Zpocalypse 2 – Defend the Burbs
Zombieterror vor der Haustür
Zombies, Zombies, Zombies! Die mal laufenden, mal rennenden und mal schlurfenden lebenden und fressenden Toten sind aus der aktuellen Phantastik nicht mehr wegzudenken. Spätestens seit 2001 entwickelt sich ein regelrechter Zombie Hype, der dank Walking Dead und diversen Kinofilmen auch so schnell nicht mehr abbrechen wird. Wenig verwunderlich weist auch der Spielesektor diverse Zombieprodukte auf. Von etwas humoristischer Zombiehetze in Zombie 15 über das populäre Zombicide – die Inkarnation des Kickstarterspiels – bis zu Winter der Toten, kann man aus einer kaum überschaubaren Palette von Zombiespielen zurückgreifen. Kein Wunder, bieten sich doch das moralisch (fast) saubere Töten und der Survivalaspekt nur so für Brettspielumsetzungen an. Zpocalypse ist eines dieser Spiele, kann sich aber durch eine angenehme Mischung aus Survival, Kampf und einem kleinen bisschen Wettkampf von anderen Spielen merklich abheben.
Wir müssen uns wohl irgendwo im Mittleren Westen Amerikas befinden. In einem der drögen und weitgezogenen Vororte die für traditionelle Werte, Eintönigkeit und eine ganz eigene Art von amerikanischem Horror stehen – den ‚Burbs‚ also. Überrascht von der Zombieapocalypse gilt es in Zpocalypse 2 in der eher tristen Abgeschiedenheit der Suburbs unser Überleben zu sichern. Soweit unterscheidet sich Zpocalypse noch nicht groß von anderen Spielen, das Thema fügt sich jedoch geschickt in eine Mischung aus taktischem Zombietöten und Basebuilding ein. Unser Zuhause ist nämlich der durchgehende Fokus des Spiels. Fast alle Kämpfe spielen sich sprichwörtlich vor der eigenen Haustür ab, die wir dafür durch Sandsäcke, Fallen und andere Gemeinheiten schützen dürfen. Das wird durch eine innovative Tag- und Nachtmechanik umgesetzt…
Bei Tageslicht betrachtet
Die Zombies von Zpocalypse unterscheiden sich nicht allzusehr von den üblichen Gehirnfressern. Der entscheidende Unterschied ist jedoch, dass sich unsere schlurfenden Feinde vor Tageslicht fürchten und uns dementsprechend Tagsüber weitgehend in Ruhe lassen. Dementsprechend dienen unsere Tage der Vorbereitung auf einen nächtlichen Ansturm und dem Ausbau unseres Heims. Auf einem praktisch gestalteten Aktionstableau teilen wir unsere Überlebenden vier verschiedenen Aufgaben zu. Wir können Wachen aufstellen, unsere Charaktere ausruhen lassen oder mit Ihnen bauen oder suchen. Während die ersten beiden Effekte schnell erklärt sind – Nachtwachen verringern die nächtlichen Zombies, Rast erhöht die Gefahr, heilt dafür aber unseren Charakter – sind die anderen beiden Aspekte deutlich spannender. Das Suchen (Scavenging) erlaubt uns Ressourcen zu sammeln und unsere Umgebung zu erforschen. dafür gibt es ein Storybook mit durchsuchbaren Orten. Wir können uns zwischen den vier Himmelsrichtungen entscheiden und dort einen von 6 zufälligen Orten durchsuchen der uns vor Proben oder Entscheidungen stellt und dafür mit Ressourcen belohnt. Die kurzen Storyfetzen sind schön geschrieben und die Alternativen klar formuliert. Man darf keine großen Überraschungen erwarten, aber die Orte bieten relativ plausible Belohnungen. Auch sind die Probentypen gut gelungen. Mal muss die komplette Gruppe eine Probe schaffen, mal der beste Charakter, mal verschiedene Charaktere unterschiedliche Proben. Das führt zu taktisch spannenden Situationen bei der Gruppenzusammenstellung und ist gut mit den anderen Mechaniken vernetzt.
Das Bauen (Crafting) hebt Zpocalypse vermutlich am deutlichsten von anderen Zombiecrawlern ab. Da der Hauptkonfliktort unsere zu verteidigende Basis ist, können wir tagsüber Verteidigungsinstallationen errichten, die wir tatsächlich auf dem Spielplan sehen. Wir platzieren Hindernissmarker und Fallen und bauen Molotovcocktails. Außerdem können wir auch unsere Überlebensressourcen verbessern. Betten erhöhen unsere Regeneration, eine Werkstatt ermöglicht uns effektivere und bessere Ausbauten und ein Wachturm ermöglicht uns mehr Nachtwachen aufzustellen – die Plätze sind begrenzt, Spieler konkurrieren also ggf. um Aufgaben – lässt sich aber auch im eigentlichen Kampf für Bonusse einsetzen.
