Die Grüne Fee – Geschichten aus Eis und Dampf, Ausgabe 2

Eine Rezension von Infernal Teddy

Dame Vogt hatte uns letztes Jahr die erste Ausgabe eines kleinen Groschenheftes zukommen lassen, welches sie zusammen mit ihrem Mann und einigen anderen „Schergen“ erschaffen hatte, eines, welches die Welt ihres Romans Die zerbrochene Puppe und dem dazugehörigen Rollenspiel Eis & Dampf erweiterte und lebendiger gestaltete, und wir waren, wie sich vielleicht der eine oder der andere Leser erinnert, ganz angetan. Jetzt ist ein Jahr ins Land vergangen, und wir beschäftigen uns heute mit der zweiten Ausgabe von Die Grüne Fee, und schauen, ob das kreative Team den Standard halten konnten, welche sie mit der ersten Ausgabe vorgelegt haben.

Vom Umfang her hat die zweite Ausgabe gegenüber der vorherigen Publikation zugelegt, und weist jetzt 84 Seiten auf, statt 60. Und ich muss zugeben das ich mittlerweile Mia Steingräbers Bleistiftillustrationen einfach ganz, ganz großartig finde. Ansonsten kann ich eigentlich nur meine Beschreibung des vorherigen Heftes zitieren:

Außen mit einem farbigen Cover ist das Heft sonst komplett in Schwarz-Weiß. Einerseits wirkt das Ganze wie die Schülerzeitung an der ich in den Neunzigern gearbeitet habe, anderseits erweckt es in mir Erinnerungen an die Broadsheets und Pulp-Magazine der ersten beiden Jahrzehnte des zwanzigsten Jahrhunderts. Das Heft enthält zum Teil Werbeanzeigen, welche direkt dem viktorianischen London zu entstammen scheinen, zum Teil Anzeigen von Namen und Geschäften der aktuellen Steampunk-Szene. Addiert man dazu noch Illustrationen von Mia Steingräber und Caryad, und schon hat man ein auch optisch sehr thematisch passendes Magazin.

Aber auch wenn die Optik gerade bei einem Projekt wie die Grüne Fee eine ganz wichtige Rolle spielt, entscheidend ist dann doch der Inhalt des Heftes, wie sieht es denn da aus?

Enthalten sind in dieser Ausgabe sieben Geschichten, zusammen mit einem „Zeitungsbericht“ des Hansespiegels, der Zeitung, über die wir bei unserer Betrachtung der Welt von Eis und Dampf immer wieder begegnen. Die erste Geschichte, NorÞan und die Silberne Königin, ist aufgemacht als sei es eine Leseprobe oder erste Geschichte aus einer Heftromanreihe um den „Herrn der Kälte“, und handelt von einer Expedition in den eisigen Norden, wo eine junge Frau namens Hel dem Lebenswerk zweier Forscher nachgeht, welche im Eis verschwanden. Doch auch Hel ist nicht was sie zu sein scheint, auf der Flucht vor Häschern, welche ihr ein ganz anderes Geheimnis entreißen wollen. Die zweite Geschichte, Frij und Friedlichkeit, fand bei diesem Fan von Jane Austen großen Zuspruch, spielt die Eröffnung doch den Anfang von Pride & Prejudice wieder. Aber eigentlich geht es um ein Wiedersehen mit den Protagonisten des Romans Die zerbrochene Puppe, denn Naðan besucht mit seiner frisch vermählten Frau Tomke eine Familienfeier. Doch es geht nicht alleine darum, seine arg stolze Familie vor dem Kopf zu stoßen, sondern… um etwas, das sich im Schatten der Feier befindet. Die Vogts sind beides Fans gewisser Filme, welche in weit entfernten Galaxien angesiedelt sind, was man an Krieg der Stürzer merkt. Schließlich geht es darum, wie ein solcher Film wohl in der Welt von Eis & Dampf aussehen könnte. Die Zeitungsseiten berichten von der Suche nach Dinosaurierfossilien an einem legendären See von Ness, und um eine Reihe von Kurzmeldungen und Werbung, welche mit der einen oder der anderen Geschichte im Heft in Verbindung stehen. Ich habe eine gewisse Zuneigung zu abstrusen und merkwürdigen Architekturprojekte, weswegen die Geschichte Atlantropa muss sterben bei mir sofort eine Seite zum klingen brachte. Erzählt in Form von Zeitungsausschnitten und Geheimdienstberichten geht es hier darum, wie dieses Projekt wohl beinahe in der Welt von Eis & Dampf Wirklichkeit geworden wäre, wenn Herman Nötel nicht unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen wäre… Mia Steingräber führt in Schabernack mit Toten die Geschichte Der Schlüssel aus dem vorherigen Heft fort, während es in der letzten Geschichte, Seine tote Lordschaft um niemand geringeres geht als Sherlock Holmes, welcher in dieser Welt eine etwas… andere Karriere genommen hat.

Fazit:
Auch das zweite Heft von Christian und Judith Vogt, Mia Steingräber und ihren „Schergen“ weiß zu überzeugen. Die Geschichten sind abwechslungsreich, und tragen dazu bei, die Welt von Eis & Dampf immer weiter auszuschmücken und mit neuen Details zu versehen. Meine Favoriten sind in diesem Heft ganz klar Frij und Friedlichkeit und Atlantropa muss sterben, aber die Qualität hält das Niveau der ersten Ausgabe mühelos. Fans deutscher Dampfbiedermeier-geschichten können hier unbedenklich zuschlagen, und es wird ihnen vom Rezensenten wärmstens empfohlen – zulegen kann man sich das Heft bei den Vogts direkt über deren Website.

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