ein junges Dienstmädchen, dass uns mit Bedauern
mitteilte, dass der Baron auch für Abgesandte des Herzogs nicht zu sprechen sei und die Dame des Hauses außerhalb verweilte. Wir sollten abends zurückkommen und auch ein Drohen Greifwins, bewegte das Dienstmädchen nicht dazu uns das Haus betreten zu lassen, so dass wir wieder in das Dorf zurückkehrten.
Auf etwa halbem Weg entdeckte Greifwin eine Spur im Schnee, und Latu bestätigte, dass hier jemand entlang gezogen worden ist, der blutete. Nach kurzer Zeit fanden wir auch zwei Leichen im Schnee, auf Ewigkeit im Kampf erstarrt. Der eine von beiden hatte Reißwunden an der Seite und am Hals, dem anderen steckte ein Pflock in der Brust vom ersten hineingedrückt.
Sie müssen etwa vier Tage so im Schnee gelegen haben und waren zusammen gefroren, so dass wir sie nicht richtig untersuchen konnten. In ihrer Kleidung fand sich jedoch keinerlei Hinweis auf die Identität der beiden und so beschlossen wir, sie zurück zu einem der Tempel zu bringen. Meinen Vorschlag nur die Köpfe mitzunehmen, da die leichter wären, wurde rigoros abgelehnt. Was
soll’s… Ich versuchte sie ein bisschen mit der Flamme auf meinem Stab aufzutauen, aber es zeigte kaum Wirkung, wenn man einmal von einer intensiven Geruchsbildung absah, die dazu führte das Latu und Greifwin eine nicht mehr ganz gesunde Gesichtsfarbe ihr eigenen nannten.
Zurück im Dorf identifizierte der Tempeldiener einen der beiden als Holzfäller aus der Umgebung, der andere war ihm unbekannt. Nachdem wir den Pflock herausziehen konnten, offenbarte sich, dass es auch einfach ein Ast gewesen sein konnte, denn der Mann gegriffen hatte um sich vor dem anderen zu schützen, und mitnichten etwas mit den Vampiren zu tun haben musste.
Leowulf und ich suchten dann die Bäckersfrau auf, die ihren Sohn vermisste. Da es drei Bäcker gab, dauerte es eine Weile, aber als wir sie endlich gefunden hatten, erzählte sie uns aufgelöst, dass er einfach eines Morgens nicht vom Wasser holen wiedergekommen war. Wir vermuteten inzwischen, dass die Tochter des Barons vielleicht auch dem Vampirismus unterlag und sich vielleicht für das Verschwinden der beiden gut aussehenden Söhne verantwortlich zeigte, immerhin
war sie und der Baron morgens, also bei Tage nicht zu sprechen gewesen. Also fragten wir gezielt nach einem Verhältnis zwischen den beiden, dass die Bäckersfrau auch bestätigte. Wann es gewesen sei, konnte sie uns leider nicht berichten und wir suchten darauf hin zwei seiner Freunde auf, die aber auch nichts Näheres wussten. Latu und Greifwin hatten ebenfalls kein Glück bei ihren
Nachforschungen, da der Sohn des Dorfschulzen wohl nicht verschwunden, sondern den Armen seines Vaters entfliehen und lieber Abenteurer werden wollte. Er hatte sogar einen
Abschiedsbrief hinterlegt.
Inzwischen waren wir uns fast sicher, dass wir diese Dame mal näher untersuchen müssten. Nach einem kleinen Abendmahl, wir wollten uns nicht den Appetit verderben falls der Baron mit Essen auf uns warten sollte, begaben wir uns wieder zu dem für diese Region recht unpassenden Haus. Inzwischen hatte das Schneetreiben des Nachmittages zugenommen und das Haus erschien wie ein einladendes Bollwerk gegen die Natur für mich. Auf erneutes Klopfe wurden wir in den warmen Flur des Hauses, von eben jenem Dienstmädchen das am Morgen so abweisend gewesen war, geführt und der Baron, ein etwas älterer Mann, hieß uns herzlich willkommen.
Wie erwartet hatte er Essen für uns vorbereitet und führte während des Abendmahls ein angenehmes Gespräch mit uns über seine Erlebnisse in der näheren Umgebung. Greifwin benahm sich höchst ungebührlich indem er auffällig mit der Tochter des Barons flirtete und diese trotz einiger Ermahnungen auch mit ihm.
Das Wetter hatte sich im Verlauf des Abends nicht verbessert und so war ich doch erfreut, dass der Baron uns anbot in seinen Gästezimmern zu nächtigen. Wir warfen uns einige Blicke zu und entschlossen uns dann, als wir alleine waren, dass wir zusammen in einem Raum nächtigen, und jeweils einer aufpassen würde. Greifwin hatte sich von der Tochter mit in ihr Zimmer nehmen lassen, und was er da trieb wollte ich nicht so genau wissen.
