Der Rote Planet

Heinleins Red Planet in Neuübersetzung

Der Mars ist zurzeit in aller Munde. Ob auf der Kinoleinwand, im Brettspielemikrokosmos oder in der echten Welt, die Besiedelung des Mars scheint nie an Faszination für phantastische Geschichten und Kolonialisierungspläne eingebüßt zu haben. Keine schlechte Zeit also um mit Heinleins „Red Planet“ einen Klassiker der Marsliteratur neu zu übersetzen.
Der bereits 1949 erschienene und mit dem Prometheus Hall of Fame Award ausgezeichnete kurze Roman legt seinen Fokus dem Titel gemäß ganz auf den Mars. Der rote Planet ist nicht nur die Kulisse für die Geschichte; es verhält sich fast anders herum so, dass die Handlung eher der Anlass ist den Planeten zu erkunden. Die eigentliche Geschichte entfaltet weniger ihren Reiz durch spannende Charaktere oder schockierende Wendepunkte, sondern durch die Möglichkeit einen Blick auf Heinleins Mars zu werfen. Die Charaktere sind bunt, aber etwas Klischeehaft gezeichnet und die Handlung ist fesselnd aber weitgehend linear und wartet abgesehen von einem zugegeben fulminanten Schluss mit wenigen Überraschungen auf. Wir begleiten die drei Freunde Jim, Frank und Willis auf ihrer Reise über (und unter) dem Mars. Jim und Frank müssen als Kolonialistensöhne zur weit entfernten Schule reisen und geraten dort für kurze Zeit in etwas Schultrubel. Wirklich innovativ ist dieser Aufhänger nicht, wird aber bereits nach kurzer Zeit durch eine weitaus packendere Geschichte abgelöst. Zu Anfang hebt sich die Geschichte vor allen Dingen durch den Dritten im Bunde ab: Willis. Der ist nämlich kein Kolonialist, sondern Teil der Marsianischen Fauna. Er ist Haustier und Freund von Jim –und was für eins! Er ist kein Hund oder eine Katze, sondern ein stilechter Hüpfer. Als solcher ist er im Wesentlichen ein liebenswürdiger und etwas sprunghafter Ball mit der Möglichkeit sich leicht zu verformen und Stimmen und Klänge mit unglaublicher Präzision wiederzugeben. Diese Fähigkeit gewissermaßen als Aufzeichnungsgerät zu fungieren sorgt schon zu Beginn für den ein oder anderen Lacher, wenn Willis naiv das Geläster der Gastfamilie wiedergibt während das Ziel des Spottes am Esstisch sitzt. Die Fähigkeit wird aber später sogar noch um einiges wichtiger.
Mit Willis ist durchaus der Fokus des Buches gesetzt, weniger durch den immer wieder durchklingenden Humor als durch die detaillierte Darstellung andersartiger Kreaturen. Von denen begegnen wir neben Willis hauptsächlich den Marsianern deren Kultur und Erscheinung sich kaum stärker vom Abziehbild der grün angemalten Mars-Menschen unterscheiden könnte. Nicht nur ihre Erscheinung, sondern ihre Umgangsformen und selbst ihre Denkformen unterscheiden sich radikal von menschlichen und bleiben dabei durchgehend plausibel. Das gilt auch für die Flora und sonstige Marsianische Umgebung die weit von Terranischen Gegebenheiten entfernt sind aber liebevoll und logisch konzipiert sind. Die technischen Einwürfe und Erklärungen zu Kolonialbauten auf dem Mars, Raumanzügen und üblichen Konflikten in den Koloniegebieten erhöhen die Plausibilität noch einmal. Wir haben es mit klassischer Science Fiction in dem Sinne zu tun, dass ein fiktives Element mehr oder minder wissenschaftlich durchdrungen wird und sowohl die technische Entwicklung als auch der Kontakt mit einer fremden Welt und seinen Bewohnern „simuliert“ wird. Im Falle vom Roten Planet ist dabei der Kontakt mit der neuen Welt von größerem Interesse als der technische Fortschritt, was den Roman für mich noch einmal mehr an Würze verleiht. Die Marsianer und Überlegungen zur Gestaltung des Mars bieten einige Inspirationen für Rollenspielrunden und sind ein regelrechtes Lehrstück zur Gestaltung neuer Welten.

Fazit

Mit etwa 200 Seiten ist Red Planet ein schnelles und kurzweiliges Lesevergnügen. Die gut platzierten Cliffhanger und die Faszination des Planeten, lassen einen Seite um Seite verschlingen und belohnen mit Einblicken in eine wunderbar gestaltete fremde Welt. Heinleins Roman ist nicht umsonst ein echter Klassiker dem man sein Alter nur an wenigen Stellen und dann mit einem Augenzwinkern anmerkt. Die Mantikore Ausgabe ist sauber ediert und die Übersetzung ist durchgehend rund, so dass man nur hoffen kann, dass noch viel mehr Klassiker durch Mantikore neuverlegt werden.

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