HeroQuest – Das Regelbuch
Ein narratives Universalsystem
Nein, dieses Buch hat nichts mit dem gleichnamigen Brettspiel zu tun, sondern ist ein Universalrollenspielregelwerk, welches in einer früheren Auflage für das Setting namens Glorantha geschrieben wurde. Es handelt sich um ein System mit einem narrativem Ansatz, auf das auch direkt in der Einleitung hingewiesen wird. Dabei wird das System immer mit dem „traditionell, simulationistischen“ Spielen verglichen. Der Leser bekommt hier übrigens neben dem Regelsystem an sich auch noch einen Überblick über Glorantha am Ende spendiert. Doch schauen wir mal, was das kleine Buch mit seinen knapp 155 Seiten alles kann.
Einführung
Wie wohl jedes Rollenspielregelwerk spart natürlich auch dieses nicht daran, Rollenspieleinsteigern zu zeigen was das Ganze denn überhaupt ist. Doch dies passiert erst im zweiten Abschnitt dieses Bereichs. Der erste dient vor allem jenen Spielern, die schon wissen was das ist, aber eben nicht was HeroQuest so besonders macht – der narrative Ansatz.
Erschaffe deinen Charakter
Die Charaktererschaffung ist bei HeroQuest sehr frei. Was letztlich auf dem Bogen des Spielers steht hängt ganz vom Spieler selbst und dem was gespielt werden soll ab und ist nicht in Konventionen gepresst. Charaktere in HeroQuest haben auf ihrem Charakterblatt lediglich Eigenschaften stehen. Sonst nichts. Alles ist (zumindest soweit es dieses Kapitel und das folgende betrifft) eine Eigenschaft. Ob es nun „stark“ ist oder „geiles Schießeisen“. Negative Eigenschaften, die wirklich nur negativ sind, heißen Makel.
Dieses Kapitel erklärt im Grunde die Grundlagen des Charakters und ist eher eine stilitische Übersicht darüber was es so gibt, welche mit vielen Beispielen versehen ist. Hier taucht zum ersten Mal eines der unzähligen Probleme des narrativen Rollenspiels in den Vordergrund. Der Charakter ist immer nur so gut wie sein Spieler kreativ. Das zeigt sich besonders beim Makel, bei dem extra erwähnt wird, dass es eine Eigenschaft werden muss, sobald man einen Vorteil daraus ziehen kann – das kann man aber immer, wenn man nur kreativ genug ist und dementsprechend ist ein Makel eigentlich immer eine Eigenschaft und löscht sich selbst aus. Da hätte der Autor eigentlich auch selbst drauf kommen können. Hier gibt es auch eines der ersten Beispiele für eines der großen Probleme dieses Werkes (neben den Übersetzungs- und Layoutfehlern), nämlich das Begriffe erwähnt werden, die aber dort nicht erklärt sind, hier Heldenpunkte.
Methoden der Charaktererschaffung
Dem Spieler, für den dieses Kapitel gedacht ist, wird vom Regelwerk hier etwas unter die Arme gegriffen, indem drei verschiedene Formen von Erschaffung genau durchgespielt werden. Die drei Formen sind: Die Prosa-Methode, bei der in 100 Wörtern der Ist-Zustand des Charakters berichtet wird; die Listenerschaffung, bei dem einfach die Eigenschaften des Charakters in eine Liste geschrieben werden; und die Erschaffung direkt im Spiel, wenn es die Situation erfordert. Für alle drei Beispiele sind wie schon geschrieben auch InGame Beispiele angegeben. Alle Methoden sollten in 11 Eigenschaften resultieren, auf die dann Werte verteilt werden. 17 bekommt die wichtigste, alle anderen erhalten 13. 20 freie Punkte können dann zum steigern verwendet werden. Ab einem Wert von 21 hat man eine Meisterschaft auf dem Wert 1. Seltsamerweise hat man dann aber nicht eine zweite Meisterschaft ab dem eigentlichen Wert von 31.
Was genau eine zweite Meisterschaft auslöst, wird hier nämlich leider gar nicht geklärt, nur gesagt das es das gibt. Dennoch ist dieses Kapitel noch eines der nützlichsten des ganzen Buches, denn man kann die drei Methoden der Charaktererschaffung natürlich auch wunderbar für andere Systeme verwenden und sich hier einfach ein Beispiel nehmen. Lustigerweise wird extra darauf hingewiesen schwammige Eigenschaften zu nehmen, und diese dann im Spiel zu verfeinern inhaltlich – die Erfahrung zeigt aber, dass schwammige Begriffe eigentlich nur eines fördern, nämlich, dass der Spieler sie für alles mögliche einsetzen wird…
Hindernisse überwinden
Hindernisse sind bei HeroQuest alles was man würfeln könnte. Dabei macht das System Unterschiede zwischen einfachen und erweiterten Proben und Proben von einem Spieler oder mehreren. Eine einfache Probe wird laut Text im Kapitel immer von einer Frage eingeleitet: „Welchen Preis möchtest du gewinnen?“. Nachdem das festgelegt wurde, wird von beiden Seiten gewürfelt (also Spieler und SL oder anderer Spieler). Jeder versucht mit einem W20 unter den Zielwert zu kommen, der sich aus Eigenschaft oder Widerstand und Modifikator zusammen setzt. Für beide Würfelwürfe gibt es nun vier verschiedene Möglichkeiten (Kritisch, Erfolg, Misserfolg, Patzer) und die jeweiligen Ergebnisse werden dann in einer Tabelle verglichen um zu sehen, wie das Gesamtergebnis ist. Durch Meisterschaften und Heldenpunkte können die eigenen Ergebnisse verbessert oder andere verschlechtert werden. Explizit wird gesagt, dass man auch zum Schein würfeln soll als Spielleiter, um die Spannung zu erhöhen, auch wenn das Ergebnis vorher schon fest steht. Nach jeder Prüfung gibt es Auswirkungen, die immer in Schadensstufen dargestellt werden, die jedoch abstrakter sind und sich nicht auf rein körperliche Attribute beschränken, jedoch Abzüge mit sich bringen.