Gerade als ich mich zum Schlafen bereit machen wollte hörte ich einen Schrei aus einem der angrenzenden Zimmer. Latu und Leowulf waren in meinem, also konnte der Verursacher dieses nächtlichen Lärms nur Greifwin sein. Mehr oder weniger gleichzeitig stürzten wir in Richtung des Zimmers aus dem noch immer Schreie zu hören waren, und nachdem Latu und Leowulf das Zimmer betreten und ich endlich im Türrahmen angelangt war, sah ich Greifwin auf dem Bett liegend und auf ihm – rittlings – die Tochter des Barons, nackt noch immer in eindeutigen Bewegungen mit einem großen Schwert in der rechten Hand und Latu vor ihr auf dem Boden. Greifwin hatte beschlossen lieber schweigend dieser absolut peinlichen Szene beizuwohnen und ich starrte einfach nur fassungslos auf die sich mir bietenden Bilder auf dem Bett. Bis mir der Gedanke kam wie eine nackte Frau dieser Statur einhändig die Schläge Leowulfs abwehren konnte, immer noch auf Greifwins nacktem Körper sitzend. Dann erhob sie sich und sprang elegant hinter das Bett.
Latu rappelte sich hoch und rannte an mir vorbei aus dem Raum hinaus, Greifwin fischte nach dem Dolch in seinem auf dem Boden liegenden Stiefel und aus dem Gang ertönte die bassene Stimme des Barons, der die Schreie wohl ebenso gehört hatte. Greifwin versuchte nun von hinten der Dame bei zu kommen, während Leowulf mit seinem Rondrakamm von vorne auf sie einschlug. Die Schritte auf dem Flur wurden lauter und ich warf einen Blick hinaus um mit Schrecken den Baron voll gerüstet am Ende des Ganges zu sehen. Latu, jetzt mit seinem Jagdspeer in den Händen, hatte ihn ebenfalls bemerkt und blieb draußen auf dem Gang stehen.
Der Baron schrie wieder, was wir da mit seiner Tochter machten und aus dem Raum heraus hörte ich Leowulfs Stimme, dass sie ein Vampir sei und wir sie getötet hätten. Ein Blick meinerseits in den Raum enthüllte mir, dass er Erfolg mit seinen Attacken gehabt hatte, denn vor ihm lag nur noch ein Rest Asche.
Der Baron aber lief noch schneller auf uns zu, offensichtlich außer sich vor Wut, dass wir seiner Tochter Erlösung bereitet hatten. Er stoppte gerade so vor der Tür, dass ich bequem mittels meines Stabes einen Brenne toter Stoff! auf ihn anwenden konnte, der leider nur wenige Augenblicke glühte und dann in sich zusammenfiel. Dem Baron war es trotz allem nicht geheuer und er zog sich zurück
um seinen drei Wachleuten den Vortritt zu lassen, die unter den Hieben von Latu und Leowulf, der sich an mir vorbeigedrängt hatte, schnell die Flucht ergriffen.
Leowulf stürmte auf den Baron zu und versuchte ihn in seiner Rüstung zu treffen. Greifwin hingegen versuchte sich am Baron vorbei zu drängen und Latu verschwand in einem der Zimmer. Die beiden Kombatanden kämpften sich den Flur entlang in Richtung Treppe und dort gelang es mir den Baron mit einem weiteren Brenne zu treffen. Dieses Mal mit nachhaltiger Wirkung. Ich zog mich etwas zurück und besah mir das Schauspiel wie langsam die brennbaren Teile seiner Rüstung
entflammten und Rauch aus den wenigen Löchern hervorquoll. Er musste niederhöllische Schmerzen erleiden, aber hielt nicht einen Moment im Kampf inne. Im Gegenteil zeigte, dass er ein hervorragender Kämpfer war. Greifwin und Latu versuchten hinter ihm Schaden geltend zu machen, aber es enthüllte keine spürbare Wirkung.
Letztlich unterlag er wohl doch den starken Schmerzen, denn er krümmte sich zusammen und brach auf dem Boden des Flures zusammen. Die Flammen begannen sich durch das Holz des Fußbodens zu fressen und ich versuchte sie mit einem Weiches erstarre! zu stoppen. Ich verbrannte mir kräftig die Hand, aber wir konnten das Feuer stoppen und den noch immer brennenden Leichnam aus dem Fenster in den Schnee werfen. Die übrigen Flammenzungen wurden schnell zum Ersticken gebracht.
Draußen im Schnee untersuchten wir die Rüstung, aber sie war noch zu warm. Greifwin, der sich angezogen hatte, stach nochmals mit seinem Schwert durch die Sehschlitze des Helmes, und nach einiger Zeit trugen wir ihn zurück in die Eingangshall des Hauses. Latu, Leowulf und ich untersuchten den Toten, fanden aber keine Spuren mehr in der Rüstung. Entweder war er entschwunden oder hatte sich aufgelöst. Greifwin durchsuchte das Haus. Natürlich…
Wieder zurück entschlossen wir uns, dass wir die weitere Nacht hier verbringen würden, aber Latu wollte trotz allem ins Dorf zurückkehren und von den Geschehnissen berichten.
Während unserer Unterhaltung zeigte Greifwin plötzlich auf eines der Fenster und wimmerte, er habe etwas draußen gesehen. Ich ging zur Tür um nachzusehen und fand tatsächlich Spuren im Schnee. Große Spuren. Von einem Vierfüßigen Vogel mit reptilienartigem Schwanz. Latu bestätigte es und ich untersuchte die Spuren erst mit einem Odem – der mir zeigte, dass das Wesen dämonisch und wieder weg geflogen war – und dann mit einem Analys, der mir eine gänzlich unbekannte Domäne offenbarte, die aber von ihrer Struktur keiner der anderen auch nur ähnelte. Ich vermutete einen Dämon des Namenlosen, und kehrte beunruhigt ins Innere des Hauses zurück.

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