Building Character: Shadowrun 4
Ein Building Charakter mit Barak Thor
Der folgende Artikel ist Teil einer fortlaufenden Reihe in der wir bei verschiedenen Rollenspielen die Charaktererschaffung schritt für schritt durchgehen. Zum einen können sich so Spieler und Spielleiter die sich für das Spiel interessieren sich ein Bild von der Charaktererschaffung machen, etwas das bei der Entscheidung für oder wider dem Spiel helfen kann. Zum anderen erhält ein Spielleiter, welcher bereits das Spiel kennt, einen fertigen NSC den er direkt im Spiel einsetzen kann.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Rollenspielsystemen, stellt sich bei Shadowrun bereits am Anfang die Frage nach welchem System will ich meinen Charakter erschaffen? Shadowrun nämlich bietet gleich drei verschiedene Möglichkeiten.
Um die Unterschiede der Systeme herauszustellen, habe ich ein Charakterkonzept erstellt, das viele Extreme kennt.
Die „Super-Smash-Brothers“
Troll-Drillinge, mit Ki-magischer Begabung, die sich als Personenschützer, Krediteintreiber, Schutzgelderpresser und Straßenkämpfer ihren Lebensunterhalt auf der Straße verdienen.
Mario (Generierungspunkte-System, SR4 Grundregelwerk)
Zu Beginn stehen 400 Generierungspunkte (GP) zur Verfügung.
Rasse: Troll (40GP)
Der Troll startet mit einigen Vorteilen, seine Stärke und Konstitution sind bereits um 4 Punkte erhöht. Er verfügt außerdem über Infrarotsicht, eine erhöhte Nahkampfreichweite (+1) und Natürlicher Panzerung (+1)
Attribute (200GP)
Für die sehr wichtigen Attribute dürfen max. 200 BP ausgegeben werden. Dabei ist zu beachten das der jeweils letzte Punkt des natürlichen Attributsmaximum 25 statt 10 GP kostet. Startwert ist immer = 1
Diese 200 GP sollte man grundsätzlich ausschöpfen.
Mario erhält deshalb auf alle seine vier Körperlichen Attribute +3, da Trolle aber nicht zu den hübschesten oder intelligentesten Vertreten der Metamenschheit zählen nur +1, seine Intuition +2, dafür ist Mario aber ein ziemlich sturer Bock und erhält +4 auf die Willenskraft.
Sonderattribut (40GP)
Magie/Resonanz und Edge sind Sonderattribute und unterliegen nicht der 200 GP Begrenzung
Als Ki-Adept verfügt Mario auch über ein Magieattribut – dies steigert er auf 4 was im später 4 Punkte für Ki-Kräfte einbringt.
Das Edge wird auf 2 erhöht
Vorteile/Nachteil (-10GP)
Maximal können Vor-/Nachteile im Wert von 35 GP erworben werden
Mario ist Adept (5GP), Besonders zäh (Zähigkeit 10GP) und besitzt gutes Heilfleisch (Schnellheilung 10GP)
Allerdings führt das Heilfleisch auch dazu das er Implantate abstößt (Immun-Abstoßung 15GP), was den Einbau von Cyberware erschwert, ist weiterhin in Polizeikreisen einschlägig bekannt (SIN-Mensch kriminell 10GP) und kommt mit der ganzen modernen Technik nicht klar (Sim-Sinn-Desorientierung.
Fertigkeiten (122GP)
Hier gibt es Unterschiede zwischen einzelnen Fertigkeiten und Fertigkeitsgruppen, die mehrere Fertigkeiten zusammenfassen, die sich stark ähneln und dadurch günstiger zu steigern sind. Zu Beginn darf ein Charakter max. 1 Fertigkeit auf 6 oder alternativ 2 auf 5 besitzen, sowie Fertigkeitsgruppen max. auf 4 Punkte. Die Kosten sind 4GP für Einzelne Fertigkeiten und 10GP für Gruppen.
Als Nahkämpfer besitzt Mario natürlich die entsprechende Gruppe die sowohl unbewaffneten, als auch Klingenwaffen und Knüppel beinhaltet auf 4, die Feuerwaffengruppe auf 2 und Athletikgruppe auf 1. Dazu kommen die Einzelfertigkeiten Ausweichen 3, Gebräuche 2, wobei er sich besonders auf der Straße mit den Gepflogenheiten auskennt, Wahrnehmung 3 und Erste Hilfe 2.