Erweiterte Prüfungen sind eine Abfolge von einfachen Prüfungen, bei denen jedes Mal nicht ein Endergebnis festgelegt wird, sondern Gewinner und Verlierer und der Verlierer „Punkte“ bekommt. Sollte jemand 5 Punkte erhalten haben, ist die Prüfung zu Ende und er ist derjenige, welcher verloren hat.
Prüfungen ob etwas gelingt oder nicht gelingt, gehören in ein Rollenspiel, wie ein Fisch ins Wasser. Selbst die würfelfreien Systeme besitzen noch abstrakte Varianten. Hier wird Erzählung mit Wurf auf eine Art und Weise gemischt, die erkennen lässt, dass zwar gerne narrativ gespielt würde, aber man vom simulationistischen doch nicht weg gekommen ist. Denn wer möchte in einem gerade spannenden Spiel gerne in irgendwelchen Tabellen nachsehen, wer gerade wie gewonnen hat und dann auch noch irgendwelche Schadensstufen auf den Bogen kritzeln um sie dann irgendwann wieder weg zu streichen? Wer möchte in einer genialen InGame Situation aus seinem Charakter raus schlüpfen um dann erst einmal mit den anderen Spielern die Taktik OT zu besprechen, anstatt das einfach IT zu tun? Denn genau das verlangt das System hier. Das sich unter den Spielern abgesprochen und damit ständig ein Wechsel zwischen IT und OT geschieht. Damit macht es dieses System zwar zu einem, mit dem man den Plot einer Geschichte entwickeln kann, aber tief eintauchen ist so nicht wirklich möglich. Was sich ebenfalls als sehr schwierig darstellen wird, ist die Entscheidung wann eine Prüfung besser erweitert sein soll – zwar gibt es später Tipps dazu, aber es bedarf doch einiger Erfahrung um es nicht als Würfelorgie zu bauen. Und warum bekommt überhaupt der Verlierer Punkte und nicht der Gewinner? Seltsam…
Ebenso werden wohl einige Leser bei der oben genannten „Schummelprobe“ lauthals aufschreien. Ob man das befürwortet oder nicht, ist jedoch Geschmackssache. So offen dazu auf zu fordern OHNE die Nachteile dessen aufzuführen, ist jedoch unverschämt.
Und warum zur Hölle man nach dem Preis fragen soll, anstatt die sehr viel logischere Frage „Was möchtest du erreichen?“ und ihre Derivate zu nutzen, entzieht sich völlig der Kenntnis. Vielleicht ein Übersetzungsfehler?
Kein Übersetzungsfehler ist wohl, dass die Begriffserklärung des Zielwertes erst ganz am Ende des entsprechenden Abschnitts steht und sich der Leser so mehr als einmal fragt, was denn das nun ist, gegen das eigentlich gewürfelt wird.
Modifikatoren
Modifikatoren erzeugen zusammen mit dem Wert der Eigenschaft oder dem Widerstand den Zielwert. Von diesen gibt es unterschiedliche Varianten. So werden spezifischere Eigenschaften in einem Kampf mit eine Bonus verzeichnet („Säbelkämpfer“ vs. „Kämpfer“ in einem Säbelkampf bekommt einen Bonus), während Beugungen einen Malus erhalten, also wenn die Eigenschaft nicht so ganz zur Situation passt. Weiterhin können Effekte vorangegangener Proben einen Effekt auf die jetzige haben, was Verstärkung genannt wird.
Außerdem steht in diesem Kapitel noch, dass Waffen und Rüstungen, Gegenstände, und Geld ebenfalls Eigenschaften sind.
Was jetzt der zweite Teil mit dem ersten Teil dieses Kapitel zu tun hat? Niemand weiß es, denn letztere sind keine Modifikatoren… Aber gut, erwähnt werden sollte das wohl auch. Der erste Teil jedoch zeigt weitere typische Probleme von stark narrativen Rollenspielen. So werden mit diesem System möglichst detaillierte Eigenschaften belohnt, die aber als Kehrseite dann nur in seltenen Fällen Anwendung finden. Das erzeugt vornehmlich Frust bei den Spielern die ihre coole „kann mit verbunden Augen um die Ecke schießen“ nicht anwenden können, weil leider niemand ihrem Charakter die Augen verbindet. Die Lösung, welche das System für das „sehr spezialisiert“ anbietet, sind dann die Beugungen mit denen das auch nicht passende gewählt werden kann. Ob das allerdings geht oder nicht, liegt ganz in der Hand der Spielleitung und somit sind die Spieler dem Leiter völlig ausgeliefert in dieser Situation.
Heldenpunkte
Heldenpunkte sind Erfahrungspunkte und Bennies, um mal einen vermutlich bekannten Begriff zu verwenden, in einem. Der Spieler erhält zu Erschaffung drei Stück und pro Abend zwischen zwei und vier. Er kann damit seine Eigenschaften steigern, aber auch Prüfungen verbessern. Da wohl in den Testrunden das Problem auftrat, dass immer nur eine Eigenschaft gesteigert wurde, kann man ab einem gewissen Wert freie Punkte auf andere verteilen um ein Gleichgewicht zu erhalten. Neue Eigenschaften lassen sich übrigens ebenfalls erwerben, sogar für nur einen Punkt.
Leider führt auch dieses System dazu, dass das Spiel mehr und mehr an Ungleichgewicht gewinnt. Denn wo der eine gerne geile Proben hinlegt, steigert der andere vielleicht lieber seine Eigenschaften und die Schere wird so immer größer. Ein Bonus und Malus ist, dass man neue Eigenschaften einfach hinzukaufen kann. Auch das führt wohl schnell dazu, dass der eine Bogen gegen ein DinA1 Blatt ausgetauscht werden möchte, während auf dem anderen dann auch nach 5 Sitzungen noch Platz ist und gerade die kreativen Spieler für ihre Ideen belohnt werden. Hier gibt es einen fatalen Übersetzungsfehler, da es im Text so klingt, als könne man mit einem Heldenpunkt alle Eigenschaften um 1 steigern.
