Apocalyptica
Das Ende von Engel
Der abschließende Roman zu Feder & Schwerts Engel-Rollenspiel stammt aus der Feder von Oliver Graute und unterscheidet sich schon äußerlich von den anderen Publikationen der Reihe. Neben dem üblichen Schwarz und Weiß ist das Cover noch in Rot anstelle des ansonsten verwendeten Ocker gehalten und zeigt einen Engel in einer Blutlache, an der eine Fliege saugt.
Neben dem eigentlichen Inhalt findet sich im Inneren des Bandes noch eine Karte der ursprünglichen Engel-Welt und ganz am Ende neben einer Danksagung noch ein Glossar mit den wichtigsten Begriffen aus dem Hintergrund.
Die Handlung des Romans spielt vier Jahre nach den Ereignissen aus Deus Vult. In der Zwischenzeit haben sich die Traumsaatdämonen zurückgezogen und große Unwetter sind über Europa hereingebrochen. Die Geschichte beginnt mit den beiden am Ende der Handlung von Deus Vult geborenen Kindern, die inzwischen vier Jahre alt sind. Naphal, Sohn von Isabella von Cordova und Thariel, dem letzten Engel der Ragueliten, ist in Cordova aufgewachsen und muss widerwillig mit Ansehen wie sich die gesamte Bevölkerung der Stadt vor einer riesigen, sich am Himmel zusammenballenden Armee von Traumsaat, in den Untergrund zurückzieht. So sucht er sich einen Weg nach draußen in die Freiheit um sich dem Schicksal zu stellen und trifft dort auf seinen inzwischen gänzlich veränderten Vater.
Schawâ, die Tochter von Lâle und dem Wanderer, ist in Nürnberg halbwegs behütet aufgewachsen. Als sich die Zeit der Entscheidung nähert tritt erneut der Wanderer, dieses Mal in Begleitung von drei weiteren ähnlich mysteriösen Figuren, an Lâle heran, um mit ihr nach Iberia zu ziehen, damit seine Tochter ebenfalls ihre Aufgabe erfüllen mag.
Die angelitische Kirche selbst bereitet sich auf die schon lange in ihren Schriften erwähnte Endschlacht mit dem Widersacher vor und sammelt alle zur Verfügung stehenden Kräfte um diese gen Iberia zu senden. Bei einer Großversammlung gelingt es Midael, dem Ab der Samaeliten, mit seinen Kräften die Wahrheit hinter allem zu entdecken. Nach seiner Festnahme, aufgrund eines Angriffes auf ein Mitglied des Konsortiums, zerbricht er fast an seinem Wissen, bis er schließlich den Glauben in sich selbst wiederfindet.
So finden sich dann auch alle wichtigen Protagonisten in Iberia ein, um endgültig das Antlitz der Welt zu verändern.
Der Roman ist der lang ersehnte Abschluss des Engel-Rollenspiels, der aber wohl für viele Fans eine Enttäuschung darstellen wird. Die sprachliche Qualität von Oliver Grautes Schreibstil ist sicherlich Geschmackssache, die jeder Leser für sich selber entscheiden muss. Zu Beginn jedes Kapitels findet sich jeweils ein kleiner Zeitungsartikel von vor 500 Jahren, als die Geschichte von Engel ihren Lauf nahm. So erhält der Leser noch einen kleinen Einblick in die Ereignisse, die im Spiel selbst wohl niemals zugänglich sind. Durch den häufigen Wechsel der verschiedenen handelnden Figuren, hauptsächlich Naphal, Lâle und Schawâ oder Midael, wird man sehr leicht zum weiterlesen animiert und kann das Buch mit seinen knapp 250 Seiten in wenigen Stunden durchlesen.
Das große Manko ist allerdings die Geschichte selbst. Kam Engel noch zu Beginn als wirklich innovatives Spiel mit einer sehr interessanten, durchaus als originell zu bezeichnenden Welt und Hintergrundgeschichte daher, so ist der Abschluss des Ganzen doch nur einen billiger Abklatsch von schon tausendmal dagewesenen Geschichten, der nun hier nicht näher erläutert werden soll, um dem Leser das Ganze nicht vorweg zu nehmen.
So wird der Leser auch unbefriedigt zurück gelassen, denn wirklich erklärt wird im Grunde Nichts. Es werden eigentlich bloß neue Fragen aufgeworfen, die dann nur noch mehr Rätsel in der Welt zurück lassen.
Seltsamerweise zeigt sich in den späteren Handlungen auch ein Wechsel der Erzählzeit. Eigentlich ist die gesamte Geschichte in der Vergangenheitsform geschrieben, so dass einige plötzlich in der Gegenwart beschriebene Szenen doch ungemein irritieren. Falls das ein Stilmittel sein soll, ist es nicht durchdacht genug eingesetzt, da sich kein Schema erkennen läßt, nach dem die Zeitformen verteilt sind.
Die Verwendung von biblischen Symbolen, die schon zum Ende von Deus Vult zu Hauf auftraten, wird hier kaum fortgesetzt. Einzig, dass der Wanderer nicht mehr alleine, sondern in vierfacher, an die apokalyptischen Reiter erinnernden Ausführung auftritt, zeugt hier immerhin von ein bißchen Konsequenz bei der Umsetzung.
Fazit: Das Buch ist eigentlich nur für Leser geeignet, die unbedingt das offizielle Ende des Engel-Rollenspiels erfahren wollen und selbst von denen werden sich viele wünschen es wohl besser nicht gelesen zu haben. Der Roman ist nicht im mindesten ein würdiger Abschluss für die Engelwelt.
1/5
Kommentar hinterlassen