Wissenfertigkeiten
Diese bekommt man beim GP-System (Intuition+Logik)*3 geschenkt
Marion kennt sich deshalb für ins. 12 Punkte in den Bereichen Illegale Straßenkämpfe, Wettmafia, Personenschutz und Samurai-Filmen mit einem Wert von 3 aus.
Neben seiner Muttersprache spricht er aber auch noch ein paar Fetzen Englisch 1 und Italienisch 2.
Mit den finalen GP kommt man nun zum Finanziellen.
Für jeden GP kann Mario 5.000 Nuyen erhalten. 4 GP gibt er aus um 20.000 zu erhalten. Das reicht für ein Mittelklasse Kommlink, ein paar Nahkampfwaffen, eine Pistole, Schrotflinte, einen Italischen Anzug und natürlich einem Motorrad. Die Miete für seine Unterschichtsbude ist für 2 Monate bezahlt. Am ende bleiben von den 20.000 noch 250 übrig. Diese können auf das Startkapital von 3W6x50 Nuyen als +2 angerechnet werden.
Connections: die letzten 4GP gehen für die Bekanntschaft zu einem Mafia-Buchmacher und Kredithai drauf. Diese besorgt den „Super-Smash-Brothers“ gelegentlich Jobs. Mehr als ein Arbeitsverhältnis haben die beiden aber nicht – Loyalität 1, Dafür hat der Mafioso schon einiges zu sagen – Connection 3
Finale Werte:
Mario – Troll-Ki-Adept
Kon 8
Ges 4
Rea 4
Str 8
Cha 2
Int 3
Log 2
Wil 5
Mag 4
Edge 2
Adept
Schnellheilung (+2 Heilungsproben)
Zähigkeit (+1 Schadenswiderstandsproben)
Immunabstoßung ( Essenzverlust durch Cyberware *2)
Sin-Mensch (kriminell)
Simsinn-Desorientierung (-2 Proben mit AR, VR und Simsinn-Geräte)
Nahkampfgruppe (unbewaffnet, Knüppel, Klingenwaffen) 4
Feuerwaffengruppe (Pistolen, Gewehre, Schnellfeuerwaffen) 2
Athletikgruppe (Laufen, Klettern, Schwimmen, Akrobatik) 1
Ausweichen 3
Gebräuche (Straße) 2 (+2)
Wahrnehmung 3
Erste Hilfe 2
Illegale Straßenkämpfe 3
Wettmafia 3
Personenschutz 3
Samurai-Filmen 3
Deutsch M
Italienisch 2
Englisch 1
Ki-Fertigkeiten
Gesteigerte Reflexe 1 (1,5 Ki)
Kritischer Schlag 2 (0,5 Ki)
Mystischer Panzer 2 (1 Ki)
Schmerzresistenz 1 (0,5 Ki)
Todeskralle (0,5 Ki)
Connections: Mafioso (Connection 3, Loyalität 1)
Ausrüstung: Katana, Teleskopschlagstock, Ares Predator IV, Remington 990, Tarn-/schnellziehholster, Lasermarkierer, 50 Schuss (normal), 20 Schuss (Gel), Actioneer Geschäftskleidung, Ledermantel, Panzerweste, Novatech Airware (mit Iris Orb und Basic USER), gefälschte Lizenz Katana St. 4, gefälschte Lizenz Ares Predator St. 4, Brecheisen, Automatischer Dietrich St. 6, Atemgerät St. 6, taschenlampe, Medkit St. 6, AR-Handschuhe, Suzuki Mirage, 2 Monate Unterschicht-Lebenstil
Falcon (Karma-Generierungssystem)
Zu Beginn stehen 750 Karmapunkte zur Verfügung. Um das System etwas zu Verkürzen stelle ich bloß die Unterschiede heraus.
Rassen kosten das selbe in Karma wie auch GP – Troll (40 Karma)
Attribute werden von den Startwerten gemäß der Kostentabelle erhöht – Neue Stufe +5. Max dürfen 375 + (Rassenkosten*2) ausgegeben werden – ergo 455.
Will man bei Falcon die selben Werte erreichen stellt man fest das man 460 benötigen würde (Sonderattribute fallen hier mit ins Limit).
Falcon ist deshalb der intuitive der Brüder, aber dafür auch weniger Stur (Intuition +1, Willenskraft -1)
Durch die Vor-/Nachteile hat Falcon 20 Karma mehr zur Verfügung. Die GP-Kosten werden einfach verdoppelt.
Fertigkeiten: Für die ausgleichenden Fertigkeiten zahlt Falcon 141 Karma.
