Das Leben eines Gezeichneten – Teil 95

Rohals Versprechen - Teil 17

2 Rondra – 8 Rondra
Früh am nächsten Morgen konnte ich ein Schiff am Horizont ausmachen, dass schnell näher kam und ein bisschen wie jenes aussah, dass uns vorgestern auf der Insel abgesetzt hatte. Und wirklich es war die Seeadler, die uns jetzt wieder einsammeln sollte und durch Leowulfs Blitzaktion auf uns aufmerksam gemacht worden war. Zusätzlich zu Adaques kleinem Nachrichtenüberbringer. Wir wurden also per Beiboot eingesammelt und erreichten am Mittag des nächsten Tages Perricum. Leowulf wurde an die dortige Magierakademie überwiesen, die seine gebrochenen Knochen richten sollten und wir erfuhren, dass Ayla ein paar Stunden vor unserer Ankunft die Stadt verlassen hatte. Da aber Leos Behandlung einige Zeit in Anspruch nahm, zogen wir erst am nächsten Tag los in Richtung Schlund, Zwölfgöttertjoste und ungewisser Zukunft in meinem Fall.
Das Lager welches die Rondrianer errichtet hatte, war recht beeindruckend groß und nachdem wir dann endlich in Aylas Zelt angelangt waren, erklärte sie uns kurz, dass sie später mit uns sprechen wollte und verschwand wieder.

Noch immer mit einigen Schmerzen an den Bolzeneintrittsstellen und darum noch leicht gebücktem Gang trat ich wieder aus dem Zelt hinaus und blickte mich um. Fast alle schienen noch immer mit ihren Meditationsübungen beschäftigt zu sein und hatten wohl kaum einen Blick übrig.
Ich fragte mich ob wir ein eigenes Zelt bekommen würden.
Leowulf legte seine Hand auf meine Schulter. “Lass uns ein paar Schritte gehen alter Freund.” Mit einem langsamen Kopfschütteln zurück bedeutete er den anderen uns nicht zu folgen.
Der Geweihte machte einen Schritt nach vorn und hoffte wohl dass ich der Richtung, in die ich beinahe geschoben wurde, folgte.
Schmerzhaft unter Leowulfs Berührung zusammenzuckend, drehte ich den Kopf in die Richtung des Geweihten, dann in die Richtung in die ich mehr als unfreiwillig geschoben wurde und nickte nur ergeben. Wehren kann ich mich wohl eh nicht hier in mitten all der Rondrianer und ich frage mich was er will…
Schweigend führte Leowulf mich aus dem Lager an einen etwas abgelegeneren Ort…

