Die Druiden von Ruel
Einsamer Wolf Band 13
Band 13 der Einsame-Wolf Reihe ist die erste Neuveröffentlichung der Reihe im engeren Sinne. Schließlich konnten deutschsprachige Spielbuchfans die ersten 12 Bände der epischen Spielbuchkampagne bereits seit mehreren Jahrzehnten erleben.
Zwar haben die Neuauflagen der ersten 12 Bände (und ein kleines Abenteuerheft) neuen Spielstoff in Form von Zusatzabenteuern und Zusatzabschnitten gebracht, der Hauptplot blieb aber unverändert. Band 13 – “Die Druiden von Ruel” – ist vom Mantikore-Verlag hingegen erstmalig auf deutsch veröffentlicht worden.
Diese Besonderheit sticht schnell ins Auge. So spiegelt sich beispielsweise in einem kleinen neuen Grußwort von Joe Dever wider und schlät sich in einer leicht veränderten Aufmachung nieder. Zum ersten wurde ein dünneres und matteres Papier gewählt, dass das Lesen etwas angenehmer macht, aber auch an ‘Hochwertigkeit’ verliert. Zum anderen hat sich der Stil der Zeichnungen des immer noch reich illustrierten Bandes geändert. Die hart kontrastierten Tuschezeichnungen sind weicheren Bleistiftzeichnungen gewichen die etwas detaillierter und ‘realistischer’ sind, aber nicht den Stil der alten Zeichnungen vermitteln können. Trotz dieser Änderungen ist das fast 430 Seiten starke Buch ein optischer Leckerbissen an den man sich gut gewöhnen kann.
Die Änderungen beschränken sich aber natürlich nicht nur auf nichtige Äußerlichkeiten; auch inhaltlich ist zwischen Band 12 und 13 viel passiert. Eine fast zehnseitige Einleitung wird daher nicht wie gewohnt dafür verwendet die Geschehnisse der letzten Bände zu rekapitulieren, sondern schildert ausschließlich die Geschehnisse nach Band 12. Das der Einsame Wolf die bösartige Stadt Helgedad niedergerungen hat, hat demnach tatsächlich zu einer Veränderung der kompletten politischen und kriegerischen Lage geführt. Die dunklen Lords haben an Macht verloren, sich zerstritten und konnten mit Ausnutzung dieser Schwäche schließlich von den “freien Ländern” zurückgedrängt werden. Der offene Krieg mit den dunklen Lords wurde also – vom Spieler – siegreich beendet.
Das gab dem Kai-Lord die Möglichkeit sich um den Aufbau eines neuen Kai-Ordens zu kümmern und neuer Novizen auszubilden. Darüber hinaus hat er die Zeit genutzt um seine Kaifähigkeiten auf ein bisher noch nie erreichtes Niveau zu heben. Der Magnakai ist nun zum ‘Großmeister Kai aufgestiegen’. Dementsprechend beginnt die Lektüre des Bandes neben dem Vorwort und leicht erweiterten Regeln mit dem Erwerb von 5 neuen Großmeisterfähigkeiten. Diese braucht der Kai Lord auch; denn trotz den friedlichen Zeiten von denen wir im Vorwort erfahren, droht natürlich immer noch Gefahr. Diesmal droht sie jedoch nicht von außen sondern von innen. Die titelgebenden Druiden von Ruel sind ein Orden der den Sieg über die dunklen Lords rächen will und dazu allerlei Bösartigkeiten ausheckt. Die Entdeckung eines Druiden der das Gegengift zu einem tödlichen Virus mit sich führte versetzt die freien Ländern endgültig in Angst und Schrecken, weshalb nicht nur eine Armee ausgeschickt wurde das Zentrum dieser Druiden – Ruel, von dem das Buch eine Karte mitliefert – erfolglos anzugreifen, sondern auch der Einsame Wolf losgesendet wird…
Dieser Konflikt mit den Druiden bildet den inhaltlichen Aufhänger des Bandes, der einiges an Spannung verspricht und sich sogar noch verschärft. Aufbereitet wird dies in recht gewohnter Einsamer-Wolf-Manier. Wie die Plots der meisten Bände lässt sich auch die Story des 13. Bandes – ohne es damit schlecht zu machen – als Dungeon mit Sightseeing beschreiben. Damit meine ich nicht nur, dass die Wege vorgezeichnet sind, wie es bei Spielbüchern unumgänglich ist, oder das ein Großteil des Bandes – wieder einmal – unter Tage spielt, sondern dass das Grundgerüst des Buches an ein Dungeon erinnert. Das heißt das im Mittelpunkt die richtige Wegwahl, das Lösen von Rätseln um weiterzukommen und das umgehen und bekämpfen von Feinden ist. Spielerisch wird also im wesentlichen geprobt, gekämpft oder der Besitz von bestimmten Kaifertigkeiten abgefragt.