Wissensfertigkeiten: Im Karmasystem gibt es keine Geschenke außer der Muttersprache. Falcon muss 34 Karma aufwenden.
Finanzen und Connection: Statt 5.000 erhält Falcon bloß 2.500 pro Karma, genauso muss er bei den Connectionwerten doppelt bezahlen – 16 Karma gehen dafür drauf.
Teuflisch wird es jetzt, denn nach Adamriese fällt auf das Falcon erst 666 Karma ausgegeben hat und mit einer kleinen Abweichung in den Attributen, ein nahezu perfekter Drilling geworden wäre.
84 Karmapunkte sind eine ziemlich große Menge, betrachtet man den Aufwand den man ja nur für Geld und Connections genutzt hat.
Falcon ist also neben seiner ganzen Tätigkeit auch noch Autoschrauber und liebt seinen Blue Falcon über alles:
Fertigkeit:
Bodenfahrzeuge: 4 (22 Karma)
Fahrzeugmechanik: 3 (14 Karma)
Motorsport 3 (8 Karma)
Finanzen (34 Karma)
+85.000 Nuyen für eine Eurocar Westwind 3K
Connection:
Autoschrauber/Werkstattinhaber (Loyalität 2, Connection 1) – (6 Karma)
Kirby (Prioritätensystem)
Im Prioritätensystem mussen den Kategorien Rasse, Talent, Attribute, Fertigkeiten und Ressorcen/Connections Prioritäten zugeteilt werden. Diese teilen dann automatisch verfügbare Punkte zu.
Um möglichst nah an seine Brüder zu kommen werden bei Kirby die Prioritäten folgendermaßen verteilt:
Rasse: B (Troll +1 Sonderattributspunkt)
Talent: C (Adept Magie 3)
Attribute: A (20 Attributspuntke)
Fertigkeiten: D (20 Fertigkeitspunkte – max. 1 Gruppe; Int+Log *2 Wissenfertigkeitspunkte)
Ressourcen/Connections: E (5.000 Nuyen und 2 Conections mit Wert Loyalität 2, Connection 3)
Das Resultat ist dadurch jedoch, dass Kirby es zwar gerade so noch schafft, ein Troll zu sein aber bereits in den Sonderattributen Nachteile einzustecken hat. Da Kirby schon beim Prioritätensystem ins Klo gegriffen hat (Edge -1)
Bei den Fertigkeiten hat er nun wirklich nichts zu lachen. Die Nahkampfgruppe bleibt 4 aber die anderen müssen aufgespalten werden. Kirby baut auf seine Attribut – Athletik wird auf Laufen, Klettern und Akrobatik 1 gekürzt. Er kann auch bloß mit Pistolen 2 und Gewehren 2 umgehen, Gebräuche ohne Spezialisierung 2, Wahrnehmung 2, Ausweichen 3, Erste Hilfe 2
Bei den Wissenstalenten verfügt er bloß über den Wert 2 in den jeweiligen Talenten und spricht kein Englisch.
Statt einem Katana hat er nur ein Überlebensmesser, ein Komlink besteht lediglich aus einem Sony Emperor (mit Vector Xim und Basis USER). Er hatt keine Lizenzen, keine Zusatzausrüstung wie den Dietrich, die Atemmaske und dem Medkit. An ein Motorrad ist gar nicht zu denken. Außerdem wohnt er bei seinem Bruder Falcon auf der Couch.
Allem zum Trotz hat er dafür besser Freunde als seine Brüder. Toni, der Mafiosi hat ihn lieber (Loyalität 2, Connection 3) und wenn er Stress mit den Bullen hat kann er sich immer noch auf seinen Saufkumpagnen Martin Müller, Polizist bei der HanSec verlassen (Loyalität 2, Connection 3)
Vor- und Nachteile sind im gesamten Prioritätensystem lediglich optional.
Unterm Strich zeigt sich also, dass zumindest das letzte System deutliche Schwächen zeigt.
Zwischen den Systeme mit den GP und dem Karma dagegen kann man schon eher vergleichen. Das Karmasystem fördert gleichhohe Attributswerte, während man im GP-System mit Extremen besser arbeiten kann. Denn man hätte durchaus die Charisma oder Logikpunkte nutzen können um das Stärke oder Konstitutionsattribut zu steigern, was im Karma-System viel zu teuer gewesen wäre.