Des Nachts
Nach Sonnenuntergang fühlt sich Zpocalypse etwas klassischer an. Hier nähern sich die Zombies unserem Gebäude und wollen uns ans Fleisch. In allen vier Himmelsrichtungen erscheinen abhängig davon wie gut wir uns in der vorherigen Nacht geschlagen haben Zombies. Klassische Zombies haben zwei Zustände bzw. Lebenspunkte (gesund und angeschlagen, je durch andere Modellfarben gekennzeichnet) und versuchen den nächsten Charakter in Sichtweite anzugreifen. 4 Mutantenzombies machen uns das Leben ungleich schwerer, da sie über teils abgedrehte Effekte wie Säureangriffen, extreme Kraft oder enorme Geschwindigkeit verfügen. Dagegen gehen wir natürlich mit Waffengewalt vor, weshalb es Zeit wird etwas über unsere Charaktere und das Kampfsystem zu sagen.
Die 2-5 Spieler kontrollieren jeweils einen Trupp (Squad) von bis zu vier Überlebenden. Die werden auf dem Spielbrett etwas unerwartet durch eine einzige Miniatur repräsenteirt – bzw. durch zwei Modelle auf einer Base. Unser Team verfügt nun als Ganzes über eine bestimmte Anzahl an Aktionswürfeln, wofür wir ziemlich schicke Sonderwürfel zur Verfügung haben. Das sind normale sechsseitige Würfel, wobei ein Z! – statt 6 – uns daran erinnert, dass wir bestimmte Sonderaktionen nur mit einer natürlichen 6, einem Z! ausführen dürfen. Die Würfel nutzen wir nun für unterschiedliche Aktionen wie laufen, schießen, suchen etc. Jede Aktion braucht dabei eine bestimmte Anzahl an Aktionspunkten, die wir durch einen oder mehrere Würfel aufwenden können. Auch wenn wir schlecht würfeln, lassen sich also noch Aktionen durchführen, nur eben weniger. Ungewöhnlich ist dabei, dass die Würfel vor unseren Aktionen geworfen werden. Wir planen also unsere Runde vor und haben keine klassischen Trefferwürfe während der Durchführung. So wissen wir schon vor der Runde welche Aktionen wir erfolgreich durchführen werden. Das sieht dann beispielsweise so aus, dass wir für 3 Überlebende 6 Würfel werfen dürfen (2 je Survivor). Mit dem ersten Würfel bewegen wir uns ein paar Felder auf einen Zombie zu, den zweiten und dritten legen wir für einen Schlag zusammen, bewegen uns mit einem weiteren Würfel weg, schießen einmal und ziehen uns dann mit dem letzten Würfel ein paar weitere Felder zurück.
Das funktioniert in der Praxis gut und ist dynamisch, kann aber dazu führen, dass sich das eigentliche Ausführen der Züge etwas zu planerisch anfühlt. Gut durchdacht entfernen wir ein paar Zombies und stellen uns dann auf den Zielpunkt, ohne dass wir zwischendurch überrascht werden können. Abgesehen davon, dass die Squadmechanik ein paar Verwirrungen stiftet, fühlt sich das Spiel dadurch manchmal etwas statisch an.
Das gilt auch für die Zombies. Deren Verhalten ist ebenfalls planbar. Es geht 3 Felder zum nächsten Gegner und danach wird nach Möglichkeit angegriffen. Jeder Zombie fügt dabei 1 oder 2 Schaden zu – je nachdem ob er frisch oder angeschlagen ist. Unabhängig der Zombieanzahl werden zudem für jeden Überlebenden mit Zombiekontakt zwei Würfel geworfen und jede 6 – bzw. jedes Z! – fügt kritischen Schaden zu. Der wird durch Karten repräsentiert und ist neben Munitionsmangel so ziemlich der einzige unplanbare Effekt. Die kritischen Treffer sind dafür äußerst einflussreich und thematisch sinnvoll umgesetzt. Außerdem sorgen sie dafür, dass die Angst vor jedem Zombie bestehen bleibt. Ein Biss reicht…
Die Sache mit den Squads
Ein ‚Problem‘ von Zpocalypse ist der Ansatz, dass wir als Spieler ganze Trupps kontrollieren. Das funktioniert zwar in der Praxis nach ein paar Durchgängen ganz vernünftig, ist aber etwas kontraintuitiv. Zuerst einmal fällt auf, dass wir unsere Überlebenden Nachts nicht aufteilen dürfen und uns immer als abstraktes Team durchs Feld bewegen. Das mag man hinnehmen, da wir uns im Angesicht von Zombies sicher nicht wild verstreuen wollen, da nun aber auch der ganze Squad handelt, ist irgendwann nicht mehr so klar wer nun eigentlich was tut. So besagt die Regel des Nachts lediglich, dass wir jede (im Squad angelegte) Waffe nur einmal pro Runde nutzen können. Wie viele Aktionen ein einzelner Charakter durchführt ist hingegen nicht beschränkt. Da wir unbegrenzt Ausrüstung austauschen können, dürfen wir einfach immer unseren besten Charakter kämpfen lassen und den Rest des Squads als Waffenträger gebrauchen. Ähnlich ist es um den Schaden bestellt. Wir entscheiden einfach wer von unseren Leuten Schaden nimmt, wobei selbst der Rüstungswert ein Gruppenwert ist. Das vereinfacht das Charaktermanagement – insbesondere durch das wirklich praktische Squad Board – deutlich, senkt aber leider auch die Immersion etwas. Das ist gerade deshalb schade, da alle 36 Charaktere des Grundspiels liebevoll gestaltet sind. Durch einen starken unterschiedlichen Sondereffekt für Tag und Nacht, ein je individuelles Ziel für die Tagesphase und stimmungsvolle illustrationen haben die Überlebenden einigen Wiedererkennungswert. Der wird durch die kritischen Wunden und zu erwerbende Perks – Also Zusatzfähigkeiten und sogar Mutationen – noch einmal verstärkt.
