Patrizier und Diebesbanden
Was man alles in Städten erleben kann
Der dritte Band in der Reihe der blauen Spielhilfen für DSA zeigt auf dem Cover eine Szene aus einer größeren Stadt mit vielen Menschen auf den Gassen zwischen zweistöckigen Häusern und zeigt damit schon deutlich das Thema des Bandes auf: Die Stadt in Aventurien.
Inhaltlich ist es in 1 + 1 Bereiche getrennt. Zum einen eine allgemeine Übersicht generell über Städte in allen Belangen, und dann folgen Beschreibungen von drei Beispielstädten: Angbar, Mengbilla und Riva. Außerdem enthält der Band einen Index und Medienhinweise für Stadtabenteuer.
Die Stadt im Abenteuer
Das Kapitel beginnt mit einer Übersicht über die Stadt an sich, welche Aspekte in einer Stadt auftreten und wie man die geografischen Gegebenheiten richtig einbaut. Für einzelne Aspekte, wie etwa Befestigungen oder Handel werden auch jeweils Beispielstädte genannt. Es folgt ein Überblick über die Dynamiken innerhalb einer Stadt, wie etwa zwischen einzelnen Fraktionen (hier werden ebenfalls konkrete Beispiele aufgeführt, welche direkt so in einem Abenteuer verwendet werden können, sowie ein Überblick über möglich Gruppen, deren Angehörige, sowie Mittel welche sie einsetzten könnten, gegeben) und den Vorurteilen mit denen die Menschen einer Stadt täglich leben. Abschließend werden Beispiele für städtisch Heldenprofessionen und eine ausführliche Liste über die Erfolge bei einem Wurf auf Gassenwissen erörtert.
Es folgt eine allgemeine Beschreibung des Rechts in und um Städte hinsichtlich der Rechte von Fremden, des Strafrechts und den besonderen Rechten eines Bürgers einer Stadt, und dann ein kurzer Abschnitt über die Zeitwahrnehmung von Städtern, da in Städten die Zeit eine viel größere Rolle spielt, als auf dem Land.
Die nächsten beiden Abschnitte befassen sich mit der Dramatik und dem eigentlichen Erstellen einer Stadt für das Abenteuer. Hier werden bestimmte Mechanismen beschrieben um eine Stadt lebendig wirken zu lassen, wie man als Spielleiter etwa das Stimmengewirr oder die Völle einer Stadt charakterisieren kann (hier steht eine Liste mit der man beliebige NSCs etwas mehr ausgestalten kann, wie etwa Figur und Eigenschaften) und das man sich beim Beschreiben auf das Wesentliche für das Abenteuer gerade benötigte beschränken. Das Kapitel schließt mit einem kleinen Bericht darüber was man mit sich trennenden Helden machen sollte und wie man eine Stadtkampagne aufbauen kann.
Es folgt ein Kapitel über die Orte innerhalb einer Stadt wie etwa die Stadtviertel, die Stadtmauern und Verteidigungsanlagen incl. Stadttoren. Der Markt, Tempel, Wege und Vergnügungen sind nur einige von den 13 beschriebenen. Die Personen einer Stadt, wie etwa Stadtobrigkeiten, Händler, Geweihte, Diebe und Beutelschneider (mit Fokus auf dem Verbrechen an sich und der Verwendung von Diebesbanden als Hilfsmittel, sowie Gegenspieler), Bettler und natürlich Stadtfremde werden ebenfalls erläutert.
Abschließend runden ein Kapitel über besondere Ereignisse (z.B. Wochenmarkt, Turniere, aber auch Seuchen und Hungersnöte) und die Mystik (Heilige und besondere Orte) innerhalb einer Stadt das Übersichtskapitel ab.
Der allgemeine Teil über die Stadt in Aventurien ist obwohl er “nur” ein Viertel des Buches einnimmt, äußerst detailliert und enthält im Grunde alles was der Spielleiter sich wünschen könnte. Gerade der Fokus nicht nur auf einer detailgetreuen Stadtbeschreibung durch entsprechende Gebäude oder Personen, sondern auf die reine Darstellung einer Stadt, ihrer Lebendigkeit und Bewohner, machen dieses Kapitel praktisch unverzichtbar. Einzig ein wenig genauer wie das Gesetz gegenüber den Helden umgesetzt wird hätte nicht geschadet.
Angbar – Die Eherne
Bei einer Stadt bei der knapp die Hälfte der Einwohner Zwerge sind und die den höchsten Tempel Ingerimms auf Aventurien besitzt, liegt natürlich ein besonderes Augenmerk auf den Handwerkern und Zünften. So wird auch nach einer kurzen Zusammenfassung der Geschichte Angbars von Gründung bis zum Jahre 1028 und einer kurzen Beschreibung der Stadt mit Anreisemöglichkeiten, direkt auf das Leben in Angbar, speziell geregelt durch die Zünfte, eingegangen. So gibt es extra Verordnungen zum Ausüben von Handwerk in der Stadt, wie etwa das Schließen von Werkstädten bei Verstoß gegen das Zunftgesetz, und Kleiderordnungen, welche die unterschiedlichen Zünfte voneinander unterscheiden sollen. Der Stadtrat wird von Zunftmeistern gebildet, deren Auflistung gesondert aufgeführt wird. Es folgt eine Beschreibung der Wachen und Mauern, des speziellen sehr Ingerimm geprägten Glaubens und der Feierlichkeiten, von denen Angbar eine ganz besondere besitzt: Die Schelmischen Nächste, bei denen die Stadt Kopf steht.