Heilung und Genesung
Natürlich kann man den Schaden einer Prüfung (wir erinnern uns, der Schaden muss nicht körperlich sein) auch wieder entfernen. Dazu sind entsprechende Eigenschaften nötig, die dann geprüft werden.
Ja, sollte man natürlich erwähnen, warum das hier allerdings nicht weiter oben beim Schaden untergebracht wurde, sondern als praktisch einseitiges Extrakapitel steht? Wer weiß es schon.
Beziehungen
Eine besondere Form von Eigenschaft ist eine Beziehung. Der Charakter hat hierbei die Möglichkeit jemand anderes zu nutzen um ein Ziel zu err.. Verzeihung, um einen Preis zu gewinnen. Gewürfelt wird wie immer auf die Eigenschaft (die Beziehung) und der andere erledigt das dann. Was genau er erledigen kann, hängt davon ab, wer das ist. Im System werden Beziehungen in verschiedene Formen eingeteilt. Beziehungen mit Nebencharakteren können Verbündete, Paten oder Kontakte sein oder auch ein Makel sein („Sohn, 4 Jahre“ etwa) oder Gefährten, welche Gefolgsleute, Begleiter oder Gemeinschaften sind. Was genau das jeweils ist, wird hier geklärt, ebenso wie man einen Begleiter ersetzt, welcher zu Tode gekommen ist. Erweiterte Regeln dazu finden sich jedoch später, besonders zu den Gemeinschaften.
Jemand anderes darum zu bitte oder zu beauftragen etwas für einen zu erledigen ist keine Seltenheit in Rollenspielen. Hier wird der Weg gewählt, dass eben ebenfalls über die Eigenschaft zu erwürfeln. Das kann man jetzt mögen oder auch lassen. Der Unterschied zwischen Nebencharakteren und Gefährten ist so auch recht einfach zu sehen, warum allerdings eine Gemeinschaft unter Gefährte fällt (dessen Definition ein Mitreisen im Spiel ist), ist nicht so leicht ersichtlich und vielleicht einfach ein Formatierungsfehler. Begleiter erhalten laut Text schneller Schaden als Spielercharaktere. Wie das aber genau ist, wird nicht gesagt.
Geschichten spielen
Ein Abenteuer zu entwerfen ist nicht immer einfach, eigentlich sogar eher in den seltensten Fällen, zumindest wenn es ein gutes sein soll. HeroQuest gibt in diesem Kapitel Hilfestellung für genau so eine Aufgabe und geht hier vor allem auf den Aspekt des Erfolg-Misserfolg Konzepts ein, welches vorsieht, dass sich beides zu unterschiedlichen Anteilen in der Geschichte abwechselt. Dabei bietet das Kapitel vor allem einen Entscheidungsbaum über die Frage ob es eine einfache oder erweiterte Prüfung werden soll. Zusätzlich wird noch ein bisschen von der Glaubwürdigkeit erklärt, die doch allen Prüfungen zugrunde liegen sollte. Also welche Handlung innerhalb des bespielten Settings eigentlich Sinn ergeben würde und welche nicht – denn diese Frage muss man sich gerade bei exotischen Settings durchaus mal stellen.
Ein durchaus für alle Rollenspiele wertvolles Kapitel, wenn man denn auf eine bestimmte Art der Dramaturgie aus ist. Es wird auch im Text erwähnt, dass das Erfolg-Misserfolg Konzept nicht für jede Spielrunde geeignet ist, aber eben jenes Modell ist, welches am ehesten das widerspiegelt, was HeroQuest im Spiel erreichen möchte: Eine super spannende Geschichte für alle Beteiligten. Die hier gezeigten Bilder verdeutlichen das ganze recht anschaulich. Wohl wirklich wichtig für das Spiel selbst sind aber die Prüfungsentscheidungen. Hier stellen sich aber leider wieder einmal Fragen, die das Buch nicht beantwortet. Wie sieht man denn einem Spieler an, dass er emotional in der Szene ist? (Das ist DAS entscheidende Kriterium, wenn es um diese Auswahl geht). Und ohne eine gute Antwort, ist auch die beste Liste leider nicht wirklich zu gebrauchen. Schade.
Erzählen
Wie man richtig erzählt, bzw wie man die Spieler mit einbinden kann, erklärt dieses kurze Kapitel. Dabei wird eben letzteres genauer unter die Lupe genommen. So ist es bei HeroQuest nicht unüblich, dass Spielleiter die Spieler bei Szenen um Vorschläge fragen, was denn etwa das Resultat sein könnte um diesen das Gefühl zu geben, die Geschichte auch beeinflussen zu können. Diese Ratschläge kosten den Spieler keine Punkte, wie etwa bei Fate-Derivaten, sondern passieren auf Bitten der Spielleitung hin.
Ohha, hier gibt es tatsächlich eine gewisse Selbstreflektion was das Spielprinzip anbetrifft. Es wird angeschnitten, dass manchmal die Spieler wohl etwas zu Statisten verkommen könnten und ja sogar eine Lösung gegeben. Und diese Lösung ist auch noch durchaus brauchbar, denn sie bedeutet lediglich, dass die Spieler den Mund aufmachen müsse… nein halt, dass der Spielleiter sie fragt. Und damit sind wir natürlich bei des Pudels Kern angelangt. Wenn der Spielleiter seine Spieler involvieren möchte, dann macht er das auch ohne eine solche Anleitung, wenn nicht, dann hilft die auch nicht. Wobei.. ein paar Tipps hier, sind auch für den erfahrenen Gruppenspielleiter zu gebrauchen.
