Opus Anima: Grundregelwerk
Ein etwas anderes Steam Punk RPG
Opus Anima. Selten war vor tatsächlichem Erscheinen des Grundregelwerks bereits so viel bekannt, wie bei diesem im Horror Steam-Punk anzuordnenden Rollenspiel. Das Grundregelwerk kommt von außen in einer schlichten schwarz/weiß Optik daher, die sich auch im Inneren des Buches durch hervorragende Bilder der Spielwelt ergänzt. Das Buch ist in drei große Teile eingeteilt worden, die zuerst die Welt, dann die eigentlichen Charaktere – tragische Helden trifft es wohl am ehesten – und zuletzt die Regeln zu allem.
Schon einige Tage vor Erscheinen hat eine besondere Art in einigen Teilen den Text zu setzten die Leser polarisiert. Was aber am Bildschirm als freies pdf noch sehr anstrengend zu lesen war, ist in gedruckter Form nur unterschwellig zu bemerken und vermittelt tatsächlich den leicht ’schrägen‘ Charakter der Beschreibungen.
Im folgenden sind die einzelnen Teil auch separat erläutert.
Vorspiel:
Dieser enthält eine grobe Übersicht über das Spiel und vor allem des Buches, welches man in Händen hält. Besonders praktisch ist direkt die erste Seite auf der beschrieben ist, wie das Spiel an sich läuft und was man würfeln muss um Proben zu bestehen – quasi eine Art MiniAnleitung, wenn man schon einen Charakter hat, oder einen vorgefertigten bekommt um auch direkt zu wissen was man würfeln muss.
Es wird allerdings erst erwähnt, dass etwas bei Seelenlosen anders ist und danach, dass man auch nicht seelenlose Charaktere spielen kann. An sich ist jedoch so eine kurze Übersicht wirklich nur von Vorteil.
________________________________________________
Erster Teil:
Dieser Teil umfasst die Welt an sich, sowie den Staat Schelfberg und die Stadt Baiyat-Sophia.
—– Erster Abschnitt:Hier wird die Welt aus Sicht der Bewohner, aber durchaus ‚wissenschaftlich‘ Beschrieben. Wie die einzelnen Schollen – die Welt ist in Schollen zersprungen – aufgebaut sind, das die Technik zurück auf die Dampfkraft gefallen ist, weil nach dem Auseinanderdriften der Schollen Elektrizität nicht mehr funktionierte. Das es quasi intelligente Dampftechnik Roboter gibt, die so etwas wie ein eigenes Bewusstsein besitzen und durchaus ungehalten reagieren können. Und natürlich einen großen Teil über den Äther. Der Stoff der zwischen den Schollen wie ein orangeroter Nebel schwebt, nachts leicht leuchtet und durchaus mit einer Art Weltraumozean zu vergleichen ist, in dem man aber atmen kann. Dieser wird von Ätherschiffen durchquert und da man im Äther zwar schwerelos ist, wird direkt eine Erklärung eingeführt, warum man auf den Schiffen nicht einfach davon treibt – da nämlich die Objekte im Äther sich gegenseitig relativ stark anziehen. Außerdem wird ein kurzer Einblick auf die verzerrte Welt (Nebeneffekte wenn ‚Magie‘ gewirkt wird) geliefert, der aber im Grunde bloß aus innerweltlichen Berichten über Begebenheiten mit dieser Nebenwelt besteht.
—– Zweiter Abschnitt: In diesem Abschnitt werden die fünf Rassen auf recht nüchterne Art und Weise alphabetisch erläutert. Die Abara sind ursprünglich von den Menschen gezüchtet worden um schwere Lasten zu tragen. Sie besitzen vier zusätzliche Gliedmaßen auf dem Rücken, die zwischen zwei und drei Metern lang sind und können diese wie zusätzliche Arme verwenden. Die Abara sind Haarlos, ansonsten äußerlich aber recht menschenähnlich gebaut. Nur ihr Geschlecht ist nicht auf den ersten Blick zu bestimmen. Sie leben in Familienverbänden und sind in der Regel sozial sehr interaktiv.
