Schauspielerei
Vampire Live - Spieltipps
„So, was ist dieses obskure Hobby das du am Wochenende immer unternimmst?“ Viele Vampire Live Spieler haben diese Frage schon mal von guten Freunden oder Verwandten gehört. Sie ist nicht leicht zu beantworten. Wie erklärt man seiner Tante Edna, dass man jeden zweiten Dienstag so tut, als wäre man ein Vampir, ohne das sie sich erschreckt oder einem verlegene Blicke zu wirft? Du könntest lügen und sagen, man ginge bloß auf eine Party, und den Teil auslassen, dass eben alle anderen auch Vampire sind.
Viel Spieler beantworten die Frage folgendermaßen: „Ich bin in einer Improvisationstheatergruppe.“ Das klingt nett und tiefsinnig. Die Unterhaltung kann also weitergehen. Immerhin, Theaterspielen ist ein respektables Hobby. Es ist eine alte, vornehme Kunst, bei dem man sich verkleidet und so tut als sei man jemand anderes vor dem Publikum, während Live… also ein seltsames Hobby ist, bei dem… na, man macht das selbe, aber eben ohne Publikum. Live ist eine Form von Theaterspielen, einfach und unvermischt. Und obwohl niemand da ist, der Zuschauer ist, heißt das nicht, dass man nicht schauspielert, wenn man eine Rolle übernimmt. Schauspielern und Live sind beides „andere glauben machen“. Schauspielern fokussiert alleine den „glauben machen“ Teil, während Live einfach alle Beteiligten unterhalten möchte. Sicher, Live ist nicht nur ein Spiel, so wenig wie Schach und Liebe und Kunst. Ein Spiel ist eine Aktivität mit Regeln und einem Ziel und einer Menge Spaß. Einige der besten Spiele –wie etwa Liebe- sind oft sehr ernst. Theaterspielen ist ebenso ein Spiel wie Live, nur eine andere Ausprägung.
Schauspielern im Live und auf der Bühne ist nicht ganz dasselbe. Man muss sich im Live deutlich mehr konzentrieren, als auf der Bühne. Man hat mehr Freiheiten –und mehr Arbeit- bei einem Spiel, als vor Publikum. Aber das Vergnügen zu spielen ist dasselbe. Wenn du in-charakter bist, weißt du es, und du vergisst nie das Gefühl. Es ist schwer zu beschreiben. Es ist nicht das man sich vergessen würde, plötzlich eine Multiple Persönlichkeit entwickeln würde. Man konzentriert sich nur für die Zeit auf etwas diesen Moment. Vergiss dass deine Hosen kratzen. Wenn du all das zur Seite packst und dich wirklich konzentrierst, jemand anderer zu sein für ein, zwei Stunden, kann das Wunder wirken. Du wirst niemals diese Person sein, aber du wirst mehr „in dir Selbst sein“, wenn du dich darauf konzentrierst eine Rolle zum Leben zu erwecken.
Auf der Bühne fühlt man es jeder Zeit, in einem Live, ist es mehr als rar, aber die Momente sind einzigartig. Die Tests und Regeln existieren um diese Momente, wenn die Welt wirklich wird, zu ermöglichen. Und mit ein bisschen Übung geschehen solche Momente öfter. Dieser Artikel ist geschrieben um jenen zu helfen in ihren Charakter zu kommen, unter Verwendung von grundlegenden Theaterprinzipien. Du wirst kein großer Star werden, wenn du dies gelesen hast, aber du wirst es leichter finden in den Charakter zu schlüpfen und zu bleiben, wenn du sie befolgst. Vor dem nächsten Spiel, versuche es einfach. Mit ein bisschen Glück, wirst du einen jener Moment in-charakter finden, und weißt worum es geht.
Fokus: Den Tag beiseite legen
Der wichtigste Aspekt um einen Charakter darzustellen, ist Konzentration. Du kannst niemanden davon überzeugen ein 18. Jhd. Vampir zu sein, wenn du dich über die letzte Folge von Dawsons Creek unterhältst. Einen Charakter schaffen ist viel Arbeit. Wenn du dich dabei nicht konzentrierst, geht er dir verloren.