Verbunden mit der Squadmechanik ist auch das semikooperative Element. Während sich Zpocalypse 2 prinzipiell kooperativ spielt und weitgehend auch alleine spielbar wäre, gibt es vereinzelte Konfliktmechanismen. So sammeln die Spieler individuelle Siegpunkte für getötete Zombies oder für das Erfüllen der Charakterziele. Sogar eine Mechanik für die Ressourcenverteilung und die Anführerwahl – das Nachbarschaftstreffen – wird mitgeliefert. Das verkompliziert das Spiel leider etwas, da wir zwischen allgemeinen und individuellen Ressourcen unterscheiden müssen und uns das Leben durch interne Konflikte unnötig schwer machen. Spielt man die vierteilige Kampagne durch, kann man übrigens zu zwei verschiedenen Endszenen gelangen: Einer kooperativen und eine kompetitiven.
Aufmachung
Auch optisch macht Zpocalypse 2 einiges her. Der Stil der Illustrationen findet ein gutes Gleichgewicht zwischen Humor und Realismus. Das Setting fühlt sich nicht albern an, obwohl es das ein oder andere popkulturelle Augenzwinkern gibt. Auch der durchaus brutale Illustrationsstil der Waffen artet nicht völlig aus. Das gilt für das Setting insgesamt. Das ist zwar durchaus pulpig: Strahlungsschaden ist ein fester Bestandteil und kann zu teils abgedrehten Mutationen führen und die Superzombies sind ebenfalls weit von ‚Realismus‘ entfernt. Dennoch ist das Setting in sich konsistent und hat seine ernsten Seiten. Auch die teils starken Farben der Modelle die durchaus ins trashige übergehen sind schnell vergessen und machen das Spielen sogar überschaubarer.
Überhaupt wurde sich statt auf unmengen hochdetaillierter Figuren auf ein gut spielbares Layout und einheitliche Modelle konzentriert. Die halten einen guten Standard, können sich aber nicht mit manch anderen Kickstartermodellen messen – wollen das aber auch garnicht. Stattdessen wurde sich auf sehr gutes Artwork und hohe Materialqualität konzentriert. Eine Entscheidung die mir das Spiel sehr sympathisch macht. Auch verpasst man meines Wissens nach keine ‚Kickstarterexclusives‘ und muss nicht zahllosen expansions hinterherlaufen.
Warum Zpocalypse?
Über diese Punkte hinaus hat Zpocalypse noch einiges mehr zu bieten. Die Kampagne ermöglicht uns ein zweites Haus zu finden und neue Stadtgebiete zu erobern, besondere Bauaktionen erweitern das Spielvergnügen und mit Wasteland ist eine durchgehend positiv angenommen Erweiterung erschienen.
Zpocalypse 2 ist ein gut durchdachtes Spiel, das von seinem Vorgänger gelernt hat. Es funktioniert gut, manche Designentscheidungen fühlen sich aber etwas wackelig an oder lassen Immersion vermissen. Insbesondere die Squadmechanik und das eigenartige Aktionspunktesystem sind sicher gewöhnungsbedürftig und auch das Kampagnenbalancing ist etwas in die Kritik geraten. Dafür belohnt das Spiel mit innovativem Basenbau und einem gut gelungenen Tag- und Nachtwechsel. Wer Kampagnenspiel mag und sein Haus und Team aufbauen und -leveln möchte, findet zur Zeit meines Erachtens keine bessere Alternative im Genre. Auch vom Stil her konnte mich die Verteidigung der Suburbs trotz anfänglicher Skepsis begeistern. Es findet einen guten Ton der nicht zu schwer aber auch nicht zu humoristisch ist und durch die tollen Illustrationen überzeugt.
Nimmt man die kleineren Hürden und Immersionsprobleme in Kauf und lässt sich auf die Zpocalypse ein, hat das Spiel sowohl für kooperative als auch konfliktwillige Gruppen äußerst viel zu bieten. Auch der für ein so umfangreiches Produkt vertretbare Preis hebt sich angenehm von der Figurenlastigen Konkurrenz ab. Trotz großer Konkurrenz weiß sich Zpocalypse 2 zu behaupten.
PS. Zpocalypse 2: Defend the Burbs is wie der Name verrät durchweg Englischsprachig. Eine Lokalisation ist zur Zeit nicht angedacht.
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