Die verbotene Stadt
Greystar 2
„Greystar“, bzw. Silberstern bringt frischen Wind nach Magnamund, der Welt von „Einsamer Wolf“. Bei Mantikore geht die Reihe von Ian Page und Joe Dever auch auf Deutsch in die zweite Runde…
Reise in die verbotene Stadt
Wie der Titel verrät, führt uns die Suche nach dem Mondstein in die „Verbotene Stadt“. Die wird uns nämlich in einer Prophezeiung als Ort des Schattentores gezeigt, dass uns in die Ebene des Daziarns führen soll, wo wir den Mondstein vergangener Zeiten finden können. So mystisch wie diese Vision klingt, ist allerdings nur die Einleitung des Buches aufgemacht. Ja, als Shianti-Magier, kommen wir mit den großen mystischen Sagen des Lone Wolf-Universums in Kontakt, im Abenteueralltag sind wir aber letztlich einfach ein magiebegabter Held.
Unsere Aufgabe ist schnell klar. Wir müssen das Portal in der verbotenen Stadt finden und betreten, bevor es seinen Ort wechselt. Das bedeutet ein klassisches Reiseabenteuer das jedoch ungewöhnlich abwechslungsreich verläuft. Zuerst wäre da der Kontakt mit den Stämmen der Kundi und einem etwas eigenartigen Begleiter zu nennen, der gerne verklausulierte Weisheiten von sich gibt. Darüber hinaus geraten wir in einen Konflikt zwischen den Guerillakämpfern der Freiheitsgilde und den bösartigen Shadakinen, interagieren mit einer sonderlichen Reptiliengattung und betreten schließlich in die mysteriöse verbotene Stadt selber. Alle Etappen sind dabei variationsreich aufgebaut und ermöglichen durch unsere magischen Fähigkeiten und ein mächtiges Artefakt unterschiedliche Lösungen. Der Aufenthalt in der Stadt fällt dabei recht kurz aus, hält aber einige Überraschungen für uns parat. Auch die uns bedrohenden Schrecken sind stimmig und in der Form neuartig.
Am deutlichsten hebt sich der zweite Band der Greystar-Reihe jedoch durch seine Begleiter ab. Nicht nur der Weise Kundi begleitet uns, sondern auch ein Muskelprotz und der zwielichtige Hugi, der in der verbotenen Stadt seine Chance zum großen Reichtum sieht. Die Vorschläge unserer Begleiter erzeugen zusammen mit den gelungenen Illustrationen ein lebendiges Spielgefühl. „Greystar 2“ fühlt sich frisch an, ohne sehr vom Ton der „Einsamer Wolf“-Reihe abzuweichen. Das gilt auch für die Regeln, die durch Magie etwas komplexer ausfallen, grundsätzlich aber altbewährtes behutsam erweitern.
Schätze des Wahnsinns
Das Bonusabenteuer von Alexander Kühnert schließt da an, wo die Haupthandlung aufhört. Wir nehmen die Perspektive von Hugi ein, der als Diebesmeister auf Schatzsuche geht. Seine Geschichte fügt sich perfekt in den Hauptstrang ein und ermöglicht uns die verbotene Stadt näher zu untersuchen. Wahnsinn bestimmt die meisten Begegnungen als Hauptmotiv, wodurch ein stimmiges und ungewohntes Abenteuer entsteht, wenngleich die Karikatur des Wahnsinn etwas Klischeehaft ausfällt. Irgendwo zwischen „Alice im Düsterland“ und Poes „Tarr and Feather“, stellt sich die verbotene Stadt als nicht gerade zeitgemäßes Zerrbild von Schwachsinnikeit dar.
Die Regeln für Hugi sind hingegen zeitgemäß und für die 150 Abschnitte angemessen simpel. Wir starten mit festen Startwerten und dürfen 3 aus 6 Diebesfähigkeiten auswählen. Außerdem kann unser Wahnsinn ansteigen und bestimmte Entscheidungen erzwingen. Die knappen Regeln werden rund, manchmal jedoch etwas aufwändig eingesetzt. So werden häufig Proben verlangt – Zufallszahlen, die durch den Besitz einer Fertigkeit leicht verbessert werden – oder beispielsweise etwas umständlich unser Traggewicht berechnet. Das funktioniert, fühlt sich aber nicht so glatt an, wie die Regeln des Hauptabenteuers. Überzeugen können hingegen der Schreibstil, der interessante Charakter, ein gelungenes Ende und innovative Rätsel.
Gesamteindruck
Die „Verbotene Stadt“ fällt mit immerhin 340 Seiten deutlich knapper aus als der erste Band. Das hohe Niveau der Reihe wird jedoch problemlos gehalten und die beiden Abenteuer fühlen sich abwechslungsreich und nicht gehetzt an. Die Magieregeln wurden ebenso gut implementiert, wie eine stimmig und plausibel aufgebaute Welt erzeugt.
Auch die Aufmachung kann wieder einmal begeistern. Eine hochwertige Farbkarte und zahlreich Illustrationen werten das Spielerlebnis auf. Die Zeichnungen von Hauke Kock sind dabei modern aber im typischen Spielbuch-Tusche-Stil gehalten. Wer gute Spielbücher schätzt und sich Magnamund in überschaubaren Umfang nähern will, oder einfach nicht genug von Kai und Shianti bekommen kann, darf bedenkenlos zugreifen.
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