Die Brunad sehen aus wie eine Mischung aus Mensch und Insekt, da sie zwar einen menschlichen Oberkörper besitzen, aber ab den unteren Rippen das hintere Teil eines Insektes anschließt. Wobei Insekt nicht völlig korrekt ist, da die Anzahl Beine von zwei bis acht reichen kann. Sie entwickelten sich aus den Menschen durch Mutation auf einem entfernten Planeten. Auch diese Leben in Familienstrukturen.
Menschen sehen natürlich aus wie Menschen, sind aber kräftiger als in unserer Welt und werden auch etwa 20 Jahre älter als wir hier, ansonsten unterscheiden sie sich aber nicht von uns.
Die Sanherib sind die einzigen die nicht menschliche Vorfahren besitzen oder von ihnen kreiert wurden. Diese kleinwüchsige, an aufrecht gehende Echsen erinnernde Rasse stammt von einem Dschungelplaneten. Sie besitzen je nach Lebensraum einen Schwanz zum greifen (Baumbewohner) oder zum Schwimmen (Wasserbewohner) und leben wie auf ihrem Heimatplaneten in großen Familien und Clanstrukturen. Um Nachwuchs zu zeugen müssen sie jedoch ihre Eier in einem See ablegen.
Tel’Pathar sind aus einer Mischung aus einer außerirdischen, telepathisch veranlagten Lebensform mit den Menschen hervorgegangen und sehen äußerlich bis auf ihre individuelle Zeichnung der Haut aus wie Menschen. Sie können jedoch sehr viel mehr verschiedene Hautfarben und Haarfarben entwickeln und leben entweder in wandernden Gemeinschaften oder sesshaft in kleine Familien mit vielen Freunden.
—– Dritter Abschnitt: Der dritte Abschnitt befasst sich mit der Welt an sich. Zunächst wird auf die Historie eingegangen, die mit dem Auseinanderbrechen der Welt vor knapp 200 Jahren beginnt. Was genau passierte weiß niemand mehr, aber es war wohl ein feindliches Schiff, das für die Veränderung sorgte in der fast alles alte Wissen verloren ging und Elektrizität plötzlich nicht mehr funktionieren wollte.
Nach relativ kurzer Zeit riss ein Mensch (Falian) die Macht an sich und vereinte die Verlorenen unter einem Reich in dem er versucht das wieder aufzubauen, was verloren gegangen war. Zur eigentlichen Spielzeit ist sein Enkel an der Macht und das ehemals eine Reich nun ein Kaiserreich, dass nur noch die Sternstadt in der Mitte der obersten Scholle und einen weiteren kleinen Bereich umfasst. Zwar ist der Kaiser nach wie vor Oberhaupt aller und verbietet allen anderen Staaten – mit einer Ausnahme – eine eigene Streitmacht, aber die Staaten besitzen alle eigene Regierungen oder Staatsführungen.
In diesem Kapitel befindet sich außerdem ein kleiner Abschnitt über das Rechtssystem des Kaiserreiches in dem besonders viel wert auf Etikettebrüche gelegt und am Beispiel von zwei Straftaten das Strafmaß erläutert wird. Dann wird noch kurz auf die drei Stände des Kaiserreiches eingegangen – den Adel, die Bourgeoisie und die Bürger – und die weniger privilegierten ebenfalls erläutert. Zu guter letzt folgt ein Überblick über das gängige Glaubenssystem der Schollen, Corona Homini, die den Menschen über alles stellt, sowie über die Tiere auf den Schollen (allerdings bloß ein Absatz), Sport und Tourismus, Schreiben und Kommunikation. Als letztes werden noch kurz die Mechanischen Wunderwerke der Mechanimatik und die Mechandros (Roboter) vorgestellt.