Wem die kurze Beschreibung am Anfang nicht reichte um sich mit der Stadt vertraut zu machen, kann im zweiten Teil über Angbar Beschreibungen zu einzelnen Stadtteilen und besondern auch auf der beigelegten Karte verzeichneten Gebäuden finden. So gibt es etwa in Alt-Angbar den Boronanger mit Borontempel, der allerdings seit errichten des neuen Tempels vor den Toren seltener besucht wird, oder in Heimeling die Gaststuben Aventuriens bei denen jede ein anderes Land symbolisiert.
Die bisher erwähnten Figuren werden im dritten Abschnitt zum Teil näher erläutert, wie etwa Bosper zu Stippwitz, der Reichsvogt, oder Junker Voltan Wolfhelm von Falkenhag, der Bruder Osinos von Falkenhag, welcher als Magier am Grafenhof residiert.
Sollte ein Held aus Angbar stammen, so findet der Spieler im vierten Unterkapitel Beschreibungen und Gerüchte die er kennen könnte (etwa die Statue am Garether Tor, bei der man ein Bieropfer erbringt, oder der Herzog von Angbar, der Herr der Diebe dort, der sich erbittert mit den Anhängern der Phexkirche, die hier eher dem Handel und nicht der Diebeskunst zuspricht, streitet). Auch für Helden die nach Angbar kommen ist ein Abschnitt enthalten, welcher die Besonderheiten der Stadt herausstellt.
Die Mysteria et Arcana Angbars (z.B. der Schatz im Ifirnsee, der manchmal golden leuchtet, oder der Zusammenhang zwischen Angbar und den Grolmen) schließen das Kapitel ab.
Mengbilla – Unter Hainen
Die Beschreibung beginnt mit dem für viele bisher publizierte Städte verwendeten Informationskästchen und einem allgemeinen Überblick über die Stadt und ihre Umgebung, gefolgt von einer Betrachtung der Verwaltung der Stadt mit Hauptaugenmerk auf den Geboten und Verboten (Mengbilla wird auch Stadt der 1000 Verbote genannt, da dort Gebote der Art keine Obsidiansteine einzuführen zum Teil mit schweren Strafen verbunden sind) und dann den Gilden, die die Stadt regieren. Die acht derzeitig regierenden Gilden sind mit Wappen, Übersichtstafel und kurzer Beschreibung veranschaulicht, ein Blick auf vergangene und unwichtigere Gilden fehlt jedoch ebenfalls nicht.
Mengbilla fällt leicht aus dem Rahmen anderer Städte, da hier Praios und Phex nicht verehrt werden dürfen und so folgt ein kurzer Abschnitt über die Gründe und das derzeitige Verhältnis.
Nach einer Beschreibung des Handels und besonders der Handelsrouten folgen in diesem Unterkapitel noch eine Beschreibung der Flotte, Söldner und des Stadtschutzes, sowie der Vergnüglichkeiten, die Mengbilla zu bieten hat, wie etwa die Arena oder die Kurtisanenschule.
Wie auch schon im Kapitel zu Angbar folgen nun die Beschreibungen zu den einzelnen Stadtteilen und wichtigen Gebäuden, wie etwa dem ehemaligen Praiostempel in Montesola, oder der Hof der Laternen im Rahjaviertel, die auch auf der beigelegten Karte verzeichnet sind, und jene Erläuterungen zu bekannten Persönlichkeiten der Stadt, etwa den Mitgliedern des Hohen Rates oder der Borongeweihten.
Für einen in Mengbilla aufgewachsener Held findet der Spieler im nächsten Abschnitt Gerüchte und Erläuterungen zum Leben in Mengbilla (z.B. dass der Wirt der Taverne Der tausendundzweite Rausch eigentlich der Meuchlergilde angehörte oder das es eine Kurtisane gibt, die nur in Maske arbeitet).
Nach einer kurzen Historie über die Stadt, folgen zum Abschluss die Mysteria et Arcana Mengbillas. Neben Erklärungen zum Tempel von Al’Bor – dem in den Sümpfen verborgenen Borontempel, dem Geheimnis des Hässlichen Ugos und anderen Rätseln, findet sich auch ein Überblick über die verschiedenen Sekten in Mengbilla (Namenlose, Belkelel und Praios sind nur einige von den genannten)
Riva – Der Traum vom Reichtum
Auch die Stadtbeschreibung Rivas beginnt mit einer kurzen Tabelle mit allen wichtigen Zahlen gefolgt von einem kurzen Abriss der Geschichte der Stadt und einem kleine Stadtrundgang.