Das Augenmerk wird also mehr auf die Fertigkeiten gelegt und und durch die größere Anzahl an Punkten ist es auch etwas einfacher mehr Fertigkeiten zu besitzen. Auch hier gilt natürlich wieder – mehr kleine Fertigkeitswerte, größere Wirkung im Karmasystem.
Mein persönlicher Favorit ist deshalb das Karmasystem – alle Spieler haben die selbe Entwicklungsmöglichkeit, wie sie auch später im Spiel haben. Das GP-System lädt zum Powergaming ein da es hohe Werte belohnt. Das Prioritätensystem ist nur dann nützlich wenn man einen Chararkter zufällig erstellen möchte.
Schöne Übersicht über die drei verschiedenen SR4-Charerschaffungs-Modi.
Interesse, auch einen Artikel über die SR5 Char-Erschaffung zu schreiben?
Danke
Ich kann auch gerne über SR5 schreiben, jedoch wird das vermutlich eher eine Hasstirade auf das Prioritätensystem.
Man könnte dabei allerdings mal einen Vergleich innerhalb des System machen, dass auch noch die Balanceschwäche aufzeigt.
Oder einfach noch ein Weilchen warten bis die alternativen Charakterbausysteme kommen.
Und dabei ist das Prioritätensystem so erfrischend schnell und angenehm.
Und Balanceschwäche… Das ist für mich auch ein Reizthema. Die größte Schwäche ist meiner Meinung nach die Annahme, da müsse eine Balance in dem/irgendeinem Generierungssystem sein.
Irgendwo habe ich neulich eine alternative Prioritätentabelle gesehen. Die erinnerte stark an ein altes Konzept aus dem Mechwarrior-Rollenspiel… ich finde die nur gerade nicht…
Schnell und angenehm will ich nicht abstreiten – und auch wenn man mal Charaktere zufällig erschaffen möchte bietet das Prio-System eine gute Möglichkeit.
Aber – die Charaktere sind unter einander nicht vergleichbar und das Powergaming wird gefördert weil ein höherer Attributswert weiterhin 1 Punkt kostet.
Ich kann also erstmal günstig Punkte in meine Wunschattribute packen und schwächere Werte auf 1 lassen um sie dann im Spiel günstig zu steigern.
Beim Karmasystem dagegen kann ich mir selber aussuchen wie ich die gleichen Punkte wie jeder andere ausgebe. Auch hier kann ich natürlich extrem Hohe Werte nehmen – habe aber keinen Effektiven Vorteil gegenüber anderen Mitspielern – auch wenn diese zur wünschenswerten Ausgestaltung ihres Charakters lieber 200 Karma in Wissenfertigkeiten stecken.
Was die Balance angeht – setz dich mit deinen Spieler mal an einen Tisch und gibt einem aus der Runde einfach so 100 Bonuskarma.
Meiner Meinung nach ist das einzige, was einen Spielstil fördert oder behindert die Philosophie und Kommunikation in einer Spielrunde, nicht die Regeln.
Dann braucht man keine Regelwerke. Die Tatsache das es aber zig tausend Regelwerke kaufende Rollenspieler gibt zeigt jedoch das es nicht so ist.
Regeln sind notwendig um überhaupt zu spielen, denn eins kann ich garantieren. Beim vier Spieler erlebst du vier verschiedene Spielstile, Philosophien und von Sozialkompetenzen fange ich besser gar nicht an.
Regeln sollten deshalb keinen Übervorteilen, sondern allen gleich zugänglich sein.
Es ist der Kompromiss, auf den sich alle einigen müssen.
Mitnichten geht es mir darum, Regeln zu ignorieren oder regellos zu spielen. Aber das Ziel der Regeln sollte es nicht sein – denn keine Rollenspielregeln können diesem gerecht werden – Spielstile zu fördern oder zu unterbrinden. Wer völlig ausgewogene Regeln haben will, ist bei Rollenspiel meiner meinung nach beim falschen Hobby.
Meiner sehr unbescheidener Meinung nach steht der Gruppenkonsens als regel vor allem was im buch stehen mag.
Du entscheidest dich aber vorher für das Regelsystem inkl Setting – zumindest war in Pathfinder nie die frage ob wir nicht die Kampagne lieber mit anderem System spielen wollen
Das wir dann zwischen drin ein zwei Hausregeln einführen ist ja völlig ok und normal. Aber effektiv haben wir uns auch unreflektiert für das System entschieden. Und wenn jetzt einer in unserer Runde 10 Stufen geschenkt bekommt wäre das wohl kaum förderlich.