Bevor du zu deinem nächsten Spiel gehst, nimm dir einige Minuten und gehe ein bisschen von der Menge weg um dich vorzubereiten. Nimm ein paar tiefe Atemzüge. Denke über positive und negative Dinge, die dir an dem Tag passiert sind nach. Dann atme aus, und lege all diese Dinge zu Seite. Für die nächsten paar Stunden brauchst du dich darum nicht zu sorgen. Du bist hier um jemand anderes zu sein, oder? Also mach es richtig. Leg die Sorgen beiseite. Und vor allem, nimm dir Zeit. Lass das außerhalb des Spiels, was darin nichts zu suchen hat. Die größte Ablenkung für einen Schauspieler ist Lampenfieber, wenn du darüber nachdenkst was die anderen von dir denken werden, dann kannst du dich nicht konzentrieren. Wenn du dich nicht konzentrierst, dann kannst du deinen Charakter nicht wirklich darstellen. Wenn du Angst hast, hast du Angst. Das ist in Ordnung. Konzentriere dich darauf wer du bist und was du tust. Ignoriere die Zuschauer. Denke an das was du gerade tust. Nimm die Angst, schau sie dir ein bisschen an und lass sie dann auf dem Tisch liegen, auf dem auch deine Sorgen liegen. Du hast was anderes vor, die nächsten Stunden. Du bist zu beschäftigt um ängstlich zu sein.
Das muss nicht in Eile geschehen. Nimm dir so viel Zeit, wie du benötigst. Wenn das Spiel ohne dich beginnt, Ok. Es ist immer besser später, aber vollständig da zu sein, als schlecht zu spielen.
Nun etwas eher beängstigendes: Dehnen. Ja richtig. Geh ein bisschen umher und dehne dich. Roll deine Kopf und streck dich richtig durch. Du wirst deinen Körper ebenso benutzten wie deinen Geist, die nächsten paar Stunden. Schauspielern ist genauso körperlich, wie auch geistig anstrengend. Du musst beides vorbereitet haben. Nimm einen weiteren Atemzug. Fertig? Ok, dann nimm deinen Charakter und beginne einen Weg in ihn zu finden.
Inside und Outside
Es ist eine alte Geschichte im Theater wie Dustin Hoffman und Sir Lawrence Olivier sich für ihre Rollen im Film Marathon Man vorbereiteten. Sir Lawrence Olivier sollte einen Folterknecht spielen und Hoffman war sein Opfer. Hoffman versetzte sich wirklich in die Rolle, die er spielte: Er schlief nicht für drei Tage, er aß nichts den Tag vorher und wusch sich am Drehtag nicht. Sir Lawrence Olivier wartet auf ihn am Set und starrte ihn an: „Meine Güte, du siehst furchtbar aus. Was ist passiert?“ Er antwortete: „Ich hungere für meine Rolle.“ Sir Lawrence starrte ihn weiter an, und erwiderte: „Mein Lieber Junge. Das nächste Mal, versuche zu schauspielern. Es ist so viel einfacher.“
Hoffman und Olivier hatten einfach sehr verschiedene Techniken um in ihren Charakter zu gelangen. Hoffman baute auf die ‚innere Technik’ des Schauspielens. Er unterzog sich wirklich einigen Experimenten um ein Gefühl dafür zu bekommen, gefoltert worden zu sein. Dann nahm er diese Erfahrungen und baute sie ein. Es ergab sich eine sehr realistische Darstellung.
Sir Lawrence benutzte eine ältere Technik –die ‚äußere Technik’. Es konzentrierte sich darauf wie sein Charakter sich bewegen würde –wie der Folterknecht stehen würde, wie er Hoffman ansehen würde. Dann hörte er auf das was diese Änderungen aus seiner Stimme und seinen Gefühlen machten, und nahm dies als Ansatzpunkt. Das Ergebnis war ebenso beeindruckend wie das von Hoffman. Beide Wege ermöglichen in-charakter zu kommen. Welche ist die bessere Methode? Beide natürlich.
Die äußere Technik
Zunächst einmal ist schauspielern ein aktiver Prozess. Du erzählst den Zuschauern wer du bist mit Hilfe deines Körpers. Deine Gesten definieren deutlich mehr deine Persönlichkeit, als alles andere. Es spielt im Grunde keine Rolle wie detailliert dein Charakter Hintergrund ist. Es spielt keine Rolle ob du mir erzählst, dass du ein professioneller Bodyguard warst. Wenn ich es nicht an deinem Gang erkenne, glaube ich es nicht, und egal was du sagst, es wird mich nicht überzeugen. Und wenn du mich nicht überzeugen kannst, wie willst du dich selbst überzeugen?
