Cryptos

Ein Hörbuch von Ursula Poznanski

Rund einhundertfünfzig Jahre in der Zukunft ist das Leben der meisten Menschen recht aufregend. Zumindest virtuell. Denn nachdem die Klimaerwärmung immer mehr Lebensraum zerstörte, haben sich die Menschen in künstliche Welten zurück gezogen in denen sie erleben können was sie möchten. Den Tag über verbringen ihre Körper in kleinen Kapseln, angeschlossen an Versorgungsleitungen und natürlich Strom, aber mit ihrem Geist sind sie in anderen Zeitaltern oder Fantasiewelten. Doch ein paar wenige Menschen müssen in der Realwelt bleiben, denn schließlich muss irgendjemand jene Welten bauen und überwachen das auch alles richtig läuft. Jana ist so eine Designerin, die eben nicht jeden Morgen in eine andere Welt abtauchen kann, sondern in der Hitze vor einer Designstation sitzen muss, das ekelig wiederaufbereitete Wasser trinkt und überwacht, was so in ihren drei Welten passiert.
Doch an diesem Morgen ist irgend etwas komisch. In Kerrybrooke, einem kleinen irischen Fischerdorf nachempfunden, fehlen ein paar Einwohner. Normalerweise wäre das nicht schlimm, denn schließlich könnten sie sich auch irgendwo anders eingeloggt haben, aber sie sind komplett aus dem System verschwunden. Das passiert eigentlich nur wenn sie tot sind. Doch warum sollten so viele Menschen auf einmal gestorben sein? Mastermind, der Konzern, der die künstlichen Welten, sowie die Kapseln und die Wohndepots in denen jene stehen, verwaltet, sorgt dafür, dass im Notfall die Menschen versorgt und gerettet werden. Also muss es einen anderen Grund haben. Doch auch ein Besuch in ihrer eigenen Welt bringt keine Klarheit. Im Gegenteil, noch mehr Menschen verschwinden und dann passiert sogar ein Mord. Zwar ein virtueller, der eigentlich bloß ein Erwachen des Menschen erzeugen sollte, aber auch das Opfer taucht nicht mehr in einer anderen Welt auf. Als Jana dann entdeckt, dass der Mörder ein Phantom war, jemand der un-identifizierbar im System hängt, und auch noch in einer zweiten Welt von ihr herumgespielt wurde, entschließt sie sich der Sache genauer nach zu gehen. Obwohl Mastermind ihr Urlaub verordnet hat und die Sache lieber fachmännisch selbst klären möchte. Nach einem kurzen Abstecher in einer Urlaubswelt, folgt sie dennoch der Spur, merkt aber schnell, dass etwas nicht stimmt. Sie kann die künstlichen Welten nicht mehr auf normalem Weg durch einen Exitpoint oder Einschlafen verlassen. Und als dann auch noch eine Warnung von einem Kollegen auftaucht, der behauptet, dass ein Tod auch keine Lösung wäre, da in ihrem Fall ein virtueller Tod ein ganz realer Tod ist, und tote Tauben vom Himmel fallen, bricht ein wenig Panik in Jana aus. Wer steckt hinter der ganzen Sache? Wer tötet hier zahllose Menschen und manipuliert in ihren Welten herum? Was haben die Tauben zu sagen, und warum soll sie sterben? Der Weg zu einer Antwort führt durch zahlreiche Welten und bringt eine Erkenntnis, die ungeheuerlicher ist als alles was sie sich vorzustellen vermochte.

Das Thema des Buches ist typisch Jugendbuch-Poznanski eine Kombination aus einer technischen Neuerung – gut, in diesem Fall gibt es so etwas natürlich noch nicht, aber vorstellbar ist es durchaus – und einer weiteren Komponente, in diesem Fall die Klimaerwärmung. Erst durch die Folgen der Klimaerwärmung, die leider durchaus realistisch für in 150 Jahren dargestellt werden, ist es überhaupt zum Aufstieg der Firma gekommen, in der dann alle Menschen versuchen der Realität zu entfliehen. Seltsamerweise wird mit keinem Wort etwas von Bezahlungen erwähnt. Einzig sogenannte Klimapunkte spielen eine Rolle, aber auch jene sind eigentlich eine virtuelle Währung. Damit reiht sich die Geschichte in die klassischen ‘What if..?’ Geschichten ein in denen ein Umstand als gegeben präsentiert wird, die Protagonisten aber nicht über bestimmte Dinge nachdenken, sondern diese als gegeben hinnehmen, was dann zwangsläufig auch der Leser – oder in diesem Fall Hörer – tut.
Die Geschichte selbst ist zunächst eine – auch wieder Poznanski typisch – Kriminalgeschichte, bei der die Leser mitraten und fiebern, wer den nun in den Welten von Jana da sein Unwesen treibt und wer für die seltsamen Umprogrammierungen verantwortlich ist. Doch das klärt sich nicht etwa erst am Ende der Geschichte, sondern schon viel früher und ab da ändert sich die Art der Geschichte leicht – in welche Richtung wird hier natürlich nicht verraten.
Die Charaktere, allen voran hauptsächlich Jana, denn aus ihrer Sicht wird die Geschichte schließlich erzählt, kommen natürlich rüber, wenn auch in Janas Fall ein wenig einfältig und man sich an ein paar Stellen fragt, warum sie nicht anders reagiert hat, wo sie doch eigentlich das Weltenkonzept sogar besser kennen müsste als der Leser/Hörer. Diese kleinen Momente stören etwas den Ablauf, werden aber in manchen Fällen ein paar Sätze später sogar zufriedenstellend geklärt.
Die Hörbuchproduktion an sich ist sehr gut umgesetzt, und die Vorleserin hat eine angenehme Stimme, der man gerne zuhört – jedoch hätte mehr Variation in der Stimme an einigen Stellen nicht geschadet. Das Buch selbst besteht aus 30 Kapiteln, aber das Hörbuch ist in 177 Abschnitte unterteilt und hat damit natürlich mehr als einen Abschnitt pro Kapitel. Es kommt in einem sehr schicken Pappschuber mit zwei CDs daher.

Fazit:
Wer die Jugendbücher – und auch die Krimigeschichten – von Poznanski kennt, wird hier einen weiteren Vertreter ihrer Art Geschichten zu erzählen, bekommen. Mag man den Stil, macht man mit Cryptos absolut nichts falsch und kann auch bei Hörbuch getrost zugreifen und viele Stunden unterhalten werden.

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