Saga

Eine Tabletop-Rezension von Infernal Teddy

Der Morgen graut, die ersten Einwohner des kleinen britischen Dorfes haben begonnen ihrem Tageswerk nachzugehen. Plötzlich ruft jemand “Die Nordmänner kommen!” Das Tor wird eilig geschlossen und verrammelt, wer zu alt ist oder zu jung flieht in die Häuser, während die Männer des Dorfes eilig ihre Waffen suchen um die Wälle zu besetzen. Irgendwer beginnt laut zu beten, und den Dorfbewohnern ist die Frage anzusehen, wer von ihnen bei Sonnenuntergang überhaupt noch am Leben sein wird…

Eine solche Szene konnte sich jeder Zeit abspielen zwischen den Jahren 793 und 1066, den Jahrhunderten der Wikinger. Nicht umsonst trägt diese Epoche im englischen den Namen “Dark Ages”, eine gefährliche und spannende Epoche… welche sich hervorragend für ein Tabletop eignet, was ich schon seit Jahren sage. Leider waren solche Spiele bisher eher Mangelware, statt dessen hatte man eher große Schlachtenspiele, welche sich auch eher auf Kriege zwischen Königreiche und / oder den Resten des römischen Reiches konzentrierten. Ich sage bewusst bisher, denn seit kurzem gibt es ein kleines System aus England und Frankreich, welches verspricht Spielern zu ermöglichen, Szenen wie die Eingangs beschriebene nach zu spielen: Saga. Die englischsprachige Version von Gripping Beast und Studio Tomahawk hat bereits auf der ganzen Welt zahllose Spieler für sich begeistern können, jetzt hat der Geländehersteller Stronghold Terrain – die so freundlich waren uns ein Rezensionsexemplar zu schicken – sich aufgemacht den deutschen Tabletopmarkt mit einer Übersetzung zu plündern und zu brandschatzen. Hält Saga was es verspricht? Lest selbst und entscheidet dann.

Saga präsentiert sich als schicker, wenn auch schmaler Hardcoverband. Insgesamt 80 Seiten sind es, die sich hier zwischen den sehr stabilen Kartondeckeln verbergen. Das ist für den Tabletopbereich erstaunlich wenig, ist man hier doch häufig bei mehreren hundert Seiten Umfang. Gedruckt wurde das Buch auf festem Hochglanzpapier, und zwar komplett in Farbe. Das Layout ist offen und angenehm zu lesen, aufgelockert durch Bilder (Fotos von Miniaturen auf dem Spielfeld), Diagrammen und Kästen mit Erklärungen. Außerdem enthält das Buch noch fünf Bögen aus dicker Pappe, einmal den einseitigen Referenzbogen, und die vier Schlachtpläne für die im Regelwerk enthaltenen Völker. Der optische und haptische Eindruck des Buches ist also schon mal positiv – wie sieht es beim eigentlichen Regelwerk aus?

Saga eröffnet mit einer kurzen Umschreibung des Zeitalters der Wikinger, ohne groß auf die geschichtlichen Daten einzugehen. Die darauf folgende Einleitung erklärt, worum es bei Saga geht, und was man neben dem Buch für das Spiel benötigt, nämlich Miniaturen, Maßstäbe, und Würfel. Saga geht von Figuren im 25-28mm Maßstab aus, lässt sich aber relativ unkompliziert auf andere Maßstäbe konvertieren. Was mir positiv auffiel ist das alle Entfernungen – wenn sie nicht in Kategorien angegeben werden – sowohl in Zoll als auch in Zentimeter angegeben wurden. Als erstes nach der Einleitung bekommen wir einige Grundlagen erklärt. Figuren werden in Einheiten von vier bis acht Figuren zusammengefasst, außer dem Kriegsherren, wobei es egal ist auf welche Base sie stehen. Es gibt vier Arten von Einheiten, Bauern (Die schwächsten Einheiten), Krieger (Deine normalen Kämpfer), Veteranen (Elitekämpfer) und Kriegsherren (Der Anführer). Die Einheiten unterscheiden sich zwischen den Völkern nicht von den Werten her, aber dazu kommen wir später nochmal. Bei der üblichen Spielgröße von 6 Punkten kommt man auf eine Streitmacht zwischen 25 und 73 Modellen, was etwas mehr ist als bei den meisten Skirmishern, aber auch nicht so viel das man schon wieder im Bereich der großen Schlachtenspiele ist. Saga ist ein klassisches IGYG-Spiel (I go, you go – erst führt ein Spieler seine kompletten Aktionen aus, dann der andere) wie es auch sonst im Tabletopbereich üblich ist. Jeder Zug beginnt erst mal mit der Befehlsphase. Hierzu nimmt der Spieler zunächst so viele Saga-Würfel (Spezielle w6, das Spiel lässt sich aber auch problemlos mit Hilfe der Tabelle im Anhang mit normalen Würfeln spielen) wie seine Einheiten generieren, bis zu einem Maximum von sechs Würfeln – alles was darüber hinausgeht verfällt. Danach vergleicht der Spieler die Würfelsymbole mit denen auf seinem Schlachtplan, und teilt die Würfel zu – entweder zur Aktivierung von Einheiten, oder um besondere Fähigkeiten zu nutzen. Diese Fertigkeiten sind zum Teil sehr unterschiedlich, abhängig vom Volk und dessen Schlachtplan. Man muss also bei Saga versuchen ein wenig im Voraus zu planen wen und was man wie einsetzen möchte.