—– Der vierte Abschnitt erläutert dem Leser einen der Staaten – Schelfberg. Dieser ist aus einem Verbund von Universitäten aus dem Staat Ryont entstanden. Wissenserwerb und -vermittlung werden hier sehr groß geschrieben, ja man wird erst dann Schelfberger, wenn man einen Abschluss an einer der Universitäten besitzt, so dass sich hier eine zweiklassen Gesellschaft gebildet hat – die mit Bildung und Abschluss und jene die zwar dort geboren werden, aber aufgrund ihrer fehlenden geistigen Fähigkeiten – auf die Universitäten wird nur aufgenommen, wer auch wirklich fähig ist oder genug Geld hat ohne Stipendium auszukommen – nicht auf einer der Universitäten aufgenommen werden und Zeit ihrer Lebens keine wirklichen Schelfberger mit Rechten sein werden.
Das Schelfberger Leben ist sehr auf die vielen Studenten ausgerichtet. Dementsprechend fehlt es nicht an seltsamen Moden und rauchigen Teesalons in denen heiß diskutiert wird. Es folgt eine Beschreibung einzelner Städte Schelfbergs und ihrer Ziele, so wie ein kurzer Abschnitt über die Grenzlande zum Staat Ryont.
Dann wird der Fokus direkt auf die große Stadt am Rand der Scholle gerichtet. Baiyat-Sophia. Die Stadt wurde während die Welt in Schollen zerbrach in ihrer Mitte gespalten und besitzt nun einen recht großen Hafen für Ätherschiffe. Die Stadt teilt sich in 15 verschiedene Bezirke auf, von der Arbeiterbehausung im Westen und Süden bis zu den reichen Gebieten im Nordosten und natürlich dem Universitätsgelände ist alles vorhanden, was man in einer Steampunk Stadt erwarten würde. Die Bereiche sind jeweils mit einigen Worten beschreiben und auf daneben liegenden Karten eingezeichnet. Danach folgt noch ein kurzer Teil über wichtige Persönlichkeiten der Stadt, wie etwa des Dekans, aber auch einfacher Leute wie Händlern oder Studenten.
Kapitel Fazit: Die Einführung in die Welt ist sehr gute, da alles relativ logisch eingeführt wird. Es gibt keine unnützen Informationen für jene, die nichts mit der verzerrten Welt, also jener Welt in der die Seelenlosen sich herumtreiben, zu tun haben.
—– Für jede Rasse wird ein recht genauer Überblick über den Körperbau, die Entwicklung und das Sozialverhalten gegeben, etwa wie man es bei einem Laien Biologiebuch erwarten würde. Zwar wird auch bei jeder Rasse das Paarungsverhalten genannt, allerdings steht bei vier von fünfen, dass es wie beim Menschen ist und somit hätte man auch auf diese Information verzichten und lediglich bei den Sanherib ihren Entwicklungszyklus samt Paarung beschreiben können.
Merkwürdig ist außerdem, dass jede der fünf Rassen Wert auf großen Familienzusammenhalt legt, sei es nun im Großen oder im Kleinen. Wirkliche Einzelgängerrassen scheint es nicht zu geben, was letztlich die Situation für einen Seelenlosen Charakter, der aus dieser Umgebung herausgerissen wird ungemein erschweren muss – ist aber vermutlich gewollt so.
—– Leider fehlt dem Abschnitt über die Staaten ein wenig Informationsgehalt bezüglich ihrer Unterschieden zum Kaiserreich. Es wird zwar zu jedem Staat etwas gesagt, aber ausführlich ist es leider nicht und da nur das Kaiserliche Rechtsystem beschrieben wird, auf der anderen Seite aber recht deutlich gesagt wird, dass einige Staaten nur noch recht lose ‚dazu‘ gehören, fehlt es an Informationen wie den diese zum Beispiel anders sind. Eine kleine Übersichtstabelle mit Regierungsform, grobem Rechtssystem, Ständesystem usw. hätte da nicht geschadet. Ebenfalls nicht geschadet hätte wenigstens eine kurze Erwähnung der Etikettebrüche, die begangen werden können, wenn schon andauernd darauf hingewiesen wird, dass alle darauf achten. So muss man sich als Spielleiter alles selbst zu Recht machen. Die Beschreibung über die Tiere ist im Grunde überflüssig, da bloß Namen genannt werden, aber ansonsten nichts Wichtiges.
