Mephisto 50
Magazinrezension
Wenn es um Rollenspielmagazine in Deutschland geht, führt kein Weg an der Mephisto vorbei. Mitte der Neunziger als Magazin für düstere Rollenspiele auf den Markt losgelassen, entwickelte sich die Zeitschrift immer mehr zu einer allgemeinen Fachzeitschrift für unser Hobby. Immer mehr neue Spiele und Themen wurden in das Konzept aufgenommen, während Tabletops als Thema so gewichtig wurden, dass daraus eine eigene Zeitschrift wurde, die Tabletop Insider. Jetzt liegt mir die Jubiläumsausgabe vor, die große Nummer 50. Ich habe bekanntermaßen gewisse Vorstellungen davon, was eine Rollenspielzeitschrift zu sein hat. Jetzt stellt sich nur die Frage, ob die Mephisto diesen Vorstellungen entspricht.
Wir haben hier eine 82-Seiten Zeitschrift mit Klebebindung und Hochglanzcover vorliegen, zusätzlich eine 16-Seiten Beilage. Das Cover kann vorne und hinten ausgeklappt werden. Vorne findet sich eine große Anzeige für das Berlin-Quellenbuch für Shadowrun, hinten ein „Pin-Up“ mit Interview mit der Sagengestalt Medusa. Innen ist das Heft zur Hälfte in Farbe, zur Hälfte in Schwarz-Weiß. Schreiten wir zum inhaltlichen.
Nach dem üblichen BlaBla des Editorials und der Inhalts- und Bedeutungslosigkeit der Kolumne „Wortgemetzel“ (witzig isses ja… manchmal) stehen uns erstmal die Neuheiten bevor: vier Seiten Rollenspiele aus deutschen Landen (eine halbe Seite davon geht an einen „Cthulhu-Werkstattbericht), drei Seiten Brettspiele, vier Seiten Bücher und Comics, und fünf Seiten Computer- und Videospiele (davon zwei über Final Fantasy Online, und eine über ein neues Spiel mit Lara Croft). Danach kommen auch schon die (legitime) Selbstbeweihräucherung zum 50. Heft, ein Überblick über die letzten zehn Ausgaben und eine Zusammenfassung von Künstlern, welche die Mephisto mitgeprägt haben. Danach kommt das erste von zwei Interviews, zwei Seiten mit Corvus Corax, gefolgt von einem Szenario für das Brettspiel Arkham Horror.
Wer sich gefragt hat wo denn bitte die Rollenspielartikel bleiben wird danach fündig werden: mit einem Artikel über neue Kampfschulen für Arcane Codex, einem Kampagnenaufhänger für Shadowrun (wer sich noch an die Artikel um den Konzernkrieg in der WuWe erinnern kann, weiß was er sich vorstellen sollte), einem kurzem Abenteuer für DSA, einem Minisetting für Degenesis, zwei Seiten zum Thema Runen im Rollenspiel, zwei Seiten darüber wie ein Spieler als Chronist einer Gruppe das Leben leichter machen kann und ein neues Monster für das Spherechild-Rollenspiel. Danach haben wir drei Seiten Interview mit zwei deutschen Autoren namens Jens Lossau und Jens Schumacher, und sechzehn Seiten Rezensionen zu Rollenspielen, Brettspielen, Computerspielen, Romanen, Hörbüchern, und Comics.
Die Beilage, ein Abenteuer zu Shadowrun als Tie-in mit dem neuen Berlin-Quellenbuch, macht einen soliden Eindruck.
Fazit:
Also, wie gesagt, ich habe Vorstellungen davon wie eine Rollenspielzeitschrift auszusehen hat. NICHT wie die aktuelle Mephisto. Die Ankündigungsseiten sind in meinen Augen verschenkter Platz, da es schneller und aktueller ist, seine Infos direkt von der Verlagssite zu holen. Hier macht sich der (schlechte) Einfluß der WuWe bemerkbar. Auch die Berichte über Computer- und Videospiele müßten nicht sein, dafür gibt es fokussierte Zeitschriften, die das besser und ausführlicher können. Die Interviews sind nett gemacht, lesen sich nett, aber was haben die hier zu suchen? Zumindest passt das Interview mit den Autoren thematisch, aber wenn ich wirklich was zu Corvus Corax wissen will, kaufe ich mir die Zillo, oder den Orkus, danke. Bei den Reviews entsteht oft der Eindruck, die Rezensenten würden ihr Material nicht lesen, sondern höchstens überfliegen. Mir ist klar dass der Platz begrenzt ist, und dass man nicht alles so ausführlich besprechen kann wie man möchte, aber Leute, mal im ernst: Romanbesprechungen die aus DREI SÄTZEN bestehen? Ist das euer ERNST??? Abenteuer in vier Sätzen? Und da mache ich mir Gedanken das meine Besprechungen zu kurz sind…
Bleiben also nur noch die eigentlichen Rollenspielartikel und die sind genauso durchwachsen. Was mir hier gefällt, ist die Durchmischung, so dass nicht nur bekannte Systeme bedacht werden, sondern auch kleinere Nischensysteme. Aber: Muss es immer das gleiche Dreigestirn sein? Ich kann mich nicht erinnern wann ich das letzte mal eine Mephisto in der Hand hatte in der nicht Degenesis, DSA und Shadowrun Einzug gefunden hatten. Etwas mehr Abwechselung wäre hier schön. Szenarien zu Arkham Horror kann man mögen oder auch nicht, wären vielleicht aber besser im TTI aufgehoben. Die schlimmsten Stinker dieser Ausgabe sind die beiden „Praxis“-Artikel, deren Nützlichkeit sich niemandem erschließen wird der länger als sechs Wochen Netzzugang hatte. Am anderen Ende der Skala ist da der Shadowrun-Artikel: hier stimmt alles, Inhalt, Anwendbarkeit, Präsentation. Zum DSA-Abenteuer kann ich als Nicht-DSA-Spieler nichts sagen. Aber ich bin der Meinung das Abenteuer in einer Zeitschrift nichts zu suchen haben, diese sollte man eher als Webextra oder als Beilage präsentieren.
Final muss ich sagen das mich die Mephisto immer mehr enttäuscht. Früher war die Mephisto eine Zeitschrift die zu Kaufen sich gelohnt hat, und in der es selten unnötige Artikel gab. Dann habe ich sie mir nur noch wegen den Rezensionen gekauft. Heute kommt sie nur noch dann mit, wenn ich kein Kleingeld mehr für die CT habe und ich die EC-Karte zücken muss – und nächstes mal werde ich wohl eher den White Dwarf nehmen…
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