Vermisste Veröffentlichung
Ein Friday Five mit Infernal Teddy
Jaja, ich weiß, Web 2.0 und Konsorten machen Magazine, vor allem in unserem Hobby überflüssig. Nur das es eben nicht so ist. So ein paar Blogposts ersetzen nicht wirklich einen gut geschriebenen Magazinartikel (Und da nehme ich meine eigenen Werke nicht von aus). Woran es liegt? Keine Ahnung, aber wohin ein paar lieblos dahingerotzte Zeilen gehen, sieht man daran, wie die Mephisto heutzutage so ist. Oder eben nicht, ich habe nämlich seid der RPC 2014 keine einzige Ausgabe mehr gesehen. Liegt es vielleicht an der Aufmerksamkeitsspanne der Leserschaft? War die früher wirklich größer? Ich bezweifle das irgendwie. Aber hier mal ein paar Rollenspielmagazine die ich heute wirklich vermisse:
I.) Dragon / Dungeon
Zugegeben, zwei Magazine, nicht eines. Aber zwei, die für viele wie die Seiten einer Medaille waren. Dragon Magazine war das Hausmagazin für TSR, bzw. später auch Wizards of the Coast, wenn auch das Magazin für den größten Teil seiner Geschichte sich eher als allgemeines Rollenspielmagazin sah, mit einem Schwerpunkt auf Fantasyrollenspiele. Setting- und Regelartikel, Rezensionen, Comics, short stories, und sogar einen Diskussionsbereich. Später wurde Dragon ein fokussiertes Magazin für D&D, vor allem unter Wizards. Dungeon dagegen war eine monatliche Anthologie mit Abenteuern – und auch die Quelle des Adventure Paths. Wenn ich sagen müsste welche Phase ich am besten fand, so wären es Ausgaben 180 bis ca. 220.
II.) White Dwarf
Ja, es gab mal eine Zeit als der weiße Zwerg nicht ein monatlicher Werbekatalog für Citadel-Miniaturen war, sondern das wichtigste Rollenspielmagazin der britischen Inseln. Ein wenig schrill, ein wenig verrückt, und mit einem sehr anarchistischen Zug. Einige der klassischen D&D-Monster entstammen diesem Magazin – eine Artikelreihe führte später zum Fiend Folio – und hier startete auch die Karriere einiger heute bekannte Autoren, wie Charles Stross. Gewöhnungsbedürftig, aber sehr cool – nur schade das es das wurde was wir heute kennen
III.) Wunderwelten
FanPros Hausmagazin. Anders kann man es nicht sagen. In den 90s DAS Magazin für Shadowrun, Earthdawn, Battletech, DSA (Jenseits des Boten) und – zu einem gewissen Grad – World of Darkness. Leider nach 50 Ausgaben eingestellt, hatten wir hier eine Mischung die sich einerseits zum großen Teil auf die Haussysteme von FanPro stützte, anderseits aber zu einem Großteil sowohl Dragon und Dungeon widerspiegelt. Vor allem Kleinigkeiten wie das – so weit ich weiß innerhalb eines Magazins einzigartige – Briefspiel innerhalb einer sehr merkwürdigen Shadowrun-Matrix machten die Wunderwelten wirklich zu etwas besonderem.
IV.) Envoyer
Zugegeben, ich weiß bis heute nicht ob ich die Envoyer als Deutschlands unprofessionellstes Magazin oder professionellstes Fanzine bezeichnen sollte, aber für lange Zeit konnte man dem Envoyer nicht entkommen. Jeder Laden hatte das Heft, und jede Buchhandlung die Rollenspiele anbot hatte auch einen Vorrat an Ausgaben. Ein abgedrehtes Sammelsurium an Artikeln, so das man nie wissen konnte was man in der nächsten Ausgabe finden würde. Einfach immer wieder spannend, und das zu einem ungeschlagenen Preis.
V.) Mephisto
Klingt vielleicht merkwürdig wenn man bedenkt das es diese Zeitschrift immer noch gibt, aber ich vermisse tatsächlich die frühe Phase der Zeitschrift, als sich die Mephisto als das Magazin für die dunkle Seite der Phantastik verstand. Das Magazin profitierte deutlich von einem schärferen Fokus, und damit auch von besseren, interessanteren Artikeln als heute, wo das Magazin versucht alle Dinge für alle Menschen zu sein.
Bis auf White Dwarf, ich bin eben kein Tabletop-Spieler, habe ich jedes Zeitschrift in mehreren Ausgaben gelesen, Wunderwelten besitze ich bis ein paar frühe Ausgaben beinahe vollständig.
Mephisto habe ich gelesen, würde ich auch gerne weiterhin tun, aber leider ist es kaum noch, und bei uns in der Region, überhaupt nicht, im normalen Zeitschriftenhandel mehr zu bekommen.
Was ist mit den Bloggern, die nicht lieblos dahinrotzen, sondern in deren Texten viel LIEBE und Recherche und Gehirnschmalz steckt. Dagegen habe ich “Artikel” im Envoyer gelesen, bei denen einem das Grauen kommt.
Selbst einer meiner Mitspieler hat mal einen Artikel (einen richtigen) für Envoyer geschrieben. Ich sehe da keinen Unterschied, wenn er diesen stattdessen in ein blog schreibt.
Ich vermisse die Magazine trotzdem und zwar wegen der ÜBERSICHTLICHKEIT und der Kompaktheit wegen und weil die Magazinnamen Gewicht hatten.
Da der Envoyer kein Fanzine ist, würde ich es so nicht bezeichnen. Benutzt Du “professionell” im Sinne von professioneller Vertrieb / Marketing sicherlich, benutzt Du professionell im Sinne von professionelle Artikel gibt es wesentlich professionellere Fanzines, eigentlich jedes, welches ein Lektorat eingeführt hat und es schafft, den Autorennamen zu nennen. In der Aktion Fandom gab es immer die Kategorie “semiprofessionelle Zines”, da gehört es hin. Und wenn Du ein Envoyer-ähnliches Heft in gut haben willst, besorg Dir Windgeflüster.
Warum es heute keine Magazine mehr gibt? Schlicht haben sie keine Auflagenzahlen mehr, die ein Überleben ermöglichen. Selbst in den bedeutesten Verlägen des deutschen RPG-Bereichs arbeiten ja zahlreiche Hobbyisten mit.
Und durch Engagement? Da gibt es ja durchaus Beispiele: Uhrwerkmagazin, Slay. Aber halt “nur” als eZines.