Was suche ich jetzt eigentlich?

Ein Friday Five mit Infernal Teddy

Ich hatte es letzte Woche, bevor ich auf die RatCon gefahren bin erwähnt, ich bin auf der Suche nach einem neuen Lieblingsrollenspiel. Ich habe vor kurzem in einigen Diskussionen mit Caninus, Sternenwanderer, DemonHK und ein paar anderen festgestellt das meine alten Leidenschaften mich einfach aus verschiedenen Gründen nicht mehr wirklich fesseln und binden können. Die Romanzen sind aus, die Leidenschaften versiegt. Und wenn man so eine Leidenschaft seid über zwanzig Jahren mit sich herumschleppt, wie es bei mir zum Beispiel mit Mage: the Ascension der Fall ist, dann merkt man diesen Verlust ziemlich schwer. Ich habe sowohl bei den Blutschwertern als auch im Tanelorn angefragt, welches die derzeitigen Lieblingsspiele meiner Mithobbyisten sind, in der Hoffnung, Inspiration zu finden, aber mir ist aufgefallen, das ich noch gar nichts dazu gesagt habe, was ich denn zu finden hoffe. Hier sind also fünf Schlüsselkriterien bei meiner Suche nach einem neuen Lieblingsrollenspiel. Nicht die einzigen Kriterien, aber zumindest für mich wichtige. Vielleicht hilft es mir weiter, das mal auszuformulieren – und falls euch etwas auf- oder einfällt, ruhig kommentieren. Ich bin für jeden Hinweis dankbar.

I.) Optionen, nicht Komplexität
Das ist ein Punkt, den ich auf der Heimfahrt von der RatCon bzw. am Montag auf dem Weg zu Pathfinder mit DemonHK durchgesprochen habe. Ob als Spieler oder als Spielleiter, ich mag es, Optionen zu haben. Charakteroptionen, Regeloptionen, Settingoptionen – alles gut. Womit ich nicht mehr zurechtkomme, bzw. wofür ich einfach nicht mehr die Geduld habe, ich wenn diese Optionen gleichzeitig bedeuten das ich dafür ein Regelwerk in kauf nehmen muss, neben dem sich mein Linux-Handbuch liest als sei es leichte Literatur. Wisst ihr, wo für mich mittlerweile die obere Schmerzgrenze ist, wenn es um Komplexität geht? d20. Und eigentlich ist das schon zu viel. Shadowrun funktioniert nur noch für mich, wenn ich wie bei meiner aktuellen Runde jemanden mit dabei habe, der die Regeln kann, damit ich mich nicht mehr damit abmühen muss. DSA, Rolemaster, Splittermond und Konsorten? Alle längst raus aus dem Raster, alle längst zu komplex – oder zu kompliziert – geworden als das ich noch bereit bin, mich da durchzuquälen, für einen höchst fragwürdigen Mehrwert den ich nicht sehe.

II.) Keine Generika
Ein Punkt, der gerne aufgetragen wird wenn es um neue System geht ist „probiere doch GURPS / Savage Worlds / FATE Core / wasauchimmer, dann brauchst du dir nie wieder ein neues System anzuschauen!“. Öhm, danke, kein Bedarf. Ich weiß, es gibt Spielergruppen, die sind ganz froh wenn sie ein Regelsystem haben, mit dem sie alles bespielen können, aber ich bevorzuge es, wenn ich ich ein System zur Hand habe, welches auf das Genre oder gar auf das Setting zugeschnitten ist, welches ich gerade zu spielen bedenke – ich kann es nicht näher erklären als „Ich will, das mein Spiel sich wie diese Welt anfühlt“, und ich weiß nicht ob das Leuten, die nicht ich sind wirklich verständlich vorkommt. Mir geht es dabei nicht unbedingt um den Simulationsaspekt – da sind wir wieder bei meinem ersten Punkt – sondern darum, das sich Mittelerde nicht wie Star Trek anfühlt, und das erwarte ich auch, wenn ich in den entsprechenden Welten spiele.

III.) Traditionalist
Das ist ein Punkt, über den ich schon viel mit Shadom letztes Jahr diskutiert habe. Ich finde ja die ganze Indie-Bewegung ganz spannend, aber… wie ich schon bei FATE gemerkt habe bin ich eher ein Fan von „traditionellen“ Rollenspielen, bzw. sehe auch oft einfach nicht die angeblichen Probleme oder Fehler, welche Indie-Designs „beheben“ wollen. Ich werde zum Beispiel nie warm werden mit Spielen, welche ohne Spielleiter auskommen wollen. Vielleicht liegt das daran, das ich gerne der Spielleiter bin, während andere Gruppen oft jemanden dazu „verdonnern“. Auch die Erzählrechtproblematik, welche FATE beheben will – und das ist eigentlich das Einzige, was FATE in meinen Augen wirklich auszeichnet – kommt in meinen Gruppen eher selten vor, ich brauche also kein Rollenspiel, welches dieses Problem für mich „löst“. Und Engel ist so weit außerhalb meiner „comfort zone“ das ich ein Radioteleskop brauche, um es überhaupt noch von hier aus wahrzunehmen. Also, gebt mir ein klassisches Rollenspiel, mit klassischen Rollenverteilungen, und alles ist gut – und alles weitere verhandelbar.