Schauspieler bezeichnen ihren Körper oft als Instrument. Ein Schauspieler ‚ benutzt sein Instrument’ um die Zuschauer von er Rolle zu überzeugen. Es klingt anmaßend ( oder schmutzig, wenn du magst), aber es liegt viel Wahrheit darin. Ohne das Verständnis des ganzen, spielt es keine Rolle wie viel Gedanken und Untersuchung man in eine Rolle packt. Wenn die Zuschauer die Arbeit nicht sehen, bist du so effektiv wie ein Trompeter, der im Orchester vor sich hin summt. Eine ganze Philosophie, die Alexander Technik, ist der Idee des Schauspielerns mit dem Körper gewidmet. Wir haben aber keinen Platz für tausende Seiten über dieses Thema, daher ein paar Highlights:
Versuche das direkt jetzt. Stehe auf und laufe herum. Denk nicht über das Laufen nach, lauf als würdest du dir was zu trinken aus dem Kühlschrank holen. Ok, nun werde schneller. Nicht rennen. Einfach in bisschen. Konzentriere dich. Denk nicht darüber nach, wie blöd das ganze aussieht, mach es einfach. Während du läufst, denk darüber nach wie du dich bewegst. Wenn du durch die Küchentür kommst, welches ist der erste Teil deines Körpers der durch die Tür kommt? Nein, nicht dein Fuß – außer du benutzt große Schritte. Seltsam, aber es ist oft deine Nase, deine Hüfte oder dein Bauch. Was passiert, wenn du mit dem Kinn vorangehst? Nicht herausdrücken, als würdest du einen Schlag bekommen. Ruhig klein lassen. Dreh dich um. Wenn du dich drehst, welcher Teil des Körpers dreht sich zuerst? Versuche dich so zu drehen, dass dein Kinn das erste ist das sich bewegt.
Beiße die Zähne zusammen. Schwinge deine Arme. Mache eine Faust. Dann entspanne dich wieder. Schwing deinen Kopf von rechts nach links, als würdest du eine Verspannung im Rücken lösen wollen. STOP. Wie fühlte sich das an?
Wenn du ‚ärgerlich’ sagst, ist das sehr gut. Du hast auf deinen Körper geachtet. Gratuliere. Du hast gerade geschauspielert.
Oftmals kannst du in eine Rolle schlüpfen, in dem du dich darauf konzentrierst wie sich der Charakter bewegt. Bodyguards, Gelehrte und Sklaven stehen alle sehr unterschiedlich. Wenn du darauf achtest, dann bist du schon ein gutes Stück weiter.
Körpersprache ist kritisch für die mehr tierischen Rollen, wie die Gangrel. Du willst einen Wolfs-Gangrel spielen? Tu uns einen Gefallen und schau dir im Fernsehen Berichte darüber an. Oder geh in den Zoo. Ein Wolf bewegt sich in einer bestimmten Art und Weise. Er reagiert in einer bestimmten Art und Weise. Aber wie nimmst du deinen zweibeinigen Körper und bewegst dich wie der Wolf im Fernsehen? Versuch es und find es raus. Möglicherweise wirst du niemals anderen sagen müssen, was du darstellst.
Zeigen den anderen Spielern, wer du bist. Eine der schlimmsten Sünden, die du machen kannst ist im Spiel den Finger zu heben und zu erläutern wer du bist. Sag nicht: „Du siehst, dass ich zusammengeschlagen werde.“ Sag nicht: „Du siehst ich bin wütend.“ Zeige diese Dinge. Wie bewegt sich jemand der zusammengeschlagen wurde? Wie schaust du jemanden an, wenn du bereit bist ihm eins drüber zu geben? Ein Teil von dir weiß das möglicherweise. Je seltener du aus dem Charakter fällst, desto stärker wird er sein.
Bevor du das nächste Spiel beginnst, verbringe ein wenig Zeit damit dir zu überlegen, wie dein Charakter sich bewegt. Wie läuft er? Ist er heimtückisch? Führe mit deiner Nase. Ist er arrogant? Führe mit deinem Kinn. Versuche so viele Arten, wie du magst. Aber denk nicht über diese Eigenarten nach, mach es einfach. Wenn du auf dem Stuhl sitzt und grübelst, dann hast du das Ziel verfehlt.