Leowulf bedeutete mir mich auf einen der beiden nah beieinanderstehenden Baumstümpfe zu setzen und tat selbiges auf dem anderen bevor er zu sprechen begann. “Wie konntest du mich heilen… du warst so gut wie tot als diese Falle dich wieder ausgespuckte… wie geht das?”
Auch ich ließ mich auf einen der Sitzplätze fallen und seufzte leicht.
“Ich war so gut wie tot… das ist richtig… aber präzieser gesagt war ich in den wenigen Augenblicken dazwischen sogar ganz tot.”
“Und… wie kommt es dann, dass du jetzt hier mit mir sprichst und läufst?”
Leowulf machte keinen aggressiven oder angespannten Eindruck… was bei ihm eigentlich schon ein Grund zur Besorgnis sein müsste.
Wieder ein Schnauben von mir. Ich erhob mich wieder und wanderte wie ein Zant im Käfig wenige Schritte hin und her.
“Du fragtest mich vor einiger Zeit ob ich das getan hätte was die Allgemeinheit unter ‘Pakt eingehen’ versteht und ich gab dir auf die Frage keine Antwort. Aus gutem Grund wie du dir mit Sicherheit denken kannst.”
“Ja das verstehe ich.” Leowulf setzte sich etwas bequemer auf den Baumstumpf und legte ruhig seine Waffe ab. “Ich… will mich mit dir als dein Freund unterhalten, nicht als der Diener Rondras.”` Lange blickte er mich an bevor er schweren Herzens weitersprach. “`Du hast ein Problem… Adaque wird die halbe Tjoste gegen dich aufbringen wenn sie so weitermacht.”
Ich blickte in die Ferne in der die Zelte standen.
“Jetzt hat sie zunächst eine Aufgabe bei der sie nicht hier ist und ich Zeit zu überlegen, was ich tun kann.”
“Ist schon komisch… ich kann ein gutes Dutzend Taten wiedergeben die man wohl als Heldentat bezeichnen kann, schaffe es aber nicht die Seele meines besten Freundes zu retten.” Er sprach mehr zu sich selbst als mit mir “Rondras Lehren weisen mich an zu schützen, das  wölfgötterfeindliche mit gerechtem Zorn zu schlagen, die Ehre bis aufs Blut zu verteidigen und Gnade bei den Schwachen und Irren ergehen zu lassen. Aber nie erwähnen sie etwas davon dass jemand nicht gerettet werden möchte. Jedenfalls nicht so.”
Ich wand mich zu Leowulf um, ein schiefes Grinsen, mehr einer Karikatur gleich in mein Gesicht gemalt.
“Natürlich tun sie das nicht. Es wäre ein Bruch gegenüber dem für das ihr einsteht und von dem ihr überzeugt seit. Es würde ja bedeuten, dass es nicht ganz schlimm sein kann, nicht so verdammenswert wie es die Kirchen gerne darstellen. Das jene nicht so verblendet sind und durchaus wissen für was sie streiten und vor allem das die Götter nicht unfehlbar sind.”
“Pass auf dass das nicht stehen bleibt,” antwortete Leowulf und musste auch ein wenig lächeln. “Solange es auch nur etwas Verdammenswertes gibt werden die Kirchen nicht ruhen. Und dass die Götter unfehlbar sind wird nur von einer Kirche rausposaunt… wir wissen wohl beide dass das wohl nicht die Wahrheit sein kann.”
“Natürlich.”
Ich nickte halb ergeben.
“Aber selbst wenn es nichts verdammenswertes mehr geben sollte, so finden sie etwas um den Zorn und die Angst und die Wut die allen Menschen inne ist, wie jedem sozial lebenden Tier, zu richten und zu fördern auf das es sich nicht gegen sie wendet.
“Wobei wir natürlich metaphorische Entität von derischen Kirchen trennen müssen, da zwar beide letztlich genügend Macht für sich wollen, aber dieses auf unterschiedliche Weise erhalten können.
“Doch das war ja nicht unser eigentliches Thema. Ich habe keine Lust mehr jener zu sein, der sich vor allen verstecken muss, “hier schien es etwas theatralisch zu werden, ” nicht zeigen darf warum und weshalb er handelt wie gehandelt werden muss, nur weil die Mehrheit von ihrer  persöhnlichen Sicht der Welt so überzeugt ist, dass sie andere Meinungen nicht mehr akzeptieren kann.
“Die Ordnung für gut und Chaos für schlecht hält, weil das eben so ist ohne sich Gedanken darüber zu machen, dass völlige Ordnung der Stillstand aller Dinge wäre und nur ein filigranes Gleichgeweicht zwischen diesen Kräften wie auch zwischen allen anderen dafür sorgt, dass wir uns überhaupt mit einander hier und jetzt unterhalten können.
“Jeder bekommt gesagt das sie schlecht und böse sind, die Welt vernichten wollen, aber niemand weiß warum. Oder ob es so ist. Und ich wette mit dir, dass der Unterschied zwischen Göttern und ihnen nicht so weit ist, wie die Kirchen ihn gerne vermitteln. Aber da sich niemand rechtschaffend jenen zuwendet, laufen zwangsläufig all die, die Übel wollen auf der einen Seite herum, während man in den Kirchen geflissentlich ignoriert, dass unter den eigenen Anhängern genauso schwarze Schafe weilen, die Unheil anrichten und Menschen zerstören.”
“Ich kenne weder die Natur der Dämonen, noch der Götter. Aber ich weiß wie sie sich anfühlen. Und ich… fühle mich bei den Zwölfen geborgen. Ich glaube das Rondra über mich wacht und mich weiterkämpfen lässt bis meine letzte Schlacht geschlagen ist.”
Leowulf machte eine Pause.
“Menschen sind keine Wesen der Ordnung… selbst die Zwerge nicht. Auch wenn alle denken und fühlenden Wesen unter einer Gottheit vereint wäre gäbe es noch Zwist und Streit. Aber sie können sich bemühen die Ordnung zu respektieren. Und auch dass es manchmal keine Ordnung braucht um einen Schritt weiter zu gehen.”
Bläulich schimmerte die Panzerplatte auf Leowulfs Handrücken bevor er die Hand öffnete und mir reichte.

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