Riva im Verlauf der Jahreszeiten, der Rat (zusammengesetzt aus Vertretern der Stadtviertel, der Tempel, des Zunftrates und der Fernhandelsgilde, aber auch Nivesen und bestimmte Familien) und die Gesetze sind Teil des nächsten Unterkapitels. Hier werden auch die Handelskontore und die Zünfte, aber auch die Stadtversorgung besonders im harten Winter und die zum Winterkommenden Nivesen beschrieben. Auch der Schutz der Stadt (Riva besitzt eine ausgezeichnete Wehranlage) wie Riva bei Nacht aussieht und die Glaubensverteilung der Stadt (hauptsächlich Phex, Firun und Efferd) werden erläutert. Ein kurzer Überblick über die Sitten und Gebräuche, die große Warenschau und die unterirdischen Katakomben, die eine Teil Rivas unterziehen befinden sich am ende des Unterkapitels.
Nun folgt wie auch bei den beiden anderen Städten zunächst eine genaue Stadtteilbeschreibung mit bestimmten Gebäuden, wie etwa das Stoerrebrandt-Kontor in Aelder und Neuehaven, die Markthalle in Krämerfried oder der Schenke Fuchsfell in Undere Wyk. Aber auch das Stoerrebrandt-Kolleg (Magierakademie) und die Thorfinn-Ottajasko (Thorwaller, welche eigentlich Riva erobern wollten, aber vom Rat mit Geld und Land davon überzeugt wurde, dass sie besser auf Seiten Rivas kämpfen) werden beschreiben.
Beim Personenverzeichnis werden unter anderem Aldiana Abrimov, die Bürgermeisterin, Zosgar Dolbrecht, Vanjescha Stoerrebrand aus der Stadt beschreiben, aber auch wichtige Nivesen und Thorwaller.
Im vorletzten Unterkapitel befindet sich wiederum eine Erläuterung für das Spiel von Helden in und aus Riva und einige Geheimnisse, welche diese wissen könnte, wie etwa das der Firuntempel die Toten bestattet, oder das die Phexgeweihte Andela Gris ihre Dummheit nur vortäuscht.
Das letzte Kapitel behandelt die Mysteria et Arcana, zu denen Farom der Gargyl, die Geheimnisse der Stoerrebrandt- Kollegs und des Riedmoors (seit 1031 BF wurden dort einige Artefakte und Kostbarkeiten gefunden, die einen kleine Schatzrausch auslösten, da hier vor vielen Zeiten eine große Schlacht stattgefunden hat, von der niemand weiß, welchen Grund oder Ausgang sie hatte) zählen.
Der Aufbau der drei Stadtbeschreibungen ist zunächst recht ähnlich und enthält dieselben Unterkapitel, wenn gleich diese bei Mengbilla in einer anderen Reihenfolge stehen. Sie setzten im Grunde jenes um, was im Übersichtskapitel schon beschreiben wurde.
Die Beschreibungen der Städte erzeugen direkt den Wunsch das nächste Abenteuer dort zu erleben. Liest man etwa über die Festlichkeiten im Rahja in Angbar, so möchte man auch als Held oder Spielleiter diese einmal miterleben.
Bei Mengbilla fällt auf das in der Übersichtsleiste der Stadt des Öfteren der Name der Stadt von einem zum anderen hin und her wechselt, obwohl im Text daneben eindeutig beschrieben steht, wann dieser geändert wurde, und auch die Machtverhältnisse der letzten Jahre sind recht wirr beschrieben, so dass man den Text und die Historie mehrmals lesen muss.
Bei der Stadtbeschreibung von Riva fällt auf, dass wenn man das Riva aus dem dritten DSA Computerspiel: Schatten über Riva betrachtet eine große Ähnlichkeit existiert. Liest man dann aber die Beschreibungen genauer, muss man etliche Unterschiede feststellen, wie etwas das komplette Fehlen jeglicher Informationen über das im Spiel vorhandene Dorf der Holberker, oder auch die völlig andere Platzierung des Boronangers (der nun außerhalb der Stadt zu finden ist). Ein erklärender Satz darüber, warum man sich gar nicht mehr auf das Spiel bezieht oder beziehen wollte oder überhaupt zu dieser Sache wäre von Vorteil gewesen.
Da die einzelnen Kapitel neben den allgemeinen Beschreibung des Lebens, der Stadtviertel und Personen auch noch Hinweise für Helden von dort enthalten, sind diese Kapitel auch für Spieler von Interesse, sofern ihre Charaktere von dort stammen. Und mit den Mysteria et Arcana hat ein Spielleiter direkt Plotaufhänger mit denen er ein Abenteuer rund um die ausgewählte Stadt bauen kann.
Fazit:
Das Buch ist in erster Linie für Spielleiter gedacht, die damit ihren Städten mehr Leben einhauchen können und öfters eigene Abenteuer erstellen und leiten selbst wenn diese nicht gerade in den drei Beispielstädten stattfinden. Aber auch Spielleiter gekaufter Abenteuer können hiermit die Gestaltung von Städten deutlich verbessern.
Sogar Spieler anderer Systeme können aus dem ersten Teil Erfahrungen für ganz eigene Städte und Länder ziehen.
Daher 4/5 Punkten
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