—– Schelfberg mutet in seiner Beschreibung etwas seltsam an, hat man noch im Kopf, dass im Kaiserreich ja ein 3 Stände System herrscht, so sind es hier nur noch zwei, die Bildungselite und der Rest. Und dieser Rest ist im Grunde die eigentliche Arbeiterklasse, welche für die ‚gebildeten‘ die dreckige Arbeit macht. Nun fragt man sich als Leser ein wenig, warum denn diese Leute, die ja durchaus fähige Handwerker sein können und nur nicht das Geld hatten zu studieren, überhaupt da bleiben und nicht einfach woanders nach Arbeit suchen. Eigentlich bleibt da nur die Möglichkeit, dass es jenen woanders noch viel schlechter gehen müsste, damit sie da bleiben oder dass es auch Universitäten für Handwerkerberufe geben muss. Ein Satz dazu hätte jedoch im Abschnitt nicht geschadet. Die Beschreibungen der einzelnen Städte sind wiederum arg kurz, aber da das Buch ja darauf ausgelegt ist in einer bestimmten Stadt zu spielen, reichen diese Angaben.
—– Die Beschreibung der Stadt vermittelt ein äußerst vitales Bild vor dem inneren Auge, bei dem man durch die einzelnen Stadtgebiete zieht und sich die Häuser und Menschen in den Straßen beschaut. Auch die später herausgegriffenen Menschen, jeweils mit kurzen Charakterisierungen lassen das ganze noch lebendiger werden.
________________________________________________
Zweiter Teil:
Dieser Teil umfasst die Welt der Seelenlosen, die zwar im Grunde jene darstellen, die von den Spielern verkörpert werden sollen, aber da man Opus Anima auch völlig ohne erleben kann, ist es extra gestellt.
—– Zunächst wird auf die Natur der Seelenlosen eingegangen. Seelenlose entstehen wenn ein so genannter Seelenräuber einem Individuum die Seele entreißt, dieser aber nicht stirbt, sondern von einem der Zeitlosen (die „Götter“ der Welt) genug Energie zugeteilt bekommt um zunächst weiter zu leben. Durch diese Lebensrettende Maßnahme geht ein Teil des Zeitlosen auf den Seelenlosen, den so genannten Maata, über und verleiht ihm die Möglichkeit die Energien der Welt zu manipulieren. Ebenso wird aber auch ein Nachteil, der Makel übertragen, den jeden Maata als einem Zeitlosen zugehörig zeichnet.
Diese Nachteile wirken sich recht stark auf das weitere Leben aus und damit die Seelenlosen nicht daran zerbrechen haben die Zeitlosen ihnen Richtlinien an die Hand gegeben mit denen sie den Makel ertragen können. Die Maata nennen diese Wege. Der Makel verleiht den Seelenlosen die so genannte wahre Gestalt, die andere Seelenlose normalerweise direkt sehen können, normale Menschen jedoch nicht. Fühlt sich ein Maata seinem Zeitlosen besonders verbunden, kann er zu seinem Avatar aufsteigen. Diese Avatare koordinieren die Maata ihres Zeitlosen und besitzen idR mehr Mächte, aber auch größere Einschränkungen durch den Makel. Maata leben und agieren in Zirkeln zusammen, kämpfen gegen die Seelenräuber und suchen nach Stücken von ihrer Seele.
—– Zweiter Abschnitt: Die Verzerrung ist Bestandteil dieses einseitigen Abschnittes, der lediglich erklärt welche Grade von Verzerrung existieren.
