Antagonists

nWoD Quellenband

Jeder Spielercharakter ist nur so gut, wie die Herausforderungen, die er im Spiel zu bestehen hat. Die Güte einer Chronik, der Spass der Mitspieler und die Errungenschaften eines Charakters sind direkt abhänging von der Güte der Gegenspieler, die ein Spielleiter seinen Spielern entgegenstellt. Und genau das ist das Thema das nWoD Quellenbandes „Antagonists“. Das Buch hat es sich zur Aufgabe gemacht, eine Einführung in die Handhabe dieser NSCs zu geben und beschreibt verschiedene Arten von Gegnern für die Protagonisten einer nWoD-Chronik.

Erscheinungsbild
„Antagonists“ ist als eines der ersten Supplements für die nWoD erschienen. Dies äußert sich unter anderem in der erfreulichen Tatsache, dass der Band noch auf griffigem, aber wasserabweisendem Hochglanzpapier gedruckt ist und noch nicht unter den Sparmaßnahmen von White Wolf zu leiden hatte, die unterem Anderem die Verwendung von Recycling Papier beinhalten. Ansonsten liegt der Band in typischer White-Wolf Manier in einem soliden Hardcover vor. Die Bindung ist sehr ordentlich, die Verarbeitung insgesamt sehr gut. Das Titelbild (erstellt von Becky Jollensten) ziert eine kapuzentragende Vogelscheuche mit Gasmaske… vielleicht nicht DAS klassische Bild für die nWoD, und sicherlich auch nicht nach jedermanns Geschmack, zumindest den Grundton der düsteren Welt der Dunkelheit verfehlt die Aufmachung damit jedoch nicht.

Die nur 132 Seiten starke Publikation weist durchwegs schwarz-weiß gehaltene Innenillustrationen auf. Diese sind meiner bescheidenen Meinung nach von unterschiedlicher Güte. Die rein zeichnerische Qualität mag anständig sein… einige der Bilder sind jedoch in einem eher unorthodoxen Stil gehalten, bei welchem eng aneinander liegende Linien – Höhenlinien nicht unähnlich – durch die Bilder verlaufen. Liegen diese Linien enger beieinander, erzeugen sie dunklere Regionen, liegen sie weiter auseinander entsprechend hellere Regionen. Man mag es kleinkariert nennen – und sicherlich machen diese Bilder auch nicht den Großteil von „Antagonists“ aus, geschweige denn haben gewichtigen Einfluss auf sein Erscheinungsbild – mir persönlich, muss ich jedoch gestehen, sagt dieser Stil nicht wirklich zu. Da das aber reine Geschmackssache ist, möchte ich dies nicht mit in meine am Ende aufgeführte Bewertung einfließen lassen.

Inhalt
„Antagonists“ beschäftigt sich, wie der Titel bereits vermuten lässt, mit der Handhabe und der Beschreibung von Gegnern (Antagonisten) für die Charaktere der Spieler (Protagonisten). Das Buch gliedert sich dabei – von der obligatorischen Einführungsstory einmal abgesehen – in vier Kapitel.

Chapter One: The Walking Dead widmet sich den vielen unterschiedlichen Formen der wandelnden Untoten, wobei das Thema Vampire bewusst ausgelassen wird (interessierte Spielleiter können sich hierzu ja jederzeit Ratschlag aus dem „Vampire: The Requiem“ Kernregelwerk holen). Statt dessen werden hier Zombies, Imbued, Revenants und Intruders beschrieben.

Wie aus gängigen Splatter-Filmen bekannt, sind auch in der WoD Zombies geistlose oder fast geistlose wandelnde Leichname, die einem höheren Meister dienen. Sie zeichnen sich nicht nur durch den fast schon zwanghaften fehlenden Intellekt, sondern vor allem durch enorme physische Zähigkeit aus.

Imbued sind sich Untote, die aus den Teilen einst Lebender zusammengesetzt und wiederbelebt wurden. Hierbei handelt es sich offensichtlich um ein Vorgängerkonzept von den Prometheans. Das hierzu passende Regelwerk ist ja erst deutlich nach dem Antagonisten-Quellenband erschienen. Wer aber das „Promethean – The Created“ – Regelwerk nicht in seiner Sammlung hat, kann mit den Imbued aus Antagonists durchaus einen stimmigen Ersatz zur Hand nehmen.

Bei Revenants handelt es sich nicht zwangsläufig um ‚Untote‘ im eigentlichen Sinne. Ein Revenant entsteht, wenn eine geistige Entität von einem menschlichen, toten Körper Besitz ergreift. Leider ist die deutsche Sprache hier etwas unpräzise. So können Ghosts, also die Geister von Verstorbenen, ihren eigenen Körper besetzen und wieder zum Leben erwecken, wohingegen diese Möglichkeit auch Spirits offen steht.

