New York – Im Schatten der Wolkenkratzer
Ganz oben dabei sein!
New York. Die Stadt die niemals schläft. Dieser Band ist eine Übersetzung und vor allem Ergänzung des bei Chaosium erschienen ‚Secrets of New York‘. Im Gegensatz zum englischen Original ist in diesem Band zum Beispiel eine vollständige Beschreibung Manhattans enthalten (und nicht nur von Teilen). Völlig neu ist ein Kapitel über das organisierte Verbrechen und eines über den berühmten Kriminalfall des Terranova Girls. Zudem wurden statt der beiden original enthaltenen Abenteuer drei bisher unveröffentlichte eingefügt. Dem Band liegt eine große Karte Manhattans bei.
Der Band über New York beginnt wie fast alle Stadtbeschreibungen Cthulhus mit einem geschichtlichen und allgemeinen Überblick über das Zielobjekt. Diese wird sehr kurz erläutert und mit einer Chronologie der wichtigsten Ereignisse ergänzt. Der Rest des ersten Kapitels liefert einen guten Überblick über die Stadt selbst, so etwa die Prohibition in New York, die soziale Ordnung, aber auch die möglichen Fortbewegungsmittel und einige interessante Details zur Stadt. Den Abschluss macht eine Aufzählung von Filmen, welche den Charm der Stadt, aber auch gleichzeitig das mögliche Grauen aufzeigen.
Das zweite, völlig neue Kapitel über die Unterwelt umfasst mehr als 30 Seiten und zählt zunächst die Betätigungsfelder der Kriminellen und die Struktur einer Mafia Familie auf. Der Rest des Kapitels ist zeitlich in sechs Teile geordnet in denen jeweils die vorherrschenden und wichtigsten Gangs der Stadt teilweise mit Werten wichtiger Persönlichkeiten und Kleinkriegen erläutert werden. Dabei sind die Gangs nach Nationalitäten und anderweitigen Zugehörigkeiten sortiert um dem suchenden Leser einen schnellen Einblick zu gewähren.
Anhand des echten Kriminalfalls des Terranova Girls wird das amerikanische Strafsystem erläutert und zudem durch übersetzte Artikel der New York Times ein Gefühl für den Fall geliefert.
Die restlichen Kapitel des Bandes beschreiben die Stadt selbst. Zunächst Manhatten, aber auch Bronx, Queens, Brooklyn und Staten Island. Die einzelnen Stadtteile sind wiederum in Viertel aufgeteilt, die mit einem meist kurzen Text beschrieben werden dem dann interessante Örtlichkeiten in diesem Viertel folgen. Ergänzt wird die Beschreibung durch viele Bilder, Karten, Charakterbeschreibungen mit Werten und Besonderheiten, welche sich vielleicht für ein Abenteuer verwenden lassen. Ebenso finden sich versteckt im Text in Extrakästen neue Berufe.
Die Abenteuer des Bandes:
Pinselstriche [Alexander Dotor und Peter Schott]
Die Charaktere werden gebeten bei einem Wettbewerb in einer Galerie mit im Ausschuss zu sitzen und zu entscheiden welches Bild gewonnen hat. Unter anderem findet sich ein Bild von sehr guter Qualität, aber einer recht verstörenden Szenerie dort. Dieses gewinnt jedoch nicht und der Maler des Bildes ist darüber sehr erschüttert. Am nächsten Morgen wird er dann tot in einer Lagerhalle aufgefunden. Ein Selbstmord, denken zunächst alle, aber dann beginnen immer mehr Mitglieder des Ausschusses zu verschwinden oder ermordet zu werden und es sieht zunehmend so aus, dass die Charaktere selbst dahinter stecken. Doch sie waren mit völliger Sicherheit nicht die Täter. Wie kann dies sein? Diese Frage müssen sie klären und zeitgleich verhindern, dass New York in etwas völlig anderes verwandelt wird.
Das Abenteuer ist von seinem Grundkonzept her sehr interessant und für den Spielleiter werden die meisten wichtigen Szenen und vor allem Schauplätze sehr genau beschrieben. Leider ist das Abenteuer wohl für 90% aller Spielgruppen tödlich, da für das Finale im Grunde jeder Charakter eine bestimmte Fähigkeit benötigt um die Gruppe überleben zu lassen und zudem ein Gegenstand benötigt wird auf den nur ein mitgelieferter Text weist, denn die Charaktere aber nicht zwangsläufig finden müssen. Auf diese Problematik wird jedoch nur mit einem lapidaren „Irgendwann werden sich die Spieler zusammengereimt haben, dass die nur mit der Realfarbe etwas gegen das Bild ausrichten können.“ abgetan, ohne näher zu erläutern warum sie sich das denn zusammengereimt haben sollten. Auch das im Abenteuer als „optimale“ Lösung genannte Ende ist nur nach wirklich abwegigen Gedankengängen ersichtlich. Alles in allem also gute Idee schlecht umgesetzt.