Verkleiden hilft enorm um die Körpersprache des Charakters zu erreichen. Ein Anzug zwingt dich zu bestimmten Bewegungsweisen. Ebenso wie ein Smoking, oder eine Jeans, oder ein Wams. Es ist schwierig in einem Smoking krumm zu sitzen. Du musst deinen Rücken gerade halten. Dadurch wirkst du förmlicher. Und wenn du förmlicher wirkst, fühlst du dich förmlicher. Baue diese Einschränkungen in die Bewegungen ein. Jeder kleine Fingerzeig deutet auf den Charakter; sie alle helfen dir zu entscheiden was passt und was nicht.
Jetzt wenn du deinen Charakter auf die Beine gestellt hast, ist es Zeit das Hirn anzuschalten und über die Rolle nachzudenken.
Die innere Technik
Wirf nun nochmals eine Blick auf deine Charaktergeschichte. Lass sie durch deinen Kopf laufen wie ein guter Film oder eine Slideshow. Nimm dir drei Events, die du für wichtig hältst.
Nun schau sie dir genau an. Spiele sie in deinem Kopf ab. Gehe ins Detail. Was siehst du? Was hörst du? Was riechst du? Was hast du berührt? Versuche alle fünf Sinne zu entdecken. Versuche dich in diesem Moment zu verlieren. Zumindest fürs erste. Nun beginne einen Blick in den Kopf deines Charakters zu werfen. Was hat er gefühlt als das passierte?
Lass uns davon ausgehen, der Sire deines Charakters wurde vom Sabbat getötet. Wie würde sich der Charakter fühlen? Wütend? Sicherlich. Ängstlich? Immerhin war dein Sire viel mächtiger, als du einst warst. Was ist mit fröhlich? Was hat dein Sire getan, dass du erfreut über seinen Tod sein könntest? Hmmm…
Vielleicht sind einige Antworten richtig. Vielleicht einige nicht. Aber frage dich jede Frage, die dir einfällt, auch diejenigen, von denen du denkst, dass sie nicht positiv beantwortet werden können. Vielleicht überraschst du dich selbst. Menschen sind in der Lage zu erstaunlichen Dingen. Und versteife dich nicht auf die einfachen Antworten. Zu allererste, vermeide die Antwort ‚nein’. Bedenke alles. Versuche alles. Du schuldest es dir selbst, jede Möglichkeit zu betrachten. Eines der größten Vorteile dieses Hobbys ist es, dass du jeder und alles sein kannst, selbst jene die du normalerweise niemals betrachten würdest.
Jetzt, wo du die Emotionen deines Charakters erforscht hast, versuche sie mit deinen Erfahrungen zu vernetzen. Es spielt keine Rolle ob du ein jahrhundertealter Ventrue oder junger Brujah bist. Du persönlich hattest Gefühle und Erfahrungen die diese Kreatur hatte. Wenn es unmöglich ist, sich in den Charakter einzufühlen, wird er langweilig sein. Wenn du dir einen Charakter ausdenken kannst, kannst du auch in seine Schuhe schlüpfen. Es ist eine Frage des Versuchs. Es gibt keine Aliens in dieser Welt, nur Fremde.
Vermutlich sind deine Eltern nicht von jemandem getötet worden, aber hattest du eine Erfahrung, die dich ähnlich hat fühlen lassen, wie dein Charakter beim Tod seines Sires fühlte? Kannst du dich erinnern, wie du um deinen Vater gefürchtet hast? Wenn du verärgert über ihn warst? Wenn du enttäuscht warst? Wie fühlte sich das an? Denke an diese Momente. Denke an deine Charaktergeschichte. Verbinde beides. Nun hast du Material mit dem du arbeiten kannst.
Es ist viel über diese Technik geschrieben worden. Es wird die Stanislavsky Technik genannt, und wieder haben wir nicht die Möglichkeit sie in allen Einzelheiten zu diskutieren. Aber was hier steht ist ein guter Anfang. Fürchte dich nicht davor, Risiken einzugehen, Entscheidungen zu treffen, fragen zu stellen. Es gibt keine falschen Antworten hier, nur Fragen, die du nicht stelltest. Trau dich. Versuch es. Denn bedenke, es ist nur ein Spiel. Die Welt des ‘andere glauben machen’ ist eine wundervolle Art und Weise dein Herz zu erforschen. So lange du die Linie zwischen Fantasie und Realität nicht überschreitest, kannst du erstaunliches entdecken.