Durchführen von Prüfungen
Prüfungen, wie wir oben ja schon festgestellt haben, kommen in verschiedenen Gewändern daher und es ist oft nicht einfach zu entscheiden welche Form denn jetzt angebracht ist, die einfache oder die erweiterte. Um dem Spielleiter ein bisschen Hilfestellung zu geben, wurde dieses Kapitel geschrieben. Es beschreibt hauptsächlich einige Sonderfälle, wie etwa kombinierte Eigenschaften oder Massenkampfszenarien. Auch gibt es hier die Option die extrem erweiterte Prüfungen (welche über lange Zeiträume läuft) oder den mühsamen automatischen Weg, bei dem zwar erzählt wird, was passiert und nicht gewürfelt wird. Für kniffelige Fälle (unpersönliche Gegner, Fernkampf, nachträglich erweiterte Prüfungen, etc) gibt es nochmal extra Erklärungen.
Und nochmal die Prüfungen. Hätte man das nicht irgendwie in ein Kapitel stecken können? Oder dem Spielleiter überlassen? Und auch hier wieder das Problem mit den vorher festgelegten Ausgängen einer Szene, die eben manchen Rollenspieler davon abhält so ein System zu mögen. Immerhin werden wohl viele von den mühsam automatischen Wegen gemeinsam mit der Runde festgelegt… hoffentlich. Und warum es gerade extra Regeln zum Fernkampf geben muss… aber gut, jedem das seine.
Ressourcen und Unterstützung der Gemeinschaft
Hier wird nochmals gesondert auf das Thema Gemeinschaft eingegangen, die mit diesem Kapitel dann auch gesondert erstellt werden können, so sie denn Fokus des Spiels sein sollen. Gemeinschaften haben Ressourcen als Eigenschaft, neben weiteren. Diese Ressourcen können nun von den Spielern genutzt und dabei natürlich auch verändert werden, was ebenfalls erklärt wird.
Dieses Kapitel ist eher auf die Gruppen ausgerichtet, die wirklich in Glorantha spielen möchten, dass diese Gemeinschaften dort eine gewisse Rolle spielen. Das Kapitel ist dennoch entsprechen allgemein gehalten, denn man könnte ja auch was anderes damit machen. Im Grunde sind aber Gemeinschaften wirklich nur Spezialfälle von Beziehungen und es hätte auch das Kapitel und die darin enthaltene Kurzfassung von Beziehungen getan. Damit ist dieses Kapitel zwar nicht überflüssig, regelt aber letztlich eine Sache zu sehr ohne das andere auch geregelt werden.
Herstellen von Genre-Paketen
Da HeroQuest mit allen Settings gespielt werden kann, gibt dieses Kapitel Informationen für Arten von diesen. Dabei werden zunächst Schlüsselwörter noch einmal genauer unter die Lupe genommen und erklärt. Wer jedoch etwas exotischeres bespielen möchte, der kommt natürlich um Übernatürliche Kräfte, Magie oder auch Cybermaschinen nicht darum herum. Übernatürliche Kräfte werden neben der Nennung der Eigenschaft mit einer Beschreibung versehen, die erklärt was die Kraft macht. Weiterhin werden Rahmenbedingungen eingeführt mit denen man die Herkunft und Möglichkeiten der Kräfte festlegen kann. Magische Gegenstände können mit den Regeln in diesem Kapitel auch hergestellt werden, was sie damit aus dem Bereich der Eigenschaften hinaus befördert. Es finden sich aber auch Regeln um die Welt mit Tieren zu bevölkern, die natürlich auch Eigenschaften besitzen können.
Spielen in Glorantha
Eigentlich würde man ja erwarten, dass hier dann ein bisschen die Welt beschreiben wird. Dem ist aber nicht so. Dem Leser wird in diesem Kapitel lediglich erklärt, wie denn die Magie auf Glorantha funktioniert (mit Runen), dass es drei Formen von Magieranwender gibt (eine Art Geweihter, ein Geisterbeschwörer und ein Zauberer mit Sprüchen) und wie diese unterschiedlich funktionieren, sowie ein paar Beispielgötter und Runen beschreiben.
Diese Kapitel ist im besten Falle überflüssig, im schlimmsten Fall sehr lästig. Denn es beschreibt ja eben nicht das was man erwartet, sondern diese kruden Magieregeln der Welt, aber dann auch nur zu gewissen Teilen, so dass der Leser selbst nach Lesen des Kapitels nicht wirklich beschreiben kann, was denn nun eine Rune etwa ist. Am besten streicht man diese etwa 25 Seiten ganz aus seinem Gedächtnis um nicht über die Verschwendung von Lebenszeit des Lesens (und das Geld das man dafür bezahlt hat) in Heulkrämpfe aus zu brechen. Wie man alleine auf die Idee kommen kann, dass so ein Kapitel nützlich ist…
Fazit
Man muss hier ganz klar zwischen der Fanübersetzung und dem englischen Original unterschieden. Die Fanübersetzung hat einige eigene Fehler in petto, die natürlich dem englischen Original nicht angelastet werden können. So sind massive Layoutprobleme im ganzen Buch verteilt, bei denen die passenden Tabellen erst viele Seiten später im Werk zu finden sind und somit jeden Zusammenhang vermissen lassen. Ebenso ist ein vermehrt auftretendes Problem, dass zwar immer von Erzählerinnen gesprochen wird (ein Wort, dass so schon die Zehnnägel hoch rollt, wenn man es ständig lesen muss), aber dann im anschließenden Satz gerne von „er“ gesprochen wird. Da ist wohl nicht nochmal Korrektur gelesen worden. Für eine Fanarbeit ist es allerdings dennoch ein solides Werk, dass mit Sicherheit ordentlich Arbeit gewesen ist. Da aber Fanübersetzung irgendwo von Fan kommt, sind vermutlich die Fehler und Missstände des Originals gar nicht so sehr auf gefallen.
