Staub zu Staub
Eine Abenteuerrezension von Infernal Teddy
Vor langer Zeit gab es ein kleines Rollenspiel, in dem man untote Blutsauger verkörperte. Die Rede ist natürlich von Vampire: the Masquerade. In der ersten und zweiten Edition gab es ein kleines „Basisszenario“ um neuen Spielern den Einstieg in das Spiel zu erleichtern. In beiden Editionen handelte es sich dabei um Gary, Indiana, einem „Vorort“ von Chicago, und dem Miniabenteuer Baptism of Fire. Fortgesetzt wurde das Szenario im Abenteuer Ashes to Ashes, dem Einstieg in etwas, das später als die Chicago Chonicles bezeichnet wurde. Warum ich euch mit alter Geschichte zutexte? Weil eben dieses Abenteuer im Zuge der Veröffentlichungen zum zwanzigjährigen Jubiläum eine Fortsetzung erfahren, Dust to Dust. Dieses Abenteuer war natürlich Teil des Crowdfundings zur deutschen Ausgabe der V20, und wurde auch als erstes an die Unterstützer verschickt, mit dem deutschen Titel Staub zu Staub. Schauen wir uns an, wie das Abenteuer geraten ist, bevor wir uns an das neue Grundregelwerk herantasten.
Staub zu Staub wurde uns freundlicherweise von Ulisses Spiele zur Verfügung gestellt, und ist 58 Seiten lang, 12,5 MB groß, und wie der Rest der V20-Veröffentlichungen auch komplett in Farbe. Das Layout orientiert sich, wie auch schon in der V20, an die 2nd Edition von Vampire: the Masquerade, und einiges vom Artwork wurde aus dem entsprechenden Anhang des Grundregelwerks der zweiten Auflage übernommen wo es angemessen erschien. Geschreiben wurde das Abenteuer für das „Storytelling Adventure System“ (SAS), welches White Wolf ursprünglich für seine Onlineveröffentlichungen für die neue Welt der Dunkelheit entwickelt hatte, mittlerweile aber für alle Spielreihen verwendet wird. Laut den Angaben auf der „Rückseite“ des Buchs enthält das Abenteuer neun Szenen, enthält sowohl körperliche als auch geistige und soziale Herausforderungen, und richtet sich an Charaktere im Bereich bis 35 Erfahrungspunkte – Anfängercharaktere also.
Das Abenteuer eröffnet mit einer Einleitung, welche dem geneigten Leser die Vorgeschichte von Staub zu Staub vorstellt, ebenso auch die wichtigsten NSCs – Kenntnisse vom Vorgänger, Ashes to Ashes, sind also nicht von Nöten, was sehr erfreulich ist, da dieses Abenteuer meines Wissens nach nie auf Deutsch erschienen ist. Die wichtigsten Charaktere sind Prinz Modius, ein Ventrue und langjähriger Rivale von Prinz Lodin von Chicago, und dem Anarchen Juggler. Diese beiden haben sich jahrelang befehdet, vor kurzem aber festgestellt das die Stadt um die sie sich streiten kurz davor steht, eine Geisterstadt zu werden. Diese beiden erbitterten Feinde haben sich zwar zusammengerauft um einen letzten Versuch zu machen, die Stadt vor dem endgültigen Verfall zu retten, haben aber nicht mit dem Besuch von Maria DiMatto gerechnet, einer Filmregisseurin, welche zufällig auch noch Mitglied des Clans Giovanni ist. Außerdem treibt sich ein Zombienekromant namens Lazlo Varga herum, der gefürchtete Vampirjäger Sullivan Dane ist nach wie vor in der Stadt, und die Urne voll Asche, die Varga kurz vor Beginn des Abenteuers eingesammelt hat, enthält die Überreste von Jean Lisle, einem Samedi welcher sich eigentlich nur mit Hilfe seiner Disziplin tot stellte. Die Einleitung geht noch kurz auf Stimmung und Thema des Abenteuers ein, und erklärt wie man Staub zu Staub nutzen kann, entweder als Abenteuer innerhalb einer laufenden Chronik, was vor allem dann zu empfehlen ist wenn man schon länger in der Region Chicago spielt, vielleicht sogar seine Chronik mit Baptism of Fire angefangen hat, oder als eigenständige, unabhängige Geschichte – vielleicht als Kampagnenaufhänger, vielleicht als one shot. Dazu bietet das Abenteuer außerdem einen Kasten, in dem präsentiert wird wie sich Staub zu Staub auf der Grand Masquerade 2011 vom offiziellen Demoteam spielte – ein netter Bonus. Ebenfalls Teil dieser Einleitung ist eine Zusammenfassung dessen, was aus den Chicago Chronicles auf jeden Fall für dieses Abenteuer als wahr angesehen wird, so das man diese Fakten nutzen kann, ohne Kenntnisse über das Setting haben zu müssen, und es werden die Motivationen der NSCs vorgestellt, die in diesem Abenteuer präsentiert werden, zusammen mit deren Werte und Beschreibungen (Am Ende des Bandes gibt es dazu außerdem ausgefüllte Charakterbögen). Abgerundet wird die Einleitung durch einen Abschnitt, in dem erklärt wird wie man eine neue oder eine bestehende Gruppe in das Szenario einbringen kann.