IV.) Eine spannende Welt, nicht unbedingt ein spannendes System
Um ehrlich zu sein, mir ist System nicht so wichtig. Es sollte funktionieren, es sollte nicht zu komplex sein, es sollte mit deiner Welt verzahnt sein. So weit, so gut. Aber an dem Punkt, an dem ich mir wegen eines Regelsystems noch ein neues Spiel anschaffe – es sei denn, das System haut mich wirklich von den Socken – bin ich längst vorbei. Ich will spannende Welten erleben, und ich will das dein System mir das ermöglicht. Exalted funktioniert für mich, weil das System dazu da ist, mir zu ermöglichen, diese Welt darzustellen und zu bespielen. Eclipse Phase geht für mich, weil das System nicht im Weg steht, sondern nur im Hintergrund mitläuft. A Game of Thrones… ist ein Grenzfall, da finde ich tatsächlich das System spannender als die Welt – aber letzten Endes spiele ich auch nicht das Lied von Eis und Feuer, sondern greife doch wieder zu Pathfinder, weil ich das System kenne, und ich damit meine Welt bespielen kann (wenn ich sie nicht gerade niederbrenne). Wenn deine Welt spannend ist, aber dein System ist langweilig, dann ist das okay – zur Not kann ich das mit einem anderen System kompensieren. Wenn deine Welt langweilig ist, aber dein System ist richtig obermeganinjasupercool, dann werde ich es mir wahrscheinlich nicht angucken, aber vielleicht doch. Wenn dein Setting scheiße ist, und dein System auch… dann spielst du DSA, oder du spielst etwas, das ich am liebsten bei Mitternacht unter einer Kreuzung vergraben würde.

V.) Plug and play, not plug and pray
Ich mag es, komplexe und interessante Settings zu lesen, ich mag spannendes Spielmaterial als Lektüre. Aber das bringt mir alles nix, wenn ich niemanden dazu bringen kann, das Spiel mit mir zu spielen. So cool Eclipse Phase auch ist, ich werde es wahrscheinlich nie leiten können, denn dazu müssten sich alle Spieler auch das Regelbuch durchlesen. Nicht, wegen des Systems – System kann man zumindest in Grundzügen während des Spielens lernen – sondern wegen des Settings. D&D funktioniert, Warhammer funktioniert, die Welt der Dunkelheit funktioniert, Numenera scheint auch zu funktionieren. Warum? Weil die Spieler zumindest zu Kampagnenbeginn nicht all zu viel über das Setting wissen müssen, sondern das, was sie brauchen im Spiel erlernen können. DSA, Shadowrun, oder Exalted sind da schon aufwendiger, weil die Spieler da schon mehr Vorabinformationen brauchen, um vernünftig spielen zu können. Und alles was darüber hinausgeht ist einfach viel zu viel. Das ist auch ein Punkt, der in Diskussionen mit Caninus immer wieder aufgekommen ist – die wenigsten Spieler wollen wenn sie ein neues Spiel probieren gleich 200 Seiten Settingmaterial lesen, egal wie cool es ist.

Was heißt das jetzt für meine Suche? Nun, ich bin erst mal auf 13th Age gespannt, das habe ich bei der Verlosung bei Orkenspalter gewonnen. Vielleicht hilft mir das mit meiner Pathfinder-paralyse. Und das einzige „neue“ Rollenspiel das mich im Moment reizt – und wo ich es bedauere das ich beim Crowdfunding nicht mitgemacht habe – dürfte Numenera sein. Das hätte ich ja gerne auf der RatCon mal angespielt, aber zumindest am Samstag scheint es keine Runde gegeben zu haben, zumindest nicht in den Stunden in denen ich umher geirrt bin. Wenn jemanden etwas einfällt, ein Spiel das ich mir unbedingt mal ansehen sollte, dann würde ich mich sehr über einen entsprechenden Kommentar freuen.

