Reich des Frosts (Harkuna 4)
Die freie Spielwelt in der die Legenden von Harkuna spielen habe ich in Zusammenhang von
Band 3 bereits vorgestellt. Auch wenn ich an manchen Stellen von dem letzten Band etwas enttäuscht wurde konnte ich meine Finger nicht vom vierten lassen und bin dabei positiv überrascht worden. Die Spielwelt dieses vierten Bandes schließt dem Konzept folgend nahtlos an die vorhergehenden Bände an und vergrößert das Spielgebiet auf etwa 3700 Abschnitte und bietet damit eine Welt die ihresgleichen sucht.
Per Schiff ist das Buch aus allen Vorgängerbüchern problemlos ansegelbar und wenn wir neu einsteigen stranden wir mit einem neu erstellten oder thematisch passenden Beispielcharakter auf dem richtigen Level im ersten Abschnitt vor den eisigen Klippen des Frostreiches…
Hintergrund
Das Reich des Frostes ist erwartungsgemäß eine eiskalte, nordische Region die uns mit Erfrierungstod droht und an dauerhaft verschneite Orte führt. Die dort ansässigen Kulturen und angewandte Ästhetik ist aber unerwartet. Zum ersten wurde der Name “Eiswüste” ernst genommen, weshalb die Beispielscharaktere (die übrigens ein kleines Ziel mit sich bringen) teilweise in arabisch anmutenden Gewandungen gekleidet sind, die hier jedoch nicht vor Sandstürmen, sondern Eiseskälte schützen. Daneben sind andere Charaktere – wie auf dem Titelbild – indianisch inspiriert oder kleiden sich in Felle wie man es von klassischen Barbaren erwarten würde. Damit hört das Kulturchaos aber noch lange nicht auf. Die vorzufindende Pyramide ist selbstredend ägyptisch geprägt und überraschenderweise sind einige Gebiete gar fest in kryptojapanischer Hand. Die Gründe dafür werden teilweise erklärt, der Eindruck einer etwas zu wechselhaften Welt bleibt aber bestehen. Zwar sorgen die verschiedenen Ästhetiken und Kulturen für Abwechslung, etwas weniger verschiedene und weniger offensichtliche Einflüsse wären aber nett gewesen. Manche Stellen setzen die Ideen der Kulturen zwar konsequent um (Wüstenkleidung auf Eiswüsten zu übertragen ist durchaus stimmig), eine wirkliche Eigenständigkeit der Kulturen sucht man leider vergeblich. Stattdessen sind die Kulturen fast durchgehend stereotypisiserte Kopien realer oder phantastischer Kulturen. Leider verstärken auch die etwas groben Zeichnungen diesen Eindruck da die fremden Kulturen entweder überzeichnet fröhlich oder fies und verschlagen dargestellt werden. Das wäre also deutlich sympathischer mögliche gewesen.
Insgesamt mag mir das Reich des Frostes dennoch gut gefallen. trotz der erwähnten Brüche finden sich immer wieder nachvollziehbare und kluge Ideen. Plausibel und durchaus kreativ ist beispielsweise eine Eismine die seltenes (magisches?) Eis abbaut das wesentlich langsamer schmilzt als herkömmliches und so ein gefragtes Importgut für die Kaltgetränke verliebte Oberschicht der umliegenden Lande ist.
Ein ähnlich gutes Gefühl vermittelt auch die Häufigkeit mit der Codewörer abgefragt werden (zur Erinnerung: Codewörter werden an bestimmten Szenen aktiviert und später abgefragt um sich an die vorhergehende Entscheidung zu erinnern). Auch wenn ich für die Rezension nur die Spitze des Eisberges erschlossen habe wird immer wieder deutlich wie viel sich in dem Buch finden lässt. Viele Orte werden erst durch andere Quests, Gegenstände, die richtige Charakterklasse oder kluge Einkäufe wirklich begehbar, wobei alle vorhergehenden Bände mit genutzt werden.
Mechanik und Wegführung
Grundsätzlich nutzt auch der 4. Band die selben Prinzipien wie die Vorgänger. Proben- und Kampfsystem bleiben selbstverständlich identisch und es werden bei Reisen weiterhin Zufallsbegegnungen genutzt und die erwähnten Codewörter erinnern sich an bestimmte Ereignisse. Während die Mechaniken gleich bleiben wurden Sie jedoch meines Erachtens besser genutzt als im Vorgängerband. Zwar haben wir es immer noch mit etwas Verwaltungsaufwand zu tun, dafür läuft die Wegführung aber etwas geschickter und vermeidet beispielsweise uns in ein anderes Buch zu werfen ohne uns voer die Möglichkeit zu geb en umzukehren.
Als kleine Neuerungen kommen außerdem Flüche und Krankheiten hinzu. Diese Effekte senken unsere Attributswerte und können an bestimmten Orten abgelegt werden wodurch neue Seitenquests entstehen. Ebenfalls gelungen sind die Reisen durch die eisige Steppe. Hier verlieren wir durch die Kälte regelmäßig an Lebenskraft sofern wir uns nicht mit einem Wolfsfell eingekleidet haben, der Schaden kann aber auch verkraftet werden. Gute Vorbereitung lohnt sich daher in beiden Fällen (gute Kleidung oder auskurieren), was die Plausibilität erhöht.
Insgesamt wurde auch die von mir etwas beklagte Sprunghaftigkeit des Vorgängerbandes reduziert. Zwar geschieht es auf See immer noch das wir uns verfahren, auf dem dominanten Festland können wir uns aber etwas geplanter fortbewegen. Auch ungewollte Teleportationen sind diesmal selten und verbleiben im gleichen Band, zudem wirken die Quests etwas länger und nachvollziehbarer. Auch die Proben und Hindernisse sind am Anfang des Bandes deutlich fairer. Leider gibt es immer noch unabsehbare tote Enden. Außerdem ist das Kampfsystem etwas wechselhaft und nicht immer fair. So können wir viele Gegner mit 1-2 Hieben niederstrecken, andere dafür rein rechnerisch nicht einmal verwunden…
Selbstverständlich werden außerdem die üblichen Subsysteme weitergeführt. Wir können weiterhin mit Schiffsladungen handeln und sogar Geld an Banken investieren, wie es auch schon in Band 1 möglich war. Diese netten Zusatzoptionen machen die Spielwelt von Harkuna lebendig.
Fazit
Das Reich des Frosts führt die Reihe nahtlos fort und besitzt daher ähnliche Schwächen und Stärken wie die Vorgänger. Für meinen Geschmack ist der vorliegende Band etwas gelungener als der vorhergehende Dritte, da das Gebiet etwas besser verknüpft ist und die chaotischen Seereisen nur selten Anwendung finden.
Wer mit der überzeichneten Hintergrundwelt und manchen unfairen Enden leben kann und auch vor Blätteraufwand nicht zurückschreckt sollte bei der Reihe also dringend zugreifen. Band 4 ist dabei kein schlechter Start, wirklich lebendig wird die Reihe aber erst wenn man mehrere Bände besitzt, zumal man schnell das Bedürfnis bekommen wird das Spiel “von vorne” zu spielen um mögliche Codewörter, andere Ausrüstung und vorherige Steigerungen mit in die Eiswüste nehmen zu können…
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