Denn dieses hat leider von alleine schon viele Unstimmigkeiten, von denen die meisten einfach an der Wahl des Systems liegen. Ohne hier eine große Pro/Kontra „Narrativismus im Rollenspiel“ vom Zaun brechen zu wollen, sei nur so viel gesagt: Wenn jemand schon Probleme mit Fate und Co hatte, wird er hier auf keinen Fall glücklich werden. Und auch wer das Konzept noch nicht getestet hat, der sollte vorsichtig damit sein, denn diese Art und Weise des Spiels, eben ohne abstrakte Entscheidungsmöglichkeit, ist wunderbar dazu geeignet Gruppen zu zerstören. Wer wirklich weiß worauf er sich hier einlässt und die Fehler des Regelwerks in Kauf nehmen möchte, wird schon ein rundes System vor finden, aus dem er im schlimmsten Fall vielleicht Ideen für seine eigenen Werke ziehen kann. Nur das letzte Kapitel sollte man einfach ignorieren.
Danke für die Warnung, äh, die Rezension. Mir gefällt der Ansatz des HeroQuest Systems, aber ich war mir nie so richtig sicher, ob ich das alles richtig verstanden habe. Eine deutschsprachige Übersetzung hätte mich daher sehr gefreut, aber ich hatte schon so meine Zweifel, ob das „Fan-Projekt“ eine ansprechende Qualität liefern kann.
Wenn du dich für das System interessiert, würde ich dir schon empfehlen zu versuchen mal einen Blick rein zu werfen. Vielleicht stören dich ja die Layout, bzw Übersetzungssachen gar nicht so sehr. Sie machten auch bei mir eher einen kleinen Teil des Anstoßes aus und ich glaube die Leute hier in Deutschland haben sich schon ordentlich ins Zeug gelegt. Aber es sind eben Fans und die sehen Sachen mit ihrer Fan-Brille, bzw hätte man halt einiges ändern müssen, was vielleicht vom Verlag auch gar nicht gewollt/erlaubt war.
Das lustige ist dabei übrigens, dieses Gefühl, dass die Sache eigentlich super cool sein müsste, haben total viele bei narrativen Ansätzen. Nur irgendwie scheint das Ergebnis dann immer haarscharf an dem „cool“ vorbei zu gleiten und irgendwo im Sumpf zu enden. Ich warte ja darauf, dass es doch mal einer hin bekommt.
Lange habe ich überlegt, ob ich auf diese Rezension reagieren sollte. Schließlich habe ich mich dafür entschieden, weil ich denke, dass einige Punkte des obigen Textes nicht unkommentiert stehen bleiben sollten.
-„Übersetzungs- und Layoutfehler“ Für alle Fehler, die im Endprodukt enthalten sind, übernehme ich die volle Verantwortung. Es wäre jedoch FAIR von der Rezensentin gewesen, darauf hinzuweisen, dass sich die Rezension auf eine kostenlose Vorabversion bezieht. Das Endprodukt befindet sich gerade in Druck und erscheint erst in den nächsten Tagen. FREUNDLICH wäre es darüber hinaus gewesen mir Fehler konkret mitzuteilen, damit ich diese noch ändern kann.
-„Hier taucht zum ersten Mal eines der unzähligen Probleme des narrativen Rollenspiels in den Vordergrund. Der Charakter ist immer nur so gut wie sein Spieler kreativ.“ Narrative Rollenspieler könnten darauf antworten, dass dies kein Problem ist, weil es beim Spiel nur um Kreativität geht. Es ist alles nur in meinem Kopf. Auch wird es Rollenspieler geben, denen es gar nicht darum geht, ob ihr Charakter gute oder schlechte Werte besitzt, solange alle Spaß am Spiel haben. Wenn die Rezensentin keine Freundin des narrativen Spiels ist, ist das völlig ok (auch darauf geht das Buch in der Einleitung ein). Ich halte das aber für keinen Nachteil von HeroQuest. [Forts. folgt]
[Fortsetzung]
-„Das zeigt sich besonders beim Makel, bei dem extra erwähnt wird, dass es eine Eigenschaft werden muss, sobald man einen Vorteil daraus ziehen kann – das kann man aber immer, wenn man nur kreativ genug ist und dementsprechend ist ein Makel eigentlich immer eine Eigenschaft und löscht sich selbst aus.“ Makel und Eigenschaften sind exakt dasselbe und funktionieren auf exakt dieselbe Weise. Nur muss man Eigenschaften kaufen, Makel bekommt man kostenlos. Wenn man aber einen Makel für etwas Positives einsetzen möchte, muss man dafür (wie bei Eigenschaften eben auch) einen Heldenpunkt ausgeben. Eigentlich ganz einfach.
-„Ab einem Wert von 21 hat man eine Meisterschaft auf dem Wert 1. Seltsamerweise hat man dann aber nicht eine zweite Meisterschaft ab dem eigentlichen Wert von 31.“ Das finde ich gar nicht seltsam. Die erste Meisterschaft erhält man bei 21, die zweite bei 41, die dritte bei 61 und die vierte bei 81. Da man für HeroQuest nur einen W20 braucht, halte ich es für einfacher immer 20er Schritte zu nehmen als erst einen 20er und dann einen 10er Schritt zu machen.
-„Was genau eine zweite Meisterschaft auslöst, wird hier nämlich leider gar nicht geklärt, nur gesagt das es das gibt.“ Auf Seite 23 und 26 steht ganz klar, was eine zweite Meisterschaft bewirkt, nämlich genau das gleiche, wie die erste Meisterschaft: Man kann damit Ergebnisse auf- und abwerten. Wenn ich zwei Meisterschaften besitze und mein Gegner keine, kann ich eben zwei Mal auf- oder abwerten. Wenn wir beide zwei Meisterschaften besitzen, wird der Konflikt zwar auf einem sehr hohen Niveau ausgetragen, aber die Meisterschaften kürzen sich raus und keiner der Kontrahenten kann auf- oder abwerten.
-„die Erfahrung zeigt aber, dass schwammige Begriffe eigentlich nur eines fördern, nämlich, dass der Spieler sie für alles mögliche einsetzen wird…“ Dies ist mit Sicherheit nicht meine Erfahrung. Aber selbst wenn ein Spieler dies täte und es wäre für alle Beteiligten unterhaltsam würde ich es gelten lassen.