Eine letzte Sache noch; Versichere das die Wahl der Natur und des Verhaltens deines Charakters mit den Entscheidungen übereinstimmt, die du getroffen hast. Du verwendest diese beiden Worte als Brücke zu deinem innersten Verlangen deines Charakters im Spiel. Sei nicht überrascht, wenn die Natur nach all dieser Arbeit nicht mehr damit übereinstimmen sollte. Wenn du einen kreativen Prozess startest, dann entwickelt er sich oft in eine eigene Richtung. Verändere die Dinge, bis Natur und Verhalten wieder passen. Weiter geht’s.
Schauspielen im Spiel
So, du fühlst dich also, als würdest du in den Charakter schlüpfen. Du bist bereit ins Spiel zu tauchen. Gut. Nun beginnt die wirkliche Arbeit.
Schauspielern gilt für den Körper, gilt für den Kopf. Wenn du das Spiel beginnst, dann musst du eine aktive Entscheidung treffen, was du an dem Abend erreichen möchtest.
Wir treffen Entscheidungen jeden Tag, viele davon sind nicht wichtig. Wir entscheiden was wir zu Mittag essen. Was wir tragen. Theater und schauspielern ist ebenfalls entscheiden. Große Entscheidungen. Je größer, desto besser. Hamlet entscheidet sich nicht für das Mittagessen, sondern ob er sich selbst oder den Mörder seines Stiefvaters töten soll. Die Entscheidungen die du machst, müssen aktive sein, Sachen die andere Leute sehen und hören können, so dass sie reagieren können und die Story vorantreiben.
Was möchte dein Charakter heute Nacht? Bevor du diese Frage beantwortest, behalte folgendes im Hinterkopf: Antworte nicht im Passiv. Schauspielern ist aktiv. Dein Ziel kann nicht „überlebend sein“ heißen. Das ist langweilig. Versuche „jeden töten, der mich versucht zu verletzten“. Oder vielleicht „vor jedem weglaufen, der versucht mich zu verletzten“. So lange du für deinen Charakter etwas zu tun hast, ist es gut.
Was ist mit dem Ziel „Prinz werden“? Versuch es besser. Werden ist ein passives Wort. Was ist mit dem Ziel “töte den alten Prinzen” oder “diskreditiere den alten Prinzen“? Das sind aktive Ziele, und viel besser.
Versichere dir, dass die Entscheidung auf dem beruht was wir bisher erreicht haben. Wähle nicht den Prinzen zu töten, weil du gerade Lust dazu hast. Wähle es, weil es dein Charakter möchte, auf Grund seiner eigenen Gründe. Und schrecke nicht davor zurück, dir Ziele zu setzten, die unmöglich zu erreichen sind. Es ist die Entscheidung die wichtig ist, nicht der Erfolg oder Misserfolg. Dein Ziel als Spieler ist es heute Nacht die interessanteste Story zu erschaffen. Das Ziel deines Charakters sollte daraufhin gewählt werden.
Belasse die Entscheidungen groß. Mach kein Ziel wie ‚einen Becher Eiskrem bekommen’. Das ist zu einfach. Wenn du es richtig machst, hast du den ganzen Abend etwas zu tun. Eine gute Story beruht auf großen Entscheidungen. Große Entscheidungen bergen große Risiken. Versuche niemals nur das Zweitbeste. Don Quixote wurde kein Bibliothekar oder Schreiberling, er zog aus um die Ritterlichkeit wieder zu beleben. Auch wenn den Charakter versagen sollte, du hast nicht versagt eine epische Geschichte zu erschaffen.
Hängst du fest? Versuchs mit einem Blick auf Natur und Verhalten. Dein Charakter möchte etwas bestimmtes vom Leben. Wenn es Richter ist, dann möchte er die Wahrheit finden. Das Verhalten deines Charakters zeigt dir, wie der Charakter die Ziele erreicht, die durch seine Natur bestimmt werden. Wenn deine Natur Monster ist, und dein Verhalten Kritiker, dann möchtest du vielleicht jemanden innerlich zerstören, dadurch das du ihn ständig kritisierst.
