Ein Magier auf Abwegen – Teil 10

Eine unerfreuliche Begegnung

Zwei Pferde wurden draußen fest gehalten und die Maga, welche ohne weiteres aufgesessen hatte, wartete noch kurz auf mich, ehe wir dann zusammen durch das Tor in die Stadt ritten, dem Friedhof entgegen.
Wenigstens keine empfindlichen Tiere, stellte ich mit Erleichterung fest, nachdem ich ein paar Schritte weit geritten war. Natürlich nicht mit meinem zu vergleichen, aber immerhin.
Ein großes Heptagramm war im Zentrum des Friedhofes zu sehen. Viele Leute, sicherlich zwei Dutzend, eilten dort hin und her, einige ins schwarzen Roben, andere mit gefesselten Gelenken waren auszumachen. Kurz vor der Menge hielt die Maga ihr Pferd an und schwang sich aus dem Sattel.
Ich stoppte mein Pferd ebenfalls und stieg ab. Irgendwie wirkte das ja alles sehr, sehr unorganisiert hier.
“Und nun? Wohin?” fragte ich.
Sie deutete auf das Zentrum des Heptagramms. “Ich werde dich den beiden anderen Magiern vorstellen. Komm.”
Ich konnte es kaum erwarten.. dachte ich bei mir, sagte es aber vorsichtshalber nicht laut. Ich folgte ihr nur weiter stumm meinen Gedanken nachhängend. Was für eine merkwürdige Art Rituale vorzubereiten. Das konnte ja so nicht klappen. Würde mich ja nicht wundern, wenn hinterher überall Abdrücke in den Zeichnungen sind, weil wer drüber gelaufen ist und wir riesige Probleme bekommen! Dann warf ich allerdings einen genaueren Blick auf den Boden.
Einem aufmerksamen Beobachter wie mir fiel auf, dass das Heptagramm und der Beschwörungskreis nicht mit Kreide gemalt, sondern aus Arcanum gefertigt wurde. Feinste Schmeidearbeit, die auf dem Boden lag. Außerdem fiel überall fremdartige Zeichen auf, die definitiv nicht nur zu einer Untotenerhebung gehörten. Die waren allerdings nicht aus Metall. “Tja, ich bin gespannt ob es klappt.” Kicherte das Mädchen, das neben mir lief. Der Regen fiel durch sie hindurch. “Hier summt es fast schon vor Magie.” Kurz stockte sie und ihr Blick flackerte kurz zu den Gefangenen. “Das hier ist Katharia, Absolventin der Faser Akademie und dort drüben ist Magister Rohdarin, er hat in Rashdul gelernt, wie ich,” sprach die Maga in meine Richtung. Die andere Frau drehte sich von einem Söldner weg, zu uns. Sie war nicht außergewöhnlich hübsch, hatte aber einen stechend grünen Blick. Der vorgestellte Magister humpelte langsam auf uns zu, ein halber Milchbubi, so wirkte es, vielleicht Ende Zwanzig mit struppigen blonden Haaren und einer schlichten Beschwörerrobe.
Ich starrte ihn zunächst einfach bloß an um zu sehen wie er reagieren würde. Tja.. aber man soll sich ja nicht an Äußerem aufhalten…
Er schien auch kurz zu zögern, lächelte dann aber und wirkte dabei noch mehr wie ein blonder Bubi. “Hallo. Freut mich dich kennen zu lernen. Und, schon mal so’ne große Sache gemacht?” Die Stimme passte wenigstens zum Äußeren, weich und irgendwo leicht eckelhaft. Doch überraschender Weise bleckte das blonde Mädchen neben mir die Zähne und trat einige Schritte zurück.
Ich runzelte ob dieses Verhalten kurz die Stirn. Was kann das denn jetzt bedeuten?
Dann antwortete ich: “Nicht in dieser… Richtung.”
Er zuckte leicht mit den Schultern, schaute sich, fast nervös um. “Is für mich auch das erste Mal. Aber ich habe ja eine gute Lehrerin gehabt.” Er lächelte die Leiterin an, welche darauf nickt. “Wunderbar. Die letzten Vorbereitungen werden getroffen. “Das dort ist dein Opfer.” Sagte sie zu mir und deutete auf ein blondes Mädchen, dass mir wage bekannt schien.
Fein…
Ich drehte mich wieder zu ihr um.
“Wann soll es los gehen?”
“In anderhalb Wassermaß.” Sagte sie, schwang sich dann auch wieder auf ihr Pferd. “Ihr drei kommt zurecht, wunderbar.” Damit wendete sie das stattliche Tier und galoppierte wieder Richtung Stadt davon.
Großartig. Was soll ich denn eine Stunde hier machen? Ich zuckte mit den Schultern und wartete ab, was die anderen machten.
Der Milchbube kam langsam auf mich zu. “Und sonst so? Neu hier bei?” Schien er plump ein Gespräch beginnen zu wollen.
“Der letzte der versucht hat so ein Gespräch zu führen, konnte hinterher gar keine mehr führen…” Ich blickte ihn an ohne eine Miene zu verziehen.