Zu Beginn des eigentlichen Abenteuers bekommen wir ein Flussdiagramm, auf dem gezeigt wird, wie denn die neun Szenen zusammengehören, welche dieses Abenteuer ausmachen. Dabei werden aller Wahrscheinlichkeit nach nicht alle Szenen zum Einsatz kommen, je nachdem wie die Charaktere agieren. Es wird auch empfohlen, den Leitfaden für das SAS-Format herunter zu laden. Dieser ist – auch wenn er im Abenteuer angekündigt wird – noch nicht auf Deutsch erhältlich, kann aber auf Englisch kostenlos von Drivethru heruntergeladen werden. Die erste Szene, Willkommen in Gary, bietet den Charakteren die Möglichkeit, diese heruntergekommene Stadt aus nächster Nähe kennen zu lernen – bei der Jagd. Dabei treffen sie außerdem auf die drei Vampire, deren Machenschaften das Szenario bestimmen werden. Die zweite Szene, Der Jäger, kommt nur vor wenn der Erzähler es so wünscht, und führt die Bedrohung durch den Vampirjäger Sullivan Dane ein. Wie sehr Dane eine Bedrohung für die Charaktere darstellt, oder ob er überhaupt in der Geschichte auftaucht, ist eine Entscheidung, die der Spielleiter selbst treffen sollte, aber falls die Spieler schon mal Erfahrungen in Gary gesammelt haben dürfte das eine interessante Szene werden. Die eigentliche Handlung wird dann fortgeführt mit der Szene Angebote – jeder der drei wichtigen Vampire, Juggler, Modius und Maria, wollen das die Charaktere etwas für sie erledigen. Ziel dieser Szene ist es, die Charaktere in die Machenschaften der Älteren einzubinden und zu Teil deren Pläne zu machen. Der Zombielauf ist die Szene in der dann Bewegung in die Handlung kommt. Maria veranstaltet ihren Zombielauf, und die Charaktere sind entweder als Zuschauer oder als Sicherheit für den Lauf vor Ort, als Varga die Urne des Samedi öffnet, und dessen Asche über die Menge verstreut, in der Hoffnung, eine Horde von Zombies zu schaffen. Mit welcher von vier Szenen es an dieser Stelle weitergeht hängt davon ab, wie die Spieler agieren – es könnte dazu führen das die Charaktere einen Samedi jagen, an einem nekromantischen Ritual zur „Ermordung“ des Geistes der Stadt teilnehmen, oder in eine Blutjagd gegen Juggler geraten. Die letzte Szene ist eine Art Epilog, und konfrontiert die Charaktere noch einmal mit Sullivan Dane (oder einem anderen Spielleitercharakter), und zwingt sie zu einer Reflexion über das Geschehene. Abgerundet wird das Abenteuer mit den Szenekarten, welche als Hilfe für den Spielleiter gedacht sind.
Fazit:
Reden wir nicht groß um den heißen Brei: dieses Abenteuer ist Mist. Die erste Hälfte von Staub zu Staub, die Einleitung, ist durchaus gelungen, und präsentiert eine Stadt aus der Sicht der Vampire, welche eigentlich nur noch darauf wartet das man die Lebenserhaltung abstellt. Es wurde schön anhand der realweltlichen Entwicklungen weitergesponnen, wie sich die Charaktere entwickelt hätten, die manche von uns noch aus ihren alten Grundregelwerken kennen, und darauf wurde dann ein Abenteuer drauf gesetzt. Schade nur, dass dieses Abenteuer so ein unzusammenhängender Haufen Mist ist, bei dem bis zum Ende nicht klar ist, was die Charaktere eigentlich so treiben sollen oder was das Ganze überhaupt mit ihnen zu tun hat. Klar, ein erfahrener Spielleiter könnte wahrscheinlich aus den Versatzstücken, die hier enthalten sind, ein vernünftiges Abenteuer stricken, aber ein solcher Spielleiter wird wahrscheinlich eher die Einleitung nehmen und damit was bauen, und den Rest ignorieren. Man kann hier natürlich Ulisses keine Vorwürfe machen, sie mussten ja mit dem arbeiten, was ihnen geboten wurde, aber es bewahrheitet sich leider erneut, dass die Weiße Wölfe bzw. deren Nachfolger keine Abenteuer schreiben könnten um ihr Leben zu retten. Falls ihr also nicht beim Crowdfunding mitgemacht habt und euch jetzt überlegt ob ihr dafür Geld ausgeben wollt: kauft euch dafür lieber einen neuen Satz Würfel, da habt ihr mehr davon.
Mit freundlicher Unterstützung in Form eines Rezensionsexemplars von der Ulisses-Spiele GmbH und dem F-Shop.
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