Aber verrenne dich nicht in dieses eine Ziel, es sei denn dein Charakter ist dermaßen Verhaltensgestört. Ziele können sich während des Spiels verändern. Du kannst unterschiedliche Dinge wollen. Du könntest unter Umständen das genaue Gegenteil verlangen. Immerhin, jeder Vampir möchte sein Tier herauslassen, aber zu gleichen Zeit möchte er es hinter Gittern halten. Dieser innere Konflikt ist eine gute Möglichkeit dem Charakter Tiefe und Aufregung zu verleihen. Sei bereit für große Veränderungen. Du kannst nicht alles voraus ahnen, was deinem Charakter passieren könnte. Du kannst nur reagieren.
Was, wenn dein Ziel mit dem Ziel eines anderen zusammen stößt? Gut, Das ist was gutes Rollenspielen bedeutet. Ein Konflikt liegt gutem Theater zu Grunde. Jede Bühnenproduktion (von Titanic bis Wrestlemania) hat ein Kampf der einen oder anderen Art inhärent. Du bist im Live um eine Geschichte zu erzählen, und ein Konflikt ist was die Geschichte am Laufen hält.
Also, wenn du bemerkst, dass dein Ziel mit dem eines anderen Charakters konkurriert, dann versuche alles um deines zu erreichen. Du hast alle Möglichkeiten offen –du kannst betteln, du kannst wimmern, du kannst drohen, du kannst bestechen, und du kannst sogar töten. Ziehe dich nicht zurück, bis ein wichtigeres Ziel auftaucht. Viele Leute versuchen Konflikten aus dem Weg zu gehen. Sie kommen zurecht mit ihren Mitarbeitern und Freunden, so dass wir alle einen friedlichen Tag erleben können. Aber du musst nicht freundlich sein in der Welt der Dunkelheit. Hab keine Angst davor aufzuhören freundlich zu sein.
Wenn du ein übernatürliches Wesen spielst, dann hast du eine Menge Freiraum. Du kannst Extreme darstellen, von denen nie ein Mensch geträumt hat. Die Leidenschaft eines Vampirs stellt normale Emotionen in den Schatten. Wenn du einen solchen Charakter spielst, dann hast du jedes Recht mit beiden Füßen zu springen. Halt dich nicht zurück und mache halbherzige Entscheidungen. Habe keine Dinge gerne, wenn du sie lieben kannst. Liebe nichts, wenn du besessen von etwas sein kannst. Und lehne nichts ab, sondern hasse es. Deine Entscheidungen müssen so harsch und stark wie möglich sein.
Dieser letzte Hinweis kommt mit einer sehr starken Warnung: Vergiss nicht die reale Welt um dich herum. Schreie nicht deine unmenschliche Wut aus dir hinaus, wenn du in einer großen Halle mit lauter nicht spielenden Menschen bist. Wenn es nicht anders hilft, dann erinnere dich an die Wahrung der wahren Natur, das hat einen guten Grund.
Immerhin gefährdest du mit solchen Aktionen den Spielfluss, wenn alle anderen erstmal den Unbeteiligten erklären müssen, was das gerade war… dann geht deine Aktion ebenfalls unter. Theater funktioniert nur, wenn du das Vertrauen deiner anderen Spieler hast. Wenn die anderen befürchten müssen, dass du ständig das Event unterbrechen könntest und jeden damit im Spielfluss störst, dann haben sie eine viel schwierigere Aufgabe sich in ihren Charakter zu versetzten.
Wenn das Spiel zu Ende ist, dann frage dich selbst folgendes: Habe ich mein Ziel erreicht? Und wichtiger, hatte ich eine gute Zeit? Nun denke über das nächste Spiel nach. Was wird dann dein Ziel sein? Über das nächste Jahr. Sei ambitioniert. Es gibt keine schlechten Entscheidungen, nur die halbherzigen.
Ein letztes: Skurrile Momente überbrücken
Es sind jede Menge skurrile Dinge im Live, die nach einer spezifischen Anweisung verlangen. ‚Reales’ Theater wird selten Massenkampfszene beinhalten. Hier also einige Tipps über die kleinen Löcher in die dein Charakter fallen könnte, und wie man sie am besten rüber bringt.