—– Dritter Abschnitt: Dieser Abschnitt handelt kurz vom Schelfberg der Maata und deutlich länger der Aufteilung Baiyat-Sophias unter den sieben verschiedenen Wegen und enthält Beschreibungen über die Organisation des jeweiligen Gebietes, des Refugium des Avatars und die Verzerrung, die Hauptsächlich in diesem Gebiet vorherrscht. Ein Relativ großer Teil der Stadt „gehört“ jedoch keinem der Anwesenden Avatare, sondern einem der zahlreichen Feinde. Einem Lavathor, der irgendwo unterhalb der Stadt in einer Halle voller Seelen sitzt und seine Schergen – körperlose Sammler, Kreaturen oder eigene Seelenlose – losschickt um weitere Seelen zu sammeln oder die Maata weiter zurück zu drängen.
—– Vierter Abschnitt: Hier sind detaillierten Beschreibungen der sieben Wege zu finden. Aufgeführt sind unter anderem die genaue Auswirkung des Makels, die Art wie die Seelensplitter (also Überreste der eigenen Seele, die kurz vor ihrem Vergehen lautstark auf sich aufmerksam machen um eingesammelt zu werden) nach den Maata rufen, die Art der Verzerrung, die auftritt, wenn die Energien manipuliert werden und Unterorganisationen, sowie wichtige Mitglieder des Weges. Die einzelnen Wege sind folgende:
Der Ausgeweidete, der seine gesammten Innereien verloren hat und Angst hat auch andere Menschen zu verlieren. Der Blinde, der sein Augenlicht verloren hat, aber bei Dunkelheit noch wunderbar sehen kann. Der Gescheiterte, der einfach in allen Dingen scheitern muss und nur wenn es wirklich wichtig ist Erfolge erzielt, aber dennoch versuchen muss anderen zu helfen. Der Tote, der… nun ja tot ist. Nicht mehr lebt. Und auch nicht wirklich direkt sterben kann. Der Unwissende, der sich selbst immer aufs Neue vergisst, und daher alles aufschreiben muss. Der Verlorene, der sich selbst verloren hat und nur durch Nachahmen anderer Persönlichkeiten existieren kann und letztlich der Versehrte, der nicht ruhen kann, da er sonst grässliche Wunden erleiden muss, aber durch seine Rastlosigkeit zu großen Leistungen in der Lage ist.
Kapitel Fazit: Die Seelenlosen sind ein recht interessantes Konzept, da sie den Spieler dazu bringen einen Charakter mit geliehenem Leben zu spielen, der aber selber für seine Seele kämpfen und diese theoretisch auch zurückgewinnen kann. Und obwohl es dem einen oder anderen als starke Abhängigkeit vorkommen mag, dass ein Gott für das Geschenk des Weiterlebens auch gerne etwas zurückerhalten möchte, bietet es doch einen unheimlich guten Ansatz um die Charaktere in ein Abenteuer einzubringen. Und wohl einmalig ist die Idee, wie die Charaktere untereinander verknüpft sind, auf das man selbst die vom Konzept her größten Streithähne ohne Probleme in einer Gruppe unterbringen kann: Durch das Entreißen der Seele gehen immer Splitter verloren und diese könne sich in Menschen oder Gegenständen ansammeln. Wird nun einem Menschen mit fremdem Splitter (der durchaus auch Auswirkungen hat) ebenfalls die Seele geraubt und treffen sich genau solche Personen wieder, so erkennen sich diese Unterbewusst und sind sich direkt sympathisch.
—– Die Verzerrungsbeispiele hingegen bringen zum ersten Mal etwas leicht obskures in das Setting hinein – sieht man mal davon ab das man Charaktere spielt, die mit Seele auf Pump leben.