Ist die Befehlsphase abgeschlossen geht es an die Aktivierungsphase. Hier fällt vor allem eines auf – Fernkampf und Nahkampf sind bei Saga keine eigenen Phasen, sondern fallen in die Aktivierungsphase. Theoretisch kann jede Einheit beliebig oft aktiviert werden, so lange Würfel mit den entsprechenden Symbolen auf das Schlachtenbrett gelegt worden sind, aber jede Aktivierung nach der Ersten produziert Ermüdung, welche der Gegenspieler gegen einen einsetzen kann. Pro Aktivierung kann eine Einheit sich bewegen, auf einen Feind schießen – falls sie entsprechende Waffen besitzt – oder sich ausruhen. Ausruhen ist dabei die einfachste Aktion, und entfernt Ermüdungsmarker. Fernkampf ist recht einfach, man überprüft die Sichtlinie, und schaut ob die gegnerischen Modelle in Reichweite sind. Man darf bei Saga übrigens jederzeit nachmessen, etwas, das ich als sehr angenehm empfinde. Danach würfelt der Angreifer ob sein Angriff trifft, wobei die Anzahl an Angriffswürfel davon abhängt wie viele Modelle schießen können, und was für eine Art von Einheit da schießt – Bauern haben nun mal schlechtere Karten als Veteranen. Übertrifft der Angriffswurf den Verteidigungswert der Einheit, so darf dessen Besitzer würfeln um zu sehen ob sein Modell den Treffer überlebt, ansonsten wird es vom Feld genommen. Natürlich gibt es noch mögliche Sonderregeln, Modifikatoren und so, aber das ist der Kern der Fernkampfregeln. Auch der Nahkampf verläuft im Grunde ähnlich. Dieser ist immer auch eine Folge der Bewegung – wenn Teile einer Einheit sich durch Bewegung in Basekontakt mit Figuren einer anderen Einheit bringen können sind die Einheiten im Nahkampf. Beide Einheiten führen einen Angriff durch, beide Seiten bekommen eine Ermüdungsmarke, und die Seite die am meisten Verluste erfahren hat macht eine Rückzugsbewegung. Ebenfalls als Verluste entfernt werden Einheiten, welche ihr Maximum an Erschöpfung überschreiten, deswegen ist es immer eine gute Idee, die Erschöpfung im Auge zu behalten. Am Ende des Regelteils gibt es dann noch ein paar einfache Geländeregeln, und ein Beispiel für einen vollständigen Spielzug, um zu zeigen wie alle Konzepte miteinander zusammen funktionieren.

Nach den eigentlichen Spielregeln folgt noch wie man seine Bande aushebt. Ein typisches Saga-Spiel beläuft sich wie schon gesagt auf sechs Punkte, wobei der Kriegsherr keine Punkte kostet, und sogar ein paar Sonderregeln mitbringt um ihn von den Veteranen zu unterscheiden. Jeder Punkt erwirbt bei der Zusammensetzung entweder vier Veteranen, acht Krieger oder zwölf Bauern. Einheiten bestehen aus mindestens vier und höchstens 12 Modellen. Ob die jeweiligen Truppentypen besondere Regeln oder Ausrüstung bei sich tragen erfährt man dann in den folgenden Völkerbeschreibungen: Enthalten sind im Grundregelwerk die Wikinger (dürfen eine Einheit Berserker ausheben), Normannen (können die meisten ihrer Einheiten auf Pferde setzen), Anglodänen (bekommen fiese Zweihandäxte), und die Waliser (können ebenfalls viel Kavallerie einsetzen, haben Wurfspeere, und sind NATÜRLICH die besten Krieger der Welt). Abgerundet wird der “Völkerteil” durch eine Auswahl an semihistorischen Helden, die man für seine Bande an heuern kann, und eine Übersicht mit Erläuterungen der Fähigkeiten der vier Schlachtenbretter. Hier sind zwar nicht die Wüfelsymbole enthalten, die man zum aktivieren benötigt, aber die Erläuterungen helfen auf jeden Fall, die Fähigkeiten einzuschätzen und auch einzusetzen. Abgerundet wird der Band durch sechs Szenarien für zwei Spieler und sogar ein Mehrspielerszenario, ein Nachwort von den Entwicklern, eine Übersicht über die am häufigsten übersehenen Regeln (Sowas sollte es öfter geben!), und Kopiervorlagen für Messstäbe und Erschöpfungsmarken.

Fazit:
Ich sagte ja schon eingangs das ich ein Spiel wie Saga mehr oder weniger bewusst schon seit langem suche. Ein Spiel das schnell und ohne all zu komplizierte Regeln einen Wikingerüberfall auf ein britisches Dorf darstellt ist etwas, von dem ich dachte, das ich es selbst würde schreiben müssen. Aber statt dessen haben wir Saga. Sehr gut und verständlich geschrieben, mit vielen Beispielen, Erläuterungen (Durch einen Wikinger namens Ragnar!), und am Ende jedes Kapitels gibt es auch noch eine Zusammenfassung der entsprechenden Regeln, damit man im Spiel schneller das Gesuchte findet. Sowohl beim Lesen als auch im Spieleinsatz dürfte das die Suche nach bestimmten Regelthemen deutlich erleichtern. Kritik gibt es auch – das Spiel versucht gar nicht erst, eine historische Simulation zu sein, sondern etwas das man schnell mal spielen kann. Kann man negativ auslegen, aber ich finde, das macht Saga um so interessanter. Schwieriger finde ich den Preis – ob man bereit ist, 33 Euro für 80 Seiten auszugeben muss jeder für sich entscheiden, auch wenn die Produktion und auch die Übersetzung von höchster Qualität ist. Eigentlich fehlt mir nur noch etwas in der Art eines Kampagnensystems, aber das kommt vielleicht noch. Mich werdet ihr jedenfalls entschuldigen müssen, ich habe da noch eine Bande tapferer Waliser auszuheben…

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