Ein Magier auf Abwegen – Teil 11
Ein gestörtes Ritual
„Ah… wenigstens aufmerksam der Junge. Jetzt hör mir mal gut zu, und glaub mir ich merke wenn mir jemand nicht zu hört. Falls du noch einmal auf die Idee kommen solltest etwas auch nur in der Richtung zu denken, wie das was du gerade eben getan hast, dann ist der Tod noch ein gnädiges Ende für dich. Du glaubst doch nicht wirklich, dass die Symbole um mein Auge reine Zierde sind, oder?“ Ich drückte nach wie vor feste, aber nicht zu feste den Dolch gegen seine Kehle.
Die blonde Gefangene schaute uns beiden mit größerem Interesse zu. Der junge Mann vor mir wirkte wie erstarrt und Schweißperlen rannen auf seiner Stirn herab. „Nein, also… ähh, ich meine Ja…“ Er schien sichtlich nervös die Hände zu kneten.
„Einmal schwungvoll entlang ziehen.“ Zischte das dunkelhaarige Mädchen neben mir. „Jetzt, ganz schnell.“
„Was, bitte?“ Fragte der Magier irritiert, schien wohl auch etwas gehört zu haben.
Mein Blick verriet kurz einen Funken Überraschung, der glücklicherweise von niemandem gerade wahrgenommen werden konnte, weil alle die es sehen könnten hoffentlich zu weit weg standen.
„Sag,“ zischte ich in sein Ohr, „was meinst du sollte ich jetzt mit dir machen?“
„Mich gehen lassen.“ Kam die promte Antwort, etwas höher und zittriger als vorher. „Du würdest verdammten Ärger bekommen wenn ich sterbe, es wäre wohl auch dein Tod.“ Das Mädchen neben mir gab irgendeinen unverständlichen Laut von sich. Es schien fast so, als würde sie sich vor etwas fürchten oder mit etwas kämpfen.
Halt dich bloß zurück hier, dachte ich bei mir.
„Würde ich das… lass mich nachdenken… ich töte jemanden… direkt bei unserer ersten Begegnung, warum tat ich das bloß….“ ich ließ eine kleine Denkpause, „richtig. Weil diese jemand nachweislich dafür sorgen wollte, dass das Ritual gestört würde… und das konnte ich natürlich nicht zu lassen. Sie werden mir dankbar sein.“
Schweißtropfen perlten dem Mann im Gesicht runter und wieder schien es so als würde er seine Hände kneten. „Es gibt doch auch Zeichensprachen bei euch, ich glaube er redet mit jemanden.“ Keuchte das Mädchen leise, fast schwach neben mir. „Ich gehöre zu den wenigen die die richtigen Formeln beherrschen, also glaube nicht, dass sie dir sowas glauben würde.“ Keuchte der Magier hektisch. „Zwei gegen einen, wen hast du da bei dir, Verräter?“ Zischte er dann, mehr zum Mädchen als zu mir.
„So… glaubst du nicht… und warum gleich sollte es dich retten, wenn du die Formeln weißt? Umso passender, das du weißt, wo man sie so manipulieren kann, das niemand feststellen kann, wer es gewesen ist, geschweige denn rechtzeitig um eventuelles Unheil – was natürlich Ansichtssache ist, weil – konzentriere dich, verdammt – aber das ist auch unwichtig.“
Ich folgte seiner Blickrichtung, drückte die Klinge aber noch etwas stärker gegen seinen Hals.
„Jetzt sag bloß es würde dich kümmern, wenn ich unrondriansch handle… ts, ts… es steht ja schlimmer um dich als ich dachte. Und bei mir… trage ich ein Geschenk meines Herren.“
„Verdammt.“ Murmelte das Mädchen leise, ehe ich feststellen musste, dass ihre Haare in einem lautlosen Flammenmeer versanken, während der Mann neben mir keuchte. Dann schien alles zeitgleich zu geschehen. Die blonde Frau sprang auf, ihre Fesseln hatte sie gelöst und brüllte laut. „Für Phex und seine Geschwister.“ Dolche blitzten direkt in ihren Händen auf und Kampflärm entbrannte um mich herrum. Der junge Mann in meinen Händen wimmerte leise auf Urtulamidia. „Herr der Flammen…“
Herr der Flammen, Herr der Flammen….? …! Erkenntnis reifte in mir, die mich nun tatsächlich dazu brachte, den Dolch mit aller Kraft die ich aufbringen konnte, über seine Kehle zu ziehen und mich dann in Richtung der Frau zu drehen, so dass sein Körper zwischen uns war. Hätte ich doch mal mehr Interesse für Tijakool übrig gehabt… na muss auch so gehen.
Neben mir begann das Mädchen laut und unmenschlich zu kreischen, Blut spritzte in die Luft und mit einem leisen Rauschen pfiff ein Dolch Millimeter an meinem Haar vorbei. Die blonde Frau schaute nun aber entsetzt zu dem brennenden Mädchen neben mir, vor dem sich langsam goldrote Flammen in konzentrischen Kreisen auf dem Boden sammeln. Heiß genug um meine Lunge bei jedem Atemzug schmerzhaft auflodern zu lassen. Um mich herum kämpften Bauern und Freischärler mit den Kriegern der Drachengarde. Der andere Magier verschränkte gerade die Arme vor der Brust und nickte.
Feigling!
Ich konzentrierte mich ein wenig um die Zauber vernünftig hintereinander zu bekommen und versuche nur Sekunden nachdem sich ein flammendes Inferno von mir auszubreiten begann, mich selbst mittels Paralysis zu versteinern – und auch nicht mit dem Dolch in meiner rechten Hand ungünstig meinen Kopf zu treffen – um nicht ebenfalls vom Feuer verzerrt zu werden.
