Nebenan
.. in Köln
Eigentlich wollten sie bloß ein Fest zu Ehren von Herne, dem Gott der Jagd, mit ihrer Truppe zelebrieren, aber auf Grund gewisser Schwierigkeiten sich den Text zu merken, gerät die Sache leicht außer Kontrolle, als sie dabei – ungesehen von allen außer der mit Drogen berauschten Schamanin – ein Tor nach Nebenan öffnen, durch das drei Dunkle in unsere Welt gelangen.
Sie, dass sind : Till, Student der Geschichtswissenschaften und einziger der vielleicht sein Studium abschließen könnte, Rolf, der einen Rollenspielladen führt, Martin, der zunächst Außenseiter war, dann aber schnell vollwertiges Mitglied wurde, Almat, der ‘Leiter’ der Rituale und Gabriela, die am liebsten die Morrigan wäre – die alle zusammen in einem Haus, der Villa Alesia, in Köln wohnen – und dort auch schon des Öfteren wegen ihrer Freizeitgestaltung in Polizeikonflikt, Stichwort: Kampfeslärm durch Schwertkampf, kamen – und Anführer einer größeren Gruppe Fantasy, Mittelalter und Reenactment-begeisterte. In letzter Zeit ist jedoch irgendwie die Luft ein bisschen raus und der Ernst des Lebens ohne viel Fantasie schleicht sich so langsam in das Haus.
Nebenan, dass ist eine Paralellwelt zu unserer, die nur über spezielle Tore erreicht werden kann und in der ewiges Spätmittelalter herrscht. Und in die zudem vor vielen Jahren all jene Bösen verbannt wurden, deren habhaft geworden werden konnte, wie die Lorelei oder der Drache vom Drachenfels.
Die drei entkommenen Bösewichte sind der Erlkönig – ja genau, der aus dem Gedicht – ein resoluter Ökoterrorist, der Graf Cagliostro, welcher in einem vergangenen Jahrhundert von der Inquisition wegen faulem Zauber eingesperrt wurde und dann nach Nebenan gelangte, und sein treuer Diener Baldur, ein Werwolf.
Glücklicherweise bleibt das Entkommen der drei, die sich mit Hilfe der Schamanin der Gruppe zunächst absetzten, nicht unbeobachtet. Denn es gibt Wächter der Tore auf unserer Seite – die Heinzelmänner – ja es gibt auch Heinzelfrauen – Technikbegeisterte kleine Zwerge, die gerne den Studenten in den Vorlesungen an der Universität zusehen, angeführt von einem alten Heinzelmann, der viel zu oft den Paten gesehen hat und gerne den vierten Teil drehen möchte. Da allerdings die Heinzelmänner keine Schuld am Wechseln der Bösen in unsere Welt tragen, ziehen sie jene zur Verantwortung, die es schuld sind: Die Bewohner der Villa Alesia, die zunächst nicht wahrhaben wollen, dass jene Dinge, die bisher in ihren Rollenspielrunden abgelaufen sind, tatsächlich existieren und man bloß genug Drogen genommen haben muss, um all die Wesen zu sehen, an die man sonst nicht glauben möchte.
Nachdem sich die Heinzelmännchen mit einer Spezialeingreiftruppe aus Schweden (Trollen) entsprechend Respekt verschafft haben, bereitet sich die Gruppe darauf vor nach Nebenan zu wechseln um dort eine Verschwörung der Dunklen aufzusuchen und zu bespitzeln, verkleidet als Chuchulain und Freunde.
Derweilen ist das Eingreifen der drei Dunklen in unserer Welt – der Erlkönig versucht etwas für die Umwelt und gegen den Kölner Tagebau zu unternehmen, nicht unbemerkt geblieben und einige Polizisten – von denen eine ganz sicher ist, es mit einem Predator zu tun zu haben – und ein Inquisitor aus Rom nehmen sich der Sache an.
Fazit:
Ich habe das Buch damals in einer Rollenspielzeitschrift als Rezension entdeckt um mir direkt zugelegt und inzwischen bestimmt viermal gelesen. Hennen schafft es eine völlig normale Gruppe Rollenspieler – ob man da von normal sprechen kann ist natürlich Ansichtssache – in eine im Grunde rein fantastische Welt zu werfen. Durch die völlige Absurdität des Buches – wenn zum Beispiel eine Dryade, die in einen Menschen verliebt ist, von einem Heinzelmännchen geliebt wird, der eifersüchtig auf den Menschen ist, oder wenn der Werwolf bei einer Zahnbehandlung den teuersten Zahnarzt von ganz Köln zwickt und dieser plötzlich im Tierheim erwacht, oder wenn Cagliostro versucht in einem Käfer durch die Dompforte zu fahren und sich darüber ein brennendes Zeichen bildet, dass Böse keinen Zutritt haben – bringt einen mehrmals an den Rande eines Lachkrampfes und wirkt doch nicht übertrieben und albern.
Die Welt Nebenan ist im Buch nur leicht skizziert und lässt viel Platz für eigene Fantasie und eigene Möglichkeiten und man könnte fast den Eindruck bekommen, dass man damit ziemlich gut eine eigene Rollenspielwelt auf die Beine stellen könnte – immerhin hat Hennen damit ja Erfahrung.
Die Geschichte ist trotz der im Grunde vielen Charaktere – für die es natürlich ein eigenes Verzeichnis gibt, dass ebenfalls schon mit Humor auf sich aufmerksam macht – in sich logisch und sehr gut nachvollziehbar, aber trotzdem nicht vorhersehbar.
Alles in allem ist es für jeden zu empfehlen, der gerne wieder ein bisschen Fantasy in sein Leben bringen will, auf das nicht alles verloren geht, woran man so als Kind geglaubt hat. Das Buch erhält von mir 5/5 Sternen.
Kommentar hinterlassen