-„Wer möchte in einer genialen InGame Situation aus seinem Charakter raus schlüpfen um dann erst einmal mit den anderen Spielern die Taktik OT zu besprechen, anstatt das einfach IT zu tun? Denn genau das verlangt das System hier. Das sich unter den Spielern abgesprochen und damit ständig ein Wechsel zwischen IT und OT geschieht.“ HeroQuest verlangt nichts dergleichen. HeroQuest hat als Kernelement eine 4×4 Matrix aus Kritisch, Erfolg, Misserfolg und Patzer. Wer sich das nicht merken kann, darf die Tabelle gerne aus dem Buch kopieren und als Handout auf den Tisch legen. HeroQuest verlangt nicht, dass man nach einer Prüfung ins OT wechselt. Wenn die Geschichte ohne Unterlass spannend weitergeht, kann man die Auswirkungen auch später festlegen oder ganz darauf verzichten.
-„Was sich ebenfalls als sehr schwierig darstellen wird, ist die Entscheidung wann eine Prüfung besser erweitert sein soll“ Auch das ist bei HeroQuest ganz einfach: Wenn man sich nicht sicher ist, immer die einfache Prüfung wählen (siehe S. 78).
-„Und warum bekommt überhaupt der Verlierer Punkte und nicht der Gewinner? Seltsam…“ Die Frage müsste lauten: „Macht es überhaupt einen Unterschied, ob der Verlierer oder der Gewinner die Punkte aufschreibt.“ Die Antwort wäre: „Nein, das ist völlig egal.“
-„Ebenso werden wohl einige Leser bei der oben genannten „Schummelprobe“ lauthals aufschreien. Ob man das befürwortet oder nicht, ist jedoch Geschmackssache. So offen dazu auf zu fordern OHNE die Nachteile dessen aufzuführen, ist jedoch unverschämt.“ In HeroQuest wird NICHT zur Scheinprüfung aufgefordert. Es wird als eine von vielen Möglichkeiten beschrieben. Eine Scheinprüfung kann in manchen Situationen sicherlich ein adäquates Mittel sein. Wenn nicht, dann eben nicht.
-„Und warum zur Hölle man nach dem Preis fragen soll, anstatt die sehr viel logischere Frage „Was möchtest du erreichen?“ und ihre Derivate zu nutzen, entzieht sich völlig der Kenntnis. Vielleicht ein Übersetzungsfehler?“ Kein Fehler. Die Begriffe Preis und Taktik sind bewusst gewählt worden, um deutlich zu machen, dass der Preis das ist, was man hinterher (wörtlich oder sinnbildlich) in den Händen halten möchte. Taktik ist der Weg dahin. Einen Gegner zu besiegen, ist z.B. oft gar nicht das, was Spieler erreichen möchten, sondern ist nur der Weg, um einen Schatz zu erringen, in eine Stadt zu gelangen oder einen Gefangenen zu befreien.
-„Kein Übersetzungsfehler ist wohl, dass die Begriffserklärung des Zielwertes erst ganz am Ende des entsprechenden Abschnitts steht und sich der Leser so mehr als einmal fragt, was denn das nun ist, gegen das eigentlich gewürfelt wird.“ Der Begriff Zielwert wird auf Seite 26 erklärt, auf derselben Seite wird auch das Würfeln erklärt.
-„Außerdem steht in diesem Kapitel noch, dass Waffen und Rüstungen, Gegenstände, und Geld ebenfalls Eigenschaften sind. Was jetzt der zweite Teil mit dem ersten Teil dieses Kapitel zu tun hat? Niemand weiß es, denn letztere sind keine Modifikatoren“ Doch. Weil Geld und Gegenstände ganz normale Eigenschaft sind, können sie auch für jede passende Prüfung als Verstärkung herangezogen werden.
-„…somit sind die Spieler dem Leiter völlig ausgeliefert in dieser Situation“ Die Einstellung, die diesem Satz zugrunde liegt, steht meiner Vorstellung eines unterhaltsamen Rollenspieles diametral gegenüber. Wenn die Rezensentin der Meinung ist, dass Spieler der Erzählerin ausgeliefert sein können und damit also in Konflikt zueinander stehen und sich gegenseitig besiegen wollen, würden wir beide vermutlich keinen großen Spaß an einer gemeinsamen Runde finden. Wenn ein Spieler ein Regelsystem braucht, um sich vor dem Spielleiter zu schützen, ist HeroQuest nicht das beste System. Ich gehe für meine Rollenspielrunden davon aus, dass Spieler und Spielleitung eine harmonische Gruppe darstellen, die gemeinsam Spaß haben möchte.
-„Leider führt auch dieses System dazu, dass das Spiel mehr und mehr an Ungleichgewicht gewinnt. Denn wo der eine gerne geile Proben hinlegt, steigert der andere vielleicht lieber seine Eigenschaften und die Schere wird so immer größer.“ Auch hier werden unsere völlig unterschiedlichen Konzepte von Rollenspiel deutlich. Wenn jemand möchte, dass alle Charaktere möglichst ausgeglichen sind, ist HeroQuest vielleicht nicht das geeignete System. Wenn jemand möchte, dass eine Gruppe mit sehr unterschiedlichen Charakteren zusammen Spaß hat, vielleicht schon. Wenn das in einem Fall dadurch erreicht wird, dass der eine Charakter alles *kann* und ein anderer Charakter alles *macht*, dann sei es so.
-„Hier gibt es einen fatalen Übersetzungsfehler, da es im Text so klingt, als könne man mit einem Heldenpunkt alle Eigenschaften um 1 steigern.“ Ich habe das Kapitel jetzt gerade drei Mal durchgelesen und kann beim besten Willen keine entsprechende Textstelle finden. Im Gegenteil steht im Kapitel auf S. 64 linke Spalte, Mitte, das dem nicht so ist.