Interessanter wird das ganze dadurch, dass die Wege sehr gut verwoben sind und man gut verknüpfte Seitenwege betreten kann. Das Buch glänzt aber erst durch die Sightseeingeffekte die den “Dungeon” lebendig werden lassen indem viele kleine Randergebnisse beschrieben werden und man etwas in die “Kultur” der Druiden hineinschnuppern kann. Stilistisch bleibt das ganze düster und arbeitet wie gewohnt mit vielen Ekeleffekten, wie diversen abscheulichen Ungeziefersorten und besonders brutalen Praktiken. Die zu besichtigenden Gepflogenheiten und Geschöpfe sind aber durchaus originell und plausibel entworfen.
Auch spielerisch ist das Buch trotz seiner Beschränkungen dieses ‘Dungeonformats’ gelungen. So treten manche Folgeeffekte erst später auf und sind viele Verästelungen möglich. Frühere Begegnungen aus der Zeit als der Kai-Lord noch kein Magnakai war können sogar Zusatzinformationen ‘freispielen’, wenngleich hier keine komfortable Notation genutzt wird, wie man es aus anderen reihen kennt: Man muss sich einfach erinnern bestimmte Städte besichtigt zu haben…
Auch das Nutzen verschiedener “Ressourcen” vermag zu überzeugen, so können verschiedene nützliche Gegenstände gefunden werden die natürlich Platz im Rucksack wegnehmen und außerdem im Abenteuer verloren gehen können.
Auch sonst ist das Buch spielerisch überzeugend. So werden viele der neuen Fertigkeiten abgefragt und ist es angenehm das Kämpfe einen geringeren Raum einnehmen als gewohnt. Zusätzlich wurden „tote Enden“ weitgehend vermieden und finden sich zwei einfache aber gut gemachte Zahlenrätsel, die beim Lösen das Fortschreiten des Charakters erleichtern.
Auch das Zusatzabenteuer “Diener der Seuche” vermag zu überzeugen. Der Spieler schlüpft in die Rolle eines „Kräutlers“, was eine etwas unglückliche Benennung für das Mitglied eines kräuterkundigen Druidenordnes ist. Der Hintergrund ist gut gewählt da der Spieler ein Mitglied des guten Widerparts zu dem bösen Druidenorden von Ruel spielt. Besonders reizvoll ist das Abenteuer, da diese Druiden mit der – bereits im Vorwort des Hauptabenteuers angedeuteten – Aufgabe betraut wurden, die zerstörten finsteren Lande (magisch) aufzuforsten.
Gelungen ist bereits die Charaktererstellung für das 150 Abschnitte fassende Abenteuer die sehr schnell verläuft und dennoch klare Unterscheidungen ermöglicht. Auch ein Bild des Charakters darf nicht fehlen, wobei es interessant ist, dass die Zeichnungen des Zusatzabenteuers eher an den klassischen Stil der Reihe erinnern als die Illustrationen des Hauptteils.
Das Abenteuer ist eine angenehme Abwechslung zu dem Kampf- und Konfliktorientierten Hauptabenteuer, da hier Beschattung und friedliches Vorgehen wichtiger sind und das Abenteuer statt in Höhlen und Festungen in einer etwas freundlicheren Dorfumgebung spielt.
Fazit
Im Fall von Band 13 kann man es sich nicht so einfach machen das Buch den Serienfans zu empfehlen und Neueinsteigern einen anderen Einstieg zu raten. Schließlich ist Band 12 als Auftakt der neuen Serie ein guter Aus- und Einstiegspunkt für (potentielle) Leser.
Dennoch kann die Faustregel gelten, dass Serienliebhaber hier gewohnte hochwertige Kost bekommen. Für Spieler die die vorherigen Bände gespielt haben bietet das Buch mit einigen wiederkehrenden Helden und dem Pathos eine große Weltveränderung bewirkt zu haben viele Belohnungen. Aber auch Neueinsteiger können hier einen der besten Wolf-Bände erleben. Gerade wer bisher auf Grund des Serienumfangs vor der Reihe zurückgeschreckt ist, kann und sollte Band 13 eine Chance geben. Wer hingegen überlegt die Reihe mit Band 12 abzuschließen findet sicher einen guten Schlusspunkt, lässt sich aber ein episches und gewohnt bibliophil aufgemachtes Folgeabenteuer entgehen.
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