—– Die Aufteilung der Stadt zwischen den verschiedenen Fraktionen eröffnet dem Leser einen neuen Blick auf die schon bekannte Stadt, der gänzlich anders wirkt. Waren die Stadtteile im vorherigen Teil noch dreckig bis pittoresque, so werden sie durch die Seelenlosen in manchen Bereichen bis zur Unkenntlichkeit verzerrt. Einige der Beschreibungen (zum Beispiel das Wände sich mit Adern überziehen oder Regenrinnen große Adern werden) erinnern an Spiele wie Silent Hill, und zeigen dem Leser nun endgültig, dass es ein Horror Setting ist. Gerade für die Schaffung einer Geschichte für die Charaktere ist dieses Kapitel hervorragend, da es durch die vielen Fraktionen, die selbst unter demselben Weg vereint sind, jede Menge Möglichkeiten gibt um ein Abenteuer zu schaffen.
—– Die Wege sind einerseits recht interessant, bieten aber auf der anderen Seite recht wenige Entwicklungsmöglichkeiten, da die Makel sehr einschränkend sein können. Wenn man ganz grob ist, könnte man sagen, dass die Wege so etwas wie Klassen sind, und die Charaktere damit in verschiedene Gebrauchsguppen eingeteilt werden, wie etwa der Krieger (Versehrter), sozialer (Verlorener) oder Wissenshüter (Unwissender). Einige lassen sich da allerdings deutlich schlechter kategorisieren, so dass man letztlich im Spiel sehen muss für welche Aufgaben der Charakter mehr taugt. Ein wenig irritierend ist, dass hier nur Beschreibungen vorhanden sind und man wenn man die eigentlichen Regeln oder auch die Makelausprägungen lesen möchte, in den dritte Teil blättern muss.
________________________________________________
Dritter Teil:
Es folgt der letzte Abschnitt des Buches, der eine Erläuterung der Regeln beinhaltet.
—– Erster Abschnitt: Dieser beschreibt kurz was ein Rollenspiel überhaupt ist, welche Aufgabe ein Spielleiter besitzt und wie man das Übernatürliche am besten einbauen kann. Es werden Tipps für den Spielleiter gegeben und auch auf verschiedene Situationen eingegangen.
—– Zweiter Abschnitt: Der zweite Abschnitt befasst sich mit den Regeln für die Gegner der Maata (und unter Umständen natürlich auch von normalen Bewohnern). Da auch einige Menschen auf die seltsamen Verzerrungen aufmerksam geworden sind, müssen sich die Maata nicht nur vor den Seelenräubern und ihren Lakaien hüten, sondern auch vor jenen Wissenschaftlern, die die Verzerrung zu ergründen suchen, oder die Energien für sich selbst nutzen wollen.
Es folgt eine längere Beschreibung der eigentlichen Antagonisten der Charaktere, wie diese entstanden sind (mal wieder der Gott wird böse Sache) und welche Kräfte sie besitzen. Ein besonderes Augenmerk wird hierbei auf den Lavathor Ki’mer und seinen Stadtteil gelegt, der unterhalb von Baiyat-Sophia haust und von dort seine Schergen ausschickt um die ganze Stadt für sich zu gewinnen.
—– Dritter Abschnitt: Zunächst wird auf die Art der Proben eingegangen, die man mit Splittern (Objekten, die mit einer festen Wahrscheinlichkeit zwei Ereignisse zeigen, wie zum Beispiel eine Münze oder ein W6 mit Aufteilung in gerade und ungrade) entscheidet. Es werden immer so viele Splitter geworfen, wie Attribut und Talent als Summe zeigen. Dann folgt eine Übersicht über die Attribute und die Fertigkeiten, die man als Charakter besitzen kann, jeweils mit Beispielen, aber auch der Angabe, dass man eigene Fertigkeiten aufschreiben kann. Die Fertigkeiten werden in Intuitive (die man immer anwenden kann) und Komplexe (die man nur anwenden kann, wenn man sie gelernt hat) unterschieden. Im Kampfsystem werden die einzelnen Aktionen nicht per Würfelwurf entschieden, sondern zu Beginn einer Kampfrunde einmal alle zur Verfügung stehenden Würfel für den Kampf geworfen und dann die Erfolge verdeckt auf Initiative, Attacke und Parade verteilt. Derjenige mit der höchsten Initiative darf beginnen und sagt seinen Angriffswert für diese Runde an. Ist der Paradewert des Angegriffenen niedriger, so erleidet er Schaden, ist er höher, so hat er erfolgreich pariert.