Der Kampf ist meist unausweichlich im Live. Wenn du energisch deine Ziele verfolgt hast, dann kommt es früher oder später dazu, dass du jemanden verärgerst. Vergiss nicht deinen Charakter auch im Kampf so zu spielen, als würde er um sein Leben kämpfen. Es ist schwierig das durchzuführen, wenn du Zahlen im Kopf haben musst um deine Gesundheit zu registrieren, aber sei konzentriert. Über allem, verkaufe den Kampf mit deinen Worten und deinen Gesten. Kampf kann Spaß machen. Setz den Fokus auf die Geschichte, nicht die Punkte. Die Sicherheit der anderen um dich herum hat natürlich absoluten Vorrang, aber wenn du dich in der Lage fühlst die Aktionen des Charakters auszuspielen, dann tu das. Und versuche so wenig wie möglich in Runden zu handeln.
Im Verlauf des Spiels wird es zwangsläufig zum Tod deines Charakters kommen. Akzeptiere dies. Es kann sehr schmerzhaft sein, einen Charakter zu verlieren, aber zur gleiche Zeit gibt es nichts kraftvolleres zu spielen –weder auf der Bühne, noch im Live – als eine gute, pikante Todesszene. Wenn du die Ziele deines Charakter mit soviel Nachdruck verfolgt hast, dass es nur noch zwischen ihrem Erfolg, oder dem Tode wählen kannst, dann hast du wirklich gut gespielt. Wenn dein Charakter den Tod wählt, dann hast du eine Geschichte gesponnen, die die Chronik noch Jahre beeinflussen wird. Denn, das Ziel des Spiels ist es nicht einen netten, sicheren Charakter zu bauen, er uralt wird. Wenn das der Fall wäre, würden wir Couch Potato spielen und nicht Vampire. Du bist hier um die interessanteste Story zu erzählen, die dir einfällt. Riskiere alles um der Geschichte Leben einzuhauchen. Dazu gehört auch ab und an Fehler zu machen. Ein Fehler ist eine mächtige Motivationsquelle für Veränderungen. Charaktere die sich verändern sind immer interessanter zu beobachten und mit ihnen zu spielen. Vermeide nicht gegen jemanden zu plotten, weil du als Spieler weißt, dass ein Verdunkelter Spion mithört. Lass dich reinfallen. Habe Spaß mit den Konsequenzen zu leben. Dein Job als Spieler ist es nicht unbedingt Erfolg zu haben. Eher die fesselndste Geschichte zu erzählen. Das bedeutet manchmal die anderen gewinnen zu lassen. Es macht einen späteren Sieg umso süßer.
Einige Mächte im Spiel können dazu führen das du dich unnormal verhalten musst. Dominate, Dementation und Blutsbände ändern die tiefsten Emotionen eines Charakters auf eine Art und Weise, die du niemals teilen würdest. Kämpfe nicht dagegen an. Umarme sie. Fürchte dich nicht davor für ein, zwei Minuten aus dem Charakter zu treten und nochmals darüber nachzusinnen. Was möchte der Charakter nun? Wie will er das erreichen? Es ist deine Wahl als Spieler wie der Effekt einer Macht aussieht. Ein Blutsband kann ebenso sein wie eine starke Drogenabhängigkeit. Ist dein Charakter ein Liebhaber oder ein Junkie? Die Wahl ist dein.
Vertraue den anderen Spielern. Sie sind wie du hier um ihre beste Geschichte zu erzählen. Wenn du kooperierst werden alle mehr Erfolg haben. Auch wenn Charaktere sich die Köpfe einschlagen, läuft das besser, wenn sich die Spieler gut verstehen. Manchmal bist du er Held in deiner Geschichte, manchmal auch nur ein Supporter eines anderen. Teile die Spotlights.
Und letztlich, die wichtigste Frage die jeder über das Theater stellen kann: „Wen stört’s?“ Warum solltest du dich damit abmühen einen Vampir darzustellen? Theaterspielen funktioniert nur, wenn es die Zuschauer in irgendeiner Art und Weise berührt und mit nimmt. Im Live seid ihr eure eigenen Zuschauer. Es ist legitim zu sagen, dass du das alles tust um unterhalten zu werden. Aber es ist eine Tatsache, dass dies das Ziel jedes Spiels sein sollte. Aber sei nicht überrascht, dass es plötzlich ganz andere Ziele und Emotionen gibt und du feststellst, dass du dich verändert hast. Der Lohn eines Schauspielers ist der Applaus, wenn das Spiel zu Ende ist, applaudiere dir selber. Mache eine Verneigung. Denk nach über das was du getan hast. Denn wer weiß… vielleicht hat dir Monster spielen etwas über deine eigenen Menschlichkeit verraten.
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