8 Kommentare zu Was suche ich jetzt eigentlich?

  1. Hmmm … es gäbe da schon ein paar Sachen, von denen ich vermute, dass sie was für dich sein könnten.

    1) Die Spiele von Paradigm Concepts (Arcanis, Witch Hunter 2nd). Die Spielwelten haben jeweils genug „Fantasy“-Klischees und historische Referenzen, um zugänglich zu sein. Andererseits sind sie auch eigentümlich genug, um „aus der Masse“ hervorzustechen. Arcanis … mischt auf eigentümliche Weise römische Antike mit Spätmittelalter, eigenwilliger „High Fantasy“ und Sword & Sorcery. Witch Hunter 2nd … dreht sich um Geheimgesellschaften von (vielen religiösen) Monsterjägern, Mythologie, …
    Die Regelsysteme sind jeweils wohl nicht ohne Schwächen. Haben aber eine gewisse innere Kohärenz, sind auf die Settings angepasst, sind eher hausregelfreundlich und nicht zu kompliziert oder komplex.
    [Das sind jedenfalls meine flüchtigen Eindrücke. WH2 hab ich einmal gespielt. Über den Überraschungssieger der Orginis 2012, Arcanis, habe ich mich nur informiert.]

    2) Mutant: Year Zero. Das konnte ich leider noch nicht spielen. Ich hab es noch nicht einmal geschafft das Buch fertig zu lesen. Wobei das nicht dem Buch anzulasten ist, sondern der Tatsache, dass mein Interesse an PostapoKalypse bisher immer mal wieder aufflammt und dann wieder verglüht. Aber: Das Spiel hat einige ganz tolle Spielmechanismen und ein starkes (Sandbox-)Setting. Eine Kurzbeschreibung hab ich mal in meinem Blog versucht: http://zauber–ferne.blogspot.de/2015/02/karneval-wenn-der-zwolf-elf-die-13.html

    3) Dungeon Clawl Classics. Das Ding hat Optionen. Ist DIY-freundlich. Settingmäßig gibt es wenig komplett Ausgearbeitetes. Aber Lankhmar, Fantasy-Appalachen (Mountain Culture and Ghost Stories) => Chained Coffin Box, die Punjar-Sachen oder auch Purple Duck’s „Farie Tales from unlit shores“ bieten starke, innovative und DIY-ausbaufähige Setting-Skizzen mit Sword&Sorcery-Vibe, die einfach nur Spaß machen. Dazu kommt, dass die „normalen“ Abenteuer von Goodman Games häufig die Funktion erfüllen können, Brücken zwischen verschiedenen Settingskizzen zu schlagen.

  2. Ich will jetzt ja nicht sagen, das ich es dir nicht gleich gesagt habe…
    Aber hab ich es dir nicht gleich gesagt: Mach bei dem kickstarter mit
    Und auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen- schwach werden du wirst!

  3. Im Das-hab-ich-neu-Thread auf Tanelorn, hab ich ja schon gesehen, das du dir Dungeonslayers näher anschaust. Dungeonslayers erfüllt auf jeden Fall die genannten Kriterien. Das System bietet einen schnellen Zugang und viel Spielspaß, der auch über Bier und Brezel hinausgeht. Man kann wirklich viel mit der Slay-Engine machen.

  4. folgender Vorschlag ist ernst und aus Überzeugung gemeint:

    Schaue dir ARCANE CODEX an.
    1. Es hat die Klassen und Optionsvielfalt, die man von D&D oder auch Earthdawn kennt und fühlt sich wie eine Vermischung aus beidem an. Die Regeln sind auf die Spielwelt zugeschnitten, benötigen aber längst nicht so viele Regeln, die Seitenzahl täuscht da etwas, weil es gleichzeitig Settingband ist. Das Kompendium kannst du dir komplett sparen. Die Settingbücher sind dafür sehr gut.
    2. Das Grundsystem ist sehr solide (2W10 über DC). Es skaliert dafür aber nicht so gut (man kann also nur den menschlichen fantasy-Aktionsspektrum darstellen), diesen Fehler hat es aber mit dem überwiegenden Teil der RPG Landschaft gemeinsam und die meisten werden eh nicht wissen, was ich damit überhaupt meine.
    3. Man findet Spieler dafür!
    Die Welt ist extrem gonzo, dafür aber auch abwechslungsreich und extrem konfliktreich beschrieben. Es gibt tatsächlich eine Menge Aufhänger für Abenteuer.

    Nachteil:
    Es ist keine neue, heiße Sau, die durchs Dorf rennt, sondern man muss sich auf bestehendes einlassen können.

  5. @ Falk: Bei Arcane Codex muss man sich aber auch auf Verlag und ggf. Fans einlassen wollen.
    (An der Stelle würde z.B. ich das Spiel aussortieren.)

  6. Der Verlag spielt bei uns nicht mit am Tisch, da muss man sich auf gar nichts einlassen.
    Habe den Verlag im Forum erlebt, daher weiß ich, was du meinst.

  7. Was ist denn aus 13th Age geworden?

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