2/5
Tunnel mit Aussicht [Bernhard Bihler]
Die Charaktere werden ob ihrer besonderen Fähigkeiten gebeten an den Untersuchungen der Polizei zu einem äußerst seltsamen Fall teilzunehmen. Treffpunkt ist eine U-Bahnstation unterhalb New Yorks an der vermutlich vier Menschen ihr Leben lassen mussten. Allerdings auf wirklich äußerst bizarre Art und weise. Zudem schienen sie in eine Art Ritual verwickelt worden zu sein, oder dieses durchgeführt zu haben und irgendwie ist dort nichts wie es sein soll. Die Charaktere haben nur wenig Zeit herauszufinden was genau vorgefallen ist, wer die Toten sind und was man machen könnte, bevor das wohl offensichtlich schief gelaufene Ritual sich verselbständigt.
Der Abenteuertext enthält im Grunde alle wichtigen Informationen, die der Spielleiter benötigt um die Charaktere auf die richtige Spur zu führen, allerdings stimmen einige Kleinigkeiten nicht, die aber den Charakteren auffallen könnten und somit für Verwirrung sorgen. Etwa das die Opfer alle Roben trugen, aber bei einem nur verjüngte Reste von ihrer normalen Kleidung aufgetaucht sind, oder bei einem anderen die Robe völlig fehlt und die Überreste des nackten Körpers zu finden sind.
Was ebenso ein wenig fehlt ist eine sinnvolle Möglichkeit für die Charaktere an Verknüpfungspunkte zwischen den Teilnehmern des Rituals zu finden (wie sogar im Spielbericht beschrieben), aber für den Verlauf des Abenteuers ist diese Verknüpfung nicht wirklich wichtig. Schwerwiegender ist da das Ende des Abenteuers, denn wie auch schon im ersten dieses Bandes, benötigt die Gruppe jemanden mit bestimmten Fähigkeiten und den entsprechenden Text, welcher aus den ganzen Quellen auch erstmal extrahiert werden will, um das ganze noch zu retten. Zwar hat der Autor die Möglichkeit eingebaut, dass dann wenigstens die Stadt nicht zerstört wurde, weil die „Bösen“ aus dem nächsten Abenteuer einfach das Zepter übernehmen, aber das ist wohl eher eine für die Spieler unbefriedigende Lösung des ganzen.
2/5
Der Fluch des schwarzen Mannes [Mirko Bader]
Die Charaktere erleben durch Zufall den seltsamen Tod eines Mannes mitten im Central Park. Dieser spielt Geige und hat damit einen sonderbaren Einfluss auf die umstehenden Menschen. Doch plötzlich bricht sein Spiel ab und er verstirbt. Ursache oder zumindest Wissender ist ein obskurer schwarzer Mann, der in der Nähe stand und sich durch sein Verhalten verdächtig macht.
Die Charaktere können nun über den Toten versuchen mehr heraus zu finden und geraten in ein Netz von Personen, die alle zusammen ein Geheimnis teilen und die zur Zeit offensichtlich um ihr Leben fürchten müssen.
Das Abenteuer enthält für den Spielleiter eine lose Aneinanderreihung von Nachforschungsergebnissen und am Ende Ereignissen, die nur lose über wenige Hinweise miteinander verknüpft sind. Die einzelnen Szenen und Ereignisse selbst sind gut beschrieben, aber es fehlt einfach der ersichtliche rote Faden und so werden viele Gruppen das Problem haben, überhaupt die Zusammenhänge zwischen den ganzen Situationen zu sehen und vor allem richtig zu interpretieren. Dies führt dann schnell zu Frust, weil man nicht weiter kommt und auch am Ende zu einem äußerst unbefriedigenden Schluss. Hier hätte der Autor deutlich mehr Wert auf Verknüpfungspunkte und Hinweise setzen sollen und zusätzlich auch für entsprechende Gruppen Hinweise wie man diese dann doch noch auf den richtigen Weg bringt.
2/5
Fazit
Der erste Teil des Buches ist wie bei Cthulhu Stadtbeschreibungen gewohnt ausführlich und gut daher gebracht. Dabei stehen nicht so sehr die wirklichen geschichtlichen Abläufe im Vordergrund sondern mehr die Verwicklung mit möglichen Abenteueraufhängern und mysteriösen Taten in der Stadt. Jedoch hätte es beileibe nicht geschadet an irgendeiner Stelle des Bandes einen Index einzufügen, da man als Spielleiter ordentlich suchen muss, wenn man nicht eine sehr genaue Ahnung davon hat, wo genau etwas in New York liegen könnte. Die zwischen den Texten eingefügten Berufe und Zusatztexte sind ebenso nirgendwo extra verzeichnet und bleiben somit Zufallsfunde beim durchblättern der Ortsbeschreibungen.
Die Abenteuer hingegen sind eher weniger gelungen und nicht im Ansatz etwas für wenig erfahrene Spielleiter, und man stellt sich zwangsläufig die Frage wie schlecht dann erst die im englischen Original enthaltenen sein mussten. Demnach ist dieser Band für jene zu empfehlen, die eigene Abenteuer in New York leiten wollen und nicht um die im Band enthaltenen zu leiten.
3,5/5
Kommentar hinterlassen