Wraith: the Oblivion, 2nd Edition
Eine Besprechung aus der Welt der Dunkelheit, von Infernal Teddy
Ich habe ja an dieser Stelle über die Jahre immer wieder über Mage: the Ascension gesprochen. Ascension ist auch heute, 25 Jahre nach Erscheinen eines meiner drei Lieblingsrollenspiele. Über Mage: the Awakening, Platz Nummer drei, werden wir bei anderer gelegenheit sprechen, aber in Anbetracht dessen, das dieses Jahr endlich, nach einer… gewissen Verspätung die 20th Annioversary Edition erscheinen wird, dachte ich das es an der Zeit ist über Platz Zwei zu sprechen.
Reden wir also über Wraith: the Oblivion.
Ich habe Wraith erst sehr spät kennengelernt – kurz bevor das Spiel eingestellt wurde. Ich habe damals mit einigen Kommilitonen verschiedene Systeme aus der Welt der Dunkelheit gespielt, wobei jeder etwas anderes geleitet hat. Ich hatte mir erst kurz vorher Changeling zugelegt, war aber nicht überzeugt genug um es zu leiten. Aber dann stolperte ich über Wraith, und bot an es zu leiten. Daraus wurden zwei parallele Kampagnen (Eine davon mit Wraith: the Great War), mit vielen sehr epischen und ebenso vielen sehr persönlichen Momenten. Und irgendwie erschlich sich dieses Spiel einen Platz in meinem Herzen, und ließ mich nie wieder los. Und jetzt erscheint es mir der rechte Augenblick zu sein darüber zu sprechen warum dem so ist.
Wie die anderen vier ursprünglichen Spiele der Welt der Dunkelheit hat auch Wraith: the Oblivion in seiner 2nd Edition ein Hardcover-Einband erhalten. Das Coverbild scheint eine Fotographie von silbrig grauen Ketten und Symbolen zu sein (Welche glücklicherweise nicht mehr mit Leuchtfarben “geschmückt” wurden, wie in der ersten Edition). Bis auf Changeling sind alle Spiele der Welt der Dunkelheit in Schwarz / Weiß gehalten, aber Wraith wäre wohl auch mit der Option auf Farbe so gehalten worden – wir haben hier 290 Seiten in Schwarz, Weiß und Grau, und ich vermisse hier an keiner Stelle Farbe, ich glaube sogar, Farbe wäre hier deutlich von Nachteil gewesen. Wraith ist außerdem das einzige Spiel von White Wolf bei dem ich uneingeschränkt sagen muss das der Zeichenstil von John Cobb perfekt zum Setting passt (Ähnlich wie Leif Jones, aber der funktioniert auch sehr gut in Vampire: the Dark Ages).
Wie schon andere Grundregelwerke der Welt der Dunkelheit ist auch dieses Buch in drei “Bücher” aufgeteilt, mit jeweils drei Kapiteln, zu denen sich noch ein Präludium gesellt. Dieses Präludium präsentiert sich als Text den ein gewisser George (und dessen “Schatten”) für die Lebenden (und damit für die Spieler) verfasst hat, und in dem viele der wichtigsten innerweltlichen Begriffe knapp erklärt werden. Wir werden diese Erläuterungen an dieser Stelle überspringen und mit dem ersten Buch weitermachen,
“Death”
Dessen erstes Kapitel ist die Einleitung. Hier haben wir die üblichen Erläuterungen, was denn ein Rollenspiel ist, und wie das Ganze grob funktioniert. Hier erfahren wir aber auch was denn die Besonderheit an Wraith gegenüber den meisten Rollenspielen ist: jeder spielt zwei Charaktere gleichzeitig. Jeder Spieler spielt einen Wraith, den Geist eines Verstorbenen, während er gleichzeitig den Shadow eines anderen Charakters spielt. Der Shadow ist die negative, selbstzerstörerische Stimme im Hinterkopf, die jeder von uns hat, und die nach dem Tod zu eine ganz eigene Persönlichkeit wird, welche versucht, den normalen Charakter (Auch “Psyche” genannt) dazu zu bringen, sich dem Vergessen anheim zu geben.
