Haunting the Dead
Rezension der World of Darkness-Anthologie zu Orpheus, von Infernal Teddy
Als White Wolf 2003 und 2004 das Ende der klassischen Welt der Dunkelheit einleitete gab es noch einen letzen Schwanengesang auf diesen liebgewordenen Hintergrund – ein Spiel, das die meisten Fans allerdings scheinbar gar nicht mehr mitbekamen. Nein, die Rede ist nicht von Demon: the Fallen, die letzte auf deutsch veröffentlichte Spielreihe, sondern von einem Rollenspiel namens Orpheus. Orpheus war für White Wolf in vielerlei Hinsicht etwas ungewöhnliches. Zum einen spielte man zum ersten mal menschliche Charaktere – und nein, die Jäger auf Hunter: the Reckoning zählen nicht wirklich als normale Menschen. Zum anderen wurde Orpheus als eine abgeschlossene Reihe konzipiert, mit insgesamt sechs Rollenspielbüchern – und dieser Anthologie.
Haunting the Dead ist im amerikanischen Taschenbuchformat, und ist 288 Seiten lang – angenehmerweise ohne die sonst obligatorische Werbeseiten am Schluss. Die Kombination aus der Bindung und dem für White Wolf-Romanen typischem Papier sorgt dafür das jede Seite beim blättern knistert. Die Coverillustration stammt von Christopher Shy, und als Herausgeber zeichnet sich Philippe Boulle verantwortlich.
Vier Novellen bilden zusammen Haunting the Dead, von denen jeder versucht, einen bestimmten Aspekt von Orpheus einzufangen. Dazu muss man vorab wissen, das die Charaktere in Orpheus sogenannte Projektoren sind, Menschen, welche aus ihrem Körper heraustreten können um mit Geistern interagieren zu können. Diese Projektoren arbeiten für ein geheimnisvolles Unternehmen, die Orpheus Group, aber nicht alle Aufträge, welche die Charaktere bekommen, sind ganz im Rahmen des legalen – aber dazu kommen wir in einer späteren Rezension. Klingt ein wenig nach Wraith: the Oblivion sagt ihr? Och, sagen wir einfach mal, es gibt Parallelen, und es gibt Anknüpfungen. Die erste Novelle, The grass is always greener, von Stefan Petrucha, ist auch mein persönlicher Favorit in dieser Sammlung. Die Geschichte beginnt mit einer studentischen Drogenparty, aber es zeigt sich sehr schnell das hier etwas sehr schief gegangen ist – und noch schiefer gehen wird. In der zweiten Geschichte, Eurydice, von Seth Lindberg, wird das mythologische Orpheus-Thema aufgegriffen, in einer Geschichte um das Ende zweier Beziehungen – die zweier Orpheus-Mitarbeiter, und die Beziehung dieser Mitarbeiter mit dem Unternehmen. Das Ende ist entsprechend tragisch, deutet aber auch schon Dinge an, die sich im Laufe der Spielreihe ergeben werden. Die dritte Novelle trägt den klangvollen Namen Dia de los Muertos, und stammt aus der Feder von Allen Rausch. Wir haben es wieder mit zwei Agenten der Orpheus Group zu tun, dieses mal haben wir es aber mit zwei Agenten zu tun, welche sich am Tag der Toten in Mexico City aufhalten, und dort erfahren das der Tag seinen Namen nicht umsonst trägt – und das die alten Wege dort nicht umsonst am Leben gehalten werden. Als letzte Geschichte haben wir dann noch Corridors, von Rick Chillot, eine Geschichte, welche in einem Hotel angesiedelt wurde, in dem es spukt. Dabei wird das Gebäude selbst fast schon zu einem Protagonisten, und wir haben hier wieder Hinweise auf die Ereignisse, welche im Laufe der Orpheus-Kampagne noch anstehen.
Fazit:
Haunting the Dead präsentiert vier starke Novellen, welche alle gelungen ein Bild der Welt präsentieren, in der Orpheus spielt. Ich sagte oben bereits das The grass is always greener meine Lieblingsgeschichte aus diesem Band sei, aber es ist eine sehr knappe Entscheidung – diese geschichten sind alle gut, und zwar nicht einfach nur als Rollenspiel-Novellen, sondern auch als reine Geistergeschichten. Wer sich für die geisterhafte Seite der Welt der Dunkelheit interessiert, oder wer herausfinden will worum es in Orpheus geht, findet hier einen guten Einstieg. Fans der Reihe muss ich ja das Buch nicht empfehlen – die haben den Band schon längst.
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