Es folgt dann eine Liste mit bestimmten Fertigkeiten, die bei einem Kampf angewendet werden können und wie viel Zeit diese benötigen, sowie eine detaillierte Beschreibung des Kampfes mit Fernkampfwaffen und mit Fahrzeugen (wie etwa Luftschiffen). Dann folgt noch eine zweiseitige Beschreibung wie man soziale Duelle mittels diesem System ebenfalls auswürfeln kann, sollte man nicht die Zeit oder Muße (oder Spielerfähigkeiten) haben, das auszuspielen.
—– Vierter Abschnitt: Danach folgen die Maataregeln, also jene Besonderheiten, die für Seelenlose existieren. Zunächst werden die Grundkonzepte (Seelensplitter, Energiepunkte, Wahre Gestalt und Opfer erbringen) erläutert und dann wird noch ein bisschen auf die regeltechnische Seite der Verzerrung eingegangen. Dann folgen jene Erklärungen, die für jeden Weg unterschiedlich sind, jeweils unter dem jeweiligen Weg zusammengefasst. Welche Techniken erlernt werden können, wie sich der Makel und die Zeichen des Avatars auswirken, ein kurzer Hinweis zur Charaktererschaffung und welche Opfer für diesen Weg erbracht werden können.
Danach werden dann die Kräfte erläutert, die sich in allgemeine und spezifische, die nicht von allen Wegen erlernt werden können, unterteilen. Kurz wird dann noch auf spezielle Gegenstände, wie das Kai (eine gebundene Waffe) und Imio (ein Schild), sowie für einige Wege spezielle Objekte eingegangen.
—– Fünfter Abschnitt: Die Charaktererschaffung wird in acht Schritte unterteilt, die man durchgehen sollte um einen Charakter fürs Spiel zu entwickeln. Zunächst sollte sich der Spieler für eine Spezies entscheiden und Hintergründe und Weg (sollte er einen Seelenlosen spielen) wählen und dann wie bei vielen anderen System bestimmte Wertemengen auf die Attribute und Fertigkeiten per Steigerung verteilen. Einige Hintergründe jedoch sind für den Spieler sehr frei wählbar. Der soziale Hintergrund oder auch das Vermögen des Charakters kann frei bestimmt werden, sollte aber mit dem Rest der Gruppe abgestimmt werden.
—– Sechster Abschnitt: Der Ahnhang enthält neben Gegenstandslisten, Glossar und einige Karten zur Welt, Schelfberg und Baiyat-Sophia, auch eine Zeitleiste und grobe Zusammenfassungen der Kräfte und Opfer der Seelenlosen sowie nochmals eine Kurzübersicht der Charaktererschaffung und einen Charakterbogen.
Kapitel Fazit: Die Tipps fürs Rollenspiel im allgemeinen sind gerade für Anfänger äußerst praktisch, da sie nicht nur auf das Finden der richtigen Gruppe eingehen, sondern auch auf Tricks die man als Spielleiter durchführen kann und explizit darauf, wie man in Opus Anima eigene Geschichten erzählen kann.
—– Mit den Bizzarromaten, jenen Menschen, die der Verzerrung auf den Grund gehen wollen, hat man als Spielleiter so etwas wie Jäger an der Hand, die nur durch ihre Technik in der Lage sind den Charakteren gefährlich zu werden, an sich aber normale Menschen mit durchaus guten Absichten sein können. Hierbei wird das doch sehr starke schwarz/weiß der Welt der Maata durchbrochen und bietet eine gute Möglichkeit Grauschattierungen einfließen zu lassen. Die eigentliche Erklärung der Zeitlosen wirkt recht ordinär im Vergleich zum Rest des Buches, da es die im Rollenspiel recht häufig auftretende Form des ‚Erschaffer der Welt wird böse‘ beinhaltet. Und gegen diesen zogen dann die übrigen in den Krieg und opferten sich selbst auf um ihn gefangen zu halten. Dadurch erhielten sie ihre Makel und geben diese seitdem an ihre ‚Kinder‘ weiter. Hätte man sich sicherlich etwas ausgefalleneres ausdenken können, für das reine Spielerlebnis ist es jedoch genauso tauglich, wie vieles andere.