Intruders stellen eine besondere Art von Revenants dar. Bei ihnen handelt es sich um Menschliche Körper, die von einem nichtmenschlichen spirit in Besitz genommen wurden. Sie verfügen nicht nur über möglicherweise besonders starke Kräfte (je nach spirit), sondern zeichnen sich vor allem durch jedwedes Fehlen von und Unverständnis für menschliche Moral aus. Selbst für eine Gruppe übernatürlicher Charaktere kann dieser Antagonistentyp sicherlich eine enorme Herausforderung darstellen.

Neben der Beschreibung der Unterschiede und der Fähigkeiten dieser Antagonisten rundet eine Auflistung einiger Beispielcharaktere dieses meiner Meinung nach recht gut gelungene Kapitel ab.

In Chapter Two: A Need for Vengeance wird auf die Natur menschlicher Jäger, also der Hunter, eingegangen. Auch hier merkt man „Antagonists“ an, dass es als einer der ersten Bände der nWoD veröffentlich wurde, gibt es doch mittlerweile für die Beschreibung und Darstellung eben dieser Charaktere und Antagonisten das separate Kernregelwerk Hunter – The Vigil. Die Jäger sind natürlich in dem schmalen Kapitel nicht so ausführlich dargestellt, wie im genannten Kernregelwerk – so fallen fast alle dort aufgeführten übernatürlichen Fähigkeiten unter den Tisch und es wird sich vor allem auf die Motivation der Hunter beschränkt. Auch hier sind wieder einige Beispielcharaktere für Storyteller – quasi ‚ready to use‘ – aufgeführt.

Das dritte Kapitel Chapter Three: The Righteous and the Wicked setzt seinen Fokus sowohl auf religiöse Kulte als auch auf abgeschiedene, verschlossene Sekten. Dies schließt deren Motivation, Rekrutierungstaktiken und ihren Umgang mit den Bewohnern der World of Darkness mit ein. Mit aufgeführt sind Regelmechanismen für Gehirnwäsche, die spieltechnischen, moralischen Auswirkungen einer Mitgliedschaft in einem Kult und natürlich exemplarische Kulte und Kultanführer.

Alles in allem zwar ein klischeehaftes, aber ein unterhaltsames Kapitel!

Ãœbernatürliche Wesenheiten und Monster sind das Kernthema des Kapitel Chapter Four: Fear Given Form. So besteht dies hauptsächlich aus einem Glossar diverser Kreaturen der World of Darkness, der Beschreibung ihrer übernatürlichen Kräfte sowie dazu passender Story Hooks.

Fazit
„Antagonists“ zeigt sehr nette Ansätze, bringt einige gute Ideen und Inspirationen und zeigt auch ein paar gut ausgearbeitete Beispiel-NSCs. Trotzdem weiß es nicht vollständig zu überzeugen. Die Widersprüche bzw. Unterschiede zu Nachfolgepublikationen wie Promethean – The Created und Hunter – The Vigil sind meiner Meinung nach imminent.
Außerdem ist die gebotene Bandbreite und Fülle des Materials einfach zu gering, um bei mir anständig zu punkten. Zum Vergleich bieten die Bände der Night-Horrors-Reihe etwa drei bis vier Mal so viele NSCs pro Buch, wie „Antagonists“ – und das in etwa zum gleichen Preis und jeweils auf ein spezifisches Kernthema der nWoD abgestimmt.

So degradiert sich der Quellenband selbst von einem umfangreichen Nachschlagewerk zu einer Sammlung von NSC-Skizzen, die den Spielleiter inspirieren sollen. Dass die Charaktere auf das nWoD-Grundregelwerk zugeschnitten und eher ungeeignet bzw. nicht unbedingt mächtig genug für SCs der anderen Kernregelwerke sind, liegt im erstrebten Setting des Buches und soll ihm nicht zum Nachteil ausgelegt werden.

Das Beste, was man über „Antagonists“ sagen kann, bleibt, dass White Wolf scheinbar aus den Fehlern dieses Bandes gelernt hat: So sind wie gesagt mit der Night Horrors Reihe sehr umfangreiche, auf die anderen Kernregelwerke zugeschnittene Antagonisten-Bände erschienen, die die Schmalbrüstigkeit dieses ersten nWoD-NSC-Sammlbandes bewusst vermeiden.

Trotz meiner Zuneigung zur nWoD – oder vielleicht gerade deswegen – kann ich mich leider nicht überwinden, mehr als 2,0 von 5 Punkten für die Wertung von „Antagonists“ zu geben! Für diejenigen, die „Promethean“ und „Hunter“ nicht haben oder sich nicht zulegen wollen, könnte sich eine Anschaffung evtl. eher lohnen…

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