-„warum allerdings eine Gemeinschaft unter Gefährte fällt (dessen Definition ein Mitreisen im Spiel ist), ist nicht so leicht ersichtlich und vielleicht einfach ein Formatierungsfehler.“ Weil auch eine Gemeinschaft einen Anteil an den Abenteuern eines Charakters haben kann. Dies kann direkt sein über physische Präsenz, Telefon oder Internet. Es kann aber auch indirekt sein, indem die Beziehung zu einer Gemeinschaft Probleme löst, ohne dass die Gemeinschaft beteiligt ist. So kann der Spieler z.B. das Tragen einer bestimmten Haartracht oder Uniform auch in Situationen mit Antagonisten nutzen.
-„Hier stellen sich aber leider wieder einmal Fragen, die das Buch nicht beantwortet. Wie sieht man denn einem Spieler an, dass er emotional in der Szene ist?“ Das ist manchmal sehr einfach und manchmal wundere ich mich nach Jahrzehnten des Studiums menschlichen Verhaltens immer noch, dass ich so wenig über den Menschen weiß. Hier ist aber sicherlich psychologische, soziologische und ethologische Fachliteratur besser geeignet als ein Rollenspielbuch. Wenn die Erzählerin aber überhaupt nicht ergründen kann, ob ihre Spieler eine Szene mögen oder nicht, hilft manchmal einfach fragen.
-„Wenn der Spielleiter seine Spieler involvieren möchte, dann macht er das auch ohne eine solche Anleitung, wenn nicht, dann hilft die auch nicht. Wobei.. ein paar Tipps hier, sind auch für den erfahrenen Gruppenspielleiter zu gebrauchen.“ Nichts anderes will dieses Kapitel: Tipps geben. Und wenn es schon für erfahrene Spielleiter brauchbare Tipps gibt, wird es vermutlich noch mehr für unerfahrene geben.
-„Und nochmal die Prüfungen. Hätte man das nicht irgendwie in ein Kapitel stecken können?“ Es geht hier wie selbst gesagt um Sonderfälle, die zum Grundverständnis von Prüfungen erstmal nicht erforderlich sind. Deswegen ein besonderes Kapitel.
-„Oder dem Spielleiter überlassen?“ HeroQuest überlässt es dem Spielleiter. Auch hier werden wieder nur Tipps und Hilfestellungen zu besonderen Situationen gegeben.
-„Und warum es gerade extra Regeln zum Fernkampf geben muss… aber gut, jedem das seine.“ Es gibt keine extra Regeln für Fernkampf.
-„Dieses Kapitel ist eher auf die Gruppen ausgerichtet, die wirklich in Glorantha spielen möchten, dass diese Gemeinschaften dort eine gewisse Rolle spielen.“ Nein, dies kann für viele Rahmen genutzt werden, in denen die Charaktere keine obdachlosen und arbeitslosen Vagabunden spielen. Ich habe letztens eine Samurai-Runde gespielt, in der die Spieler zuerst die Ressourcen ihres Klans festgelegt haben. Aber auch für Kriminaltechniker in New York City, Forscher der Miskatonic Universität, Vampire einer Kleinstadt in Louisiana oder Ordensritter auf einem Kreuzzug können Gemeinschaften sinnvoll und wichtig sein.
-„Eigentlich würde man ja erwarten, dass hier dann ein bisschen die Welt beschreiben wird. Dem ist aber nicht so.“ Dieses Kapitel bezieht sich direkt auf das vorangegangene. Deswegen ist es an dieser Stelle auch nicht wichtig die Berge und Täler zu beschreiben, sondern eben nur, wie man ein Genre-Paket für das Wichtigste dieser Welt herstellt, in diesem Fall die Magie. Dies ist also nicht mehr als ein Beispiel. Wäre das Beispiel eine Science-Fiction-Welt würden auch nicht unbedingt die Planeten und Sterne beschrieben, sondern eher besondere Technologien und vielleicht Mutationen. In der Tat, kann die Erzählerin dieses Kapitel getrost weglassen, wenn sie zu diesem Zeitpunkt bereits perfekt weiß, wie sie ihre Welt mit HeroQuest umsetzt.
-„Am besten streicht man diese etwa 25 Seiten ganz aus seinem Gedächtnis um nicht über die Verschwendung von Lebenszeit des Lesens (und das Geld das man dafür bezahlt hat) in Heulkrämpfe aus zu brechen.“ Da die Rezensentin keinen Cent bezahlt hat und sicherlich eine schnelle Leserin ist, gehe ich davon aus, dass sich die Heulkrämpfe in Grenzen hielten.
-„Fanübersetzung“ Ja, es ist eine Fanübersetzung, weil HeroQuest das beste System ist, das ich kenne. Gleichwohl haben wir deswegen einen professionellen Anspruch an das Endprodukt (zu Fehlern der rezensierten Vorabversion siehe oben).
-„Narrativismus im Rollenspiel“ Es gibt sicherlich unterschiedliche Geschmäcker, was Rollenspiele angeht. Die Generalkritik am narrativen Rollenspiel geht aber nach meiner Ansicht am Thema der Rezension eines Rollenspielbuches vorbei. Ebenso könnte man sonst einem Rollenspielbuch vorwerfen, dass es nicht so unterhaltsam wie ein Brett- oder Kartenspiel sei. Das Thema sollte also nicht sein, ob narratives Rollenspiel eine sinnvolle Methode ist, sondern ob HeroQuest ein gutes System für narratives Rollenspiel ist.