—– Die Attribute und Fertigkeiten sind an sich nichts neues, aber natürlich noch immer eine praktische Möglichkeit um einen Charakter auf vergleichbare Werte zu reduzieren. Angenehm ist, dass das Buch einem nicht vorschreibt welche Fertigkeiten es geben muss, sondern man sich eben selbst welche ausdenken kann, aber auch genug Beispielfertigkeiten nennt, so dass alszu kreativlose auch eine Charakter zusammen bekommen.
Das System um einen Kampf zu regeln mahnt zunächst sehr merkwürdig an, wenn man gewohnt ist den Wurf der Attacke und der Parade auszuwürfeln und nicht zu Beginn einer Runde alles von Hand zu verteilen. So ist es aber Möglich deutlich mehr auf die gegebene Situation einzugehen. Auch die Option soziale Interaktion durch Würfelei zu lösen stößt vermutlich zunächst auf einige skeptische Blicke, bietet aber gerade durch die Optionalität die Möglichkeit, dass jene Gruppen, die mehr Wert auf Action legen wollen, trotzdem soziale Interaktionen, die zum Charakterleben nun einmal dazu gehören, auszuspielen.
—– Beim Überblick über die Regeln für die Seelenlosen fällt zunächst auf, dass die Makel mit abnehmender Stufe nicht etwa immer weniger oder leichter werden, sondern sich verändern und zum Teil einfach andere Einbußen mit sich bringen. Vergleicht man dann noch die Makel verschiedener Wege untereinander fällt zumindest beim Lesen ein gewisses Ungleichgewicht zwischen den Wegen auf, das aber möglicherweise im Spiel selbst nicht mehr vorhanden sein muss.
—– Die Charaktererschaffung legt sehr viel Wert sowohl auf Charakterkonsistenz (und schiebt dieser auch durch unpassende Kostenkombinationen kaum eine Riegel vor) als auch auf Konsistenz innerhalb der Gruppe. So dass sich im Grunde die Spieler vor Charaktererschaffung absprechen müssen, wer welchen ‚Bereich‘ versorgen möchte. Hierdurch hat man jedoch als Spieler und Spielleiter deutlich weniger Schwierigkeiten, sowohl die Charaktere ins Geschehen zu bringen, als auch die Gruppe überhaupt zusammen. Sicherlich sollte man das normalerweise immer machen, aber nur wenige Spiele weisen so explizit und häufig darauf hin.
—– Der Anhang ist äußerst praktisch, wenn man einmal nur kurz etwas nachschlagen will, aber sich nicht durch das Buch blättern möchte, wenngleich auch der Index duchaus geeignet ist um Sachen zu finden.
________________________________________________
Gesamt-Fazit:
Opus Anima ist auf jeden Fall all jenen zu empfehlen, die gerne leicht schräge Horror Rollenspiele spielen. Aber auch wenn man nicht so sehr auf diesen Aspekt wert legt, kann man mit dem Hintergrund (dann einfach ohne Seelenlose) mit Sicherheit spannende Abenteuer in einer Steam Punk Welt erleben.
Gerade weil das Regelwerk nach wie vor auch einfach als pdf zu erhalten ist, besteht für eventuell Interessierte immer die Möglichkeit sich das Buch selbst zunächst einmal anzusehen, wenn gleich es am Bildschirm nicht so gut zu lesen ist, wie in gebundener Form.
Ich erwarte auf jeden Fall gespannt die kommenden Werke, die hoffentlich noch jene Lücken schließen, die das Regelwerk offen lässt.
4/5 Sternen
Kommentar hinterlassen