Im zweiten Kapitel wendet sich das Buch dann dem Setting zu. Wir haben hier zum ersten Mal keinen Monolog darüber was denn “Gothic Punk” sei, statt dessen wird es direkt metaphysisch. Die Welt, welche wir bewohnen, die Welt der Lebenden, wird in Wraith als die Skinlands bezeichnet, und parallel und colokal dazu gibt es eine weitere… nein, nicht die Umbra aus Werewolf bzw. Mage, sondern eine andere, die Shadowlands, ein finsteres Spiegelbild in dem alles düsterer und verfallener wirkt als es ist unserer Wirklichkeit ist. Diese Schattenwirklichkeit ist es, in der die meisten Wraiths den größten Teil ihrer Existenz verbringen. Die meisten unserer Städte enthalten in ihren schlimmsten, heruntergekommenen Gegenden eine sogenannte Necropolis, eine Mischung aus Stadt und Festung, welche von den Wraiths der Hierarchy als Zuflucht gehalten werden. Jenseits dieser Wirklichkeit, auf der “anderen Seite” der dünnen Membrane welche die Schattenlande darstellen, ist ein riesiger, endloser Sturm, der Tempest. Dieser Sturm ist riesig und endlos – er wird zwar mal stärker und mal schwächer, aber er hört nie auf zu tosen. Manchmal tobt er so stark, das er nicht nur Trümmer aus den tiefsten Tiefen der Unterwelt mit sich führt, sondern auch noch durchbrechen und die Schattenlande mit seinem Schrecken überziehen. Irgendwo im Herzen dieses Sturms, an den Ufern des Meeres der Schatten, liegen die dunklen Königreiche, Inseln im Chaos des Tempest, auf denen die Staaten der Unterwelt begründet wurden. Wraith spielt im größten dieser Reiche, Stygia, dem Dark Kingdom of Iron, welches von Charon, dem ersten Fährmann, errichtet wurde. Und irgendwo, am Grunde des Schattenmeeres, liegt das Labyrinth. Hier husen die Spectre und ihrer Herrscher, die Niegeborenen. Und im Herzen des Labyrinths liegt, so sagt man, ein Loch in der Wirklichkeit, welches alles verschlingen will, bis alles der Vergessenehit anheim gefallen ist.
Natürlich ist das “metageographische” nicht der einzige Weg um die Unterwelt zu beschreiben. Die Verstorbenen gibt es zunächst in drei verschiedene “Ausführungen”. Da wäre zunächst die einfache Drone, ein Geist, welcher willenlos immer und immer wieder eine bestimmte Handlung vollführt, bis er dem Oblivion anheimfällt. Die meisten Geister der Unterwelt sind die normalen Wraiths, welche man auch als Spielercharakter führt. Und als letzte Kategorie gibt es noch die Spectre, Wraiths welche vollkommen von ihren Schatten übernommen wurden und nun versuchen, die ganze Unterwelt in Vergessen hinab zu ziehen. Innerhalb der Gesellschaft gibt es drei große Fraktionen, welche alle auf ihre Weise Antworten darauf suchen, wie denn mit dem Leben nach dem Tode umgegangen werden sollte. Die größte dieser Fraktionen ist die Hierarchy, die große, weltliche Zivilisation der Toten, welche von Charon gegründet wurde als Bollwerk gegen das Vergessen. Die Hierarchy erhebt den Anspruch, für alle Geister zu sprechen, welche in der westlichen Welt rxistieren, und unterteilt die Toten nach der Art ihres dahinscheidens in acht Legionen, welche den Deathlords, den Stellvertretern Charons, unterstehen. Ihnen gegenüber stehen die Renegades, Revolutionäre, welche Charons Tyrannei stürzen und gegen… irgend etwas anderem austauschen wollen. Sie wissen nur noch nicht was. Und als letztes gibt es die Heretics, Wraiths welche entweder an ihre alten Glaubensgrundsätze festhalten oder sich eine neue Religion zurechtgelegt haben, und nun in der Unterwelt nach ihrem versprochenem Paradies suchen.
Und Charon? Charon verschwand im Tempest gegen Ende des zweiten Weltkrieges, um Kampf gegen einem schrecklichen Ungeheuer, einem der Niegeborenen, und wurde seid dem nicht mehr gesehen. Es kann nicht mehr lange dauern bis einer der Deathlords auf die Idee kommt, sich an Charons Statt auf den Thron Stygias zu setzen…
Das dritte Kapitel ist recht kurz, und fasst die sattsam bekannten Regeln der Storyteller-Spiele zusammen. Wir haben an dieser Stelle schon ein paar Mal diese Regeln besprochen, weswegen ich hier nicht noch einmal darauf eingehen werde. Damit endet das erste Buch dieses Bandes. Wir werden nächstes Mal mit der Charaktererschaffung der Toten weitermachen.
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