“Aber ich bin doch tatsächlich so höflich und frage dich, was du denn mit diesem Gespräch zu bezwecken suchst… Zerstreuung vielleicht? Oder erscheint es dir höflich, jetzt mit mir zu sprechen? Weil ich ja noch niemanden kenne und ganz alleine hier stehe. Sag es mir.”
Der Junge stockte, blickte mich überrascht bis entsetzt an, kurz flackerte sein Blick zu meiner Gefangenen, die zusammengesunken am Boden kauerte, dann wieder zu mir zurück. Nervös befeuchtete er seine Lippen. “Höflichkeit? Zerstreuung, vielleicht beides.” Gab er unsicher wirkend zurück. Holte wohl unbewusst tief Luft. “Zeit vertreiben. Es wirkt unglaublich unorganiesiert, aber Amara hat hier alles unter Kontrolle.” Er zögerte wieder und schloss dann den Mund.
“Töte ihn, jetzt sofort.” Hauchte die Stimme des blonden Mädchens in mein Ohr. “Er ist gefährlich.” Die Stimme wirkte beunruhigt, fast ängstlich und ich merkte, dass sie mein Gewand mit zitternder Hand umfasste.
Ich drehte meinen Kopf leicht um sie anzusehen. “Wie stellst du dir das bitte vor, hmm? Vor all den Leuten? Das geht nicht so einfach!”
Sie schaute zu mir, blutig unterlaufen wirken die Augen und ein bis her noch nicht gesehenes Glitzern lag darin, wie auch eine Spur von Wahnsinn. “Mit deiner Magie, mit einem Dolch… nur mach es, er wird alles zum scheitern bringen. Und danach bring auch dein Opfer um. Hör mir zu.” Zischt sie, wie eine Schlange.
Dann wendete ich mich wieder dem Jungen zu.
“Ah ja.. von allem ein bisschen, ja? Und warum meinst du, dass es nur so wirkt und nicht ist, wie es scheint?”
Der Junge hob beide Augenbrauen. Musterte mich dann noch einmal. “Weil ich schon Beschwörungen von ihr gesehen habe. Beschwört ihr regelmäßig Dämonen?” Er schaute auf die Stelle wo sich das Mädchen in mein Gewand gekrallt hatte.
“Er weiß von mir.” Murmelte das Mädchen leise. “Sie haben es verraten. Töte ihn.” Damit war sie weg, scheinbar.
“Wer sie?” fragte ich die Luft neben mir und wendete mich dann mit einem äußerst misstrauischem Blick dem jungen Magier zu.
“Warum bist du überhaupt hier? Was zeichnet dich auch, hmm?” Immer diese Entscheidungen…
Die Luft und auch das Mädchen antworteten mir erwartungsgemäß natürlich nicht.
“Nun, ich… habe in Beschwörung durchaus einiges an Erfahrungen.” Er zuckte unsicher unter meinen Blicken die Schultern, wirkte aber wie die ganze Zeit schon sehr nervös.
“Ach ja.” Ich richtete mich etwas mehr auf.
“Zum Beispiel? Ich muss ja wissen mit wem ich es hier zu tun habe, nicht wahr?”
Er runzelte die Stirn. “Wie zum Beispiel?” Fragte er dann irritiert. “Was ich beschwöre oder wie? Warum bist du den hier?”
“Ja genau. Was du bisher hierher gerufen hast würde ich gerne wissen.” Ich ignorierte seine Frage vollkommen.
“Unhöflich.” Murmelte er dann, schüttelte den Kopf und drehte sich einfach ab.
So, so…
Ich hob meine Stimme, so dass die Umstehenden das auch hören konnten.
“Muss ich also davon ausgehen, dass du im Grunde keine Ahnung hast, was zu tun ist und deine Anwesenheit hier mehr oder weniger das Unternehmen gefährden würde?”
Die blonde Sklavin in meiner Nähe war die Erste die mich mit stechendem Blick musterte. Der Magier wirbelte herum und funkelte mich wütend an. Aber auch der alte Greis schaute in meine Richtung, wie auch einige der Akolythen und Arbeiter.
“Was glaubst du eigentlich wer du bist?” Fauchte der blonde Junge wütend. “Du tauchst hier auf und meinst einen auf großen Beschwörer zu machen, dabei warst du doch noch bei gar nichts dabei.” Er schnaubte aus, schüttelte denn kurz den Kopf, als würde er einen Gedanken oder einen Satz vertreiben. “Halt den Mund, Neuling und kümmere dich um deine Aufgaben.”
Ich wartete bis sie sich umgewandt hatte, schloss meine linke um die recht Hand und führte sie zur Stirn.
Nachdem sich niemand mehr bewegte, zog ich meinen kleine Dolch aus der Tasche, trat die paar Schritte auf ihn zu und stellte mich nahe hinter ihn, den Dolch gegen seine Kehle gerichtet und warte bis die Zeit wieder weiter läuft.
Langsam sah ich wie die Zeit wieder zu fließen begann, der Magier vor mir zuckte überrascht zusammen. Ein einzelner Blutstropfen rann mein Messer entlang. “Wie?” Dann stockte er.

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