Das Mädchen neben mir riß sich ein Teil ihrer Gesichtshaut weg, schaute dann zu dem Inferno das sich vor uns ausbreitete, spreizte die Hände und kreischte in nerven zerreibendem Ton einige Worte. Violette Flammen lecken nun über ihren Körper, vertrieben die roten Flammen.
Doch der Boden brach im Zentrum des Kreises langsam auf und mit dem Magma schob sich eine gewaltige feurige Echse an die Erdoberfläche. Die Kämpfe um mich herum gerieten langsam ob des Spektakels ins Stocken und die ersten flohen.
Aufgrund eingeschränkter Sicht durch den Paralysis und eine nicht wirklich mögliche Drehung meines Kopfes, beobachtete ich das Geschehen weiter vor mir und wartete ab wie es sich weiter entwickeln würde.
Das Mädchen schien sich kurzzeitig mit dem gewaltigen flammenden Salamander anzulegen. Dann blickte sie mich wütend an und verblasst. Auch das Feuerwesen schien nur noch zu verweilen um das Mädchen zu bekämpfen, zersprang dann in einer gewaltigen Explosion aus Magma, Flammen und Hitze. Dann breitete sich nach wenigen Sekunden schon eine Stille aus, die nur von Stöhnen und leisen Waffengeklirr, weit entfernt unterbrochen wurde. Um mich herum flackerten einige verbannte Lebenwesen, hier und dort züngelten Flammen aus dem Boden, leckten über die Büsche und versuchten im nassen Gras Fuß zu fassen.
Ich ließ den Paralysis wieder fallen und versuchte die Leute, die nicht tot waren auf einen Haufen zu ziehen um sie nicht völlig verbrennen zu lassen. Wurden ja schließlich noch gebraucht.
Nach einigen Sekunden war ein Hüne von Mann neben mir und half mir beim Tragen ohne ein Wort zu sagen.
Hmm… wo kamm der jetzt her?
Ich machte erstmal weiter und wartete bis wer verantwortliches aufkreuzte.
Es dauerte drei Schwerverletzten-Transporte, dann hörte man das Donnern von Pferdehufen und die Maga mit zwanzig Schwergerüsteten tauchte auf. Schwungvoll schwang sie sich aus dem Sattel, blieb aber stehen und schaute sich das Ganze mit unbewegter Miene an.
Ich trug die letzte Person noch hinüber und wendete mich dann ihr zu, ging ein paar Schritte in ihre Richtung und wartete.
Sie schien mich schon vorher bemerkt zu haben, presste die Lippen aufeinander und kam mir dann auch entgegen. „Was ist hier los gewesen?“ Verlangte sie dann zu wissen.
„Euer… Mitarbeiter, war offensichtlich nicht der für den er sich ausgab, sondern plante im Gegenteil, euer Ritual zu stören.“ Ich verschränkte die Arme hinter meinem Rücken und wanderte auf und ab.
„Leider hatte er sich mit einigen der Geiseln verbündet, die sich im Moment seiner Entlarvung dazu entschlossen gegen uns aufzubegehren. Eine von ihnen schien eine Anhängerin von Ingerimm zu sein und versuchte mit ihrem lächerlichen Gott etwas zu retten.“
Ich blieb stehen und lächelte sie an. „Ich zeigte ihr was wahres Feuer ist.“
Die Magierin befeuchtete ihre Lippen und nickte langsam. „Bedauerlich und sehr ärgerlich. Einige der Freischärler sind entkommen.“ Sie schaute auf den zerstörten Kreis, der durch die Hitze zerschmolzen war. „Das wird einige Tage dauern, bis wir wieder anfangen können.“ Murmelte sie.
„Es tut mir sehr leid, dass ich gezwungen war so drastische Maßnahmen zu benutzen, aber eurer anderer Bediensteter war so feige mit einem Transversalis zu verschwinden, anstatt zumindest den Versuch zu unternehmen, den Schaden zu begrenzen.“
Sie schmunzelte leicht. „Er tauchte mit zwei Messern in Brust und Kehlkopf vor mir auf.“ Nickte sie dann. „Wie es scheint befand sich eine Phexgeweihte unter den Freischärlern. „Ist noch etwas von dem Leichnam des Verräters zu sehen? Vielleicht könnten wir mit ihm sprechen.“
„Tja…“ Ich drehte mich in Richtung Zentrum der Feuersbrunst um. „da müsste man etwas suchen, fürchte ich. Und Zauber wohl ebenfalls nutzen.“
Sie schnipste kurz und der großen Hüne trat neben sie. „Such den Verräter und bring alles in mein Haus, was von ihm geblieben ist.“ Dann schaute sie zu mir. „Wollen wir etwas essen und einige Tabakblätter rauchen?“ Fragte sie dann, wie nach einem Sonntagsspaziergang.
„Das hat mich in der Tat etwas hungrig gemacht…“ erwiderte ich und bot ihr den Arm an.
Sie lächelte galant, nahm den dargebotenen Arm an. Und so wendeten wir uns ihrem Anwesen zu.
„Wo habt ihr den Kerl überhaupt aufgetrieben?“ fragte ich nach einer Weile.
„Er hat sich genauso wie du hier beworben.“ Antwortete sie mit einem spöttischen Lächeln. „Niemals wieder, ich werde mit Galotta reden und um kompetentere Mitarbeiter bitten. Solange Rhazzazor mich nicht frisst.“ Das Ende klang bemüht lustig.
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