Fazit
Ich bitte meine Antwort als einfache Gegendarstellung zu verstehen und nicht als Aufhänger für eine Diskussion. Wer sich selbst ein Bild von HeroQuest machen möchte, sollte sich einfach das Buch kaufen und es mal ausprobieren. Deswegen erlaube ich mir an dieser Stelle auf die Websites des deutschen Vereins und des Shops hinzuweisen: http://www.humakt.com/index.php?title=HeroQuest:_Das_Regelbuch
und
http://www.glorantha.com/product/heroquest-das-regelbuch/
Tut mir leid, dass ich einen kritischen Kommentar zu dieser Rezension verfassen muss, aber diesen Beitrag ich aus mehreren Gründen nicht hilfreich. Vor allem weil er im Grundton nicht fair ist. Ich meine hiermit nicht die Tatsache, dass HeroQuest eher schlecht dabei wegkommt. Das kann jeder sehen wie er will. Zunächst mal ist es menschlich einfach nicht in Ordnung sich ein Gratis-Vorab-Exemplar eines Fanproduktes zu besorgen und eine Rezension darüber zu veröffentlichen ohne die entdeckten Fehler an den Autor zurückzumelden, obwohl man diese noch einbauen könnte. Hier hat die Verfasserin etwas an ihrer eigenen „Rolle“ ganz offensichtlich missverstanden.
Davon abgesehen: ich spiele HeroQuest seit etwa einem halben Jahr und kann viele der hier getätigten Aussagen, auch wenn ich mich um Objektivität bemühe, nicht bestätigen. Bei dem Spiel handelt sich um ein offenes und bewusst schlank gehaltenes System, dass einen Erzähler dabei unterstützen soll, gemeinsam mit einer Gruppe von Mitspielern an einer spannenden Geschichte zu feilen. Die Regeln sollen dabei unterstützen und das tun sie meiner Erfahrung nach hervorragend. Vorraussetzung für eine gut laufende HeroQuest Runde ist eine kleine Anzahl Menschen mit einem Mindestmaß an Sozialkompetenz und ja – man ahnt es schon: Fantasie. Wenn diese Vorraussetzungen erfüllt sind, kann man eine ganze Menge Spaß damit haben. Einige Schwächen gibt es selbstverständlich auch, aber das trifft für die allermeisten Spiele zu.
Soviel zu den „menschlichen“ Unstimmigkeiten im Artikel. Das Review enthält aber auch einige sachlich unzutreffende Aussagen. Viele der hier beschriebenen „Widersprüche“ existieren schlicht und einfach nicht (z. B. die Tatsache, dass „Flaws“ bzw. „Makel“ überflüssig und mit Abilities redundant seien) andere werden aufgebauscht, obwohl sie in der Praxis keine spieltechnische Relevanz haben. Klar enthält HeroQuest einige Tabellen. Diese sind allerdings derartig einfach gehalten, dass man sie nach 2-3 Sessions auswendig kann. Sie sind als Hilfestellung gemeint. Wenn einem daran gelegen ist, die Mechanik eines Spiels nach Kriterien wie Effizienz oder Ästethik zu beurteilen, ist HeroQuest sicherlich angreifbar. Insbesondere die deutsche Übersetzung, weil sie eben nicht den Anspruch eines Profi Produkts erfüllen kann bzw. will (ich selbst verwende die englische Ausgabe von „HeroQuest Glorantha“ und bespiele mit meiner Gruppe auch den entsprechenden Hintergrund). Die Frage ist nur: was hilft ein exzessives Beharren auf Spitzfindigkeiten denjenigen, die einfach ein unterhaltsames Spiel für gemeinsame Erzählabende in Glorantha suchen?
Wer „normale“ Rollenspiel-Standards als Maßstab an das System anlegt, kann nicht zufrieden damit sein – er ist im falschen Thema unterwegs. Und auch der Vergleich mit „Fate“ oder anderen Spielen ist nicht zieführend. HeroQuest bringt ein eigenes Spielkonzept mit, das man gut finden kann oder nicht. Im Wesentlichen geht es darum,einen vom „Erzähler“ vorgetragenen dramatischen Plot als Spieler gemeinsam zu erleben und mitzugestalten. Hierbei spielen Kooperation, Motivationen und Spannungsbögen tragende Rollen. Die Spielregeln bilden das entsprechend ab. Und das nach meiner Erfahrung sogar recht gut, allerdings ist das eben Geschmacksache.
Den Tiefpunkt des markiert allerdings folgende Aussage:
„Und auch wer das Konzept noch nicht getestet hat, der sollte vorsichtig damit sein, denn diese Art und Weise des Spiels, eben ohne abstrakte Entscheidungsmöglichkeit, ist wunderbar dazu geeignet Gruppen zu zerstören.“
Geht es bitte auch eine Nummer kleiner? Ich denke: wer eine Gruppe leitet, die sich wegen den Auswirkungen einer freien und offenen Regelmechanik miteinander zerstreitet, hat ein großes Problem. Und zwar keines, das sich durch die Wahl des richtigen Systems lösen lässt. Auch ist mir unklar, was bei dieser Formulierung die „Empfehlung“ der Autorin an die Spieler sein soll. Etwas wie: „Probiert dieses Teufelszeug bloß nicht aus, danach wird Eure Gruppe kein Wort mehr miteinander reden und ihr liegt schreiend am Boden?“. Ich dachte eigentlich immer, dass wir einem gemeinsamen Hobby frönen. Eine solche Tonlage kann Leuten, die sich für gute Spiele interessieren den Spaß nehmen. Der hier vorgetragene Ton ist nicht „unberblümt“, sondern schlicht und einfach daneben.
Ich hoffe, dass dieser Kommentar nicht als Fundamentalkritik aufgefasst wird. Ich freue mich über die Arbeit, die ihr Euch macht und lese hier gerne mit. Über eine Veröffentlichung dieses Kommentars würde ich mich freuen. Vielleicht hat ja jemand in Eurer Redaktion Lust sich einmal mit der Englischen Ausgabe von „HeroQuest Glorantha“ aktiv auseinanderzusetzen. Diese ist sehr eng mit dem Setting verwoben und durchgängig qualitätsgesichert. Idealerweise würden die Verfasser vorab eine Proberunde wagen und sich anschließend eine Meinung bilden.
PS: man möge mir verschiedene Tippfehler und Wiederholungen verzeihen – der Kommentar ist ein Mittagspausen-Elaborat.